E-Commerce St. Galler Seminar zur Mehrwertsteuer 14.2.2017 Dr. Mathias Bopp / Dr. Niklaus Honauer E-Commerce und Zahlungsabwicklungen Übersicht E-Commerce Elektronische und übrige Dienstleistungen Prüfraster für mehrwertsteuerliche Folgen in internationalen Fällen Mehrwertsteuer-Paket für digitalen Binnenmarkt der EU Kommission 2018 / 2021 MWST-Pflicht von ausländischen Online-Händlern in der Schweiz Bezahlsysteme – digitale Währungen • Allgemeines • Bitcoin Geschäft mit Geldforderungen • • • • • • Inkasso Forderungsabtretung Factoring Zentralregulierung Entscheide des Bundesverwaltungs- und des Bundesgerichts Entwurf Broschüre MWST-Info 04 vom 1. November 2016 2 E-Commerce Einleitung 3 E-Commerce Elektronische und übrige Dienstleistungen Abgrenzung elektronische und übrige Dienstleistungen B2B und B2C OECD VAT/GST Guidelines 2015 MOSS (Mini-One-Stop-Shop) für elektronische Dienstleistungen 4 E-Commerce Prüfraster für mehrwertsteuerliche Folgen in internationalen Fällen 1. Leistungsverhältnisse Zivilrechtliche Gestaltung versus wirtschaftliche Betrachtungsweise Grundprinzipien der Mehrwertsteuer: wie Verbrauchssteuerprinzip; Überwälzung und Prinzip der Gleichmässigkeit der Besteuerung 2. Internationalität 3. Steuerobjekt 4. Steuersubjekt 5. Bemessungsgrundlage 5 E-Commerce Mehrwertsteuer-Paket für den digitalen Binnenmarkt der Europäischen Kommission In 2018 Harmonisierung der Umsatzgrenzen In 2021 Ausweitung des MOSS auf den elektronischen Handel und alle grenzüberschreitenden Dienstleistungen OSS auch für Importe Vereinfachungen auch bei den Einfuhren, wenn nicht vom OSS Gebrauch gemacht wird 6 E-Commerce MWST-Pflicht von ausländischen Online-Händlern in der Schweiz Neue Steuerpflicht für Online-Händler: • Umsatz mit Kleinsendungen über CHF 100‘000 Registrierung zwingend • Attraktionskraft der Registrierung für alle Leistungen in der Schweiz Für Einfuhrsteuer bleibt Regelung für Kleinsendungen bestehen Herausforderung für Zollverwaltung und ESTV 7 E-Commerce Fälle 1. Webshop 2. Vermittlung im Online-Shopping 3. Penny Auctions 4. Partnervermittlung 5. eLearning 6. 3D-Drucker 7. Der Wert meiner Daten 8 Fall 1: Versandhandel Webshop 1.Sachverhalt (1) Die Wholesale&Retail GmbH betreibt einen Webshop. Die Waren werden aus Zeitgründen im Lager eines Logistikanbieters in Holland zur Auslieferung bereitgestellt. (2) Sobald die W&R GmbH die Zahlung der Kunden erhalten hat (Kreditkarte, Vorauskasse oder paypal) werden die Waren an die Kunden in verschiedene EU-Länder, Norwegen und der Schweiz versandt. (3) Sowohl Steuerpflichtige….. (4) …. wie auch Private können bei der W&R GmbH über den Webshop einkaufen 2.Fragen a) b) c) In welchem Land muss die W&R GmbH für ihre Verkäufe MWST bezahlen, wenn es sich um Waren unter €22 bzw CHF 62.50 handelt (steueroptimierte Variante)? In welchem Land muss die W&R GmbH für ihre Verkäufe MWST Zahlen, solange sie in diesem Land weniger als EUR 25’000 Umsatz macht (Variante: mehr als € 100’000) Wie verändert sich die Rechtslage unter dem Action Plan Zentrallager NL W&R GmbH CH 2 1 Lieferant CN 3 Stpfl. 4 Priv. Warenweg Verkäufe 9 Fall 2 Versandhandel Die Vermittlung im E-Commerce 1. Sachverhalt • Ein Kunde eines Online-Shops füllt ein Formular aus und teilt so dem Online-Shop die Email-Adresse von möglichen Kunden mit • Der neue Kunde erhält auf seinem ersten Einkauf einen Rabatt von CHF 10. • Sobald der Neu-Kunde seinen Einkauf getätigt hat, erhält der bisherige Kunde einen Einkaufsgutschein von CHF 20. 2. Fragen: • Welches sind die MWST-Konsequenzen für den OnlineShop a) auf dem Einkauf des bisherigen Kunden? b) auf dem Einkauf des neuen Kunden? • Besteht ein Unterschied zwischen privaten und kommerziellen Nutzern des Online-Shops? 10 Neue Produkte Penny Auctions: Wie es funktioniert… 11 Neue Produkte Penny Auctions / Cent Auktionen 12 Neue Produkte Penny Auctions / Cent Auktionen 1x 3x 6x 9x 6 18 36 54 4 12 24 36 3 9 18 27 3 9 18 27 3 9 18 27 Preis Deal Gewinner Einsatz Verlierer Bruttomarge Szenario 1 1’250 [1b x 0.03 + 40.94] 1’250-40.97=1’209.03 4’093b x 0.03 -1’250+122.97+40.97 = 122.97 = -1’086.06 Szenario 2 1’250 [1b x 0.54 + 40.94] 1’250-41.48=1’208.52 4’093b x 0.54 -1’250+2’210.22+41.48 = 2’210.22 = 1’001.70 13 Fall 3: Neue Produkte Penny Auctions (Beispiel: wellbid) 1.Sachverhalt • Polnische Kunden erwerben entgeltlich das Recht von Welmory CY, auf der Auktions-Website bids für Waren abzugeben • Welmory CY lässt diese Auktions-Website entgeltlich von Welmory PL betreiben • Welmory PL verkauft Waren an Kunden Welmory PL Manage the auction website 0 2.Fragen • Objektive und Subjektive Steuerpflicht von (1) • Variante: Sitz von Welmory CY ist in der Schweiz • Variante: Wohnsitz des Kunden ist in der Schweiz / in Russland / usw. • Objektive und Subjektive Steuerpflicht von (2) • Variante: Die Ware wird in einem anderen EU-Land übergeben Product Sale Welmory CY 2 Client PL Right to place bids 1 14 Fall 4 Klassische Leistungen im digitalen Zeitalter Partnervermittlung 1. Sachverhalt • Meet % kiss Corp. Florida bietet über Internet die Möglichkeit, anhand unterschiedlicher Kriterien den passenden Partner zu finden. 2. Frage: Wie ist die Leistung zu qualifizieren? 3. Überlegungen: • Art. 8 Abs. 2 lit. a MWSTG Dienstleistungen, die typischerweise gegenüber physisch anwesenden natürlichen Personen erbracht werden, auch wenn sie ausnahmsweise aus der Ferne erbracht werden • Darunter fallen u.a. Therapien, Ehe- Familien und Lebensplanung etc. • Die Erbringung von Leistungen mit Hilfe des Internet ändert nicht zwingend den Charakter der Leistung • Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und elektronischen Dienstleistungen 16 Fall 5 Klassische Leistungen im digitalen Zeitalter eLearning 1. Sachverhalt • eLearning zu den Grundprinzipien der MWST • Preis CHF 150 (inkl. 8% MWST) • Kurs kann auch dem Ausland gebucht werden 2. Frage: • Könnte das eLearning auch ohne Hinweis auf die MWST angeboten werden? • MWST Konsequenzen: a) Kurs von einer Privatperson im Ausland gebucht b) Kurs von einem Unternehmen im Ausland gebucht 17 Anwendungsgebiete von 3D-Druck 18 Anwendungsgebiete von 3D-Druck 19 Fall 6: Neue Produkte 3D-Drucker 1.Sachverhalt (1) Der Drucker-Hersteller verkauft den 3D-Drucker dem Kunden (physische Warenlieferung) (2) Der Kunde kauft Rohstoffe; lässt sie durch den 3DDrucker zu Produkten verarbeiten; (3) Der 3D-Drucker greift auf Software des Produzenten (Arbeitsschritte) zu; der Kunde schuldet dem Produzenten dafür ein Entgelt. 2 RohstoffLieferant 2.Fragen Kunde 3 • Handelt es sich bei (3) um eine Lieferung, eine elektronische Dienstleistung oder eine andere Dienstleistung? • Variante: Der Produzent stellt den Drucker selber her (inkl. Rezeptur) und verkauft (Untervariante: verleast) den Drucker dem Kunden. Das Entgelt wird monatlich in Abhängigkeit der gedruckten Menge festgelegt. Produzent 1 DruckerHersteller 20 Fall 7 Unentgeltliche elektronische Dienstleistungen Der Wert meiner Daten 1.Sachverhalt (1) Der Nutzer von Suchmaschinen gibt seine Daten ein (2) Der Nutzer von Navigationssdiensten erlaubt die Standortbestimmung (3) Der Besteller von Waren und Dienstleistungen gibt sein Konsumverhalten preis (4) Das Mitglied eines Netzwerkes gibt seine persönlich(st)en Informationen preis? 2.Fragen: (1) Welches sind die MWST-Konsequenzen für den Nutzer? (2) Besteht ein Unterschied zwischen privaten und kommerziellen Nutzern? (3) Was hat der Anbieter der elektronischen Dienstleistungen zu versteuern (4) Wie wird der Wert der Daten bestimmt? Privater Nutzer Elektronische Dienstleistungen Anbieter el. Dienstleistungen Kommerzieller Nutzer 21 Bezahlsysteme – digitale Währungen Gesetzliche Zahlungsmittel - Bitcoin Gesetzliche Zahlungsmittel • Gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. d MWSTG von der Steuer ausgenommen • Ausgenommen sind nur die Gebühren und Kommissionen • Austausch von gesetzlichen Zahlungsmitteln ist kein Entgelt • Spread (Differenz zwischen An- und Verkaufspreis von Devisen) ist nur bei Steuerpflichtigen, bei denen Anund Verkauf von Devisen Geschäftszweck ist, ein von der Steuer ausgenommener Umsatz. Bitcoin • Unklare MWST-Behandlung bis Entscheid EUGH (C264/14 Skatteverket vs. David Hedqvist, 22.10.2015) • Nun: Bitcoins wird der Zahlung mit ges. Zahlungsmitteln gleichgestellt • Entgelt in der Höhe des Betrages, der durch den Einsatz der Zahlungsmittel ausgeglichen wird • Alffällige Transaktionsgebühren von der Steuer ausgenommen 22 Zahlungsabwicklungen Inkasso - Forderungsabtretung Inkasso • Gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. c MWSTG steuerbar • Das Inkassounternehmen übernimmt kein DelkredereRisiko • Die Abgrenzung der Abrechnung über jede einzelne Zahlung ist seit Entscheid BVGer A-1340/2006 vom 6. März 2007) nicht mehr relevant • Leistungserbringer hat das zu versteuern, was das Inkassounternehmen vom Schuldner erhält Forderungsabtretung • Gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. c MWSTG von der Steuer ausgenommen • Abgrenzungskriterium ist die Übernahme des Delkredere-Risikos • Ausgenommenes Entgelt ist die Differenz zwischen der vom Leistungsempfänger erhaltenen Zahlung und dem Forderungskaufpreis • Abgrenzung zwischen stiller und offener Zession • Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Factoring 23 Zahlungsabwicklungen Entscheide des BVGer und des BGer BGE 2C_982/2014 vom 1. September 2015 BVGE A-5757/2015 vom 19. Februar 2016 BGE 2C_969/2015 vom 24. Mai 2016 24 Zahlungsabwicklungen Entwurf Broschüre MWST-Info 04 vom 1.11.2016 Abgrenzung zwischen Grundgeschäft und Geschäft mit der Forderung Anpassung aller Broschüren auf die Gerichtspraxis: Entscheidend ist allein die Übernahme des Delkrederisikos Muss das Delkredere-Risiko vollumfänglich übernommen werden? Zeitpunkt der Fälligkeit der MWST-Forderung bei wiederkehrenden Zahlungen? 25 Zahlungsabwicklungen Fälle 1. Silbermünzen des Staates A 2. Leasinggesellschaft 26 Fall 7 Zahlungsabwicklungen Silbermünzen des Staates A 1. Sachverhalt • Die A. Holding hat selbstgestaltete Silbermünzen mit dem Porträt des Verwaltungsratspräsidenten hergestellt. • Die Silbermünzen stehen im Zusammenhang mit einer vom VRP vertretenen Vorstellung einer neuen und freieren Gesellschaft 2. Fragen: • Kann die Holding auf dem Kauf des Silbers und auf den Prägungskosten den Vorsteuerabzug geltend machen? a) sofern die Kosten vor 2010 angefallen sind? b) sofern die Kosten nach 2010 angefallen sind? • Wie ist die Situation zu beurteilen, wenn die Holding die Silbermünzen an eine neu gegründete Stiftung verkauft werden, die die Idee des VRP umsetzt? • Kann dann die Stiftung den Vorsteuerabzug geltend machen? • Welches sind die MWST-Konsequenzen, wenn die Silbermünzen als Zahlungsmittel eingesetzt werden? 27 Fall 8 Forderungsabtretung Forderungsabtretung und Leasingesellschaft 1. Sachverhalt • Leasing AG tritt Forderungen im Betrag von CHF 1’100’000 aus Leasingverträgen (Laufzeit 24 – 48 Monate) mit Privatpersonen und Geschäftskunden ab; Entschädigung für die Forderung beträgt CHF 1 Mio. 2. Fragen: MWST-Folgen für alle Beteiligten • Einzelne Leasingnehmer bezahlen Raten nicht • Bei einzelnen Leasingnehmern kann auf dem Weg der Betreibung / Konkurs 50% der Raten eingetrieben werden • Einzelne Verträge werden vor Ablauf der festen Laufzeit durch neue Verträge ersetzt • Auf den 1.1.2018 kommt es zu einer Anpassung der MWST-Sätze 28 Fall 8 Forderungsabtretung Überlegungen zum Fall • MWST-Konsequenzen des Grundgeschäfts • MWST-Konsequenzen aus Finanzierungsgeschäft abhängig davon, ob DelkredereRisiko übernommen worden ist • Steuerbares Entgelt bei der Leasinggesellschaft bleibt das mit dem Leasingnehmer vereinbarte Entgelt und nicht der von der Bank erhaltene Betrag • Entgeltsminderungen nach Praxis ESTV nur möglich, wenn die Forderung zurückübertragen wird • Zeitpunkt der Versteuerung der wiederkehrenden Zahlungen prüfen 29 Fall 8 Forderungsabtretung Die Konsequenzen 30 Fall 9 Zentralregulierung Zentralregulierung und Bürgschaftsgebühr 1. Sachverhalt • Zentralregulierer schliesst Verträge mit Lieferanten und Handelshäuser ab • Zentralregulierer zieht die Guthaben bei den Handelshäusern ein und leitet sie an die Lieferanten weiter • Sowohl der Lieferant als auch das Handelshaus schulden eine Zentralregulierungsgebühr • Über einen Bürgen bietet der Zentralregulierung eine Absicherung der Forderungen der Lieferanten. • Für die Vermittlung der Bürgschaft schuldet der Lieferant eine Bürgschaftsvermittlungsgebühr. 2. Fragen: MWST-Folgen für alle Beteiligten • Behandlung der Zentralregulierungsgebühr • Behandlung der Bürgschaftsvermittlungsgebühr a) vor 2010 b) ab 2010 31 Mathias Bopp Niklaus Honauer 32
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