Pressemitteilung - Messe Stuttgart

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Nr. 21
23. Januar 2017
„Wir brauchen eine Fortbildungsoffensive“
Inklusion noch nicht als gesamtgesellschaftlicher Auftrag angenommen /
Interview mit Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE
Inklusion und individuelle Förderung sind längst keine pädagogischen Utopien
mehr, sondern konkrete Handlungsaufträge – nicht nur für Pädagogen. Warum die
Förderung jedes Einzelnen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, erklärt Udo
Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE).
Herr Beckmann, der VBE fordert, dass Inklusion bzw. individuelle Förderung
nicht nur an Schulen stattfindet, sondern von der gesamten Gesellschaft
mitgetragen wird. Stehen die Deutschen hinter dem Projekt Inklusion?
Ich glaube, dass vielen Deutschen Inklusion nicht als gesamtgesellschaftlicher
Auftrag bewusst ist. Viele glauben, dass das in erster Linie ein Thema für die
Schulen ist. Es wird viel über schulische Inklusion diskutiert, aber weniger darüber,
dass wir auch in vielen anderen Bereichen noch keine Barrierefreiheit haben –
seien es der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen oder Kleinigkeiten wie die
Absenkung des Bürgersteigs. Auch dass wir Medien barrierefrei gestalten müssen
und Sie zum Beispiel die Möglichkeit haben, sich eine Homepage vorlesen zu
lassen. Viele Hindernisse sind noch lange nicht ausreichend im Blickfeld. Wenn das
Bewusstsein in der Gesellschaft noch breiter wäre, wäre es vielleicht auch leichter,
mehr Geld für die notwendigen Investitionen bereitzustellen.
Wie lässt sich verhindern, dass in der Debatte um Fördermittel
unterschiedliche Zielgruppen in Konkurrenz zueinander geraten – zum Beispiel
Schüler mit Lernschwäche versus Hochbegabte oder Geflüchtete versus Kinder
ohne Migrationshintergrund?
Individuelle Förderung besagt ja eigentlich, dass ich mich an den Talenten des
Einzelnen orientieren muss. Das heißt, ich muss auf seine Stärken und Schwächen
eingehen. Insofern ist es erst einmal gleichgültig, ob es sich um ein Kind mit
Handicap, ein hochbegabtes Kind oder ein Kind aus einem anderen Kulturkreis
handelt. Die Konkurrenz in Bezug auf die schulische Inklusion sehe ich eher
dadurch gegeben, dass die Politik sich ganz schnell von den Versprechungen
verabschiedet hat, die sie vor der großen Zuwanderungswelle gemacht hat,
nämlich die Lerngruppen kleiner zu machen und mehr Ressourcen in den Bereich
individuelle Förderung zu geben. Stattdessen sind an vielen Schulen die Klassen
größer geworden, die Lerngruppen sind bis an den Rand gefüllt. Nun warten wir
darauf, dass die Politik ihre Versprechungen auch einlöst. Die Schulen waren
bereit, alles zu geben, um die Kinder, die zusätzlich zu uns gekommen sind, nach
besten Möglichkeiten zu unterstützen und zu integrieren. Es darf kein
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Dauerzustand sein, dass wir bei diesen großen Lerngruppen verharren.
Wie gut sind Lehrkräfte an Regelschulen für den individuellen Unterricht
gerüstet?
Was wir dringend brauchen, ist eine Fortbildungsoffensive durch die
Landesregierungen, damit die Lehrerinnen und Lehrer an den Regelschulen dazu
weiterqualifiziert werden, den ständig größer werdenden Herausforderungen in
der Unterschiedlichkeit der Schüler gerecht zu werden. Dazu gehört nicht nur ein
unterschiedliches Leistungsvermögen und Lerntempo, sondern auch ein
unterschiedlicher kultureller Hintergrund. Bei den Flüchtlingen haben wir zum
Beispiel eine riesige Bandbreite: von denen, die mehrsprachig zu uns kommen, bis
zu denen, die noch nie eine Schule besucht haben, aber schon zehn Jahre oder
älter sind. Dafür bedarf es zusätzlicher Qualifikationen und da reicht es natürlich
nicht aus, wenn man den Lehrern sagt: „Nun bildet euch doch mal fort.“ Sondern
man muss diese Fortbildungen zur Verfügung stellen und man hat sie dann als Teil
des Dienstgeschäftes zu leisten.
Daneben ist es wichtig, dass der Regelschullehrer in den inklusiven Lerngruppen
nicht alleine ist, sondern Unterstützung durch einen Sonderpädagogen hat, aber
auch durch Netzwerke mit anderen Professionen wie Sozialpädagogen,
Schulpsychologen etc. Sonst ist es nicht zu stemmen.
Wie kann der digitale Wandel an Schulen individuelles Lernen fördern?
Ich sehe da einiges an Potenzial. Der VBE hat 2015 eine repräsentative
Lehrerbefragung zur digitalen Bildung durchgeführt. Da ist deutlich
herausgekommen, dass Lehrkräfte im Rahmen des digitalen Wandels große
Chancen sehen, den Unterricht noch besser zu individualisieren. Wir sehen aber
auf der anderen Seite das große Problem, dass die Ausstattung der Schulen mit
Hardware, Software und Breitbandanschlüssen zurzeit nicht gegeben ist. Da ist
man eher auf einem mittelalterlichen Stand. Vom Digitalpakt zwischen Bund und
Ländern erwarte ich mir, dass es nicht bei leeren Versprechungen bleibt, sondern
dass er auch umgesetzt wird: dass Bund und Länder gemeinsam eine große
Initiative starten und die Länder gleichzeitig dafür sorgen, dass mit dem zur
Verfügung gestellten Geld die Lehrer entsprechend fort- und weitergebildet
werden. Und dass das ein wesentlicher Bestandteil in der ersten Phase der
Lehrerausbildung wird.
Über die praktische Umsetzung des individuellen Lernens an Schulen diskutiert
Udo Beckmann auf der didacta 2017 in Stuttgart:
Forum Bildung
Integration, Inklusion, Individualisierung: Wie kommen wir endlich voran?
Darüber diskutieren:
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Herr Udo Beckmann (Bundesvorsitzender des VBE)
Herr Georg Eisenreich (Staatssekretär für Bildung und Kultus Bayern)
Herr Dr. Johannes Bergner (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des
Landes Baden-Württemberg)
Frau Prof. Dr. Kerstin Ziemen (Universität zu Köln, Leiterin des Projekts Inklunet)
Herr Dr. Ulrich Jahnke (Referatsleiter bei der Beauftragten der Bundesregierung
für Migration, Flüchtlinge und Integration)
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16. Februar 2017
10.30 bis 11.45 Uhr
Stand: 1H71 (Veranstaltung am Messestand)
Veranstalter: Verband Bildungsmedien e. V.
Schule/Hochschule
Forum Unterrichtspraxis
Differenzieren und Fördern (an der Realschule): Der adaptive Unterricht als
gangbare Unterrichtsform mit lehrer- und schülerorientierten Lernphasen
Jochen Wandel (Realschulkonrektor Pfullingen, Baden-Württemberg)
16. Februar 2017
12:00 - 13:00 Uhr
Stand: 1E72 (Veranstaltung am Messestand)
Veranstalter: Verband Bildungsmedien e. V.
Forum Unterrichtspraxis
Inklusion am Gymnasium – eine besondere Herausforderung?
Jürgen Bock, Otto-Hahn-Gymnasium Springe
18. Februar 2017
15:00 - 16:00 Uhr
Halle 1, Stand 1E72
Veranstalter: Verband Bildungsmedien e. V.
Berufliche Bildung/Qualifikation
Forum Berufliche Bildung
Berufsausbildung mit Zukunft: Individuelles Lehren und Lernen
Darüber diskutieren:
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Herr German Denneborg (Ministerialdirigent)
Frau Franziska Hampf (ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an
der Universität München e.V.)
Herr Prof. Dr. Michael Heister (Bundesinstitut für Berufsbildung, (BIBB))
14. Februar 2017
12:15 - 13:15 Uhr
Stand: 6D32 (Veranstaltung am Messestand)
Veranstalter: Didacta Verband e. V. / Verband Bildungsmedien e. V.
Weitere Informationen zu den Veranstaltungen der didacta finden Sie unter
www.didacta-stuttgart.de/programm.
Textdatei, Messefotos der letzten didacta und Messelogos können Sie im Internet
herunterladen unter www.messe-stuttgart.de/didacta/journalisten
#didacta17
didacta17_PM021_ Udo Beckmann ist Bundesvorsitzender des Verbands Bildung
und Erziehung.
Copyright für Bild: Sibylle Ostermann
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die Akkreditierungsrichtlinien der Landesmesse Stuttgart GmbH.
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