Deutsches Ärzteblatt 1977: A-364

Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
KONG RESS-NACH RICHTEN
Immunsystemische
Kooperation
Weder Interferon noch das humorale oder zelluläre Abwehrsystem können den Kampf des Organismus mit den pathogenen
Keimen seines Lebensraumes allein bestreiten. Das funktioniert
nur bei systemischer Kooperation. So lagern sich beispielsweise die humoralen Antikörper der
B-Lymphozyten als Opsonine auf
der Oberfläche der Bakterien an
und weichen sie für die Phagozytose durch die Makrophagen auf
(Oberfeldarzt Professor Dr. Dr. M.
Bierther, Institut für Wehrmedizin
und Hygiene „Ernst-RodenwaldtInstitut", Koblenz). Gegen fakultativ intrazellulär lebens- und vermehrungsfähige Keime (Brutzellen, Listerien, Pasteurellen,
Salmonellen [!], Viren. Pilze, Mykobakterien usw.) müssen die
Makrophagen noch gesondert
aktiviert werden. Sie werden
durch T-Lymphozyten unspezifisch stimuliert, nachdem diese
mit den Bakterien-Antigenen reagiert haben und somit selbst spezifisch aktiviert worden sind. Granulome sind nichts anderes als
Haufen solcher spezifisch aktivierter Lymphozyten und unspezifisch beziehungsweise indirekt
aktivierter Makrophagen, in
denen aüch die widerstandsfähigsten Keime vernichtet werden
können — falls in diesem Immunverband keine Schwächen existieren.
(Wehrmedizinische Tagung der deutschen
Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie, Oktober 1976, WürzburgKlingholz)
Lungenzytologie
und Bronchialkarzinom
Vom 1. Dezember bis 31. Dezember 1975 wurden im Institut für
Klinische Zytologie der TU München 4643 zytologische Untersuchungen an 1945 Patienten
durchgeführt. Es handelte sich
hierbei um 3566 Sputen, 946
Bronchialsekrete, 69 Bronchial-
364
Heft 6 vom 10. Februar 1977
bürstenabstriche und 62 Lungenpunktate. Die Treffsicherheit bei
Sputum- und Bronchialsekretzytologie betrug bei 399 histologisch gesicherten Bronchialkarzinomen 46,1 Prozent. Die Ursachen falsch negativer und falsch
positiver beziehungsweise verdächtiger zytologischer Befunde
werden diskutiert. In 226 Tumorfällen, in denen bei der Bronchoskopie ein negatives histologisches Ergebnis erzielt oder keine
Probeexzision entnommen worden war, wurde das Bronchialkarzinom zytologisch in 41,1 Prozent diagnostiziert. Der Vergleich
der histologischen und zytologischen Klassifizierung von 167
Bronchialkarzinomen ergab für
das Plattenepithelkarzinom eine
Übereinstimmung von 89,8 Prozent, für das Adenokarzinom von
76,2 Prozent, für das großzellige
undifferenzierte Karzinom von
88,0 Prozent. Die hohe Übereinstimmung beim Plattenepithelkarzinom und kleinzelligen undifferenzierten Karzinom rechtfertigt unseres Erachtens eine differentialtherapeutische Entscheidung, die sich allein auf den positiven zytologischen Befund
stützt. Bronchialbürstenabstriche und Lungenpunktate werden
erst seit etwa zwei Jahren zur zytologischen Untersuchung eingesandt. Verglichen mit histologischer oder klinischer Tumordiagnose betrug die Treffsicherheit für die blinde Bürstenentnahme in 57 Fällen 66,7 Prozent,
für die transthorakale Feinnadelaspiration in 53 Fällen 90,0 Prozent. Lungenzytologische Untersuchungen sind für den Patienten wenig belastend und sollten
zusätzlich mit anderen bioptischen Methoden zur morphologischen Sicherung eines Bronchialkarzinoms eingesetzt werden. Mit einer höheren Treffsicherheit ist zu rechnen, je gezielter das Material aus der suspekten Läsion entnommen wird (E.
Bayer, Institut für (linische Zytologie der Technischen Universität
München).
(6. Europäischer Zytologenkongreß, Weimar 1976)
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Virus-Enteritis
bei Kindern
Akute Gastroenteritiden im Säuglings- und Kleinkindesalter sind
meistens viraler Natur (Rotaviren;
u. U. auch Coronaviren, Adenoviren). Der Nachweis gelingt nur
elektronenmikroskopisch im
Stuhl (Professor Dr. G. Maas,
Universitätskinderklinik Münster). Bei Colienteritis ist der Virusnachweis in aller Regel, bei
gesunden Kindern praktisch ausnahmslos negativ. — Die Infektion
verläuft mit Fieber, wäßrigen
Stühlen und Erbrechen (Professor Dr. B. Stück, Kinderkrankenhaus Wedding,. Berlin 65). Sie ist
im allgemeinen nicht gefährlich.
Therapie: Diät, Ausgleich des
Wasser- und Elektrolythaushaltes. Keine Antibiotika! — Ältere
Kinder besitzen Antikörper gegen
diese Viren. Sie sind auf Grund
früherer Erkrankung offenbar immun gegen Neuinfektionen.
(8. internationaler Kongreß Diagnostica,
Therapeutica, Technica, November 1976,
Düsseldorf)
Ligandin
in Harn und Serum
Bei diesem Protein handeltessich
um einen löslichen Eiweißkörper,
der organische Anionen (zum
Beispiel Bilirubin) bindet. Man
findet Ligandin folglich in allen
Zellen, die einen Transportmechanismus für organische Anionen haben, in erster Linie also in
Leberparenchymzellen und in
den Zellen der proximalen Nierentubuli (Professor Irwin M.
Arias, M.D., Liver Research Center, Albert Einstein College of
Medicine, Bronx, N.Y. 10461,
USA). Bei akuter tubulärer Nekrose ist das Auftauchen einer Ligandinurie ein sehr empfindlicher Indikator der Erkrankung. —
Eine Ligandinämie dagegen wird
erst bei schwerem Leberschaden
registriert, und zwar vor allem bei
infauster Prognose. WP
(IV. internationales Lebersymposium „Leber und Galle", Falck-Symposium Nr. 23,
Oktober 1976, Basel)