Praktikumsbericht - Student und Arbeitsmarkt

Praktikumsbericht
ERASMUS-Praktikum an der Universität Alicante
Nach dem Entschluss, ein Auslandspraktikum in Spanien, während meines Studiums an
der Ludwig-Maximilians-Universität, zu absolvieren, suchte ich mir mögliche Zielorte
heraus. Da ich im Gebiet der Meeresbiologie arbeiten wollte, schrieb ich als Erstes die
Universität in Alicante an, da diese über ein renommierte Fakultät für Meeresbiologie
verfügt. Obwohl kein Praktikumsplatz ausgeschrieben war, boten sie mir direkt einen
Platz in einer Forschungsgruppe an, die sich auf das Verstehen von marinen
ökologischen Prozessen im Zusammenhang mit der Biologie des Benthos (Sediments)
fokussiert. Nach dem mir meine Fakultät an der LMU nicht weiterhelfen konnte, wandte
ich mich an das Institut „Student und Arbeitsmarkt“. Dort wurden mir von Herrn Hoch
alle meine Fragen rund um ein Erasmus-Praktikum beantwortet und auch mein
Bewerbungsvorgang direkt gestartet. Dazu musste ich die angeforderten Unterlagen,
wie z.B. meine Immatrikulationsbescheinigung, einsenden. Zusätzlich schloss ich eine
Auslandsversicherung des DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) ab, die
mich in jedem möglichen Fall absicherte. Da sich meine Arbeitssprache (Englisch) von
der Landessprache (Spanisch) unterschied, musste ich einen Nachweis für mein
Englisch-Level erbringen. Durch sämtliche administrative Aufgaben vor dem Praktikum,
aber auch währenddessen, wurde ich von Herrn Hoch und „Student und Arbeitsmarkt“
begleitet.
Nach der administrativen, kam nun die private Organisation. Nachdem es sich als
äußerst schwer herausgestellte eine Unterkunft über das Internet zu finden, buchte ich
mir für die ersten beiden Wochen vor Praktikumsbeginn ein Airbnb, um vor Ort nach
einer Wohnung zu suchen. Durch eine Freundin, die in der gleichen Zeit in Alicante
studierte, kam ich Kontakt mit einer Spanierin, die private Häuser an Studenten
vermietet. Nach Besichtigung von zwei Wohnungen, zeigte sie mir ein Haus mit 5
Schlafzimmern. Eines der Zimmer war noch frei, welches ich dann auch sofort bezog. Die
Mietpreise in Alicante gegenüber München sind sehr billig, zwischen 200-300€. Wir
bewohnten zu fünft das kleine Haus in einem zentralen Viertel in Alicante - zwei
Deutsche, eine Tschechin, ein Pole und ein Puerto-Ricaner. Mein Zimmer lag im ersten
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Stock mit Dachterrasse, unten die anderen vier Zimmer, zwei Bäder und eine
Wohnküche. Die Freundin fand zwei Straßen weiter ein ähnliches Zuhause mit einer
Deutschen und zwei Spaniern.
Da ich in meiner Bachelorzeit schon im Labor gearbeitet hatte und auch in einem
ähnlichen Themenbereich, wusste ich schon ungefähr was auf mich zu kommt. Ich las
mich etwas in die Materie ein und vor allem versuchte ich noch auf die Schnelle mein
Spanisch etwas aufzubessern. Am ersten Tag meines Praktikums traf ich mich mit
meinem Supervisor Carlos in seinem Büro an der Universität Alicante. Carlos zeigte mir
vorerst womit sich die Forschungsgruppe befasste, die vorherigen Experimente und
erklärte mir dann das aktuelle Thema. Danach wurde mir das Labor, mein neuer
Arbeitsplatz für die nächsten 4 Monate, gezeigt. Mit mir im Labor arbeiteten
abwechselnd ein paar fest angestellte Mitarbeiter, zwei Labortechniker, ein anderer
Student und Nuria, die dort ihre Doktorarbeit schrieb. Da ich mir mein Wochenpensum
von 30 Stunden selber einteilen durfte, entschied ich mich lieber früh im Labor zu sein,
um dann mittags gehen zu können. Zu meiner ersten Aufgabe gehörte das Sortieren von
Sedimentproben, die Carlos und Nuria in der Nähe von Alicante gesammelt hatten. Dazu
bekam ich einen Arbeitsplatz mit einem
Binokular
Mikroskop
und
dem
Arbeitsmaterial. Ich sortierte mit einer
Pinzette
Mollusken
(Krebstiere)
Polychaeten
(Weichtiere),
und
(Vielborster),
Crustaceen
Amphipoden
(Flohkrebse) aus dem Sediment heraus,
sammelte sie in verschiedenen Gefäßen
und notierte mir die Anzahl. Eine weitere
Aufgabe war die chemische Analyse von
Sediment (s. Bild). Hierzu extrahierte ich
Schwefel
aus
verschiedenen
Sedimentproben und notierte mir die
gemessenen Daten zur weiteren Analyse
und Vergleich des Schwefelgehalts.
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Einen Tag fuhren wir südlich von Alicante an verschiedene Strände um neue Proben zu
sammeln. Dazu standen wir mit Sieben bewaffnet im seichten Wasser und siebten das
Sediment durch um Polychaeten zu finden. Die Stimmung war sehr gut, da Carlos und
Nuria sich schon länger kannten. Die nächste Aufgabe war ähnlich der ersten. Ich
benutze die schon sortierten Sedimentproben und sortierte nun die Mollusken nach Art.
Hierfür machte ich Aufnahmen durch das Binokular und erstellte mit den Bildern eine
Kartei der Systematik von Mollusken im Mittelmeer (s. Beispielbilder).
Ende Oktober flogen Carlos, Nuria und
ich
nach
Nordspanien,
um
in
Zusammenarbeit mit der Universität
Vigo,
Proben
einzusammeln,
die
Carlos und Nuria einen Monat vorher
unter Bateas platziert hatten. In
Galicien
werden
Muscheln
in
Aquakulturen an sogenannten Bateas
angebaut,
das
sind
am
Grund
befestigte schwimmende Plattformen.
Wir fuhren morgens mit dem Boot zu
den Muschelfarmen und holten die
verschiedenen Proben hoch. Danach
nahmen wir verschieden Messungen,
packten
Sediments
kleinere
für
die
Proben
des
verschiedenen
Experimente in kleine Behältnisse und
fixierten die Fauna in Formalin.
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Die restliche Zeit im Labor arbeitete ich an den neuen Proben. Wie bei meiner ersten
Aufgabe sortierte ich die gesammelte Fauna unter dem Binokular in die verschiedenen
Arten, zählte diese und fügte die Daten in Excel Tabellen ein.
Das Praktikum an der Universität Alicante hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die Arbeit an
sich war teilweise etwas einförmig, da viel repetitive Arbeit in einem Forschungslabor
zum Alltag gehört. Es war toll, dass ich mit dem Thema schon vertraut war und viel
Eigenwissen beisteuern konnte. Anderseits hätte ich jedoch gerne noch andere
Aufgaben übernommen, um Neues zu lernen. Das Arbeitsklima im Labor war locker und
meine Kollegen alle sehr offen mir gegenüber. Öfter ging man einen Kaffee zusammen
trinken. Dadurch, dass ich mit Carlos und Nuria Ausflüge und Reisen unternommen
hatte, war das Verhältnis eher freundschaftlich. An das Labor musste ich mich anfangs
etwas gewöhnen. Hat man jemals in einem deutschen Labor gearbeitet, fallen einem
doch sehr große Unterschiede auf. Zum Einen variieren die Arbeitszeiten der
Mitarbeiter jeden Tag stark, teilweise saß ich öfter alleine im Labor. Zum Anderen ist die
Ausstattung doch eher mittelmäßig. War ein Stoff leer oder Gerät kaputt, dauerte die
Wiederbeschaffung auch manchmal ein paar Wochen und solange musste das
Experiment ruhen. Aber dies war eher nebensächlich und führte natürlich auch
erheblich zu der lockeren Stimmung im Labor bei. Das schönste Kompliment ist auf
jeden fall, das meine Stelle nun auch offiziell ausgeschrieben wird für ausländische
Studenten!
An das Leben in Alicante gewöhnte ich mich sehr schnell. Ich lernte direkt am Anfang
viele Leute kennen, durch Sprachkurse, Partys oder auch am Strand. Man traf sich
eigentlich jeden Tag nach der Uni erst einmal am Meer - es waren aber auch über 30°C um danach in eine Bar oder ein Tapas Restaurant zu gehen oder auch zu anderen
Studenten nach Hause. Die Universität von Alicante liegt etwas weiter nördlich in San
Vicente und bietet neben Sprachkursen und einer großen Bibliothek auch viele
Sportkurse an. Das Erasmus-Programm organisierte wöchentlich Partys und Trips nach
Ibiza und Valencia und in andere Städte. Mit ein paar Freunden fuhr ich nach Madrid,
Ibiza, Mallorca, San Sebastian oder machte Wanderausflüge zu Wasserfällen oder in die
Berge in der wunderschönen Umgebung Alicantes. Südlich von Alicante, neben kleinen
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Fischerdörfern, fuhren wir zu pinken Salzseen mit Flamingos bei Torrevieja oder auch in
ein Maurisches Teehaus mit wunderschönem Garten, das Carmen del Campillo. In
Alicante gab es auch viel zu sehen. Mitten in der Stadt auf einem Berg steht zum Beispiel
das Castillo de Santa Bárbara, bei dem sich ein Aufstieg immer lohnte.
Vor allem das warme Klima und das Meer direkt vor der Nase machte das Leben in
Spanien sehr angenehm. Leider war man auf Spanisch angewiesen, da viele der
Einwohner kein Englisch sprechen, also würde ich vorher einen Sprachkurs absolvieren.
Insgesamt hat mir meine Zeit in Alicante sehr gut gefallen. Ich kann nur jedem
empfehlen ein Praktikum im Ausland zu machen. Man lernt die Arbeitsbedingungen
eines anderen Landes kennen, eine neue Sprache, viele tolle Menschen und sammelt
Erfahrungen, die einem im Leben weiterhelfen. Ich vermisse die Leichtigkeit des
spanischen Lebensstils und werde all die wunderbaren Begegnungen und Orte, die ich
gesehen habe, nie vergessen!
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