Zollrecht aktuell Ausgabe 1/2017 Februar 2017 EuGH: Verzinsung von erstatteten Einfuhrabgaben Informationen zu neuesten zollrechtlichen Entwicklungen EuGH Rechtssache C 365/15 – Urteil vom 18. Januar 2017 In der vorgenannten Rechtssache hat sich der EuGH mit der Frage beschäftigt, ob Artikel 241 des Zollkodex dahingehend auszulegen ist, dass das darin in Bezug genommene einzelstaatliche Recht unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Effektivität eine Verzinsung von erstatteten Einfuhrabgabenbeträgen von dem Zeitpunkt der Zahlung der Abgabenbeträge bis zur Auszahlung der Erstattungsbeträge auch in den Fällen vorsehen muss, in denen der Erstattungsanspruch nicht bei einem einzelstaatlichen Gericht eingeklagt worden ist. In dieser Rechtssache hatte die Firma Wortmann in den Jahren 2006-2012 im eigenen Namen Schuhe mit Oberteil aus Leder mit Ursprung in der Volksrepublik China und in Vietnam, die von der Brosmann Footwear (HK) Ltd. (im Folgenden Brosmann) und der Seasonable Footwear (Zhong Shan) Ltd (im folgenden Seasonable) hergestellt waren, in den zollrechtlich freien Verkehr der EU überführt. Für diesen Import setzte das Hauptzollamt Bielefeld gegenüber Wortmann Antidumping-zölle fest, da die Schuhe unter einen in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1472/2006 genannten Code der kombinierten Nomenklatur einzureihen waren. Am 29. November 2013 beantragte die Firma Wortmann dann beim Hauptzollamt Bielefeld die Festsetzung von Zinsen auf die Erstattungsbeträge in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt der Zahlung der Antidumpingzölle. Die Firma Wortmann hat in dem Zeitraum 2010-2012 in Bezug auf die vorher festgesetzten Antidumpingzölle drei Erstattungsanträge gestellt. Zur Begründung dieser Anträge nahm die Firma Wortmann Bezug auf die zunächst beim Gericht der EU und dann beim Gerichtshof anhängige Rechtssache, in der das Urteil vom 2. Februar 2012, Brosmann Footwear (HK) u.a./Rat (C249/10 P, EU:C:2012:53), ergangen ist. Das Finanzgericht Düsseldorf vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung maßgeblich von der Auslegung des Artikels 241 Zollkodex abhängig ist. In diesem Urteil wurde die oben genannte Antidumpingverordnung für teilweise nichtig erklärt, und zwar soweit sie unter anderem Brosmann und Seasonable betraf. Mit Bescheid vom 17. April 2013 erstattete daraufhin das Hauptzollamt Bielefeld Wortmann die Antidumpingzölle für die Jahre 2007 und 2008. Der Antrag wurde vom Hauptzollamt Bielefeld am 15. Januar 2014 abgelehnt. Der daraufhin eingelegte Einspruch wurde am 17. September 2014 ebenfalls zurück gewiesen. Daraufhin erhob Wortmann Klage beim Finanzgericht Düsseldorf mit dem Antrag, das Hauptzollamt Bielefeld zu verpflichten, ihre Erstattungsbeträge zu verzinsen. Im Grundsatz ist das Finanzgericht der Meinung, dass Art. 241 Satz 1 des Zollkodex eine Verzinsung der erstatteten Beträge ausschließt. Dies begründet sich nach Auffassung des Finanzgerichtes darauf, dass die Voraussetzung von Art. 241 Satz 2 erster Gedankenstrich Zollkodex im Ausgangsverfahren nicht vorliegen und eine Erstattung aufgrund einzelstaatlicher Bestimmungen nach Art. 241 Satz 2 zweiter Gedankenstrich Zollkodex nicht in Betracht kommt, da hierfür nur § 236 Abgabenordnung in Betracht käme und Wortmann kein gerichtliches Verfahren auf Erstattung www.pwc.de Zollrecht aktuell Ausgabe 1/2017 Februar 2017 von zuvor an das Hauptzollamt Bielefeld entrichteten Antidumpingzöllen eingeleitet habe. Da das Finanzgericht Düsseldorf jedoch Zweifel daran hat, dass dieses Ergebnis mit dem Unionsrecht in Einklang steht, hat es oben formulierte Vorlagefrage dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt. Grundsätzlich führt der Gerichtshof aus, dass bei der Neuberechnung der Zölle im Ergebnis dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer bereits entrichtete Zölle teilweise oder vollständig erstattet werden, gemäß Art. 241 des Zollkodex Zinsen jedoch erst ab dem Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist von drei Monaten anfallen, wobei eine Zahlung von Zinsen auch unter anderen Umständen aufgrund von einzelstaatlichen Regelungen unberührt bleibt. In diesem Verfahren beruht die Erstattung aber nicht auf einer Neuberechnung der Zölle. Vielmehr verweist der Gerichtshof auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach Mitgliedstaaten, die Steuern oder Zölle gemäß einer Verordnung der Union erhoben haben, welche vom Unionsgericht für ungültig oder nichtig erklärt worden ist, die ehemaligen Schuldner grundsätzlich einen Anspruch nicht nur auf Erstattung der erhobenen Beträge sondern auch auf deren Verzinsung haben (vgl. In diesem Sinne Urteil vom 27. September.2012, Zuckerfabrik Jülich, C113/10, C-147/10 und C-234/10, EU:C:2012:591, Rn. 65 bis 67 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies entspricht dem vorliegenden Fall. Somit war auf die Vorlagefrage zu antworten, dass dann, wenn Einfuhrabgaben unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben wurden, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, eine unionsrechtliche Pflicht der Mitgliedstaaten besteht, Rechtsuchenden, die einen Anspruch auf Erstattung der entrichteten Beträge haben, diese ab dem Zeitpunkt ihrer Entrichtung zu verzinsen. Fazit: Ob ein Erstattungsanspruch zu verzinsen ist, hängt vom Einzelfall ab. Beruht der Erstattungsanspruch lediglich auf einem Fehler bei der Berechnung, so ist eine Verzinsung im Grundsatz nicht vorgesehen. Sollte jedoch die Rechtsgrundlage für die Festsetzung und Erhebung der Zölle für nichtig beziehungsweise ungültig erklärt werden, so kommt grundsätzlich eine Verzinsung in Betracht. 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