Petition 2 Kopie - Stadt Königstein

An den
Petitionsausschuss des
Hessischen Landtags
Schlossplatz 1-3
65183 Wiesbaden
Betrifft: Ablehnung des Asylantrages Krisma Kapoor, sowie ihrer Söhne Sahel (18) und
Karan (14) durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 5644690 - 423
Petition
an den Hessischen Landtag
Wir, die unterzeichnenden Mitglieder des Magistrates, die unterzeichnenden Mitglieder
der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Königstein im Taunus, die unterzeichnenden
Mitglieder des Ausländerbeirates, die unterzeichnenden Vertreter der Königsteiner
Kirchengemeinden, die unterzeichnenden Mitglieder des Freundeskreis Asyl Königstein
sowie die unterzeichnenden Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt wenden uns in einer
gemeinsamen Petition an den Hessischen Landtag, in einer Petition für Menschlichkeit und
Mitgefühl, für Gerechtigkeit und Vernunft, einer Petition auf der Basis des Grundgesetzes
und der Hessischen Verfassung:
Eingedenk der aktuellen Situation in Afghanistan, und insbesondere der Situation
der Minderheiten in diesem von Krisen und Unsicherheit geplagten Land, bitten wir
den Hessischen Landtag und die hessische Landesregierung darum, Frau Krishma
Kapoor, ihre Söhne Sahel und Karan, und ihren Ehemann Krishan bis auf weiteres
nicht in ihr Heimatland abzuschieben, alle hierauf abzielenden Maßnahmen zu
beenden, um eine Rücknahme der bisher ergangenen Bescheide zu erwirken. Damit soll
der Familie Kapoor, die der kleinen Minderheit der Hindus in Afghanistan angehört,
die Möglichkeit gegeben werden, sich mit ihrer ganzen Kraft auch weiterhin im Sinne
unserer Gemeinschaft, unserer gemeinsamen Vorstellungen von Menschenwürde,
Freiheit und Demokratie, einzusetzen, und sich mit den Früchten ihrer Arbeit hier in
Königstein im Taunus, in Hessen, in Deutschland, ein menschenwürdiges,
selbstbestimmtes Leben aufzubauen.
PETITION
!1
Begründung:
Frau Kapoor kam vor mehr als drei Jahren im Sommer 2013 nach Königstein im
Taunus, um ihren beiden damals noch minderjährigen Söhnen Sicherheit vor Gewalt und
Verfolgung zu schenken. Zuvor hatte sie sich mit der Familie über Jahre in einen HinduTempel in Kabul zurückgezogen, um vor Übergriffen der in Teilen radikalisierten Moslems,
z. B. des IS sicher zu sein. Die Söhne konnten deshalb keine Schule besuchen und wurden im
Tempel vom Vater und anderen Hindus so gut es ging unterrichtet. In unserer Stadt wurde die
Familie damals mit offenen Armen aufgenommen. Schnell integrierten sich Frau Kapoor und
ihre beiden Kinder in unserer Stadt. Sie begannen Deutsch zu lernen, gingen zur Schule. Frau
Kapoor, zuvor Analphabetin, lernte Lesen, Schreiben und Sprechen in der ihr fremden
deutschen Sprache, die Söhne wurden ordentliche Schüler, die in ihren Leistungen nach
kürzester Zeit mit denen der hier aufgewachsenen Mitschüler mithalten und diese teilweise
sogar deutlich übertreffen konnten. Etwa 18 Monate später konnte sich auch Herr Kapoor
nach Deutschland durchschlagen, und er konnte wieder mit seiner Familie vereint werden.
Frau Kapoor nahm eine Arbeit als Hauswirtschaftshilfe im Königsteiner Kinderhort auf.
Nach etwa zwei Jahren ist sie nicht nur eine geschätzte Mitarbeiterin, sie ist weit über ihr
eigentliches Aufgabengebiet hinaus einsetzbar. Sie ist bei den Hortkindern ebenso wie bei
den Kollegen und Vorgesetzten beliebt und durch ihren Fleiß und ihre Einsatzbereitschaft
eine wichtige Stütze unserer Kindertagesstätte. Karan steht kurz vor seinem
Realschulabschluss und möchte Informatiker werden, sein kleiner Bruder Sahel eifert ihm
nach.
Die Familie dient uns in Königstein seit Jahren als mustergültiges Vorbild für
erfolgreiche Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt. Exemplarisch zeigt sie, dass
Menschlichkeit und Nächstenliebe gute Frucht tragen kann.
Ihre Abschiebung führt die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, aber auch das
Asylrecht des Grundgesetzes und der Hessischen Verfassung ad absurdum. Wer die Situation
in Afghanistan aufmerksam beobachtet, muss bemerken, dass die Regierung dort nicht in der
Lage ist, Minderheiten, ob religiös, ethnisch oder politisch, effektiv unter Schutz zu stellen.
So bleibt dem an allen Enden herausgeforderten afghanischen Staat keine andere
Möglichkeit, als die Hindus sich selbst zu überlassen und auf eine positive Wende zu hoffen.
Eine kleine Minderheit wie die Hindu-Glaubensgemeinschaft, die nach aktuellen Zahlen
weniger als 0,05 % der Bevölkerung stellt, kann jedoch auch durch Mut, großen inneren
PETITION
!2
Zusammenhalt und hohe Wachsamkeit diesen Schutz noch weniger selbst organisieren. Die
Familie würde mit einer Rückführung nach Afghanistan in große Gefahr für ihre Freiheit,
ihre körperliche Unversehrtheit und sogar für ihr Leben gebracht. So sehr dies bereits für die
Eltern und den gerade erwachsen gewordenen Sohn Karan gilt so viel mehr gilt dies für den
minderjährigen Sohn Sahel.
Damit verstieße diese Abschiebung nicht nur gegen Art. 16a GG, sondern auch gegen
Artikel 7 der Hessischen Verfassung: "Fremde genießen den Schutz vor Auslieferung und
Ausweisung, wenn sie unter Verletzung der in dieser Verfassung niedergelegten Grundrechte
im Ausland verfolgt werden und nach Hessen geflohen sind." Denn die Hessische Verfassung
verpflichtet den Staat, Menschen vor Verfolgung wegen ihres Glaubens zu schützen.
"Ungestörte und öffentliche Religionsübung und die Freiheit der Vereinigung zu Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften werden gewährleistet," formuliert Art. 48 der
Verfassung unseres Staates. Aber gerade diese Rechte kann der afghanische Staat nicht mehr
gewährleisten, und er ermöglicht so die Verfolgung religiöser Minderheiten unter Verletzung
der in der hessischen Verfassung niedergelegten Grundsätze. Daher ist die Abschiebung von
Angehörigen religiöser Minderheiten nach Afghanistan verfassungswidrig.
Aber auch in anderer Hinsicht ist die Abschiebung der Familie Kapoor widersinnig: die
Bundesregierung betont zurecht, wie wichtig für unser Land der Zustrom qualifizierter oder
qualifizierbarer Arbeitskräfte, aber auch der Zustrom solcher Arbeitskräfte ist, die bereit sind,
einfache Arbeiten zu übernehmen, die in unserer hochentwickelten Gesellschaft sonst häufig
unbesetzt bleiben müssen. Beides trifft auf Familie Kapoor zu: Die Mutter und der Vater,
bisher unqualifiziert, sind bereit, auch einfache Aufgaben zu übernehmen, um den Unterhalt
und die Ausbildung ihrer Kinder zu ermöglichen, und Frau Kapoor stellt dies seit Jahren
täglich unter Beweis. Herr Kapoor hat jetzt einen Job im Haus der Begegnung. Und die
Söhne haben gezeigt, dass sie trotz Sprachbarrieren in der Lage sind, in der Schule gut
mitzuhalten und mit hervorragenden Aussichten qualifizierte Berufe anzustreben.
Und ein dritter Aspekt sollte bedacht werden: Jahrelang haben sich ehrenamtliche
Helfer und Behörden eingebracht, um Flüchtlingen wie der Familie Kapoor eine Integration
zu ermöglichen. Und sie konnten den Erfolg ihrer Arbeit täglich vor Augen geführt
bekommen. War diese besonders erfolgreiche Integration, für die der Freundeskreis Asyl
einen Preis von der Landesregierung erhält, nun umsonst, erschwert sie nun gar der Familie
Kapoor ein Wiedereinleben in ihrer Heimat, dann wird hiervon eine große Demotivation aller
Helfer ausgehen. Auch deshalb sollte die Abschiebung der Familie nicht erfolgen.
PETITION
!3
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob unter den gegenwärtigen Umständen und der
gegenwärtigen Sicherheitslage Abschiebungen nach Afghanistan generell zulässig, opportun
oder gar richtig sind. Die Abschiebung der Familie Kapoor wäre in jedem Fall großes
Unrecht, zutiefst unmenschlich, unklug und unseres Staates unwürdig.
Name
Anschrift
Datum
Unterschrift
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
PETITION
!4