Republik Moldau: Bemerkenswerte Neuigkeiten

Republik
Moldau:
Bemerkenswerte Neuigkeiten
[Dr. Christian Wipperfürth] Igor Dodon, der neue Präsident
Moldaus, schwenkt sein Land von einer Ausrichtung, die als
„pro-westlich“ bezeichnet wird auf eine neutrale Position.
Dodon ließ mit seinem Amtsantritt Ende Dezember 2016 die EUFlagge von der Residenz des Staatsoberhaupts abnehmen. Die
Sprache des Internetportals des Präsidenten wird nicht mehr
als Rumänisch bezeichnet, sondern als Moldauisch. Dieses wird
auch in der Verfassung des Landes als Staatssprache
bezeichnet.
Zudem ließ er Verteidigungsminister Anatol Salaru
zurücktreten. Salaru ist ein bekannter Befürworter eines NATOBeitritts und einer Vereinigung mit Rumänien.
Anfang Januar ließ Dodon Traian Basescu die moldauische
Staatsangehörigkeit entziehen, da diese illegal erworben
worden sei. Basescu stand zwischen 2004 und 2014 Rumänien vor
und tritt für eine Vereinigung Moldaus mit seinem Land ein.
Unter Basescus Präsidentschaft erhielten hunderttausende
Moldauer die rumänische Staatsangehörigkeit.
Am 11. Dezember fanden in Transnistrien Präsidentschaftswahlen
statt. Dodon gratulierte dem Wahlsieger Vadim Krasnoselski,
obgleich die Regierung Moldaus, die weiter von einer „prowestlichen“ Koalition getragen wird, die Wahl für illegal
erklärte. Am 4. Januar, wenige Tage nach seiner offiziellen
Amtsübernahme, traf Dodon Krasnoselski in einer von den
Separatisten kontrollierten Stadt. Der Präsident Moldaus
erklärte zwar, es gebe unterschiedliche Standpunkte, über die
jedoch verhandelt werden sollte. Bei den Gesprächen ging es
insbesondere um die Freizügigkeit des Personenverkehrs, die
Eisenbahnverbindung, die wechselseitige Anerkennung von
Dokumenten und anderen Fragen, die das alltägliche Leben
betreffen. Genau dies sind auch die Gegenstände der deutschen
Transnistrieninitiative vom Juni 2016.
Die ersten Maßnahmen Dodons machen dreierlei deutlich:
1. Er tritt „großrumänischen“ Tendenzen demonstrativ
entgegen.
2. Er will die Beziehungen zu Transnistrien entspannen.
Russland akzeptiert bislang, dass Transnistrien
völkerrechtlich betrachtet ein Teil Moldaus ist, macht
aber deutlich, das abgespaltene Gebiet u.U.
anzuerkennen, falls Moldau sich mit Rumänien vereinigt
oder von seiner in seiner Verfassung festgeschriebenen
Neutralität Abschied nimmt. Hiermit sind wir beim
dritten Punkt:
3. Dodon streicht den neutralen Status seines Landes
heraus. Die Gelegenheit hierfür ist auch aus folgendem
Grund günstig: Das neutrale Österreich hat in diesem
Jahr den OSZE-Vorsitz inne und beabsichtigt,
insbesondere in Moldau für den Status der Blockfreiheit
zu werben. Man kann davon ausgehen, dass dies zumindest
nicht auf den Widerwillen Deutschlands stößt. Berlin,
Wien und Bern haben vereinbart, sich in ihrer OSZEPolitik eng abzustimmen.
Dodon zeigt ein erkennbares Interesse am österreichischen
Ansatz. Moldau hat sich in den Jahren zuvor betont von
Russland abgegrenzt und sich der EU und NATO angenähert. Dies
entsprach dem Wunsch etwa der Hälfte der Bevölkerung des
Landes. Die regierende Elite hat eine „pro-westliche“
Ausrichtung jedoch großenteils nur vorgeschoben, um sich
bereichern zu können. Moldau ist laut einer Studie des
Weltwirtschaftsforums aus dem Jahr 2015 das Land mit der
korruptesten Justiz der Welt. (Nähere Informationen zu den oft
atemberaubenden Vorgängen in Moldau finden Sie hier, hier,
hier und hier ).
2014 „verschwand“ eine Milliarde aus dem Bankensektor des
verarmten Landes. Die Führung unternahm aber keine ernsthaften
Anstrengungen den Fall aufzuklären, sondern sprang mit
Steuermitteln ein. Gleichwohl gewährte die EU-Kommission
Moldau am 13. Januar 2017 wiederum einen nicht-rückzahlbaren
Zuschuss in Höhe von 40 Mio. Euro und ein mittelfristiges
zinsgünstiges Darlehen in Höhe von 60 Mio. Euro. Brüssel erhob
zwar die Forderung nach gründlichen Untersuchungen über den
Verbleib der verschwundenen Milliarde. Die angeblich „prowestliche“ Regierung wird, ähnlich wie in der Vergangenheit,
aber kaum aktiv werden.
Besteht die Aussicht, dass Dodon sein Land an die Seite
Russlands stellt?
Am 17. Januar 2017 suchte Dodon als seinen ersten
Auslandsaufenthalt Moskau auf. Präsident Putin deutete
Handelserleichterungen für Moldau an. Dodon wiederum erklärte,
Moldau könnte das Assoziierungsabkommen mit der EU
aufkündigen, falls es im neuen, voraussichtlich 2018 zu
wählenden Parlament eine Mehrheit dafür gebe. Moskau hatte
Dodon vor dessen Moskauaufenthalt einen unmissverständlichen
Wink gegeben: Der Gouverneur Gagausiens und derjenige der
Moskauer Region diskutierten die Aussichten für eine
verstärkte Kooperation. Gagausien ist ein autonomes Gebiet
innerhalb Moldaus und wird von einer turksprachigen,
orthodoxen Volksgruppe bewohnt, die eine sehr betont prorussische Linie fahren, da sie den großrumänischen
Nationalismus fürchten. Moskau macht deutlich, Moldau u.U.
auch mittels Gagausiens unter Druck zu setzen.
Hoffen wir, dass Moldau zu einer Linie zwischen Ost und West
findet. Beide Himmelsrichtungen besitzen etwa gleich viele
Anhänger in Moldau. Eine einseitige Ausrichtung droht das Land
zu zerreißen und die Spaltung zwischen Moldau und
Transnistrien zu vertiefen.