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Technik
Der Rotax V2 mit 73 PS (oberes Bild)
katapultiert den Defender in nur vier
Sekunden auf 50 km/h, brauchte
aber schon mal 15 l Super/100 km.
Der 3-Zylinder-Diesel von Yanmar im
Gator (unteres Bild) hat „nur“ 25 PS,
verbraucht aber auch maximal
10 l Diesel/100 km.
Natürlich kann man ein UTV auch sinnvoll einsetzen. Aber der Spaß sollte bei Preisen deutlich über
20 000 Euro nicht zu kurz kommen. Fotos: Tovornik
John Deere Gator XUV 855D gegen BRP Defender XT10 HD:
Vernunft oder
Vergnügen?
Schon über den Sinn und Unsinn eines UTV (Utility Transport
Vehicle = vielseitiges Transportfahrzeug) kann man lange streiten.
Hat man sich für Ersteres entschieden, geht die Diskussion aber
weiter: Diesel oder Benziner? 25 oder doch lieber fast 75 PS?
Wir haben zwei Kandidaten für Sie miteinander verglichen.
Hubert Wilmer
W
ie das „Tempo“ für ein Papiertaschentuch steht, weiß auch
beim „Gator“ jeder sofort, was
gemeint ist. An dem Erfolg
dieses „UTV“ von John Deere möchten
natürlich auch andere Hersteller teilhaben.
So hat zum Beispiel auch BRP Can-Am im
letzten Frühjahr mit dem „Defender“ ein
eigenes UTV vorgestellt (profi 5/2016).
Was lag da für uns näher — im wahrsten Sinne des Wortes — als den „Platzhirsch“
mit dem „Newcomer“ zu vergleichen
(Tabelle: „Technische Daten und Messwerte
im Vergleich“). Beim Blick auf diese Tabelle
wird schnell klar, dass die größten Unterschiede wohl in der Motorisierung und dem
profi 2/2017
Preis der beiden Testkandidaten liegen.
Unter der Ladefläche des John Deere Gator
XUV 855D steckt ein Selbstzünder mit drei
Zylindern und 854 cm3 Hubraum von Yanmar. Er sorgt laut Prospekt für 18 kW/25 PS
und saugt seinen Diesel aus einem 20 l großen Tank. BRP Can-Am setzt dagegen im
Defender XT10 HD auf einen Zweizylinder
V-Motor mit 976 cm3 Hubraum. Sein Tank
fasst 40 l Superbenzin, und die elektronische Einspritzung sorgt für stolze 54 kW/
73 PS — dreimal so viel wie beim Gator!
Was das bedeutet? Während der Defender
in nur gut vier Sekunden auf 50 km/h katapultiert wird, lässt sich der Gator dafür fast
gemütliche 10 Sekunden Zeit. Außerdem hat
der Hirsch dann auch schon seine Endge-
80
schwindigkeit erreicht, während der Defender unbeirrt auf sage und schreibe 103 km/h
Endgeschwindigkeit beschleunigt. Aber wir
müssen fair sein: Natürlich hat auch John
Deere z. B. mit dem Gator XUV 590i oder
XUV 825i Benziner im Programm, die es auf
70 km/h Endgeschwindigkeit bringen...
Um die Kraft vom Motor zu den Rä­
dern zu bekommen, nutzen beide Fahrzeuge einen Variator-Antrieb mit zwei
Schaltstufen vorwärts und einem Rückwärtsgang. Während der Gator in Stufe „L“ auf
26 km/h kommt, sind es beim Defender
42 km/h. Spannend war für uns dabei natürlich, wie viel Zugkraft die Kandidaten von
ihrer Motorleistung auf den Boden bringen.
www.profi.de
Und siehe da, der Gator kommt bei 7,5 km/h
auf fast 550 daN Zugkraft. Das entspricht
gut 11 kW Zugleistung — oder 63 % der angegebenen Motorleistung. Beim Defender von
BRP hatten wir trotz Allradantrieb und Differenzialsperre Schwierigkeiten, die unbändige Leistung auf den Asphalt zu bekommen.
Außerdem war selbst bei 20 km/h unsere
Zugwaage mit 600 daN noch „am Anschlag“.
Mit mehr als 33 kW Zugleistung bringt also
auch der Defender immer über 60 % seiner
Motorleistung auf die Räder. Somit sind auch
die sehr üppigen 1 488 kg eingetragene
(gebremste) Anhängelast für ihn überhaupt
kein Problem. Da John Deere für den Gator
„nur“ 680 kg Anhängelast freigibt, sind aber
auch hier keine Probleme zu erwarten.
Stichwort Gewicht: Mit 880 kg (Gator) bzw.
840 kg (Defender) liegen die beiden Fahrzeuge nahezu gleichauf. Laut Zulassung hat
der Defender allerdings nur 1 063 kg zulässiges Gesamtgewicht. Das bedeutet eine
Nutzlast von lediglich 223 kg — viel zu wenig!
Sehr viel besser ist hier der Gator unterwegs: Dank 1 400 kg zulässigem Gesamt­
gewicht gibt es 520 kg Nutzlast — sehr gut!
Aber noch mal zurück zum Antrieb:
Bei beiden Testkandidaten ist die Handhabung der Schaltung sehr einfach. Wenn-
Technische Daten und Messwerte im Vergleich
BRP Defender XT10 HD John Deere Gator XUV 855D
Antrieb
Motor
2 Zyl. Benziner, 976 cm3
1)
Leistung
54 kW/73 PS
Testverbrauch l/100 km
15,4 l Super
Tankvolumen1)
40 l
Lautstärke
80,0 dB(A)
Beschleunigung 0 bis 50 km/h
4,1 s
Zugkraft
> 600 daN bei 20 km/h
Zugleistung
> 33 kW
Geschwindigkeiten
Stufe L
42 km/h
Stufe H
102 km/h
Rückwärts
26 km/h
Bremsweg (aus 30 km/h)
2,6 m
Abmessungen
Länge/Breite/Höhe
3,26/1,80/1,96 m
Größe Ladefläche (Breite/Tiefe)
129 x 95 cm
Radstand/Spur v/h
2,11/1,31/1,28 m
Bodenfreiheit
20 cm
1)
Bereifung v/h
Maxxis Bighorn 2.0
27 x 9 R 14/27 x 11 R 14
Wendekreis l/r
7,95/8,10 m
Gewichte
Leergewicht v/h/gesamt
360/480/840 kg
Zul. Gesamtgewicht1)
1 063 kg
1)
Zul. Anhängelast (m./o. Bremse)
1 488/375 kg
Preise (ohne MwSt.)1)
Grundausstattung
20 100 €
Testausstattung
24 650 €
1)
Herstellerangaben
3 Zyl. Diesel, 854 cm3
18 kW/25 PS
10,7 l Diesel
20 l
76,2 dB(A)
10,0 s
545 daN bei 7,5 km/h
11,35 kW
26 km/h
53 km/h
30 km/h
2,5 m
3,16/1,58/1,91 m
131 x 115 cm
2,00/1,28/1,31 m
22 cm
CST Tomahawk AT
25 x 9 — 12/25 x 11 — 12
7,95/7,85 m
380/500/880 kg
1 400 kg
680/680 kg
16 030 €
21 810 €
Sitze, Ablagen und Anzeigen vom Defender
sind prima. Über 80 dB(A) und eine gewaltige
Hitzeentwicklung vom Motor trüben aber den
Spaß. Der Gator ist sehr viel schlichter gehalten und mehr Arbeitstier als „Rennmaschine“.
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Technik
Der Gator ist 20 cm
schmaler und bietet
nur zwei Sitzplätze.
Leergewicht und
Wendekreise sind
aber nahezu
­identisch.
gleich der Gator nur anspringt, solange der
Wahlhebel in „N“ steht. Beim Defender
reicht es dagegen, nur die Bremse zu treten.
Und auch nur hier gibt es drei Fahrmodi:
Während in „Standard“ und „Arbeit“ die
volle Power abgerufen wird, sind in „Eco“
Drehmoment und Endgeschwindigkeit (auf
80 km/h) reduziert, um Sprit zu sparen.
Und der Modus „Arbeit“ unterscheidet sich
vom „Standard“ durch ein reduziertes
Ansprech­verhalten des Antriebes, um mit
An­hängelast besser zu beschleunigen. Zugegebenermaßen nutzten wir das im Einsatz
gar nicht. Auch mit Last ist das Fahren im
„Standard“-Modus kein Problem. Und schneller als 80 km/h fährt man auch nur selten…
Womit wir aber zwangsläufig beim
Thema Verbrauch angekommen sind.
Der Gator hatte bei uns im Test einen durchschnittlichen Verbrauch von 10,7 l Diesel
pro 100 km. Natürlich ist das für einen
25-PS-Motor ganz ordentlich. Aber es sind
im laufenden Betrieb halt oft extreme Kurzstrecken mit häufigen Starts und Stopps.
Und im Vergleich zu den immerhin 15,4 l
Superbenzin des Defender je 100 km ist der
Dieselverbrauch — gerade auch monetär
betrachtet — echt sparsam.
Aber auch hier müssen wir zugeben, dass
die Beschleunigung der mehr als 70 Pferde
im Defender die Tester öfter zu einem „Kick
down“ animierte, als das beim Gator der Fall
war. So wird man im Alltag wohl auch mit
13 l/100 km auskommen. Die schnelle Fahrt
mit dem BRP Can-Am offenbarte aber auch
zwei weitere erhebliche Nachteile. Zum
einen ist da die Lautstärke: Statt der angenehmen 76 dB(A) beim Gator brüllen einem
beim BRP mehr als 80 dB(A) ins Ohr,
während unten aus dem Motorraum eine
unerträgliche Hitze aufsteigt. Hier sollte
BRP unbedingt die Isolation verbessern…
Apropos Isolation: Wir hatten beide
Die Armaturen sind bei beiden
informativ. Der Defender hat
den Ganghebel im Armaturenbrett, der Gator zwischen den
beiden Sitzen.
profi 2/2017
Fahrzeuge mit Überrollbügel samt Dach
sowie Front- und Heckscheibe. Diese Ausstattung ist auch unbedingt zu empfehlen,
zumal bei John Deere beide Scheiben sogar
aufstellbar sind. Bei schlechtem Wetter
ebenfalls eine feine Sache sind sicher die
Planentüren vom Defender. Gut aber, dass
sich diese für die „Schönwetter-Fahrer“
leicht ausbauen lassen. Wahlweise
bekommt man feste Türen natürlich auch für den Gator.
In Sachen Ladefläche hat der
Gator leicht die Nase vorne.
Beide bieten zwar Platz für
eine Europalette, in der Tiefe
sind die 95 cm von BRP aller-
82
Durchgehende 4,5 mm starke Aluplatten
schützen den kompletten Unterboden beim
Defender XT.
dings ein Stück weniger als die 115 cm beim
Gator. Kippen musste man die Ladeflächen
serienmäßig per Hand. Für rund 900 Euro
gibt es aber natürlich Versionen per Elek­
trik (BRP) bzw. Hydraulik (John Deere).
Sehr wichtig für die kleinen Alleskön­
ner ist ohne Frage das Fahrwerk. Mit
ihren Einzelradaufhängungen vorne wie
hinten schenken sich die beiden Testkandidaten hier aber nichts. Das Gleiche gilt für
die Lenkbarkeit. Beide UTVs sind hier mit
einer elektrischen Unterstützung ausgestattet und brauchen rund 8 m zum Drehen.
Die Bereifung ist allerdings beim Defender
eine Nummer größer (27 x 9 R 14/27 x 11
R 14 statt 25 x 9—12/25 x 11—12). Entsprechend ist der Kanadier mit 1,80 m auch gut
20 cm breiter, während Länge und Höhe der
beiden Testkandidaten wiederum nahezu
identisch sind.
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Die Ladeflächen
­werden serienmäßig
manuell gekippt.
Beim Gator ist sie
allerdings 20 cm tiefer und das Fahrzeug
hat 520 kg Nutzlast,
während beim Defender nur 223 kg ein­
getragen waren.
Alles weitere in Kürze:
■■ Während der Gator nur wenige Staufächer
zu bieten hat, glänzt der Defender mit
(geschlossenen!) Ablagen unterm Sitz sowie
auf dem Armaturenbrett.
■■ Ebenfalls sind bei dem Kanadier Lenkrad
und Fahrersitz gut verstellbar, und es finden drei (statt zwei) Personen Platz.
■■ Eine 2-t-Seilwinde (mit Stahl- oder Kunststoffseil) gehört beim Defender XT zur Serienausstattung. Natürlich ist dieses Zubehör
— genau wie zusätzliche Stoßfänger usw. —
auch für den Gator zu haben.
Womit wir schon beim unange­
nehmsten Teil des Tests wären: den
Beim Gator ist der Unterboden zwar deutlich
zerklüfteter, aber auch mehr oder weniger
geschlossen.
Preisen. In Grundausstattung kostet der
Defender XT immerhin schon 20 100 Euro
(alle Preise ohne MwSt.). In der Testausstattung mit Kabine, Straßenumbau und LoFZulassung kommt der Testkandidat sogar
auf sage und schreibe 24 650 Euro.
Beim Gator XUV 855D von John Deere stehen in Grundausstattung ziemlich genau
16 000 Euro in der Liste. Aber auch hier sind
es in der kompletten Testausstattung mehr
als 21 800 Euro.
Wir fassen zusammen: Bei Preisen von
mehr als 20 000 Euro für ein UTV werden
sich die meisten Praktiker als Betriebsfahrzeug vermutlich eher für einen (gebrauchten)
Pkw entscheiden — vier Sitzplätze, Heizung,
Klima, Kofferraum etc. Bei der Bestandskontrolle, Bodenprobenahme oder Schneckenkornstreuen kann dagegen ein UTV seine
Vorteile ausspielen. Wenn dann noch „Vernunft“ im Spiel ist, bekommt man mit dem
Diesel-getriebenen John Deere Gator ein
solides und sparsames Alltagsfahrzeug. Hat
man sich dagegen für ein UTV entschieden,
um auch richtig „Vergnügen“ zu haben, ist
der Defender XT von BRP Can-Am die bessere Wahl.
VITU
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