SAMMELGEBIET THEMATIK Pflanzen in Shakespeares Werken (1) Die Serie „Pflanzen in Shakespeares Werken“ zeigt Marken, die nach einem im viktorianischen England eingeführten Blumenkalender auf die einzelnen Monate hinweisen. Deshalb fangen wir mit dem Veilchen an, das nach diesem Kalender dem Februar zugeordnet wurde. Shakespeare hat ungefähr 120 Pflanzen in seinen Stücken genannt. In der philatelie beschränken wir uns auf die Monatsblumen. In der „Agrarphilatelie“, der vierteljährlich erscheinenden Mitgliederzeitschrift der „Arbeitsgruppe/Motivgruppe LandwirtschaftWeinbau-Forstwirtschaft“ ist im Januar dieses Jahres eine Serie mit von Shakespeare genannten Bäumen begonnen worden. Autor der Pflanzenreihe ist Klaus Henseler, der von anderen Mitgliedern der Arbeitsgruppe als Ideengeber, Berater und Beleglieferern unterstützt wurde. Veilchen bzw. Stiefmütterchen (Viola tricolor) Das Veilchen bzw. Stiefmütterchen („violets“ in verschiedenen Varianten und Abkürzungen) ist bei William Shakespeare nach Rose, Wein einschl. Sekt bzw. Sherry und der Lilie die meistgenannte Pflanze. Weitere Bezeichnungen für das Shakespearesche Veilchen sind Pansy und Cupid’s Flower. Im Volksmund heißt das Wilde Stiefmütterchen auch Liebesgesichtli; es ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Veilchengewächse (Violaceae) und in weiten Teilen Europas verbreitet. Es fehlt nur in den südlichsten und nördlichsten Regionen und wächst auf Wiesen, an Wegrändern und auf Brachflächen. Als Zier- und Heilpflanze wird das Wilde Stiefmütterchen seit dem Mittelalter kultiviert und in Großbritannien seit 1810 gezüchtet. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde das Stiefmütterchen freisam, freischem krut oder dreifaltigkeit blümlin genannt. Ein aus Stiefmütterchen hergestelltes Destillat soll gegen „unnatürliche Hitze“ wirken, die in jungen Kindern „überläuft“ und sie „bekrenckt“. In der Variation freischlich wurde der Name freisam auch in der Pariser Physica-Handschrift der Hildegard von Bingen Veilchen-Abbildung aus John Gerards Pflanzenverzeichnis und Alpenveilchen auf Berliner Wohlfahrtsmarke von 1975. 40 Bei uns heißt die „Dog Violet“ HainVeilchen. aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert verwendet. Grimm interpretierte im Deutschen Wörterbuch die Wörter freissam und freissamkeit als etwas, das Gefahr und Verderben bringt, grausam und schrecklich ist. „Venus and Adonis“ ist eine Versdichtung, die vermutlich 1592 entstanden ist. Sie gilt heute als erstes gedrucktes Werk unter dem Namen Shakespeare („the first heire of my invention“). Das Gedicht widmete Shakespeare Henry Wriothesley, dem Grafen von Southampton. Es wurde im April 1593 anonym im Londoner Stationers’ Register zum Druck eingereicht und erschien erstmals als Quartausgabe im September 1593. Drucker und Herausgeber war der aus Stratford-upon-Avon stammende Richard Field, der den Druck „sold at the signe of the white Greyhound in Paules Church-yard“. Field brachte 1594 eine zweite Quartausgabe heraus, übertrug seine Rechte dann aber an John Harrison. Zweimal wird das Veilchen erwähnt: „Hard-favour’d tyrant, ugly, meagre, lean, / Hateful divorce of love, / thus chides she Death, / Grim-grinning ghost, earth’s worm, what dost thou mean / To stifle beauty and to steal his breath, / Who when he lived, his breath and beauty set / Gloss on the rose, smell to the violet?“ (Du Harter, Garst’ger, der des Scheidens Pein / Der Liebe schuf (dem Tode gilt ihr Schmälen), / Sargwurm der Erde, was nur fällt dir ein, / Schönheit und Odem gierig dem zu stehlen, / Des Hauch und Schönheit, eh’ er sank in’s Grab / Der Rose Schimmer, Duft dem Veilchen gab?) „Art thou ashamed to kiss? then wink again, / And I will wink; so shall the day seem night; / Love keeps his revels where they are but twain; / Be bold to play, our sport is not in sight: / These blue-vein’d violets whereon we lean / Never can blab, nor know not what we mean.” (Schämst du, zu küssen, dich? o schließ’ geschwind, / Gleich mir, das Auge! Nacht so scheint die Helle! / Die Liebe schwärmt, wo zwei beisammen sind; / Beginne kühn! kein Aug’ sieht diese Stelle! / Die blauen Veilchen unsres Lagers wissen / Nicht, was wir tun, und plaudern nicht von Küssen.) Die tugendhafte Marina spricht (in „Pericles, Prince of Tyre“ IV. Akt, 1. Szene) von Veilchen und von Ringelblumen: „No, I will rob Tellus of her weed, / To strew thy green with flowers: the yellows, blues, / The purple violets, and marigolds, / Shall as a carpet hang upon thy grave, / While summer-days do last.“ (Nein, ich will Tellus ihres Schmucks berauben, / Zu streu’n dein Grab voll Blumen, gelbe, blaue, / Die Purpurveilchen und die Ringelblumen: / Sie sollen Teppich gleich dein Grab bedecken, / So lang der Sommer währt.) „A Midsummer Night’s Dream“ spielt in der Nacht vor dem Maitag. Es wird angenommen, dass der Titel gewählt wurde, weil das Stück erstmals an einem Johannisabend (24. Juni) aufge- Veröffentlichung mit Unterstützung der Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte | philatelie 476 | Februar 2017 SAMMELGEBIET THEMATIK führt wurde; das würde auch dem von Shakespeare bestimmten Titel „Mid summer Night‘s Dream“ entsprechen. Am 8. Oktober 1600 erfolgte ein Eintrag im Stationers’ Register im Auftrag von Thomas Fisher. Er lautet: „8 Octobris [1600] Thomas Fyssher Entered for his copie vnder the handes of mr [Master] Rodes and the Wardens A booke called A mydsomer nightes dreame. vjd.” Man vermutet, dass die Ausgabe von dem Drucker Richard Bradock hergestellt wurde. Auf der Titelseite heißt es: „A Midsommer nights dreame. As it hath been sundry times publickely acted, by the Right honourable, the Lord Chamberlaine his seruants. Written by William Shakespeare. Imprinted at London, for Thomas Fisher, and are to be soulde at his shoppe, at the Signe of the White Hart, in Fleete streete. 1600.“ Der II. Akt, 1. Szene des „A Midsummer Night’s Dream“ spielt in einem Wald in der Nähe Athens und Oberon sagt: „I pray thee, give it me. / I know a bank where the wild thyme blows, / Where oxlips and the nodding violet grows, / Quite over-canopied with luscious woodbine, / With sweet musk-roses and with eglantine: / There sleeps Titania sometime of the night“ (Ich bitt’ dich, gib sie mir! / Ich weiß ‚nen Hügel, wo man Quendel pflückt, / Wo aus dem Gras Viol’ und Maßlieb nickt, / Wo dicht gewölbt des Geißblatts üpp’ge Schatten / Mit Hagedorn und mit Jasmin sich gatten. / Dort ruht Titania halbe Nächte kühl) Love-in-idleness war – so heißt es – ursprünglich eine weiße Blume, die von Amors Pfeil getroffen, die Farbe Lila annahm; aus dieser veränderten Pflanze braute man einen Liebestrank. Wem man diesen Liebestrank aufs Auge träufelte, der entbrannte in unsterblicher Liebe zur nächsten Person, die er danach als erste sah. Im II. Akt, 1. Szene („A Midsummer Night’s Dream”) steuern Oberon und Puck mit diesem Zaubertrank die Schicksale. „But I might see young Cupid’s fiery shaft / Quench’d in the chaste beams of the watery moon, / And the imperial votaress passed on, / In maiden meditation, fancy-free. / Yet mark’d I where the bolt of Cupid fell: / It fell upon a little western flower, / Before milk-white, now purple with love’s wound, / And maidens call it love-in-idleness. / Fetch me that flower; the herb I shew’d thee once: / The juice of it on sleeping eye-lids laid / Will make or man or woman madly dote / Upon the next live creature that it sees. / Fetch me this herb; and be thou here again / Ere the leviathan can swim a league.“ (Und Mädchen nennen’s: Lieb’ im Müßiggang. / Hol’ mir die Blum’! Ich wies dir einst das Kraut; / Ihr Saft, geträufelt auf entschlafne Wimpern, / Macht Österreichische Zuschlagsmarke zur Bekämpfung der Tuberkulose von 1948 und Veilchenmarke von 2007. Veilchenstrauß aus Finnland und persisches Alpenveilchen für die Internationale Gartenbauausstellung der DDR 1966. Mann und Weib in jede Kreatur, / Die sie zunächst erblicken, toll vergafft; / Hol’ mir das Kraut; doch komm zurück, bevor / Der Leviathan eine Meile schwimmt.) Das Veilchen wird ferner erwähnt in folgenden Stücken Shakespeares: in „The Tragedie of Cymbeline“ (I. Akt, 5. Szene): „As zephyrs blowing below the violet“, in „The Life and Death of King John“(IV. Akt, 2. Szene): „To throw a perfume on the violet“, in „Measure for Measure“ (II. Akt, 2.Szene): „That, lying by the violet in the sun“, in „Venus and Adonis”: „Gloss on the rose, smell to the violet?“ und „These blue-vein’d violets whereon we lean”, in „The Life of Henry the Fifth“ (IV. Akt, 1. Szene): the violet smells to him as it doth to me“, in „Twelfth Night, or What You Will“ (I. Akt, 1. Szene): „That breathes upon a bank of violets“, in „The Tragedy of King Richard the Second“ (V. Akt): „Welcome, my son: who are the violets now“, im III. Akt, 4. Szene von „The Winter’s Tale“: „The winds of March with beauty; violets dim“, im „Sonnet XII“: „When I behold the violet past prime“ und im „Sonnet XCIX“: „The forward violet thus did I chide“. Und was sagt unser Johann Wolfgang von Goethe zum Veilchen: „Ein Veilchen auf der Wiese stand / Gebückt in sich und unbekannt; / Es war ein herzig's Veilchen. / Da kam eine junge Schäferin, / Mit leichtem Schritt und munterm Sinn, / Daher, daher, / Die Wiese her, und sang.“ Klaus Henseler / ArGe LWF Die ArGe LWF Die Arbeitsgemeinschaft besteht aus fast 100 Philatelisten, die postalische Belege in dem weiten Feld der Landwirtschaft und der Ernährung sammeln und dokumentieren und in Ausstellungen präsentieren. Die „Arbeitsgemeinschaft/Motivgruppe Landwirtschaft-Weinbau-Forstwirtschaft e.V.“ (im Bund Deutscher Philatelisten – www.bdph.de ) wurde am 1.4.1975 gegründet und ist im WorldWideWeb vertreten. Das erste „Home“ ist die Hauptseite www.ernaehrungsdenkwerkstatt.de. Ein Mitglied hat über sein Sammelgebiet eine eigene Website, die einen Besuch (und viele mehr) wert ist. Das ist: www.mykothek.de (Hier ist die Verbreitung und Variation der verschiedenen Pilze eindrucksvoll dokumentiert). Kontakt zur ArGe über Horst Kaczmarczyk ([email protected]); Kontakt zur Mitgliederzeitschrift „Agrarphilatelie“: [email protected]. Die Zeitschrift ist vollständig elektronisch zugänglich. Veröffentlichung mit Unterstützung der Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte | philatelie 476 | Februar 2017 41 JUGENDSEITE Der lange Weg zur Jugend ... Ein großes Problem der Philatelie liegt in der Jugendarbeit. Richtige Briefmarken landen kaum noch in den Briefkästen normaler Menschen, die Freizeit von Kindern und Jugendlichen ist viel verplanter als früher, dazu kommen noch die Verlockungen durch die neuen Medien. So lag die Idee nahe, eine etwas ausführlichere Jugendseite in der „philatelie“ zu bringen, erste Anfragen zum Mitmachen wurden an die wenigen aktiven Kinder- und Jugendgruppen gerichtet und es kamen auch erste Rückmeldungen und ein paar nette Ideen. Material in Form von Berichten über vergangene Aktionen und Fotos davon war also genügend da, außerdem bot sich die Gelegenheit, vielleicht ein paar Comicmarken aus der eigenen Sammlung und deren Protagonisten vorzustellen. Damit müsste man doch Kinder und Jugendliche erreichen können! Aber ist das der richtige Weg? Die Antwort von Christian Helfert zeigt eine andere, vielversprechendere Möglichkeit, weswegen wir Gute Nachrichten: In Rheinfelden (Baden) hat der Obmann der Briefmarken-Sammlergruppe Rheinfelden, Norbert Amrein, mit sie hier dokumentieren: vier jungen Briefmarkensammlern die „Jugendgruppe RheinfelSehr geehrter Herr Angerstein, den“ gegründet. Die Jugendgruppe trifft sich ab 2017 jeden zweivielen Dank für Ihre Anfrage. Die Anfrage hat mich motiviert, ten Mittwoch im Monat im Jugendhaus „Tutti Kiesi“. Im Jahr auf Ihre Wünsche einzugehen und meine eigenen Beobachtungen 2016 hat der erfahrene Briefmarkensammler bereits zum zweiten in dieser Sache darzustellen. Gerne dürfen Sie diese Zeilen als Mal am Rheinfeldener Sommerferienprogramm teilgenommen. Zu Beginn brachte Amrein eine eBay-Kiste mit. Die angehenden Leserbrief veröffentlichen. Jungphilatelisten des Philatelie-Lehrgangs sortierten die begehrNeben meiner Aufgabe als Vorsitzender des Briefmarkenten Leuchtturm-Marken heraus, erstellten damit Exponat-Blätter sammlervereins Riedlingen bin ich mittlerweile auch über 10 und lernten zugleich viel über die Leuchttürme (Foto: Danielle Jahre Jugendgruppenleiter in Riedlingen. An den JugendaktiHirschberger / Badische Zeitung). vitäten beteiligten sich in diesen Jahren immer etwa 10 Kinder und Jugendliche. Zurzeit habe ich 12 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 6 und 16 Jahren. Ich mache viel Öffentlich- listen, in der Deutschen Philatelisten-Jugend und in den Lankeitsarbeit für meine Kinder, deren Eltern und als Nachwuchs- desringen. In meinem Verband, dem Landesring Süd-West (Bawerbung für meine Gruppe. Wer sich für unsere Jugendaktivitä- den-Württemberg und die Pfalz) sind es gerade eine Handvoll, ten interessiert, kann sich im Internet unter www.bsv-riedlingen. die es schaffen, Kinder und Jugendliche (und deren Eltern!) zu begeistern und eine aktive Jugendgruppe betreuen. de ein eigenes Bild machen. Ihren Wunsch, dass die Jugendgruppen und Erwachsenenvereine über Jugendaktivitäten in der „philatelie“ berichten, kann ich nachvollziehen. Ältere Erwachsene – das sind in der Regel die Leser der „philatelie“ – freuen sich immer, wenn sie Kinder in Aktion sehen. Und wie viel mehr müssen sich diese Erwachsenen freuen, wenn sie Kinder sehen, die Briefmarken sammeln. Glauben doch die meisten erwachsenen Sammler, dass man Kinder nicht für das Briefmarkensammeln begeistern kann. Als Gründe werden die Ganztagesschulen oder die elektronischen Medien bemüht. Aus meiner Sicht können durch solche bunt dargestellten Jugendaktivitäten aber leider keine neuen Jugendlichen gewonnen oder für unser Hobby begeistert werden. Im Gegenteil: Mit diesen „Hochglanzaktivitäten“ sorgen wir dafür, dass sich erwachsene Sammler in dem Bewusstsein zurücklehnen, es wird ja etwas für die Jugendarbeit getan. Ich fände es viel wertvoller, wenn die von Ihnen vorgesehene Jugendseite dazu genutzt würde, aktive Seniorinnen und Senioren für die Jugendarbeit zu gewinnen. Zurzeit gibt es (viel zu) wenige aktive Jugendgruppenleiter im Bund Deutscher Philate56 Ich sehe in dieser Seite in der „philatelie“ aber durchaus eine Zukunftschance. Nutzen Sie diese Seite, um aktive Sammlerinnen und Sammler als Multiplikatoren zu gewinnen. Multiplikatoren, die vor Ort auf Kinder, Jugendliche und deren Eltern zugehen und diese vom Mehrwert der Philatelie überzeugen. Werben Sie jüngere und ältere Philatelisten mit Hilfestellungen, Interviews, guten Beispielen und Erfahrungsaustausch von Jugendleiterinnen und Jugendleitern. Diese Aufgabe kann die Zeitschrift „Junge Sammler“ der Deutschen Philatelisten-Jugend nicht leisten. Die „philatelie“ mit erwachsenen Lesern, begeisterten und erfahrenen Sammlern dagegen schon. Neben dem „Jungen Sammler“, der als Zielgruppe Kinder und Jugendliche anspricht, bietet die Deutsche Philatelisten-Jugend mit ihrer Gruppenleiterzeitung Informationen und Anregungen für die Jugendarbeit. Wenn sich die „philatelie“ ergänzend auf die Suche nach Erwachsenen macht, die mit Kindern und Jugendlichen philatelistische Arbeit neu beginnen, dann würden sich die „Jugendzeitschriften“ perfekt ergänzen. Bei dieser „Startup“-Unternehmung beteilige ich mich gerne mit Rat und Tat. Ihr Christian Helfert philatelie 476 | Februar 2017
© Copyright 2024 ExpyDoc