Deutsches Ärzteblatt 1977: A-2902

Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
KONG RESS-NACH RICHTEN
Campylobakteriosis
beim Menschen
Infektionen durch Campylobakter sind in der Veterinärmedizin
häufig, beim Menschen bislang
aber nur selten beschrieben. Erst
bei Anwendung geeigneter Nachweismethoden und Differenzierung des Vibrio-ähnlichen Keims
in Campylobacter fetus und Campylobacter jejuni findet man die
Campylobakteriose auch beim
Menschen recht häufig) J. P.
Butzler, Departement of Mikrobiology, St.-Pierre-Hospital,
rue Haute, B-1000 Bruxelles). Die
Übertragung der Keime erfolgt
auf oralem Wege. Sie manifestieren sich in Bakteriämieepisoden
und Diarrhoe. Insgesamt scheint
es sich um einen fakultativ humanpathogenen „opportunistischen" Keim zu handeln, der vor
allem bei Immundefekten (Kleinkinder; Erwachsene mit schweren konsumierenden Erkrankungen) pathogenetisch wirksam
wird.
(10. Internationaler Kongreß für Chemotherapie, September 1977, Zürich)
Alkohol-Embryopathie
Chronischer Alkoholismus der
Mutter gehört offenbar zu den
schwerstwiegenden teratogenen
Noxen. Je weiter fortgeschritten
die Alkoholkrankheit, desto häufiger werden Kinder mit AlkoholEmbryopathie des Schweregrades II oder III geboren (Dr. F. Majewski, Universitätskinderklinik
Tübingen). Nach den bisherigen
Untersuchungen ist es noch
nicht entschieden, ob der Alkohol selbst oder ein Metabolit
(zum Beispiel Azetaldehyd) oder
ob sekundäre Mangelerscheinungen (betreffend Vitamin B 1
6 ) teratogen wirken. DieoderB
intrauterine Hypotrophie — nicht
aber die Fehlbildungen — scheint
Folge der alkoholismusbedingten Hypoglykämie zu sein. Die ze-
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Heft 49 vom 8. Dezember 1977
rebralen Defekte und Mißbildungen dagegen dürften eher auf sekundäre Mangelerscheinungen
zurückgehen. Bei bloßem Alkoholgenuß — auch in großen Mengen — sind sie selten; maßgebend
für die schwerere Embryopathie
ist das chronische Stadium der
Alkoholkrankheit.
(74. Deutscher Kinderärztekongreß, September 1977, Kiel)
Erythromycinkonzentration im Sperma
Der menschliche Samen kommt
etwa zu 30 Prozent aus der Prostata und zu 70 Prozent aus den
Samenblasen. Die erste Portion
der Ejakulation besteht überwiegend aus Prostatasekret, die letzte
aus dem Inhalt der Samenblasen.
Das Antibiotikum Erythromycin
gelangt hauptsächlich über die
Prostata in die Samenflüssigkeit.
Der Erythromycinspiegel im Prostatasekret ist praktisch so hoch
wie im Serum (0,97 : 1,00). Bei
Prostatitis wird das Antibiotikum
ebenfalls schon bei durchschnittlicher Erythromycin-Dosis (0,5
Gramm achtstündlich) in genügender Konzentration von der
Drüse ausgeschieden. Bei allen
Kranken reicht diese Dosis allerdings nicht (Dr. R. Elliason,
Deptm. of Physiology, Faculty of
Karolinska-Institut,
Medicine,
WP
Stockholm).
(10. Internationaler Kongreß für Chemotherapie, September 1977, Zürich)
Kunststoffe in der
Ophthalmochirurgie
Kunststoffe werden heute in der
Ophthalmochirurgie vielfältig
verwendet, zum Beispiel als
Nahtmaterial oder als künstliche
Hornhaut bei schweren Narbentrübungen der Kornea. Für die
Operation der Netzhautablösung
haben eindellende Operationen
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der Sklera im Bereich des Netzhautloches durch Kunststoffplomben mehr und mehr ihren
Wert erwiesen. Dadurch werden
Sklera und Aderhaut der abgehobenen Netzhaut angelagert und
der Riß in der Retina zur Vernarbung gebracht. Ein besonders
aktuelles Gebiet, die Einpflanzung von Kunststofflinsen ins Augeninnere nach Staroperationen,
wurde zunächst in Form einer
Ringvorlesung abgehandelt.
Auch der in der Praxis tätige Kollege wird erfahrungsgemäß von
seinen Patienten immer wieder
mit der Frage konfrontiert, ob
und wann es nach einer Staroperation sinnvoll sein kann, eine
Kunststofflinse zu implantieren.
Wird nach der Entfernung der getrübten Linse beim grauen Star
solch eine Linse im Bereich der
Pupille fixiert, so braucht der Patient keine Starbrille oder Kontaktlinse zu tragen. Die Technik
dieser Operation kann als ausgereift bezeichnet werden. Eine
echte Hilfe bedeutet sie bei einseitig Staroperierten, die wegen
Unverträglichkeit keine Kontaktlinse tragen können oder wenn
das Einsetzen einer Kontaktlinse
Schwierigkeiten macht beziehungsweise unmöglich ist (Kleinkinder nach Operation einer angeborenen Katarakt, bestimmte
gebrechliche alleinstehende Patienten mit Tremor usw.).
Bei der Besprechung der Rolle
von Gewebeklebern am vorderen
Augenabschnitt bestätigte sich,
daß sie unter anderem bei bestimmten Hornhauterkrankungen
sehr nützlich sind. So können bei
oberflächlichen Korneadefekten
Kontaktlinsen auf die Hornhaut
geklebt werden. Danach ist dann
zum Beispiel die örtliche Anwendung von Steroiden möglich, was
sich ja sonst bei defekter Hornhautoberfläche streng verbietet. W.STR.
(75. Tagung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, September 1977)