28 gesundheit FOREIGN LANGUAGE NEWS 055 Eine Welt in der Krise Noch nie war es so wichtig, den Missbrauch des Einsatzes von Antibiotika zu verhindern. Wir leben am Rande der sogenannten „Antibiotika-Apokalypse“ – einer Epoche, von der die Wissenschaftler sagen, dass sie uns in Zeiten zurückführen könnte, in denen grundlegende chirurgische Eingriffe, häufige Infektionen, eine kleine Schramme oder ein Schnitt zu ernsthaften Erkrankungen führten oder sogar tödlich enden konnten. Foto: Ronaldo Taveira/FreeImages.com Antibiotika-Apokalypse Gebrauch und Missbrauch Ein medizinisches Wunder Die Jahre der routinemäßigen Verabreichung von Antibiotika haben uns an den Rand einer medizinischen Krise geführt. Bertheim entwickelte Ehrlich das erste synthetische Antibakterium, das zunächst als Salvarsan, jetzt als Arsphenamin bezeichnet wird, und für die Behandlung von Syphilis verwendet wurde. 1928 identifizierte Alexander Fleming zunächst die bakterienbekämpfenden Eigenschaften eines Pilzes der Gattung Penicillium. Allerdings brauchte er Hilfe bei seiner Entwicklung. Erst durch die Forschungen von Ernst Chain und Howard Florey gelang es 1942, Flemings Entdeckungen zu dem zu machen, was wir heute als Penicillin kennen. Dafür erhielten die drei Männer 1945 den Nobelpreis für Medizin. Erst fünf Jahre danach wurde Ernest Duchesne von der französischen Académie de Médecine posthum geehrt, der bereits 1897 in seiner Doktorarbeit die Wirkung bestimmter Schimmelpilze auf Bakterien darstellte. Damals war die Doktorarbeit allerdings vom Institut Pasteur abgelehnt worden. Penicillin ist eine der größten Erfolgsgeschichten der modernen Medizin und ist eines der am meisten genutzten Medikamente in der medizinischen Geschichte. Die wissenschaftliche Forschung wurde fortgesetzt und es wurden weitere chemische Verbindungen entdeckt, die auch auf Bakterien wirken. Daraus entstand die Familie der Pharmazeutika, die jetzt als Antibiotika bekannt ist. Dank ihrer Verwendung und der Einführung von Impfungen brachte das 20. Jahrhundert erhebliche Verbesserungen in der Gesundheit und in der entwickelten Welt die fast völlige Ausrottung solcher Krankheiten, wie der Tuberkulose. Das war eine medizinische Revolution, die die Lebensqualität veränderte und zu einer drastischen Foto: Kym McLeod/FreeImages.com Antibiotika sind eine Art antimikrobielles Arzneimittel, das bei der Behandlung oder zur Verhinderung von bakteriellen Infektionen verwendet wird, um entweder die Bakterien zu zerstören oder ihre Reproduktion stark zu hemmen. Deren nachlassende Wirksamkeit alarmiert derzeit die medizinische Welt. Die Entdeckung der Antibiotika geht zurück auf die späten 1880er Jahre und die Arbeit des Deutschen Paul Ehrlich. Nach der Feststellung, dass bestimmte Farbstoffe Zellen färben, während andere dies nicht tun, begann er umfangreiche Forschungen, um festzustellen, ob es möglich wäre, Chemikalien zu entwickeln, die Bakterien töten, ohne dem Menschen zu schaden. Im Jahr 1907 stellte sich der Erfolg der Arbeit ein. In Zusammenarbeit mit Alfred In vielen Fällen wurden Antibiotika in den letzten Jahrzehnten verwendet. Doch durch die unglaublich hohe Zahl von Anwendungen hat sich ein Problem herausgebildet, mit dem wir jetzt konfrontiert sind. Eine der wichtigsten und wertvollsten Verwendungen von Antibiotika ist die Behandlung von Infektionen, von kleinen Krankheiten wie Halsentzündungen und Ohrenentzündungen bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Tuberkulose, Sepsis (Blutvergiftung) und schweren Lungenentzündungen. Anstatt sie für schwere Infektionen zu reservieren, wurden und werden Antibiotika von Ärzten für eine allumfassende Bandbreite von Krankheiten eingesetzt. Dazu gehören oft auch Ohne Antibiotika wird sogar eine kleinere Operation viel gefährlicher. Erhöhung der Lebenserwartung führte. Doch inzwischen hat der Missbrauch von Antibiotika auch dazu geführt, dass Bakterien resistent gegen Behandlungen werden. Wissenschaftler erklären, dass sie nicht mehr in der Lage seien Medikamente zu entwickeln, die die entstandenen Bakterien-Mutationen bekämpfen können. virale Infektionen wie bei der gewöhnlichen Erkältung oder Grippe, gegen die Antibiotika völlig nutzlos sind, weil es sich bei den Erregern um Viren und nicht um Bakterien handelt, und die in den meisten Fällen auch ohne Medikamente zu behandeln sind. Typische Therapien haben somit die Situation verkompli- ziert. So wird beispielsweise schon oft bei der Vermutung, dass ein Patient unter einer bakteriellen Infektion leiden könnte, ein Breitband-Antibiotikum verschrieben, bis die Laborergebnisse die Krankheit bestätigen oder ausschließen und die gezielte Therapie beginnen kann. Antibiotika werden auch vor und nach der Operation verwendet, um Infektionen zu verhindern, sowie auch präventiv bei Menschen, die unter einem geschwächten Immunsystem leiden. Die falsche Verwendung von Antibiotika durch Patienten hat auch eine Rolle gespielt. Zur vollständigen Wirkung gegen eine Infektion muss die gesamte vorgeschriebene Behandlung erfolgen, um sicherzustellen, dass Bakterien völlig zerstört werden. Aber viele Menschen hören mit der Einnahme auf, sobald sie das Gefühl haben, dass sie sich von ihrer Krankheit erholen. Dies ermöglicht, dass einige Bakterien im Körper verbleiben und diese haben dann die beste Möglichkeit sich zu vervielfachen und dabei Formen zu bilden, die gegen das eingesetzte Antibiotikum resistent sind. Seit vielen Jahren sind die Medikamente in zahlreichen Ländern auch ohne Rezept zu erhalten. Dazu gehört auch Spanien. So wurden Antibiotika übermäßig und in Situationen eingesetzt, in denen sie nicht notwendig oder effektiv sind. Darüber hinaus macht ihr systematischer Einsatz in der Viehzucht den weltweit größten Antibiotikakonsum aus. Anstatt nur als Behandlung für Krankheiten verwendet zu werden, werden Tieren, die für Nahrung gezüchtet werden, regelmäßig Antibiotika präventiv gegeben. In vielen Gebieten der Welt werden sie auch genutzt, um das Muskelwachstum zu beschleunigen, obwohl dies seit 2006 in Europa verboten ist. Trotz der Versprechen vieler Branchen der Industrie, die Praxis zu reduzieren, und trotz einiger vorläufiger Erfolge in einigen Ländern hat sich insgesamt der Kauf von Antibiotika für Nutztiere jedes Jahr erhöht. Die Zeit läuft davon Die Ernsthaftigkeit der Situation hat die Weltgesundheitsorganisation dazu veranlasst, festzustellen: „Antibiotika-Resistenz – wenn Bakterien sich so verändern, dass Antibiotika in
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