Ackerbau Raps: Höhere Erträge durch organische Dünger? V Gülle und Gärreste passen zu Raps auch im Frühjahr. Das spart Mineraldünger und kann den Ertrag steigern. Wie das geht, erklären Dr. Wilfried Zorn und Hubert Schröter, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL), Jena. iele Landwirte setzen im Herbst Gülle und Gärprodukte zur Stickstoff (N)-Düngung ein. Im Frühjahr trauen sich aber nur wenige mit dem Fass in den Bestand. Ihre Bedenken: Können organische Dünger den frühen und häufig hohen N-Bedarf des Rapses überhaupt decken? Kommt die N-Mineralisation so spät, dass der Bestand vielleicht ins Lager geht? Dass sich organische Dünger durchaus für den Frühjahrseinsatz eignen, belegen unsere Feldversuche an der TLL auf einem schweren Standort in Dornburg und einem leichten in Bad Salzungen (Details s. Kasten). Wichtig dabei ist, den N-Düngebedarf des Rapses genau zu ermitteln und die N-Wirkung der organischen Dünger im Vergleich zum Mineraldünger zu beachten. Ertrags einbußen müssen Sie dann nicht befürchten. Im Gegenteil: Bei Frühjahrstrockenheit kann organischer Dünger sogar Ertragsvorteile bringen. Güllen zu Raps im Frühjahr?Auch ge- stiegene Düngerpreise machen den Frühjahrseinsatz von Gülle und Gärresten zu Raps interessant. Und: Ab Ende 2015 wird eine neue, verschärfte Dünge-VO kommen (s. Beiträge ab Seite 28), nach der die bislang erlaubten N-Bilanz Foto: Borchert Dieser Rapsbestand im Frühjahr wartet heißhungrig auf seine N-Düngung. Warum nicht mal mit Gülle oder Gärprodukten? 58 top agrar 2/2015 überschüsse von 60 kg/ha N auf voraussichtlich 50 kg/ha sinken. Zudem wird der Herbsteinsatz von Wirtschaftsdüngern weiter eingeschränkt. Künftig werden Gülle und Gärreste auch für Ackerbauern besser verfügbar, da bei Veredlern durch die Novelle der Dünge-VO mehr Nährstoffüberschüsse anfallen. Vieles spricht also dafür, sich stärker mit organischen Düngern zu befassen. Am besten sammeln Sie schon jetzt erste Erfahrungen. Vor allem im Raps, denn dieser ist wegen seines hohen Nährstoffbedarfes ein dankbarer Verwerter. Feldversuche zum Einsatz von Gülle und Gärprodukten Mit diesem speziell für Kleinparzellen gebauten Güllefass mit Schleppschläuchen wurden die organischen Dünger in den Feldversuchen ausgebracht. oder Gärreste nutzen möchte, muss zunächst den N-Düngebedarf im Frühjahr bestimmen. Wie hoch dieser ist, hängt von der Entwicklung Ihres Bestandes ab. Wichtige Tipps zur Berechnung lesen Sie im Beitrag ab Seite 52. Im Frühjahr ist es meist sinnvoll, die N-Düngung in zwei Gaben aufzuteilen: Die 1. Gabe zu Vegetationsbeginn, die 2. Gabe ca. vier Wochen später. Da die Pflanzen frühzeitig Stickstoff benötigen, sollten Sie die Gülle oder Gärprodukte immer mit der 1. Gabe bis zum Vegetationsbeginn ausbringen. Bei geteilter N-Gabe bieten sich zum Termin der 2. Gabe mineralische N-Dünger als Ergänzung an. Wer den gesamten N-Bedarf mit organischen Düngern decken möchte, sollte zusätzlich Nitrifikationshemmer einsetzen. Düngewirksames NH4: Um die richtige Gabenhöhe zu kalkulieren, müssen Sie bedenken, dass nicht der gesamte in organischen Düngern enthaltene Stickstoff sofort pflanzenverfügbar ist. Im Ausbringjahr ist vor allem der Anteil Ammonium-Stickstoff (NH4) am Gesamt-N für die Düngewirkung und somit den Ertrag entscheidend. Bei verlust armer Ausbringung lässt sich dieser fast zu 100 % als düngewirksam anrechnen. Jedoch unterscheiden sich die organischen Dünger stark im NH4-Anteil und auch in ihren anderen Nährstoff-Gehalten. So enthielt z. B. die am schweren Standort ausgebrachte Rindergülle einen NH4-Anteil von 50 % am Gesamt-N (s. Übersicht 4, Seite 61). Das Gärprodukt aus Rindergülle dagegen 63 %. Abhängig vom Ausgangssubstrat variieren auch die Gärprodukte untereinander. Der in den Versuchen eingesetzte Gärrest aus Schweinegülle hatte sogar einen NH4-Anteil von 89 %. Wegen ihres höheren Ammonium-Anteils erreichen da- her Gärreste bei gleich ausgebrachter Gesamt-N-Menge deutliche Mehrerträge gegenüber reiner Gülledüngung. Foto: Schröter Zeitiges Ausbringen:Wer nun Gülle In 2009 legten wir an der Thüringer Landesanstalt am schweren Standort in Dornburg und am leichten in Bad Salzungen Versuche an (s. Übersicht 1), um die Ertrags- und N-Düngewirkung (Mineraldüngeräquivalent) von organischen Düngern im Vergleich zu mineralischem N-Dünger zu untersuchen. Am schweren Standort stand in 2012 Raps nach Vorfrucht Wintergerste. Der N-Düngebedarf nach Sollwert- Methode lag dort im Frühjahr bei 200 kg/ha. Es wurden daher vier mineralische Düngerstufen mit 200, 150 und 100 kg/ha N aus KAS in zwei Gaben und einer Kontrolle ohne Dünger ausgebracht. Die Gabenhöhe an Rindergülle und Gärprodukten legten wir nach ihrem jeweiligen Gesamt-N-Gehalt (Nt) ohne Abzug von Verlusten bei der Ausbringung fest. Diese einheitliche Gesamt-N-Zufuhr führte somit zu unterschiedlich hohen NH4-Mengen in den Varianten. Als weitere Varianten haben wir die organische und mineralische Düngung kombiniert. Am schweren Standort kamen zur N-Ausbringmenge von 200 kg/ha als Gülle oder Gärprodukt je 50 oder 100 kg/ha aus KAS. Das entspricht 25 und 50 % des vorher genau bestimmten N-Bedarfs. Die Ausbringung der organischen Dünger erfolgte mit Schleppschlauch technik in einer Gabe zum Zeitpunkt der 1. N-Gabe. Die mineralische Er gänzung haben wir zur 2. Gabe aus gebracht. Auf dem leichten Standort haben wir die Versuche nach dem gleichen Schema angelegt. Übers. 1: Standort- und Versuchsbeschreibung Beschreibung Schwerer Standort1) Leichter Standort2) Bodentyp Lössparabraunerde Braunerde (Buntsandstein) Bodenart stark toniger Schluff lehmiger Sand Standort Mittlere Jahrestemperatur Mittlerer Jahresniederschlag 8,3 °C 7,7 °C 584 mm 566 mm Versuch Varianten Mineralische N-Düngung in % des N-Bedarfs Kalkammonsalpeter (KAS) 0 / 50 / 75 / 100 0 / 60 / 100 / 140 Rindergülle3 + kg/ha N als KAS 0 / 25 / 50 0 / 40 Gärreste3 + kg/ha N als KAS 0 / 25 / 50 0 / 40 1) Dornburg; 2) Bad Salzungen; 3) Die Gesamt-N-Menge in der Gabe entspricht dem N-Bedarf, z. B. 200 kg/ha N zu Raps (schwerer Standort). Quelle: TLL In 2012 entsprach bei Raps die Variante „Rindergülle + Mineraldüngung 25 % des Bedarfs“ 200 kg/ha N aus Gülle als 1. Gabe und 50 kg/ha aus KAS als 2. Gabe. top agrar 2/2015 59 Ackerbau Übers. 3: Verfügbarer N in organischen Düngern 50 Den mit 200 kg/ha N aus KAS erzielten Ertrag erreichen Sie z. B. auch mit Gärresten aus Schweinegülle (200 kg/ha N) und 50 kg/ha N aus KAS. Rapsertrag dt/ha 45 35 ohne organische Düngung Rindergülle** Rindergülle vergoren** Gärrest Nawaro** Gärrest Schweinegülle** 30 25 20 0 50 75 100 0 25 50 0 25 50 0 25 50 0 25 50 mineralische N-Düngung in % des N-Bedarfs *Schwerer Standort Dornburg **Ausbringmenge 200 kg/ha Gesamt-N Das bestätigen auch die Ergebnisse am schweren Standort. Den Höchstertrag brachte dort Schweinebiogasgülle mit 45 dt/ha (s. Übersicht 2). Der Einsatz von Rindergülle kam nur auf 38 dt/ha. Das zeigt, dass vor allem NH4-reiche Gärreste eine sehr gute Düngewirkung haben. Sie besitzen daher das größte Potenzial, mineralische N-Dünger zu ersetzen. Doch wie wirksam sind sie im Vergleich zu Mineraldüngern ? Gülle spart Mineraldünger:Die Stick- stoff-Wirkung von organischem Dünger auf den Ertrag im Vergleich zu mineralischem lässt sich durch das N-Mineraldüngeräquivalent (N-MDÄ) am besten beschreiben. Dieses gibt den Anteil des im Anwendungsjahr tatsächlich verfügbaren Stickstoffs an. Auf den beiden Versuchsstandorten konnten die im Raps eingesetzten organischen Dünger ein N-MDÄ von über 50 % erreichen. Somit ließen sich unabhängig vom organischen Dünger durch Ausbringen von 200 kg/ha N mindestens die gleichen Erträge erzielen wie mit 100 kg/ha N aus Kalkammonsalpeter (KAS). Die N-Äquivalente unterschieden sich jedoch deutlich zwischen den Düngern. Am schweren Standort ergaben sich Werte von 60 % (Rindergülle) bis 91 % (Gärrest aus Schweinegülle). Die N-Wirkung der Schweine-Biogasgülle war damit annähernd mit der von KAS vergleichbar. Organische Dünger mit einem hohen Anteil an verfügbarem Stickstoff haben daher den Vorteil, dass sie die nötige Gülle/Gärrest-Menge reduzieren und Transportkosten senken. Ein Beispiel: Der N-Düngebedarf Ihres Rapsbestandes im Frühjahr liegt bei 100 kg/ha. Setzen Sie Rindergülle mit 60 top agrar 2/2015 90 N-Mineraldüngeräquivalent %* Gärprodukt aus Speiseund Lebensmittelresten 80 Gärprodukt aus Schweinegülle 70 Quelle: TLL Grafiken: Rommel 40 100 60 Trotz fast gleicher NH4-Anteile am Gesamt-N ist die N-Wirkung der Gärreste unterschiedlich. einem N-MDÄ von 50 % ein, müssen Sie 200 kg/ha N mit der Gülle ausbringen, um den Bedarf zu decken. Dies entspricht einer Güllegabe von 50 m3/ha, berücksichtigt man einen N-Gehalt von 4 kg/m3. Bei einem Gärprodukt mit 80 % N-MDÄ und 5 kg/m3 N ist eine Gabe von 25 m3/ha ausreichend. Trotz ähnlicher NH4-Anteile kann der tatsächlich verfügbare Stickstoff aus organischen Düngern an unterschiedlichen Standorten anders ausfallen. Das zeigen auch die N-Düngeräquivalente (ohne das extreme Trockenjahr 2011) aus unseren zwei Versuchen (s. Übersicht 3). Auf dem leichten Verwitterungsstandort lagen sie immer über denen am schwereren Lössparabraun erde-Standort. Die Ursache: Am leichten Standort sickern die organischen Schnell gelesen • Gülle und Gärreste lassen sich im Frühjahr zu Raps gut einsetzen, um die N-Versorgung zu sichern. • Eine Analyse der Wirtschafts- dünger auf Gesamt-N und Ammonium ist wichtig, da es große Unterschiede gibt. • Die Ammonium-Zufuhr gilt bei verlustarmer Düngung im Ausbringjahr als pflanzenverfügbar. • Mithilfe des Mineraldünger- äquivalentes lässt sich abschätzen, wie gut die N-Wirkung aus Gülle oder Gärresten im Raps ist. Schwerer Standort Leichter Standort 50 40 Quelle: TLL Übers. 2: Mit Gülle oder Gärresten lassen sich hohe Erträge ernten* 50 60 70 80 90 100 NH4-Anteil am Gesamt-N-Gehalt % * Mittlere N-MDÄ bei Getreide und Raps Dünger schneller in den Boden ein und verursachen geringere N-Verluste durch Ammoniak-Emissionen. Auch die Witterung eines Einzeljahres hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den verfügbaren Stickstoff. Besonders deutlich trat der Effekt im Trockenjahr 2011 am leichten Standort auf. In dem Jahr betrug das N-MDÄ der geprüften Gärprodukte über 100 %, denn der gedüngte KAS kam trockenheitsbedingt kaum zur Wirkung. So verbesserte sich die N-Düngewirkung der TS-armen Gärreste nochmals deutlich. Sachgerechter Einsatz:Entscheiden Sie sich, Gülle oder Gärreste zu nutzen, hilft Ihnen das Mineraldüngeräquivalent bei der Düngeplanung. Das ist vor allem bei Raps wichtig, da dieser durch den Verbleib des Strohs auf dem Feld häufig zu hohen N-Überschüssen und damit hohen betrieblichen Salden beiträgt. Nutzen Sie am besten aus Feldversuchen Ihrer Region abgeleitete N-MDÄ Richtwerte. Diese erhalten Sie bei Ihren zuständigen Beratungsstellen. Ist der N-Düngebarf Ihres Rapsbestandes im Frühjahr sehr hoch oder wollen Sie die N-Gaben teilen, ist es sinnvoll, die organische Düngung mit mineralischen N-Düngern zu ergänzen. Das zeigen auch unsere Versuche in Dornburg (s. Übersicht 2). Die mineralische Ergänzung konnte die Erträge weiter steigern. So ließen sich z. B. mit einer Güllegabe von 200 kg/ha N zur 1. Gabe und 100 kg/ha N aus KAS gleich hohe Erträge erzielen wie mit 200 kg je ha N aus KAS. Wer ohnehin Gülle oder Gärprodukte zur Verfügung hat, spart so immerhin 100 kg/ha N auf seinem Mineraldüngerkonto. Wirken Gülle und Gärreste gleich? Gärprodukte aus Biogasanlagen können Sie als effektive Mehrnährstoffdünger zu Raps nutzen. Abhängig vom Substrat und den Gärbedingungen schwanken die TS- und Nährstoffgehalte jedoch deutlich. Wie stark, das zeigen die Analysedaten der Gärreste in unseren Versuchen (s. Übersicht 4). Der N-düngewirksame NH4-Anteil am Gesamt-N liegt z. B. bei Gärprodukten aus Lebensmittelresten oder Schweinegülle mit 85 bzw. 89 % höher als bei den anderen Gärresten. Lassen Sie daher regelmäßig Ihre Gärprodukte auf TSund Nährstoffgehalt untersuchen. Bei kontinuierlichem Betrieb der Anlage und einheitlichem Substrat belegen unsere Erfahrungen, dass die Zusammensetzung jedoch wenig schwankt. Nach der Dünge-VO muss bei Nutzung im eigenen Betrieb aber wenigstens eine Analyse oder Richtwerte vorliegen. Im Vergleich zu Gülle bieten Gärreste einige Vorteile: Sie sind dünnflüs- Übers. 4: Unterschiedliche TS-und NH4-Gehalte Parameter Rindergülle Schwerer Standort1) Leichter Standort2) Gärprodukt aus Rinder- Gärprodukt aus Rinder- NawaRo/ Schweine- gülle Rinder Speise gülle Mist gülle gülle resten TS % 10,1 5,8 12,0 2,5 10,5 6,5 3,6 Nt % 0,42 0,30 0,79 0,45 0,40 0,38 0,50 NH4-N % 0,21 0,19 0,51 0,40 0,21 0,26 0,42 NH4-N % von Nt 50 63 65 89 52 68 85 pH-Wert 6,8 7,6 7,7 7,9 6,6 7,6 7,9 1) Dornburg; 2) Bad Salzungen; TS = Trockensubstanz; Nt = Gesamt-N Quelle: TLL Die Nährstoff-Zusammensetzung ist bei organischen Düngern nicht gleich. Lassen Sie diese regelmäßig untersuchen, um die Ausbringmenge optimal kalkulieren zu können. siger und dringen nach dem Ausbringen schneller in den Boden ein. Mit dem Abbau der organischen Substanz in der Anlage erhöht sich im Vergleich zum Ausgangssubstrat ihr NH4-Anteil am Gesamt-N. Zudem steigt der pHWert. Mehrjährige Untersuchungen in Thüringer Biogasanlagen belegen im Mittel z.B. einen Anstieg des NH4-Anteiles von ca. 40 % vor auf ca. 70 % nach der Vergärung. Gleichzeitig stieg der pH-Wert von 6,7 auf 7,9. Die N-Düngewirkung der Gärreste ist daher besser kalkulierbar und meist höher. Doch Vorsicht: Bei hohen NH4-Anteilen und hohen pH-Werten steigt das Risiko von Ammoniak-Verlusten beim Lagern und Ausbringen. Phosphor und Kalium gehen im Biogasprozess nicht verloren. Bei einer Gabe von z. B. 40 m3/ha bringen Sie 40 bis 110 kg/ha P2O5 und 86 bis 290 kg/ha K2O aus.
© Copyright 2024 ExpyDoc