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Interview mit Friedrich Indra
"Es gibt einen Hass gegen Verbrenner":
Motoren-Papst rechnet mit Elektromobilität ab
Donnerstag, 19.01.2017, 06:52 · · von FOCUS-Online-Experte Jens Meiners
Fast alle Autohersteller setzen parallel zum Verbrennungsmotor auch auf Elektroautos und Hybride - manche
sogar komplett. Der berühmte Motoren-Entwickler Friedrich Indra ist völlig anderer Meinung. Er hält die
E-Mobilität für einen gefährlichen Irrweg.
Fast alle Autohersteller investieren Milliarden in die Entwicklung von Elektroautos und Hybridfahrzeugen. Doch
die Verkaufszahlen bleiben in vielen Ländern noch überschaubar. Motoren-Entwickler Friedrich Indra, einst bei
Audi und General Motors unter Vertrag, hält die E-Mobilität für einen großen Fehler. Ein Interview.
Professor Indra, es scheint, als ginge dem Verbrennungsmotor der Sprit aus.
Friedrich Indra: Dieser Eindruck ist falsch. Auch heuer wurden viele neue Motoren präsentiert; die
Fortschritte sind nach wie sehr beachtlich, beim Otto-und beim Dieselmotor. Die Motoren werden bei immer
mehr Leistung immer sparsamer. Den Ingenieuren gehen die Ideen nicht aus. Die finale Lösung sind neue
CO2-neutrale synthetische Kraftstoffe. Diese benötigen für die Herstellung soviel CO2, wie dann im Betrieb
wieder freigesetzt wird. Damit ist das Auto mit Verbrennungsmotor sauber.
Diese Möglichkeit scheint sich noch nicht bis in die Politik herumgesprochen zu haben. Die will den
Verbrenner abschaffen.
So unglaublich das ist: Das ist inzwischen leider eine reale Gefahr. Dabei löst das Elektroauto kein einziges
Umweltproblem und leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz. Während die Politik es nicht verstehen will, ist die
Autoindustrie offenbar nicht imstande, mit einer Sprache zu sprechen, obwohl man das Thema ganz einfach
erklären kann. Warum kann die deutsche Industrie nicht tun, was Toyota vormacht? Dort sagt man klipp und
klar: Wir machen nicht mit, weil man damit keine Geld verdienen kann, die Energiebilanz schlecht ist und
baldige Lösung nicht in Sicht ist. Aber die deutsche Bundesregierung hat eben zur Förderung dieser Technik 13
Milliarden Euro unter die Auto- und Batteriehersteller gestreut, und ich habe oft den Eindruck, dass das eine Art
Schweigegeld ist.
Das E-Auto gilt als CO2-frei. Ist das den Einsatz nicht wert?
Eine absurde These. Es gibt eine sehr gute Untersuchung von Professor Spicha, derzufolge bei einer CO2-Wellto-Wheel-Betrachtung das Elektroauto in Deutschland um den Faktor 1,6 schlechter ist als Verbrenner. In
Österreich ist es immerhin nur um den Faktor 1,3 schlechter, weil wir viel Wasserkraft nutzen. In China hingegen
ist es 4 bis 5 mal schlechter. Und wir reden hier über den Verbrauch und noch nicht einmal über die riesigen
Energiemengen, die bei der Herstellung der Batterien benötigt werden und mit denen ein normales Auto etwa
30.000 Kilometer weit käme. Und dazu kommt noch das Thema Recycling; niemand kann diese wertvollen
Stoffe ausreichend recyceln.
Zur Person
Professor Friedrich Indra (76) begann seine Karriere bei Alpina, wo er für die Sechszylinder-Turbomotoren
verantwortlich zeichnete. Von dort ging er nach einigen Jahren zu Audi, wo er unter Ferdinand Piëch
wirkte, und schließlich zu General Motors, wo er zuletzt als Leiter für "Advanced Engineering in
Powertrain Operations" arbeitete. Indra wurde im Jahre 2005 pensioniert und betätigte sich weiter in
Forschung und Lehre. Heute berät er den österreichischen Entwicklungsdienstleister AVL List.
Bewerten Sie die modernen Plug-In-Hybriden positiver?
Hier handelt es sich lediglich um den zweitgrößten Betrug an der Umwelt, weil man bei der Ermittlung des
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Verbrauchs einfach darauf verzichtet, den vorher getankten Strom mit einzubeziehen. Dabei kommen für
Supersportwagen mit dieser Technik so perverse Werte wie 3,1 Liter Verbrauch pro 100 km heraus. Inzwischen
werden diese Fahrzeuge auch zu den Elektroautos gezählt, obwohl sie auch einen Verbrennungsmotor an Bord
haben. Damit glaubt sich die Politik weniger zu blamieren, weil die für 2020 anvisierten Ziele dann etwas
weniger weit verfehlt werden. In manchen Ländern nimmt inzwischen der Markanteil von reinen Elektroautos
schon wieder ab. Das wird auch bei den Plug-in-Hybriden passieren, wenn alle "Reichen" mit diesen Autos
versorgt sind.
Video: Elektro-Smart im Test
Bringt die Elektrifizierung denn im Motorsport Vorteile?
Gerade hier ist sie völlig fehl am Platz. Auf der Straße funktionieren die Lithium-Ionen-Akkus noch halbwegs,
im Motorsport werden sie wegen der schnellen Be und Entladung viel zu heiß und gehen dauernd kaputt. Die
Entscheidung von Audi, in Le Mans nicht mehr dabei zu sein, dafür aber in der Formel E zu fahren, ist ein
verheerendes Signal. Bei Audi hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen, dass die Formel E in der
Gesamtenergiebilanz deutlich schlechter ist als Rennfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Die absolute Schwäche
der Batterietechnik wird hier auch noch vorgezeigt, weil die Fahrer nach einer halben Stunde die Fahrzeuge
wegen leerer Batterien wechseln müssen.
PDF
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Warum dringen solche Argumente nicht mehr durch?
Es gibt in Politik und Medien einen Hass gegen den Verbrenner, und der wird unheimlich geschürt durch das
Volkswagen-Abgasthema. Dieser hochgespielte Skandal unterbindet jede sachliche Diskussion, und die Politik
stellt sich gegenüber der Autoindustrie inzwischen auf den Standpunkt: Wir beschließen einfach, ihr setzt um.
Die Industrie hat ein schlechtes Gewissen, auch wenn das völliger Unsinn ist, und so kommt es zu Zielvorgaben
wie den 25 Prozent Elektro-Anteil in wenigen Jahren, in absehbarer Zukunft sogar 100 Prozent. Dieses
Wunschdenken geht Hand in Hand mit Ablenkungsmanövern. Noch nie haben Industrie und Politik so irrational
gehandelt. Wie das überhaupt wirtschaftlich funktionieren soll, wenn man keine Autos mit Verbrennungsmotoren
mehr hat, mit denen man ja Geld verdienen kann, hat sich wohl noch kein Politiker überlegt.
Video: Eine Welt ohne Verbrenner? Die Vor- und Nachteile
Sind diese hohen Marktanteile überhaupt realistisch?
Es wäre in unserer freien Marktwirtschaft das erste Mal, dass ein Kunde ein Produkt kauft, das teurer ist und
weniger kann als das, was er hat - und bei dem überdies die Hälfte des Wertes in der Batterie steckt. Nach acht
Jahren ist das Auto ja nichts mehr wert. Was mir Hoffnung macht, ist die Erfahrung: Der Kunde entscheidet. Was
mich aber an dem Gerede über die glorreiche Zukunft der E-Mobilität am meisten stört, ist die Verunsicherung
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der Studenten. An den Hochschulen wird das Fach Verbrennungskraftmaschinen kaum mehr belegt, weil wir ja so glaubt man derzeit - ab 2030 sowieso alle elektrisch fahren. Dabei bräuchten wir weiterhin die besten
Ingenieure für die sinnvolle Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren , denn denen gehört - zusammen mit
CO2-neutralen Kraftstoffen - weiterhin die Zukunft.
Wie erklären Sie sich das Beharren der Chinesen auf der E-Mobilität?
Das funktioniert ja dort auch nur, weil - wie früher in Norwegen - Elektroautos massiv von der Regierung
subventioniert werden. Das kann sich aber kein Land der Welt langfristig leisten. Dann wird sich das, wie ja auch
schon in Norwegen, wieder nivellieren.
Könnte es passieren, dass mit dem neuen US Präsidenten die Karten neu gemischt werden?
Der neue US-Präsident, so sagt man, ist kein Freund der Elektromobilität.
Das Interview führte Jens Meiners
Über den Autor
Jens Meiners ist Korrespondent für das renommierte US-Magazin Car and Driver und die Zeitung
Automotive News. Als Mitglied im "Steering Committee" der Jury "World Car Of The Year" testet
er weltweit neue Fahrzeuge.
Video: Der Klassiker - Ford Mustang V8 im Test
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