im PDF-Format - Österreichische Orient

VORTRAG IZK
Banditen im Kaukasus Gestern und Heute
Dr. Florian Mühlfried
Gebirgsregionen wie die des Kaukasus stellten so gut wie überall auf der Welt den Rückzugs- und
Operationsraum von Banditen dar. Häufig handelte es sich bei diesen Banditen um Flüchtlinge aus dem
Flachland oder solche, die einer Blutfehde zu entgehen trachteten. In den Bergen leben sie abseits, sind aber
dennoch mit der sie umgebenden Bevölkerung z.B. über Handelsbeziehungen verbunden.
Im 19. Jahrhundert bildet sich im Kaukasus der Topos des gerechten Räubers heraus, der mit der
Lokalbezeichnung abrek belegt wird. Solche Abreken genossen recht hohen Respekt unter der einfachen
Bevölkerung und waren häufig Gegenstand von Heldengedichten und Lobliedern. Sie waren für einen
Ehrenkodex bekannt, der nicht zuletzt auf dem Widerstand gegen die anrückenden russischen Kolonisatoren
beruhte.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann sich das Profil des Banditen im Kaukasus zu wandeln. Einige von
Ihnen schlossen sich den Sozialrevolutionären an und ebneten der Oktoberrevolution den Weg. Andere wurden
Teil der Diebeswelt des Flachlandes. Letztere organisierten sich in der frühen Sowjetzeit zur Gruppe der
sogenannten Diebe im Gesetz. Diese verfügten über einen eigenen Ehrenkodex, der Ihnen die Involvierung in
staatliche und familiäre Strukturen untersagte, einen eigenen „Schatz“ sowie eine effiziente Vernetzung.
Diese beiden Gruppen – die Abreken und die Diebe im Gesetz – stehen im Vordergrund dieses Vortrages. Durch
die Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden soll die Frage erörtert werden, ob Abreken und
Diebe im Gesetz eine gemeinsame Genealogie haben oder sich genuin unterscheiden.
Florian Mühlfried ist Ethnologe und beschäftigt sich seit zwanzig Jahren wissenschaftlich mit dem Kaukasus.
Seine Doktorarbeit Postsowjetische Feiern (Ibidem 2005) fokussiert auf das georgische Bankett als eine
Inszenierung nationaler, regionaler und männlicher Identität. In seiner Habilitationsschrift Being a State and
States of Being in Highland Georgia (Berghahn 2012) untersucht er Aspekte von Staatsbürgerschaft in der
georgischen Peripherie. Zur Zeit unterrichtet Florian Mühlfried im Bereich Kaukasusstudien an der FriedrichSchiller-Universität Jena. Zuvor war er Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für ethnologische Forschung in
Halle (Saale) und 2009/10 Gastprofessor an der Universität Campinas in Brasilien. Zusammen mit dem
russischen Ethnologen Sergey Sokolovskiy hat Florian Mühlfried den Sammelband Exploring the Edge of
Empire: Soviet Era Anthropology in the Caucasus and Central Asia herausgegeben (LIT 2012).
Donnerstag, 19. Jänner 2017
19.00 Uhr
Klubsaal der ÖOG
Eintritt: € 4,- (erm. € 2,-), für Mitglieder der ÖOG gratis
ÖSTERREICHISCHE ORIENT-GESELLSCHAFT HAMMER-PURGSTALL
1010 Wien, Dominikanerbastei 6/6 Tel.: 01 5128936 www.orient-gesellschaft.at
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