pdf-ausgabe-2017-5 - Deutsche Gesundheits Nachrichten

Ausgabe | 05
03. Februar 2017
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Pharmabranche
Pflegefall Antibiotika: Kaum Forschung deutscher Firmen
Patienten sind zunehmend resistent gegen Antibiotika. Doch für die Industrie ist die Forschung kaum mehr lukrativ
D
er Fall schlug Wellen: Alle 26 zugelassenen Antibiotika konnten einer an
einem multiresistenten Keim erkrankten
Rentnerin in den USA nicht helfen - die
Frau stirbt nach erfolgloser Behandlung
letztlich an einer Blutvergiftung, berichtet
Reuters.
Herkömmliche Antibiotika stoßen
immer mehr an ihre Grenzen, weil multiresistente Keime weltweit zunehmen. Helfen
könnten neue Präparate, die als Reserve
dienen, wenn alle anderen Mittel versagen.
Doch für die Pharmaunternehmen ist die Erforschung neuer Antibiotika wenig lukrativ.
Denn die Rendite ist bei Volkskrankheiten
wie Diabetes oder kostspieligen Krebsbehandlungen viel höher als bei Antibiotika,
die üblicherweise nur für wenige Tage verschrieben werden und möglichst selten zur
Anwendung kommen sollten.
Dabei zeigt das Schicksal der Rentnerin
aus den USA, wie dringend der Bedarf an
neuen Antibiotika ist. Schätzungen gehen
von weltweit bis zu 700.000 Todesfällen im
Jahr aufgrund von Antibiotikaresistenzen
aus. „Wir sind dabei, von den Krankheits-
Lediglich zwei deutsche Pharmafirmen forschen
derzeit nach neuen Antibiotika.
Quelle: Flickr/Sheep purple/CC BY 2.0
erregern in die Enge gedrängt zu werden“,
sagt der Antibiotika-Forscher Kim Lewis,
Professor an der Northeastern Universität
in Boston. „Ohne Antibiotika gibt es im
Grunde keine moderne Medizin.“
Bereits 2014 warnte die Weltgesundheitsorganisation WHO vor einer weltweiten
Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen.
Ohne geeignete Maßnahmen stehe die Welt
vor einer „post-antibiotischen Ära“, in der
gewöhnliche Infektionen und leichte Verletzungen wieder tödlich enden könnten.
Rund 30 Jahre ist es her, dass die bislang
letzte komplett neue Klasse von Antibiotika
auf den Markt kam.
„Das ist ein Riesenproblem, aber es wird
von der Politik nicht genug getan. Es braucht
wohl erst eine große Krankheitswelle, bis
etwas passiert“, sagt Oliver Baron, Geschäftsführer des Exzellenzclusters Integrierte Proteinwissenschaften (CIPSM) der Münchner
Ludwig-Maximilians-Universität. Baron war
Geschäftsführer des Biotech-Start-ups Aviru,
eine Ausgründung der beiden Münchener
Universitäten, das neue Antibiotika erforschte. 2015 musste Aviru nach Angaben von
Baron jedoch den Betrieb einstellen, nachdem das Bundesforschungsministerium die
Förderung des Unternehmens stoppte - mit
der Begründung, dass diese zu risikoreich
sei. Die Erforschung neuer Arzneimittel ist
teuer und riskant, das liegt in der Natur der
Sache. Von der Idee bis zur ersten Zulassung
dauert es in der Regel mehr als 13 Jahre.
Von 5.000 bis 10.000 Substanzen, die in
den Laboren untersucht werden, erreicht
nach Angaben des Verbands forschender
Arzneimittelhersteller vfa im Schnitt nur
eine tatsächlich später den Markt.
Analyse
Beschäftigungszuwachs in Gesundheitsberufen verlangsamt sich
Zum 31. Dezember 2015 übten 2,8
Millionen Beschäftigte in Deutschland
einen medizinischen Gesundheitsberuf
aus, berichtet das Statistische Bundesamt
(Destatis). Das waren 47.000 mehr als
Ende 2014. Demnach stieg die Zahl der
Beschäftigten in medizinischen Gesundheitsberufen mit plus 1,7 Prozent aber
schwächer als in den beiden Vorjahren
(2014: plus 59.000 oder plus 2,2 Prozent,
2013: plus 76.000 oder plus 2,9 Prozent).
Zu den Beschäftigten in medizinischen Gesundheitsberufen zählen die
Beschäftigten in der Gesundheits- und
Krankenpflege einschließlich Rettungsdienst und Geburtshilfe (2015: plus 16.000
oder plus 1,6 Prozent), in der Arzt- und
Praxishilfe (plus 10.000 oder plus 1,5
Prozent), in der nichtärztlichen Therapie
und Heilkunde plus 10.000 oder plus 2,6
Prozent) sowie der Human- und Zahnmedizin (plus 7.000 oder plus 1,5 Prozent).
Insgesamt waren zum 31.12.15 rund 5,3
Millionen Beschäftigte im Gesundheitswesen tätig. Im Vergleich zu 2014 ist die Zahl
um 112.000 (plus 2,2 Prozent) gestiegen.
Der positive Beschäftigungstrend ist vor
allem dem Wachstum in den Berufen
der Altenpflege (plus 25.000) und in den
anderen Berufen des Gesundheitswesens
(plus 38.000) geschuldet.
2015 stieg das Personal in den (teil-)
stationären Einrichtungen stärker (plus
45.000 oder plus 2,4 Prozent) als in den
ambulanten Einrichtungen (plus 41.000
oder 1,9 Prozent). Überdurchschnittlich
ist die Zahl der Beschäftigten im Jahr
2015 in der (teil-)stationären Pflege
gewachsen (plus 29.000 oder plus 4,5
Prozent): Deutlich erhöhte sich die Zahl
der Beschäftigten in anderen Berufen
des Gesundheitswesens (plus 23.000).
Beschäftigungszuwächse gab es im Jahr
2015 in allen ambulanten Einrichtungen,
allerdings in einem unterschiedlichen
Ausmaß: Während die Zahl der Beschäftigten in der ambulanten Pflege am stärksten
wuchs (plus 18.000 oder plus 5,4 Prozent),
stieg die Zahl der Beschäftigten in Arztpraxen am geringsten (plus 3.000 oder
plus 0,5 Prozent).
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Zu risikoreich, zu wenig Ertrag: Während in den 1980er Jahren noch viele große
Pharmaunternehmen aus den USA und
Europa in der Antibiotikaforschung tätig
waren, sind es heute mit Sanofi, GlaxoSmithKline, Merck&Co, Roche sowie Novartis
nur noch eine Handvoll. Die deutschen
Pharmariesen Bayer und Merck hatten sich
bereits vor Jahren verabschiedet. Unter den
deutschen Pharmafirmen forschen nach
vfa-Angaben lediglich zwei nach neuen
Antibiotika: die Hamburger Evotec sowie die
Wuppertaler AiCuris, die vor gut zehn Jahren
als Spin-off aus der Antibiotikaforschung
von Bayer entstand.
Doch bis aus deren Laboren ein neues Antibiotikum auf den Markt kommen
könnte, dürften noch viele Jahre vergehen.
Evotec befindet sich mit seinen Projekten
derzeit noch in der präklinischen Prüfung,
die ein neuer Wirkstoff durchläuft, bevor er
am Menschen erprobt werden kann. Das Antibiotikum von AiCuris steckt in der ersten
von drei Phasen der klinischen Entwicklung.
„Wir sprechen da von Zeiträumen von rund
zehn Jahren, bis ein neues Antibiotikum auf
den Markt kommt“, sagt AiCuris-Chef Holger
Zimmermann. „Wenn ich Antibiotika entwickele, die nur begrenzt eingesetzt werden
können oder sollen, muss das Verständnis
da sein, dass diese auch hochpreisig verkauft
werden können, damit für Firmen klar ist,
dass sich die Entwicklung lohnen kann.“
Der Weltmarkt für Antibiotika ist zwar
mit Jahresumsätzen von rund 40 Milliarden Dollar relativ groß, doch nur etwa 4,7
Milliarden davon werden mit patentgeschützten Antibiotika erzielt - weniger als
der Jahresumsatz nur eines der weltweit
umsatzstärksten Krebsmedikamente.
Ex-Bayer-Chef Marijn Dekkers hatte
bereits vor zwei Jahren moniert, ohne
staatliche Unterstützung gebe es zu wenige
Anreize, neue Antibiotika für Patienten zu
entwickeln, die insbesondere in Krankenhäusern mit resistenten Keimen kämpfen.
Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen
Antibiotikaresistenzen unter anderem auf
mehr Kooperationen zwischen universitären
Einrichtungen und der Industrie. Mit dem
geplanten Gesetz zur Stärkung der Arzneimittelversorgung sollen zudem dringend
benötigte Reserve-Antibiotika, die im Notfall
gegen resistente Keime eingesetzt werden
können, bei der Vergütung besser gestellt
werden, um die Erforschung solcher Präparate anzukurbeln. Auch die Entwicklung von
Schnelltests zur zielgenauen Anwendung
von Antibiotika soll gefördert werden.
Jährlich stellt das Bundesforschungsministerium über die zeitlich befristete
Projektförderung rund 27 Millionen Euro
03. Februar 2017
für die Antibiotikaforschung zur Verfügung,
diese Förderung steht auch Unternehmen
offen. Derzeit werden aber keine großen
Industrieprojekte zur Antibiotikaforschung
gefördert. Auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie das Deutsche
Zentrum für Infektionsforschung oder das
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie
werden finanziell unterstützt. Doch nach
Angaben des vfa kann alleine die Entwicklung eines neuen Antibiotikums bis zu 1,5
Milliarden Euro kosten.
Die mangelnde Finanzkraft bekommt
auch die Wissenschaft zu spüren: Forscher
der Universität Würzburg haben einen Antikörper entdeckt, der resistente Bakterien
bekämpfen soll. „Wir haben den Antikörper seit zwei Jahren fertig entwickelt und
könnten direkt mit der klinischen Erprobung beginnen“, sagt Knut Ohlsen vom
Institut für Molekulare Infektionsbiologie
der Uni Würzburg. Allein - es fehlt an Geld.
„Wir sind seit Jahren auf der Suche nach
Kapitalgebern“, erklärt Ohlsen und bringt
das Problem auf den Punkt: „Je wirksamer
und spezifischer ein Mittel ist, desto weniger Geld kann man damit verdienen.
Der Antibiotika-Markt liefert nicht die
Milliarden-Einnahmen, die sich ein Pharmakonzern oder ein Investorenkonsortium
vorstellen.“
Wirtschaft
Dialyse-Streit in den USA: FMC setzt sich vorläufig durch
Fresenius Medical Care (FMC) hat im Streit über Zuschüsse für Dialysepatienten in den USA einen Etappensieg erzielt
E
Dialysefirmen hoffen, dass US-Präsident Donald Trump das Thema anders bewerten wird.
Quelle: Flickr/Bernard Spragg. NZ/CC0 1.0
in von FMC und anderen Dialyseanbietern angerufenes Gericht hat einen
Vorstoß der US-Gesundheitsbehörde CMS,
der die Unternehmen belasten würde, bis
auf weiteres gestoppt. Das berichtet Reuters unter Berufung auf den Dialysekonzern. Eine entsprechende einstweilige Verfügung bleibe aber auf unbestimmte Zeit
bestehen. Sie gelte solange das Gericht sie
nicht ändere.
Laut der CMS-Verordnung soll die Wohltätigkeitsorganisation American Kidney
Fund Dialysepatienten künftig keine Zuschüsse mehr für Zusatzversicherungen
zahlen dürfen. Die Patienten würden dann
nur noch eine Basisversorgung erhalten und FMC sowie Konkurrenten wie DaVita
und US Renal eine deutlich niedrigere Ver-
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gütung für ihre Behandlung. Das hätte laut
FMC erheblich nachteilige Auswirkungen
aufs eigene Geschäft.
Von der neuen Vorschrift könnten
zwischen 700 und 2.000 Patienten in den
USA betroffen sein, erklärte die Tochter des
Gesundheitskonzerns Fresenius, die in den
USA insgesamt mehr als 180.000 Patienten
behandelt. „Die 2000 Patienten machen
den Kohl nicht fett“, sagte Marktanalyst
Heino Ruland von Ruland Research. Aber
offenbar befürchteten Investoren, dass die
Beschränkungen auf weitere Patientengruppen ausgedehnt würden.
Die USA sind für FMC mit Abstand
der wichtigste Markt. Änderungen im USGesundheitssystem können deshalb große
Auswirkungen auf das Unternehmen haben.
03. Februar 2017
Von 2013 bis 2015 verzeichnete FMC wegen Kürzungen im US-Gesundheitssystem
rückläufige Gewinne. Im vergangenen
Jahr ging es jedoch wieder bergauf, unter anderem wegen leicht angehobener
Erstattungssätze für staatlich krankenversicherte Patienten in den USA, gesunkener
Behandlungskosten und eines Sparprogramms.
USA
US-Präsident Trump streicht Mittel für Frauengesundheit
US-Präsident Donald Trump hat die Unterstützung von NGOs eingeschränkt, die bei Abtreibungen beraten und unterstützen
U
nmittelbar nach seiner Amtseinführung hat US-Präsident Donald
Trump die sogenannte Mexiko City
Policy wieder eingeführt. Der Richtlinie zufolge werden allen Organisationen, die Abtreibungen anbieten, sich
für deren Legalisierung einsetzen oder
Frauen zum Thema Schwangerschaftsabbruch beraten, US-amerikanische
Entwicklungsgelder komplett gestrichen - auch für solche Angebote, die
nichts mit Schwangerschaftsabbrüchen zu tun haben, berichtet die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW).
„Die Richtlinie hat verheerende Auswirkungen für das Leben von Mädchen
und Frauen in Entwicklungsländern“,
sagt DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr.
„Organisationen, die sich im Rahmen
der Entwicklungszusammenarbeit für
Familienplanung einsetzen, werden die
dringend benötigte Aufklärung und Versorgung mit Verhütungsmitteln massiv
einschränken oder gar ganz einstellen
müssen.“ Das bedeute, dass Millionen
Mädchen und Frauen sich nicht mehr
vor einer ungewollten Schwangerschaft
schützen könnten und ihnen im Falle von Gewalt keine sicheren Abtreibungsdienste zur Verfügung stünden.
Die Müttersterblichkeit weltweit werde
wieder ansteigen. Die Entscheidung von
Präsident Trump sei Bähr zufolge umso
unverständlicher, da wissenschaftliche
Studien belegen würden, dass die Mexico City Policy die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in der Vergangenheit
nicht reduziert habe. „Vielmehr hat die
Einschränkung des Zugangs zu Verhütungsmitteln zu einem Anwachsen von
Trumps Kürzungen haben weitreichende Folgen für Frauen auf der ganzen Welt.
Quelle: Flickr/Thomas Pompernigg/CC BY-SA 2.0
ungeplanten Schwangerschaften und zu
mehr unsicheren Abbrüchen geführt.“
Nach Ansicht der DSW muss die
Bundesregierung mehr Verantwortung
übernehmen. „Wenn sich die USA als
einer der größten Geber für internationale Familienplanungsprogramme
aus ihrer Verantwortung zurückziehen,
ist Deutschland gefordert. Ich appelliere daher an die Bundesregierung, das
Menschenrecht auf Familienplanung
zu fördern und ihre Investitionen im
Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit deutlich zu erhöhen“,
sagt Bähr.
Die Mexiko City Policy - auch als
Global Gag Rule bekannt - wurde erstmals
1984 von dem damaligen US-Präsidenten
Ronald Reagan eingeführt. Seither wurde sie von demokratischen Präsidenten
jeweils ausgesetzt und von republikanischen stets wieder eingeführt.
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03. Februar 2017
Wirtschaft
Lidl: 20 Prozent weniger Zucker und Salz bei Eigenmarken
Mit der Lidl-Reduktionsstrategie soll in Eigenmarkenprodukten Zucker und Salz bis 2025 um 20 Prozent reduziert werden
steigt das Risiko für Krankheiten wie Bluthochdruck,
Herzinfarkt, Schlaganfall und
Diabetes.“
Zusätzlich zu Information und Aufklärung der
Kunden geht Lidl eine Partnerschaft mit diabetesDE
- Deutsche Diabetes-Hilfe
ein. „Der Anteil fehlernährungsbedingter Krankheiten,
wie beispielsweise Diabetes
Typ 2, nimmt ständig zu. Die
Übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung
und Information der Kunden durch Lidl zusammen
mit uns als Partner ist daher sehr zu begrüßen“, sagt
Prof. Dr. med. Thomas Haak,
Vorstandsmitglied bei der
Derzeit werden in Deutschland bis zu 25 Prozent des täglichen Energiebedarfs durch Zucker gedeckt.
Quelle: Flickr/Jeanny/CC BY 2.0
Deutschen Diabetes-Hilfe.
Zustimmung erfährt Haak
durch Matthias Steiner,
dem
Olympiasieger
und Weltmeister im
Lidl
Deutschland
zuständig
für
den
Einm Rahmen der Lidl-Reduktionsstrategie 2025 hat sich das Unternehmen kauf. „Lidl übernimmt Verantwortung. Gewichtheben, der nach seiner Karriere
zum Ziel gesetzt, in Produkten seiner Ei- Wir wollen nachhaltigster Discounter in durch bewusste Ernährung und Bewegung
genmarken den Anteil an zugesetztem Deutschland werden und unterstützen 45 Kilo abgenommen hat. Steiner, selbst
Zucker und Salz bis zum Jahr 2025 um den Ansatz der Bundesregierung, mehr an Diabetes Typ 1 erkrankt, beschreibt den
jeweils 20 Prozent zu reduzieren. Die Re- für bewusste Ernährung und Bewegung Stellenwert von Ernährung und Bewegung
duktionsstrategie ist als Teil eines umfas- einzutreten. Damit wollen wir eine Sogwir- wie folgt: „Essen und Bewegung bedeuten
senden Konzeptes zu bewusster Ernäh- kung für die Branche in Gang setzen und Lebensfreude. Dazu braucht man keine
das Thema in die Mitte der Gesellschaft strengen Diäten oder einen erhobenen
rung und Bewegung gedacht.
Zeigefinger. Man muss wissen, was man
Die Umsetzung beginne Lidl zufol- bringen“, so Bock.
Mit der Lidl-Reduktionsstrategie 2025 isst und sollte Möglichkeiten zur Bewegung
ge bei Produkten, die gerne von Kindern
verzehrt werden, wie beispielsweise Früh- unterstützt das Unternehmen Bestrebun- einfach nutzen.“
Zu dem umfassenden Ansatz, den Lidl
stückscerealien. Erste Ergebnisse wurden gen der Bundesregierung, die im Kampf gedemnach bereits erzielt: Bei dem Artikel gen fehlernährungsbedingte Krankheiten neben der Zucker- und Salzreduktion ver„Honey-Rings“ wurde der zugesetzte Zucker eine ähnliche Vorgehensweise entwickelt folgt, gehört weiterhin die Kooperation mit
pro 100 Gramm von 35,1 auf 23,9 Gramm und dafür im vergangenen Jahr bereits der Deutschen Schulsportstiftung, der Lidl
und somit um rund 30 Prozent gesenkt. In zwei Millionen Euro im Haushalt bereitge- als Lebensmittel-Partner zur Seite steht.
den Salami-Tiefkühlpizzen der Eigenmarke stellt hat. Und das aus gutem Grund: „Die Dadurch wird Sport in Schulen gefördert
„Trattoria Alfredo“ wurde der Salzanteil pro Deutschen verbrauchen zu viel Zucker – im und jungen Menschen wird Spaß an der
100 Gramm bereits um 15 Prozent auf 1,3 Schnitt 90 Gramm pro Tag und Person. Bewegung vermittelt. Noch früher setzt die
Gramm pro 100 Gramm gesenkt.
Über Softdrinks, Fertiggerichte oder direkt Lidl-Fruchtschule an. 20 Ernährungsberate„Wir werden unser gesamtes Eigen- als Honig oder Tafelzucker. Empfohlen rinnen unterrichten im Schuljahr 2016/17
markensortiment überprüfen. Bei der wird allenfalls ein Drittel davon“, so die rund 5.000 Schülerinnen und Schüler im
Anpassung orientieren wir uns am Kun- Bundesregierung. „Ärzte sehen übermä- Rahmen einer Kampagne des Vereins „5 am
denwunsch, dem Geschmacksempfinden ßigen Zuckerkonsum als wichtigen Grund Tag“ und zeigen, wie einfach sich gesunde
und wissenschaftlichen Erkenntnissen“, für Karies und Übergewicht bei Kindern und leckere Obst- und Gemüsesnacks in den
so Jan Bock, in der Geschäftsleitung von und Erwachsenen. Und mit dem Gewicht täglichen Speiseplan integrieren lassen.
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03. Februar 2017
Ernährung
Fleischalternativen im Test: Meist gesünder als Fleisch
Im Gesundheitsvergleich schneiden fleischfreie Alternativen zu Wurst und Schnitzel oft besser ab als Fleischwaren
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as gute Abschneiden der fleischlosen Alternativen ist das Ergebnis
einer wissenschaftlichen Studie des Instituts für alternative und nachhaltige
Ernährung (IFANE) im Auftrag der Albert
Schweitzer Stiftung. Vegetarische und
vegane Produkte enthalten demnach
weniger ungesunde Inhaltsstoffe als
vergleichbare Fleischerzeugnisse und
haben eine günstigere Nährstoffzusammensetzung.
Die ernährungswissenschaftliche Untersuchung vergleicht 80 Fleischalternativen mit 27 fleischhaltigen Produkten im
Hinblick auf Nährwerte und gesundheitlich bedeutsame Inhaltsstoffe. Dazu zählen
der Protein-, Fett- und Energiegehalt, die
Menge an gesättigten Fettsäuren und Salz
sowie der Einsatz von Zusatzstoffen.
„Die getesteten Fleischalternativen
sind in puncto Gesundheit viel besser
als ihr Ruf“, sagt Konstantinos Tsilimekis,
Leiter des Wissenschaftsressorts der Albert Schweitzer Stiftung. „Das zeigt der
ernährungsphysiologische Vergleich mit
Fleischwaren.“ Gerade bei den ungesunden
gesättigten Fettsäuren können viele fleischfreie Alternativen punkten. 63 Prozent
der untersuchten fleischlosen Produkte
schneiden hier gut ab, nur bei 10 Prozent ist
der Gehalt zu hoch. Bei den fleischhaltigen
Produkten ist der Trend umgekehrt. 62
Prozent enthalten deutlich zu viel gesättigte Fettsäuren, bloß 12 Prozent erreichen
günstige Werte. Auch der Gesamtfett- und
Cholesteringehalt der Fleischwaren ist
ungünstiger.
Insgesamt wird deutlich, dass im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung nichts gegen den moderaten
Verzehr von Fleischalternativen spricht.
Quelle: Flickr/Steve Snodgrass/CC BY 2.0
Beim Protein liegen entgegen landläufiger Vorurteile die fleischlosen Produkte
ebenfalls vorn. Sie enthalten im Schnitt
mehr Protein als die Fleischerzeugnisse.
Die gängige Kritik, den fleischfreien Versionen seien zahlreiche Zusatzstoffe und
Aromen zugesetzt, ist aufgrund der Studienergebnisse differenziert zu betrachten:
Biologisch erzeugte Fleischalternativen
schneiden hierbei besser ab als Fleischwaren. Sowohl die fleischfreien als auch
die fleischhaltigen Produkte enthalten
allerdings fast immer zu viel Salz.
Frühere Untersuchungen hatten gesundheitliche Kritik an Fleischalternativen
geübt, diese dabei aber nicht mit ihren
fleischhaltigen Entsprechungen verglichen.
Konsumenten kaufen die fleischlosen Produkte jedoch häufig anstelle von Fleischwaren. Daher ist bei einer ernährungsphysiologischen Betrachtung ein Vergleich mit
den fleischhaltigen Pendants sinnvoll. „Die
Studie zeigt, dass die häufig geäußerte pauschale Kritik an Fleischalternativen nicht
gerechtfertigt ist“, fasst Dr. Markus Keller,
Studienleiter vom Institut für alternative
und nachhaltige Ernährung, zusammen.
„Im Vergleich zu fleischhaltigen Produkten
sind sie meist die gesundheitlich günstigere Alternative.“
Gesundheit
Prognose: Verdopplung der Demenzerkrankungen bis 2050
Die Zahl der Demenzkranken wird in den nächsten Jahrzehnten rapide steigen. Der Druck auf Gesundheitsleister ist groß
L
aut dem Global Healthcare und Life
Sciences Outlook 2017 von Deloitte
steigt die weltweite Anzahl der Demenzerkrankungen von 46,8 Millionen Fällen 2015
auf 74,7 Millionen bis 2030 an und verdoppelt sich innerhalb von weiteren 20 Jahren
auf 131,5 Millionen Fälle bis 2050. Vor al-
lem in den Industrieländern Westeuropas
und Nordamerikas häufen sich chronische
Erkrankungen und belasten die Gesundheitssysteme. In Westeuropa steigen die
Gesundheitsausgaben um durchschnittlich 4 Prozent jährlich bis 2020, wobei die
Hälfte der Kosten für die Behandlung der
drei häufigsten Todesursachen anfällt:
Herz-Kreislauf-, Krebs- und Atemwegserkrankungen. Prävention rückt verstärkt in
den Fokus im Gesundheitsbereich, um das
Entstehen solcher Krankheiten möglichst
frühzeitig zu verhindern.
„Der Anstieg chronischer Krankheiten
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Demenz zählt heute zu den häufigsten Gesundheitsproblemen im höheren Lebensalter.
hat auch mit dem Lebenswandel durch die
Urbanisierung, mit Ernährungsgewohnheiten oder Bewegungsmangel zu tun.
Deshalb sind nicht nur der Krankheitsverlauf, sondern die Zeit davor und damit
die Prävention so wichtig, um Patienten
frühzeitig auf diese Risikofaktoren aufmerksam zu machen. Außerdem sind auch
bei der Behandlung neue, kosteneffiziente
Ansätze gefordert. Die in vielen Ländern
traditionelle Behandlung im Krankenhaus
könnte beispielsweise durch neue, dezentrale Modelle wie Home Care oder andere
kleinere, in der Regel ambulante Versorgungseinheiten ergänzt werden“, sagt Dr.
Gregor Konstantin Elbel, Leiter Life Sciences
& Healthcare bei Deloitte.
Mit erwarteten Ausgabensteigerungen
zwischen 2,4 und 7,5 Prozent bis 2020 ist
der finanzielle Druck auf die Träger von
Gesundheitsleistungen groß. Deshalb
entwickeln sie strategische Ansätze, die
von einer kontinuierlichen Konsolidierung
der bestehenden Kapazitäten und einer
breiteren Verteilung der Erträge über die
traditionellen Leistungserbringer hinaus
bis hin zu einer stringenten Prozessstandardisierung reichen. Digitale Lösungen
von Telemedizin bis Big-Data-Analysen
spielen ebenfalls eine zentrale Rolle - und
nicht zuletzt auch neue Arten der Zusammenarbeit von öffentlicher und privater
Hand (Public Private Partnerships).
Ein wesentlicher Aspekt des Kostenmanagements und einer vorausschauenden
Gesundheitspolitik ist die Prävention. Ein
gelungenes Beispiel zeigt die Nichtraucherkampagne „Be smart - don‘t start“, die an
verschiedenen deutschen Schulen läuft.
Die Initiative hat sich bislang als erfolgreich
erwiesen: Studien bestätigen einen deutlichen Rückgang der „Einsteiger“. Zu einer
erfolgreichen Prävention gehört auch das
Engagement der Patienten. So werden zum
Beispiel in Kanada Zielgruppen identifiziert,
die bei der Einführung neuer Gesundheitslösungen helfen sollen. In Japan gibt es
Anreize für Unternehmen mit entsprechenden Angeboten für ihre Mitarbeiter.
Damit lässt sich die Existenz bestimmter
Risikogruppen nicht verhindern - aber die
Zahl derer, die dazugehören, verkleinern.
Auch bietet die Erkenntnis, dass Gesundheitsvor- und -fürsorge eng mit den
sozialen Umständen zusammenhängen,
neue Möglichkeiten. Ein ganzheitlicher
03. Februar 2017
Quelle: Flickr/allen/CC BY 2.0
Ansatz, der individuelle, soziale und andere
Faktoren berücksichtigt, erfordert dabei
auch eine Kollaboration verschiedener
Stakeholder und Zielgruppen. Als Hürde
erweist sich vielfach noch die Finanzierung,
da viele dieser Maßnahmen nicht von den
Kassen oder vergleichbaren Trägern bezahlt
werden.
Nicht zuletzt sind Hightech-Entwicklungen in Form von Telemedizin, Wearables
oder kommunizierenden Implantaten ein
elementarer Bestandteil eines Innovationskatalogs, der Leistungen effizienter machen
und Kosten dämpfen kann. Auch der 3DDruck könnte in der Medizin langfristig
bessere und kostengünstigere Produkte
ermöglichen.
„Behandlungen können heute bereits
durch eine zunehmende Individualisierung
bzw. Personalisierung für den einzelnen
Patienten optimiert werden. Dazu tragen
künftig auch künstliche Intelligenz oder
Biosensoren bei. Patienten erhalten dann
ein auf ihr persönliches Krankheitsbild zugeschnittenes Therapieregime und müssen
zukünftig seltener zur Therapiekontrolleoder -anpassung ein Krankenhaus oder
Ärztezentrum besuchen“, so Elbel.
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV).
Redaktion: Anika Schwalbe, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz, Nicole Oppelt, Nicolas Dvorak. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright:
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