ALPMANN SCHMIDT Juristische Lehrgänge Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Alter Fischmarkt 8 48143 Münster Beim Klausurenkurs mit Korrektur haben Sie die Möglichkeit, die eigenen Ausarbeitungen per E-Mail in eingescannter Form als PDF-Datei zur Korrektur einzusenden. Einen großen Teil dieser Einsendungen korrigieren wir digital, direkt in der PDF und senden Ihnen die korrigierte Fassung per E-Mail zurück. Damit auch Ihre Ausarbeitung digital korrigiert werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: • der Betreff Ihrer Mail muss wie folgt aufgebaut sein: Ihr Nachname – Ihre Kundennummer – Klausurnummer Beispiel: Mustermann – 123456 – D45 • der Name der PDF-Datei Ihrer Ausarbeitung muss ebenfalls den gleichen Aufbau haben Ihr Nachname – Ihre Kundennummer – Klausurnummer Beispiel: Mustermann – 123456 – D45.pdf • pro E-Mail bitte nur eine Ausarbeitung einsenden • Ihre Ausarbeitung senden Sie bitte an die E-Mailadresse [email protected] Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nicht garantieren können, dass alle Ausarbeitungen digital korrigiert werden, auch wenn sie die oben genannten Kriterien erfüllen. Wir behalten uns vor, Ihre Einreichung auszudrucken, sie auf herkömmlichem Weg korrigieren zu lassen und Ihnen per Post zurückzusenden. Natürlich haben Sie auch weiterhin die Möglichkeit, Ihre Ausarbeitung per Post einzusenden. Diese wird dann auf herkömmlichen Weg korrigiert und an Sie zurückgeschickt. Klausuren für das 2. Examen B 66 Aktenauszug – StA-Klausur Ermittlungsverfahren gegen Bettin u.a. 16.01.2017 StA (GrL) Dr. Martin Soyka Dr. Dieter Fischer Rechtsanwalt Goethestr. 2 32427 Minden Minden, den 07.11.2016 Staatsanwaltschaft Bielefeld Eing.: 08.11.2016 www.ra-d-fischer.de T: 0571 30 86 70 F: 0571 30 86 72 An die Staatsanwaltschaft Bielefeld Rohrteichstraße 16 33602 Bielefeld Namens und kraft anliegender Vollmacht der Frau Helga Metzner, Kriegerweg 16, 32425 Minden, erstatte ich hiermit Strafanzeige gegen 1. den Handelsvertreter Michael Bettin, Wasserstr. 95, 32425 Minden, 2. den Installateur Klaus Faber, Käthe-Kollwitz-Str. 47, 32427 Minden, 3. die Kindergärtnerin Claudia Bettin, Humborgweg 11, 32425 Minden wegen Urkundenfälschung, Betrug, Hehlerei pp. Der Anzeige liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Frau Metzner war mit Herrn Michael Bettin (Beschuldigter zu 1.) bis April 2016 verlobt. Ende April 2016 löste Frau Metzner die Verlobung, weil sich Herr Bettin einer anderen Frau, die er im März 2016 kennen gelernt hatte, zugewandt hatte und abfällige Bemerkungen über Frau Metzner in seinem Bekanntenkreis verbreitete. Während der Verlobungszeit hatte Herr Bettin Frau Metzner ein Darlehen von 1.000 € zur Anschaffung eines Pkw gewährt; außerdem hatte er ihr zur Verlobung im März 2016 eine Halskette, weißgold, besetzt mit einer tropfenförmigen Perle und zwei Saphiren, geschenkt. Die Kette hatte damals noch 1.200 € gekostet. Nach Auflösung der Verlobung verlangte Herr Bettin die sofortige Rückzahlung des Darlehens und die Rückgabe der Halskette. Darüber kam es im Mai 2016 zu einer Aussprache zwischen den Parteien. In deren Verlauf wies Frau Metzner Herrn Bettin darauf hin, dass sie zur Rückgabe der Kette nicht verpflichtet sei, weil die Auflösung des Verlöbnisses ausschließlich –2– B 66 auf dem treuwidrigen Verhalten ihres Ex-Verlobten beruhte. Von dem Darlehen zahlte Frau Metzner 300 € in bar zurück, hinsichtlich des Restbetrages einigte man sich dahin, dass Frau Metzner die 700 € nebst 50 € pauschale Zinsen bis spätestens zum 31.07.2016 zurückzahlen sollte. Da Frau Metzner wegen hoher Reparaturkosten an ihrem Wagen das Geld voraussichtlich nicht termingerecht bereitstellen konnte, rief sie am 15.07.2016 Herrn Bettin an und bat ihn, sich mit 350 € zu begnügen und den Restbetrag von 400 € bis zum 15.08.2016 zu stunden. Herr Bettin sagte darauf: „Ich stunde Dir den ganzen Betrag, wenn Du mir darüber einen Schuldschein ausstellst und sofort die Halskette zurückgibst.“ Frau Metzner erwiderte darauf, dass eine Rückgabe der Kette nicht infrage komme, sie werde sich die fehlenden 400 € lieber anderweitig besorgen. Sie wies Herrn Bettin noch darauf hin, dass er sich aber noch drei Wochen gedulden müsse, da sie morgen (16.07.2016) um 7.12 Uhr für 14 Tage nach Gran Canaria in Urlaub fahre und daher das Geld erst nach ihrer Rückkehr beschaffen könne. Darauf legte sie auf. Etwa zwei Stunden später, gegen 22.00 Uhr, rief Herr Bettin bei Frau Metzner an. Er erklärte, dass er es sich anders überlegt habe und auf ihren Vorschlag eingehen wolle. Er werde morgen vor Abfahrt des Zuges zum Flughafen auf dem Bahnsteig sein und die 350 € abholen; einen Schuldschein über die restlichen 400 €, die er ihr, wie gewünscht, stunden wolle, müsse sie ihm aber schon unterschreiben. Er werde einen entsprechenden Schuldschein vorbereiten und zum Bahnhof mitbringen. Am nächsten Morgen kam Herr Bettin etwa 2 bis 3 Minuten vor Abfahrt des Zuges auf den Bahnsteig, wo ihn Frau Metzner, die ihr Gepäck bereits ins Abteil geschafft hatte und nun vor der Tür des Waggons stand, erwartete. Herr Bettin nahm die von Frau Metzner bereit gehaltenen 350 € in Empfang und präsentierte ihr in einem Aktendeckel, den er festhielt, den Schuldschein zur Unterschrift. Dieser hatte nach der Erinnerung meiner Mandantin folgenden Wortlaut: Schuldschein Ich, Helga Metzner, schulde Herrn Michael Bettin 400 € (vierhundert Euro). Ich verpflichte mich, den Betrag spätestens am 15. August 2016 zurückzuzahlen. 32425 Minden, den 16.07.2016 Meiner Mandantin fiel auf, dass diesem Schuldschein noch Kohlepapier und ein weiteres Blatt untergelegt waren und das Ganze mit Büroklammern zusammengesteckt war. Sie fragte Herrn Bettin, bevor sie unterschrieb, weshalb er denn noch eine Druckpause ihrer Unterschrift brauche. Er erklärte ihr darauf, was unter dem Kohlepapier liege, sei nur die Durchschrift des Schuldscheines, die er ihr zurückschicken wolle, damit sie auch eine Durchschrift habe und den Termin nicht vergesse. Frau Metzner, die dieser Erklärung Glauben schenkte, unterschrieb daraufhin den Schuldschein. Die „Durchschrift“ verlangte sie nicht heraus. Daran dachte sie gar nicht, weil sie schnell in den bereits zur Abfahrt freigegebenen Zug einsteigen musste. Als Frau Metzner von ihrem Urlaub zurückkehrte, erfuhr sie von ihrer Schwester, Frau Petra Kleimann, in deren Wohnung Frau Metzner ein Zimmer hat, dass ein Beauftragter des Herrn Bettin die Halskette abgeholt hatte (Zeugin: Frau Petra Kleimann geb. Metzner, Kriegerweg 16, 32425 Minden). Am 18.07.2016 gegen 15.30 Uhr war der Installateur Klaus Faber (Beschuldigter zu 2) zu Frau Kleimann gekommen. Er erklärte ihr, dass er im Auftrage seines Freundes Michael Bettin komme und im Einverständnis von Frau Metzner die Halskette abholen solle, die ihr sein Freund seinerzeit zur Verlobung geschenkt habe. Als Nachweis übergab er Frau Kleimann einen unverschlossenen Briefumschlag, in dem nach der Erinnerung der Frau Kleimann ein mit Schreibmaschine geschriebener Brief etwa folgenden Inhalts enthalten war: Vergleich Um den Streit über die mir von Herrn Michael Bettin zur Verlobung geschenkte Halskette endgültig beizulegen, verpflichte ich mich, sie zurückzugeben. Herr Bettin stundet mir dafür die restliche Darlehensforderung bis zum 15.08.2016. Meine Schwester Petra soll die Kette an Herrn Bettin oder seinen Beauftragten herausgeben. 32425 Minden, den 16.07.2016 B 66 –3– Der Brief trug links unten die Unterschrift „Michael Bettin“ und rechts unten den Namenszug „Helga Metzner“. Frau Kleimann, die von dem Streit um die Halskette wusste und sich auch erinnerte, dass ihre Schwester mit Bettin wegen der Stundung des Darlehens telefoniert hatte, bezweifelte die Echtheit und inhaltliche Richtigkeit dieses Briefes nicht. Sie ging in das Zimmer ihrer Schwester, holte die Kette aus der im Nachttisch aufbewahrten Schmuckkassette und übergab sie Herrn Faber. Auch den Brief erhielt Herr Faber zurück, der erklärte, dass er ihn Herrn Bettin wiederbringen solle. Bei dem vorgezeigten Brief handelte es sich um eine Fälschung, da Frau Metzner nie ein derartiges Schreiben unterzeichnet hat. Es liegt der Verdacht nahe, dass Herr Bettin, als er am 16.07.2016 kurz vor der Zug-Abfahrt Frau Metzner den Schuldschein unterschreiben ließ, in Wahrheit keine Durchschrift des Schuldscheines, sondern dieses zweite Schreiben oder ein leeres Blatt untergelegt hatte und auf diese Weise die Unterschrift von Frau Metzner erschlichen hat. Frau Metzner rief dann Ende August 2010 Herrn Bettin an und verlangte die Halskette zurück. Herr Bettin gab zu, die Kette zu haben, verweigerte aber die Herausgabe. Am 01.09.2016 hat Frau Metzner durch den Unterzeichneten beim AG Minden gegen Herrn Bettin Klage auf Herausgabe der Halskette erhoben. Obgleich Frau Metzner mir damals bereits den gesamten oben geschilderten Sachverhalt berichtet hatte, habe ich auf ausdrücklichen Wunsch meiner Mandantin, die damals eine strafrechtliche Verfolgung ihres ehemaligen Verlobten nicht wollte, die Klage unter Weglassung der für Herrn Bettin den Verdacht einer Straftat begründenden Umstände nur auf § 985 BGB gestützt. Im Termin am 29.09.2016 erging gegen den Beklagten Versäumnisurteil. Anlage: Ablichtung des VU des AG Minden – 7 C 1127/16 – Der Beklagte legte keinen Widerspruch ein. Die am 13.10.2016 versuchte Vollstreckung war vergeblich. Die Halskette wurde vom Gerichtsvollzieher nicht vorgefunden. Anlage: Ablichtung der Mitteilung des Gerichtsvollziehers Stricker vom 13.10.2016. Wie Frau Metzner inzwischen erfahren hat, hat Herr Bettin nach Erhebung der Herausgabeklage Mitte September 2016 die Halskette an seine Cousine Claudia Bettin (Beschuldigte zu 3) für 400 € verkauft. Frau Bettin musste beim Ankauf wissen, dass es sich um die Halskette meiner Mandantin handelte, da sie die Kette kannte. Ich stelle namens und mit Vollmacht meiner Mandantin Strafantrag wegen aller in Betracht kommender Delikte. Dr. Dieter Fischer Rechtsanwalt Anlagen –4– B 66 Strafprozessvollmacht Herrn Rechtsanwalt Dr. Dieter Fischer Goethestr. 2 32427 Minden wird hiermit in der Strafsache – Privatklagesache 1. Michael Bettin gegen 2. Klaus Faber 3. Claudia Bettin wegen Urkundenfälschung, Betrug, Hehlerei pp. Vollmacht zu meiner Verteidigung und Vertretung in allen Instanzen erteilt – und zwar auch für den Fall meiner Abwesenheit mit der besonderen Ermächtigung: 1. Strafanträge zu stellen, Rechtsmittel einzulegen, ganz oder teilweise zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten und solche auf Strafausspruch und Strafmaß zu beschränken, sowie Zustellungen aller Art, insbesondere auch von Urteilen und Beschlüssen, entgegenzunehmen, 2. Untervertreter – auch im Sinne des § 139 StPO – zu bestellen, 3. Gelder, Wertsachen und Urkunden in Empfang zu nehmen, soweit das Verfahren dazu Anlass gibt, 4. Anträge auf Wiedereinsetzung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Haftentlassung, Strafaussetzung, Kostenfestsetzung und andere Anträge zu stellen. 32427 Minden, den 06.11.2016 .......................................................... (Unterschrift) –5– B 66 Abschrift Verkündet am 29.09.2016 7 C 1127/16 Konrad als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Amtsgerichts AMTSGERICHT MINDEN IM NAMEN DES VOLKES Versäumnis – URTEIL In Sachen der Arzthelferin Helga Metzner, Kriegerweg 16, 32425 Minden – Klägerin – Prozessbevollmächtigter: RA Dr. Dieter Fischer aus Minden gegen den Handelsvertreter Michael Bettin, Wasserstr. 95, 32425 Minden – Beklagten – hat das Amtsgericht Minden auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2016 durch den Richter am Amtsgericht Dr. Reimann für R e c h t erkannt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Halskette, weißgold, besetzt mit einer tropfenförmigen Perle und zwei Saphiren, herauszugeben. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Ausgefertigt (Haas) Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Vorstehende Ausfertigung wird der Klägerin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt. 32423 Minden, den 5. Oktober 2016 als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Amtsgerichts –6– B 66 Abschrift Gerhard Stricker Gerichtsvollzieher Josefstr. 9 32423 Minden Herrn Rechtsanwalt Dr. Dieter Fischer Goethestr. 2 32427 Minden Ihr Zeichen Ihr Schreiben vom Mein Zeichen DR II 964/16 Ort und Tag Minden, den 13.10.2016 Sehr geehrte Herren, in der Zwangsvollstreckungssache Metzner gegen Bettin ist die Zwangsvollstreckung fruchtlos ausgefallen, da die herauszugebende Halskette nicht vorgefunden wurde. Den Schuldtitel – mit Wechsel – Scheck – füge ich bei. Die durch meine Tätigkeit entstandenen Kosten werden von mir mit gesonderter Post in Rechnung gestellt. Sofern Sie den Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung laden wollen, können Sie mit dieser Mitteilung nachweisen, dass die Pfändung nicht zu Ihrer vollständigen Befriedigung geführt hat. Eine Abschrift des Pfändungsprotokolls erhalten Sie nur auf besonderen Antrag. Mit freundlichen Grüßen Gerichtsvollzieher ––––– Staatsanwaltschaft Bielefeld – 41 Js 11115/16 – Vfg. 1. U.m.A. Der Kreispolizeibehörde in Minden mit der Bitte um Durchführung der erforderlichen Ermittlungen übersandt 2. Einen Monat Bielefeld, 11.11.2016 ____________________ Hartung Staatsanwalt B 66 –7– –8– B 66 Zur Sache: Die Strafanzeige, die meine frühere Verlobte durch ihren Rechtsanwalt gegen mich erstattet hat, ist mir vorgehalten worden. Ich wehre mich entschieden gegen den Vorwurf der Urkundenfälschung und des Betruges. Frau Metzner lügt. Am 15.07.2016 ist nur einmal und nicht, wie sie sagt, zweimal telefoniert worden. In dem Gespräch waren wir uns einig geworden, dass wir uns vergleichen. Sie sollte mir die Halskette zurückgeben und ich wollte ihr dafür die restlichen 400 € weiter stunden. Entsprechend dieser Vereinbarung hatte ich noch am selben Abend zwei Schreiben vorbereitet, den Schuldschein und das mit „Vergleich“ überschriebene Schreiben, dessen Inhalt in der Anzeige im Wesentlichen richtig wiedergegeben ist. Beide Schreiben habe ich am anderen Morgen, als ich mich mit Frau Metzner am Bahnsteig traf, getrennt vorgelegt. Frau Metzner hat beide Schreiben durchgelesen, bevor sie unterschrieb. Wenn sie den Vorgang nun anders darstellt, kann ich mir das nur so erklären, dass sie sich an mir rächen will, weil ich ihr seinerzeit untreu geworden bin. Auf Vorhalt: Wenn ich aufgefordert werde, die beiden Schreiben zu den Akten einzureichen, so muss ich erklären, dass ich sie beide nicht mehr habe. Das Schreiben, das mich ermächtigte, die Halskette abholen zu lassen, habe ich, als es mir mein Freund Faber zusammen mit der Kette zurückbrachte, gleich in den Papierkorb geworfen, weil ich es ja, nachdem ich die Kette hatte, nicht mehr brauchte. Den Schuldschein habe ich meiner Cousine Claudia, der ich auch die Forderung abgetreten habe, übergeben. Auf Frage: Es ist richtig, dass ich die Halskette an meine Cousine Claudia Mitte September 2016, nachdem die Herausgabeklage gegen mich bereits erhoben war, für 400 € veräußert habe. Ich habe meiner Cousine, was ja auch der Wahrheit entsprach, erzählt, dass mir Frau Metzner die Kette zurückgegeben hat. Von der gegen mich erhobenen Herausgabeklage habe ich ihr nichts gesagt. Ich hielt es auch nicht für erforderlich, denn die Kette gehörte ja mir. Vor etwa sechs Wochen kam meine Cousine zu mir und machte mir Vorhaltungen. Sie hatte von einer Freundin, deren Namen ich nicht weiß, erfahren, dass meine frühere Verlobte überall herumerzählt, ich hätte ihr die Kette abgeschwindelt und sei zur Herausgabe verurteilt. Meine Cousine befürchtete nun, die Kette wieder zu verlieren. Um sie zu beruhigen, habe ich ihr meine Forderung gegen Frau Metzner abgetreten und den Schuldschein ausgehändigt. Vorhalt: Warum haben Sie eigentlich ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen und keinen Einspruch eingelegt? Antwort: Als ich die Klageschrift zugestellt bekam, habe ich sie verärgert weggelegt, ohne mir den Termin zu notieren. Den habe ich dann versäumt und später auch die Einspruchsfrist verpasst. Ende der Vernehmung: 11.30 Uhr ____________________ Lucas, KK selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben ____________________ Michael Bettin B 66 –9– Vermerk: Nach der Vernehmung des Beschuldigten Bettin ist mir aufgefallen, dass ich ihn, entgegen dem verwendeten Formular, nicht darüber unterrichtet habe, dass er auch schon vor der Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen dürfe. Minden, 25.11.2016 ___________________ Lucas, KK – 10 – B 66 B 66 – 11 – Zur Sache: Mit Michael Bettin bin ich befreundet. Wir spielen in derselben Handballmannschaft. Am 18.07.2016 kam Herr Bettin morgens in meine Wohnung. Er bat mich, wenn ich von der Arbeit käme, am Kriegerweg 16 vorbeizufahren und für ihn bei Frau Kleimann die Halskette abzuholen. Er erzählte mir, dass er sich mit seiner früheren Verlobten endlich über die Herausgabe geeinigt habe und diese ihre Schwester angewiesen habe, die Kette herauszugeben. Er übergab mir einen Briefumschlag, den ich Frau Kleimann übergeben sollte. Er trug mir auf, das Schreiben von Frau Kleimann zurückzufordern, weil er es wegen des Vergleichs noch zum Beweise brauche. Der Briefumschlag war nicht verschlossen, sondern nur zugesteckt. Um 15.30 Uhr bin ich zum Kriegerweg 16 gefahren. Ich bin zu Frau Kleimann in die Wohnung gegangen, habe mich vorgestellt und ihr gesagt, dass ich im Auftrage von Herrn Bettin die Halskette abholen soll, die Herr Bettin ihrer Schwester zur Verlobung geschenkt hatte. Dabei habe ich ihr den Briefumschlag übergeben und gesagt, dass ich das Schreiben wieder zurückbringen soll. Frau Kleimann hat das Schreiben gelesen, wieder in den Umschlag gesteckt und mir den Umschlag zurückgegeben. Ich habe ihn gleich in meine Jackentasche gesteckt. Das alles geschah im Flur der Wohnung. Dann ist Frau Kleimann in ein Zimmer gegangen und mit der Halskette zurückgekommen, die sie mir aushändigte. Ich bin dann gleich zu Herrn Bettin nach Hause gefahren und habe ihm die Kette und den Umschlag übergeben. Das Schreiben, das in dem Umschlag war, habe ich mir gar nicht angesehen. Mehr kann ich zur Sache nicht sagen. Auf Frage: Mit Herrn Bettin habe ich in der Folgezeit nicht mehr über die Sache gesprochen. Dass ihn Frau Metzner auf Herausgabe der Halskette verklagt hat, weiß ich nicht. Ende der Vernehmung: 9.30 Uhr selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben ____________________ ____________________ Lucas, KK Klaus Faber – 12 – B 66 B 66 – 13 – Zur Sache: Mitte September 2016 hat mich mein Vetter Michael Bettin angerufen und gefragt, ob ich die Halskette, die er seiner früheren Verlobten geschenkt hatte, kaufen wolle. Ich wusste, dass er sich mit Frau Metzner deswegen stritt und fragte ihn: „Hat sie sie Dir nun endlich zurückgegeben?“ Mein Vetter sagte darauf: „Ich habe mich mit ihr verglichen und die Kette zurückbekommen. Du kannst sie für 450 € haben.“ Ich kannte die Kette und wusste auch, dass sie damals noch über 1.000 € gekostet hatte, denn ich hatte sie seinerzeit zusammen mit meinem Vetter beim Juwelier ausgesucht. Ich sagte ihm, dass ich sie für 400 € nehmen wolle. Damit war er einverstanden. Am nächsten Tag brachte mir mein Vetter die Kette in den Kindergarten und erhielt die 400 € in bar. Auf Frage: Darüber, dass er zu dieser Zeit bereits von Frau Metzner auf Herausgabe der Halskette verklagt war, hat er mir nichts gesagt. Sonst hätte ich die Kette auch nicht gekauft. Anfang Oktober 2016 hat mir meine Freundin Helga Schürmann, der ich von der Herkunft der Halskette erzählt hatte, als sie sie bei mir sah, gesagt, dass Frau Metzner im Turnverein herumerzähle, dass mein Vetter ihr die Kette abgeschwindelt habe und zur Herausgabe verurteilt sei. Helga gestand mir jedoch, dass sie Frau Metzner gesagt habe, dass ich mittlerweile die Kette besitze. Ich bin daraufhin zu meinem Vetter gegangen und habe ihn zur Rede gestellt. Er gestand mir daraufhin, dass er die Halskette bei Frau Kleimann hatte abholen lassen, während Frau Metzner in Urlaub war. Er sagte aber, das sei in Ordnung gewesen, denn Frau Metzner habe die Vollmacht zur Abholung der Kette selbst noch vor ihrer Abfahrt unterschrieben. Ich machte ihm Vorwürfe, dass er mir beim Verkauf der Kette nichts davon gesagt hatte, dass ihn Frau Metzner inzwischen verklagt hatte. Er sagte darauf: „Von Dir kann sie doch nichts verlangen!“ Da ich befürchtete, dass Frau Metzner dennoch gegen mich vorgehen würde, sagte mein Vetter noch, dass er mir seine Forderung gegen Frau Metzner abtrete. Falls diese von mir die Halskette herausverlange, könne ich immer wegen der Forderung ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Da die Forderung 400 € betrage, hätte ich jedenfalls keinen Schaden. Ich habe mich damit zufrieden gegeben. Am nächsten Tag hat mir mein Vetter den Schuldschein zugeschickt. Ich will keinen Strafantrag gegen meinen Vetter stellen. Ende der Vernehmung: 10.30 Uhr ____________________ Lucas, KK selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben ____________________ Claudia Bettin – 14 – B 66 Vermerk: Auf Aufforderung erschien heute Frau Claudia Bettin auf der Dienststelle und legte den Schuldschein vor. Er ist auf einem weißen Din-A-4-Bogen ausgestellt. Der Text stimmt mit dem in der Strafanzeige genannten Text überein. Die Unterschrift „Helga Metzner“ ist offensichtlich mit Kugelschreiber (schwarz) geleistet worden. Irgendwelche Spuren, die darauf hindeuten, dass der Schuldschein mit unterliegendem Kohlepapier und einem weiteren Blatt geklammert war, ließen sich nicht endgültig feststellen. Der Schuldschein wurde Frau Bettin zurückgegeben. Minden, 05.12.2016 ____________________ Lucas, KK B 66 – 15 – Zur Sache Die in der Strafanzeige meines Rechtsanwaltes Dr. Fischer gemachten Angaben sind richtig. Ich habe diese Strafanzeige soeben noch einmal durchgelesen. Ich mache die darin enthaltenen Angaben zu meiner heutigen Aussage. Zur Ergänzung will ich noch sagen: Die Aussage meines früheren Verlobten Bettin ist mir vorgehalten worden. Sie ist falsch. Dass mich Herr Bettin nach dem ersten Gespräch, das kurz nach dem Abendbrot stattfand, gegen 22.00 Uhr noch einmal angerufen hat, wird wahrscheinlich meine Schwester, Frau Kleimann, bestätigen können. Auf den Bahnsteig kam Herr Bettin ganz knapp vor der Abfahrt des Zuges. Es waren allenfalls noch zwei Minuten Zeit. Ich habe nur den Schuldschein unterschrieben. Zur Unterschrift hat mir Herr Bettin seinen Kugelschreiber gegeben. Ende der Vernehmung: 12.30 Uhr ____________________ Lucas, KK selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben ____________________ Helga Metzner – 16 – B 66 Zur Sache Das Schreiben, das in dem Umschlag lag, den mir Herr Faber übergab, als er die Halskette abholte, hatte den in der Strafanzeige genannten Inhalt. Ich habe diesen Inhalt meiner Schwester aus dem Gedächtnis wiedergegeben, als sie mir nach der Rückkehr aus dem Urlaub sagte, dass sie keine Anweisung zur Herausgabe der Kette unterschrieben habe. Die Unterschrift meiner Schwester unter diesem Schreiben habe ich für echt gehalten. Es ist mir nicht aufgefallen, dass es sich um eine „Durchschrift“ gehandelt hat. Ich habe aber nicht darauf, sondern nur auf die Schriftzüge geachtet. Ich hatte keine Veranlassung, misstrauisch zu sein. Gerade die Überschrift des Schreibens mit „Vergleich“ und die Erwähnung der Stundung haben mich bewogen, an eine Anweisung meiner Schwester zu glauben. Ich wusste nämlich, dass meine Schwester an Herrn Bettin noch Geld zurückzahlen musste, dies aber nicht termingerecht konnte. Ich wusste auch, dass sich Herr Bettin und meine Schwester um die Halskette stritten. Auf Frage: Meine Schwester hat am Tage, bevor sie in den Urlaub fuhr, Herrn Bettin angerufen, um ihn um Stundung der Forderung zu bitten. Das war kurz nach 20.00 Uhr, nach dem Abendessen. Als sie vom Telefon, das im Flur steht, in die Küche zurückkehrte, sagte sie zu mir: „Er will mir die 400 € nur stunden, wenn ich ihm die Kette zurückgebe.“ Wir ha- B 66 – 17 – ben über die Sache nicht weiter gesprochen. Es kann gegen 22.00 Uhr gewesen sein, als das Telefon wieder schellte. Wir saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Meine Schwester ist zum Telefon gegangen. Wer am Telefon war, weiß ich nicht. Meine Schwester ist nicht mehr ins Wohnzimmer zurückgekommen. Auf Frage: Die Vorgänge bei der Übergabe der Halskette sind von Herrn Faber richtig geschildert worden. Ende der Vernehmung: 14.30 Uhr selbst gelesen, genehmigt und unterschrieben ____________________ ____________________ Lucas, KK Petra Kleimann ––––– Vfg. Der Vorgang wird der Staatsanwaltschaft in Bielefeld nach dem Abschluss der Ermittlungen zur weiteren Veranlassung übersandt. Minden, 19.12.2016 ____________________ Lucas, KK ––––– – 18 – B 66 Vermerk für die Bearbeitung I. Der Sachverhalt ist dahin zu begutachten, ob die Beschuldigten einer oder mehrerer Straftaten hinreichend verdächtig sind. Die Entschließung der Staatsanwaltschaft ist zu entwerfen. Ordnungswidrigkeiten sind nicht zu erörtern. §§ 153–153 f StPO sind nicht anzuwenden. Die tatsächliche Würdigung des Sachverhaltes ist bei den einzelnen Merkmalen der untersuchten Straftatbestände vorzunehmen. Sollten weitere Ermittlungen oder sonstige Maßnahmen für notwendig gehalten werden, so ist davon auszugehen, dass diese durchgeführt worden sind und keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben. Die Durchführung einer nicht im Aktenstück enthaltenen verantwortlichen Vernehmung darf nicht unterstellt werden. Im Falle der Anklageerhebung oder Stellung dieser gleichstehenden Anträge ist von einer Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen abzusehen. Örtlich zuständig sind das Amtsgericht Minden bzw. das Landgericht Bielefeld II. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Bielefeld (Az.: 41 Js 11115/16) ergeht am 04.01.2017. Bei den Akten befindet sich der Bundeszentralregisterauszuge der Beschuldigten. Sie weisen hinsichtlich sämtlicher Beschuldigter keine Eintragung auf. III. Bitte geben Sie am Ende der Klausur an, 1. welche Auflagen der zugelassenen Kommentare Sie benutzt haben, 2. auf welchem Stand sich die von Ihnen verwendeten Gesetzestexte befunden haben, 3. ob Sie bei der Entschließung dem in Norddeutschland oder Süddeutschland üblichen Aufbau folgen, möglichst mit Angabe des Bundeslandes, 4. ob von dem für Sie zuständigen Prüfungsamt üblicherweise Teile der Bearbeitung erlassen sind (z.B. die Begleitverfügung). Hinweis: Der von Ihnen genutzte Aufgabentext wird nicht zur Korrektur genommen. Bezugnahmen oder Verweisungen, die nur durch Einsicht in das von Ihnen benutzte Exemplar des Aktenstückes verständlich werden, verbieten sich deshalb. Unsere Musterlösung folgt dem in Norddeutschland üblichen Aufbau (vgl. AS-Skript Die staatsanwaltliche Assessorklausur [2014]). –––––
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