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Rahmenbedingungen für Maßnahmen an Fließgewässern
Eberhard Winkhaus, LUA NRW
Das heutige Erscheinungsbild der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen ist neben
der landschaftlich genetischen Prägung eine Folge der anthropogenen
Nutzungsansprüche an die Einzugsgebiete und an die Gewässer selbst. In der
Vergangenheit wurde die Bedeutung der Gewässer oft auf ihre direkte Nutzfunktion
für den Menschen reduziert.
Die Tatsache, dass die Gewässer aber auch ein wesentliches Element des
Naturhaushaltes sind und sie vielfältige ökologische Funktionen, auch zum Nutzen
des Menschen, aufweisen, war sicherlich auch damals bereits bekannt. Nur die
Bedeutung die man dem zumaß und die praktischen und rechtlichen Möglichkeiten
der Berücksichtigung waren in der Vergangenheit nicht im heutigen Maße gegeben.
Nachhaltige Entwicklung ist leider erst seit einigen Jahren ein ernsthaftes Thema.
Dies alles hat inzwischen nicht nur in Nordrhein-Westfalen zu einem Umdenken in
der Gewässerpolitik geführt. Beispielsweise schreibt das Wasserhaushaltsgesetz vor,
dass Gewässer, die sich im natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, in diesem
Zustand erhalten bleiben und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer so
weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden sollen.
Ziel einer Gewässerentwicklung ist der Erhalt und/oder die Wiederherstellung
naturnaher Zustände in den Gewässern und ihren Auen unter Beachtung des
vorbeugenden Hochwasserschutzes.
Mit der Verabschiedung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) im Jahr 2000 ist die
Bewirtschaftung von Gewässern auf eine neue Grundlage gestellt worden.
Entsprechend der Ziele der WRRL sind Maßnahmekonzepte zu erarbeiten und
umzusetzen.
Es stellt sich die Frage, ob sich durch die WRRL an den Rahmenbedingung für
Maßnahmen an Fließgewässern etwas geändert hat und wenn ja was?
Bei den Rahmenbedingungen muss unterschieden werden zwischen den
planerischen, den sozio-ökonomischen und gesellschaftlichen.
Die Vorgehensweise bei der Planung von Maßnahmen, die der naturnahen
Entwicklung der Fließgewässer dienen, folgt festen Rahmenbedingungen, die jeweils
in das Spannungsfeld „Leitbild, Ist-Zustand und Entwicklungsziel“ einzuordnen sind.
Die Ermittlung des Leitbildes erfolgt unter Berücksichtigung der heutigen potenziell
natürlichen Rahmenbedingungen.
Die Erhebung des Ist-Zustandes erfasst die planungsrelevanten Bestandsdaten des
Planungsraumes, so z.B. die realen Nutzungen.
Die Bewertung des Ist-Zustandes erfolgt leitbildbezogen, d.h. durch die Ermittlung
der Abweichung des Ist-Zustandes vom Leitbild.
Die Festlegung von Entwicklungszielen erfolgt auf Grundlage eines Abgleiches von
Leitbild, Ist-Zustand und bestehenden wie zukünftigen Nutzungsansprüchen an das
Gewässer, seine Auen und sein Einzugsgebiet Entwicklungsziele sind somit unter
Berücksichtigung der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen festzulegen. Die
Analyse der Nutzungsansprüche kann aufzeigen, dass es zur Erreichung eines
naturnahen Zustandes erforderlich ist, Nutzungsansprüche zurückzunehmen. Auch
bei sehr restriktiven Randbedingungen dient hier das Leitbild der Orientierung, d.h.
der naturräumlich angepassten Ausrichtung der Entwicklungsziele. Entwicklungsziele
sind unter realistischen Annahmen über die Maßnahmenrealisierung.
Die Erarbeitung von Maßnahmen folgt aus einer Defizitanalyse zwischen Ist-Zustand
und den vorangehend definierten Entwicklungszielen. Jede Differenz muss unter
realistischen Annahmen über die Maßnahmenrealisierung auszugleichen sein,
anderenfalls sind Maßnahmealternativen oder die Entwicklungsziele kritisch zu
prüfen und ggf. anzupassen
Die Umsetzung der Maßnahmen steht am Ende des Planungsprozesses und ist
durch ein Monitoring zu verfolgen. Dies kann durch ein gesondertes
Monitoringprogramm geschehen oder auch im Rahmen einer turnusmäßigen
Wiederholungserfassung des Ist-Zustande.
Zu den sozio-ökonomischen Randbedingungen sind insbesondere rechtliche
Aspekte, Nutzungsansprüche, Natur- und Kulturlandschaftsschutz sowie die
Finanzierung einschließlich eventueller staatlicher Förderprogramme zu zählen.
Nicht erst seit Durchführung der Bestandsaufnahme gemäß WRRL ist bekannt, dass
eine Umgestaltung und Entwicklung unserer Fließgewässer eine enorme
gesellschaftliche Herausforderung darstellt. Daher ist die Herbeiführung des
gesellschaftlichen Konsens für die Maßnahmendurchführung und die rechtzeitige
Beteiligung aller Betroffenen unerlässlich.
Wenn die Rahmenbedingungen erfüllt sind, kann bereits jetzt mit Maßnahmen an
den Fließgewässern begonnen werden, ohne auf die Aufstellung des
Bewirtschaftungsplanes und es Maßnahmenkataloges zu warten.