2017 01 20 PM Mappe OB-Rede Neujahrsempfang 2017

Neujahrsempfang 2017
Potsdam, 20.01.2017 (sz)
„Stadt trifft Kirche“
Die Rede von Oberbürgermeister Jann Jakobs beim Neujahrsempfang
der Landeshauptstadt Potsdam im Nikolaisaal
Es gilt das gesprochene Wort!
„Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Potsdamerinnen und Potsdamer,
liebe Gäste,
ich begrüße Sie recht herzlich zum diesjährigen Neujahrsempfang der Landeshauptstadt
Potsdam im Nikolaisaal.
Wir haben soeben einen filmischen Eindruck davon bekommen, was unsere Stadt so
unglaublich liebenswert macht. Und vor allem, wie leidenschaftlich und liebevoll die Menschen
über ihre Stadt reden und wie sie zu ihr stehen. Sie steht für Toleranz und Weltoffenheit; für
Vielfalt der Lebensentwürfe und religiösen Überzeugungen; für Menschen, die sich aktiv
einbringen.
Unsere diesjährige Jahreskampagne im Jubiläumsjahr der Reformation „Stadt trifft Kirche“
knüpft daran an.
Aber dazu etwas später mehr.
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Pressesprecher: Stefan Schulz
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Zunächst möchte ich nämlich die Gelegenheit nutzen, einige Gäste hier im Saal persönlich zu
begrüßen:
Ich freue mich ganz besonders, dass für die Landesregierung Brandenburg der
Ministerpräsident gekommen ist, um ein Grußwort zu sprechen. Herzlich willkommen: Dietmar
Woidke.
Prof. Wolfgang Huber, ehemaliger Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz, ist heute unser Gast. Er hält die Hauptrede des heutigen
Neujahrsempfangs zu unserem Jahresmotto. Schön, dass Sie da sind! Wir sind gespannt auf
Ihre Rede!
Ich freue mich, die beiden früheren Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Manfred
Stolpe und Matthias Platzeck unter uns zu wissen.
Ich begrüße Günter Jauch, der zusammen mit Matthias Platzeck die Laudatio auf unseren
heutigen Ehrengast halten wird.
Wir ehren einen Freund Potsdams für sein gesellschaftliches, kulturelles und wissenschaftliches
Engagement in unserer Stadt und verleihen ihm heute die Ehrenbürgerwürde:
Herzlich willkommen Prof. Dr. Hasso Plattner!
Heute Abend wird ja noch das wunderschöne Museum Barberini eröffnet. Ich wiederhole es
gerne noch einmal an dieser Stelle, was ich woanders schon mehrfach mit einem Vergleich aus
dem Fußball gesagt habe: Dieses Museum katapultiert Potsdam in die Champions League der
internationalen Kunstszene. Das ist großartig, was Sie da geschaffen haben, Herr Plattner!
In diesem Zusammenhang freue ich mich auch, dass die Ehefrauen leider schon verstorbener
Ehrenbürger unserer Stadt heute auch unter uns sind. Herzlich willkommen Cosmea Sprotte
und Marianne Giersberg.
Ich begrüße die Exzellenzen und Botschafter:
Dr. Andrii Melnik aus der Ukraine,
Simplice Honoré Guibila aus Burkina Faso und
Dr. Diego Fernando Morejon Pazmino aus Ecuador.
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Zu Gast sind die Europaabgeordneten Susanne Melior und Dr. Christian Ehler sowie die
Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein und Norbert Müller.
Ein herzliches Willkommen gilt allen Ministern, Staatssekretären, Landräten,
Oberbürgermeistern, Bürgermeistern, Landtagsabgeordneten und Stadtverordneten, darunter
die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Birgit Müller.
Ich begrüße den Vorstandsvorsitzenden der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, Andreas
Schulz.
Und ich freue mich über den Besuch unserer Freunde von der Bundeswehr, unter ihnen der
Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Erich Pfeffer, und den
Kommandeur des Landeskommandos Brandenburg, Oberst Olaf Detlefsen.
Wir werden heute wieder musikalisch begleitet vom Jugendsinfonieorchester der Städtischen
Musikschule „Johann Sebastian Bach“ unter der Leitung von Andreas Jerye. Vielen Dank, dass
Sie bei uns sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
im vergangenen Jahr stand an dieser Stelle die Flüchtlingssituation im Mittelpunkt meiner
Begrüßung. Wir haben mit großem Einsatz Geflüchtete in Wohnungen und Unterkünften
aufgenommen. Die Potsdamerinnen und Potsdamer haben sich als großartige Gastgeber
verstanden und die Menschen willkommen geheißen. Im abgelaufenen Jahr ging es nun
vermehrt darum, die hier Ankommenden in unsere Gesellschaft zu integrieren. Ich finde, der
Anfang dieses Prozesses ist uns sehr gut gelungen.
Mein Dank gilt hierbei allen in der Landeshauptstadt Potsdam, die sich dafür eingesetzt haben.
In diesem Jahr gilt meine große Sorge vor allem der Stimmung im Lande. Sie ist geprägt von
Misstrauen und falschen Nachrichten, sogenannten Fake News - woher auch immer sie
kommen. „Postfaktisch“ ist das Wort des Jahres. Populistische Strömungen gefährden die
Demokratie und unser Gemeinwesen. Dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen!
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Der Spiegel hat vor kurzem in einem, wie ich finde, nachdenklichen Beitrag, die „Mitte“-Studie
der Leipziger Universität betrachtet. Darin werden die Einstellungen der Deutschen zu
alltäglichen und politischen Fragen untersucht. Über 47 Prozent beispielsweise sagen, sie
hätten kein Vertrauen in die Parteien. Fast 35 Prozent stimmen der Aussage zu: „Politiker und
andere Führungspersönlichkeiten sind nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte“.
Ich finde: Das sind beängstigende Werte! Eine zunehmende Anzahl von Menschen scheinen
sich schlecht regiert zu fühlen und entwickeln eine zunehmende Ablehnung gegen unsere
Institutionen. Verschwörungstheorien sind schon weit gediehen.
Wut, Misstrauen und Aggression schleichen sich in unsere Gesellschaft ein. Und eine manchmal
kaum zu fassende Aggression gegen „die da oben“. Dabei meine ich überhaupt nicht die
normalen politischen Auseinandersetzungen. Sondern ich meine die Kultur des Geschreis, der
Empörung, ja sogar des Hasses, der sich vor allem in den sozialen Netzwerken Bahn bricht und
jeden Anstand vermissen lässt.
Angesichts der Komplexität der Welt und der alltäglichen Überforderung suchen die Menschen
offenbar nach einfachen Antworten. Viele fühlen sich durch die Politik nicht mehr repräsentiert.
Hinzu kommt, dass das digitale Zeitalter eine sagenhafte Sprengkraft entfaltet, um Stimmungen
anzuheizen und in rasantem Tempo zuzuspitzen. „Kompetenz wirkt verdächtig, Erfahrung gilt
als Nachteil, Bildung als anrüchig“, hat der SPIEGEL treffend festgestellt. Wir haben in den USA
gesehen, was daraus folgen kann.
Jeder und jede sollte sich fragen, wie er und sie diese erschreckende Entwicklung beeinflussen
kann. Sicherlich gibt es dafür keine einfache Lösung. Ich finde aber, was wir brauchen, ist: Mut
zu einer klaren Haltung, Transparenz bei öffentlichen Prozessen und Entscheidungen sowie die
Bereitschaft, sich allen Diskussionen zu stellen.
Ich habe ein Beispiel: Die Landeshauptstadt hat sich im vergangenen Jahr bei den islam- und
flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen von Pogida klar positioniert. Die Botschaft war deutlich:
Rassismus hat in Potsdam nichts zu suchen!
Mein Dank gilt daher allen, die an dieser Botschaft teilhatten und die mit dem Bündnis
„Potsdam! bekennt Farbe“, das in diesem Jahr 15 Jahre existiert, mitgewirkt haben.
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Meine Damen und Herren,
die Landeshauptstadt Potsdam hat in den vergangenen Jahren viel erreicht. Wir haben Rekorde
erzielt bei den Geburten und bei den Hochzeiten in der Stadt. Wir haben beste Ergebnisse in
den Wirtschafts-Ranglisten und stehen hinter Jena an Platz 1 im Osten Deutschlands.
Wir haben die Bürgerbeteiligung vertieft und bauen eifrig Wohnungen, um den Bedarf zu
decken, allein die Pro Potsdam errichtet insgesamt 2.500 Wohnungen bis zum Jahr 2025.
Rund 1300 Wohnungen entstehen pro Jahr. Wir haben die Entwicklung der Potsdamer Mitte
vorangetrieben und im vergangenen Jahr die Bevölkerungszahl von 170.000 klar überschritten.
Das dynamische Wachstum hält nach wie vor an. Die Voraussetzungen, um genügend
Wohnungen, Kita- und Schulplätze zu schaffen, haben wir erfüllt. Die Weichen dafür sind
gestellt. Künftig wird es noch mehr darum gehen, sensibel auf Nutzungskonflikte einzugehen,
um die Lebensqualität in der Stadt zu erhalten.
Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr nach der Eröffnung des Museum Barberini auch das
Sport- und Freizeitbad am Brauhausberg für die Öffentlichkeit freigeben. Ein mehr als 20jähriger Prozess kommt zu einem erfolgreichen Ende. Das ist schön für den Freizeitsport, aber
auch für den Leistungssport und unsere Sportvereine, die alle darauf sehnlichst gewartet haben.
Zunächst aber steht unsere Jahreskampagne „Stadt trifft Kirche“ im Mittelpunkt. Zum 500.
Jahrestag der Reformation werden wir uns ein ganzes Jahr lang der intensiven Interaktion
zwischen der Stadtgesellschaft und den Religionsgemeinschaften widmen.
Dabei steht der Begriff „Kirche“ nicht nur für die christlichen Kirchen, sondern als Synonym
stellvertretend für alle Religionsgemeinschaften, die in unserer Stadt eine wichtige
gesellschaftliche, soziale und kulturelle Rolle spielen. Durch den Erlass des „Ediktes von
Potsdam“ gab der Große Kurfürst 1685 den aus religiösen Gründen aus Frankreich vertriebenen
Hugenotten in der Mark Brandenburg eine neue Heimat.
Auf diese Tradition können wir uns zu Recht noch heute berufen, denn das gute
Zusammenleben von Christen, Juden, Moslems, Hindu, Bahai und anderen
Glaubensrichtungen ist gelebte Realität in unserer Stadt.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir haben noch ein großes Programm vor uns heute. Lassen Sie mich enden mit einem Zitat
von Filmregisseur Woody Allen, der einmal sagte: „Alles in allem wird deutlich, dass die Zukunft
große Chancen bereithält - sie enthält aber auch Fallstricke. Der Trick ist, den Fallstricken aus
dem Weg zu gehen, die Chancen zu ergreifen und bis sechs Uhr wieder zu Hause zu sein.“
In diesem Sinne, auf einen schönen Abend und ein erfolgreiches Jahr 2017 für Sie und Ihre
Familien!“
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