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Aktuelle Medizin
NOTFALL IM BEREITSCHAFTSDIENST
Unterkühlung
Eine schwere Hypothermie (Temperatur des Körperkerns unter 34°) kommt meistens bei Patienten mit
Intoxikationen (Medikamente und/oder Alkohol) oder apoplektischen Insulten vor, die längere Zeit im
Freien oder in ungenügend geheizten Räumen zugebracht haben. Außerdem entsteht eine Unterkühlung durch Wasser (sogenannte Immersionshypothermie) oder Schnee (Bade- und Gebirgsunfälle).
Nässe, Konvektion und Lähmung der peripheren Vasokonstriktoren (durch Alkohol oder Schlafmittel)
beschleunigen die Abkühlung. Meinungsverschiedenheiten in der Therapie der Unterkühlung (schnelle
äußere Aufwärmung: ja oder nein) lassen sich wie folgt erklären: bei bereits eingetretenem Schock mit
ausgeprägter Verminderung von Extrazellulär- und Plasmavolumen (zum Beispiel bewußtloser, intoxikierter Patient, im Wald gefunden, längere Zeit ohne Flüssigkeitszufuhr, verstärkte Diurese durch
Alkohol) führt die äußere Aufwärmung zur peripheren Vasodilatation. Die damit verbundene Verminderung der zentralen Durchblutung kann Schädigungen innerer Organe begünstigen; thromboembolische Komplikationen führen dann nicht selten zum Tode. Bei Unterkühlung ohne Schock droht dieser
in der Phase der schnellen Wiedererwärmung. Es entstehen teilweise groteske Ödeme mit entsprechender Verminderung des Plasmavolumens als Folge einer massiv gesteigerten Zelldurchlässigkeit. Die
schnelle äußere Erwärmung („rapid rewarming") ist jedoch bezüglich der Vermeidung von Dauerschäden dem langsamen Erwärmen überlegen. Schnelle äußere Erwärmung darf nur unter entsprechender
Schockprophylaxe (Volumensubstitution) in der Klinik erfolgen.
Symptomatik
Diagnose
Therapie
Kalt und blaß,
Daran denken, daß gewöhnliche Thermometer nur Gradeinteilung bis 35° besitzen;
Spezialthermometer, sogenannte Frühgeborenenthermometer, bis 26°.
• beim bewußtseinsgetrübten oder bewußtlosen Patienten sind Flüssigkeitszufuhr
und Erwärmung wegen Aspirations- und Schockgefahr
ohne ärztliche Interventionsmöglichkeit kontraindiziert!
Cave: Feststellung des Todes
bei Unterkühlung schwierig
• Abklärung einer möglichen
Intoxikation und Magenspülung!
enge Pupillen,
langsame Atmung,
Bradykardie,
Hypotension,
Muskelzittern (EKG schwierig),
generalisierte Ödeme,
bei Temperaturen unter 33°
Bewußtlosigkeit, retrograde
Amnesie,
• keine Schmerzmittel (Opiate)
• kein Abreiben mit Schnee,
keine Massage usw.
Vorhofflimmern,
bei Temperaturen unter 26°
Areflexie,
• beim voll ansprechbaren
Patienten warme Flüssigkeit
geben (keinen Alkohol), langsame äußere Erwärmung (zum
Beispiel Schlafsack).
Spontanatmung erlischt.
• rascher Transport in ein
Krankenhaus
Anschrift der Verfasser:
Dr. med. Peter Oster,
Dr. med. Rubino Mordasini
Medizinische
Universitätsklinik
Bergheimer Straße 58
6900 Heidelberg
DEUTSCHES ARZTEBLATT
Heft 42 vom 20. Oktober 1977
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