[Acute Effects of Fast Dynamic Stretching on Rate of Force

Originalarbeit
207
Akute Effekte des schnellen dynamischen Dehnens
auf die Schnellkraft von Eishockeyspielern:
eine Pilotstudie
Acute Effects of Fast Dynamic Stretching on Rate of Force Development
in Ice Hockey Players: A Pilot Study
Autoren
S. Rogan1, A. Blasimann2, M. Steiger1, A. Torre1, L. Radlinger2
Institute
1
Bachelorstudiengang Physiotherapie, Berner Fachhochschule Gesundheit, Bern, Schweiz
Angewandte Forschung & Entwicklung Physiotherapie, Berner Fachhochschule Gesundheit, Bern, Schweiz
Schlüsselwörter
Zusammenfassung
Abstract
"
!
!
Hintergrund: Schnelles dynamisches Dehnen wirkt
sich auf eine direkte Vorbereitung einer Schnellkraftleistung leistungsfördernd aus. Das Ziel dieser
Pilotstudie war daher, den Einfluss des schnellen
dynamischen Dehnens (SDD) des M. glutaeus maximus auf die Schnellkraft bei Eishockeyspielern zu
untersuchen.
Probanden/Methoden: An dieser Studie nahmen 12
gesunde Eishockeyspieler teil. Die Intervention basierte auf einer schnellen dynamischen Dehnung
des M. glutaeus maximus. Vor und nach der Intervention wurde die Schnellkraft mittels DJ ermittelt,
indem die Bodenkontaktzeit und die Sprunghöhe
sowie die Sprintzeit auf dem Eis über 20 m gemessen wurden. Die Daten wurden mittels MannWhitney-U-Test und Wilcoxon-Vorzeichen-Rangsummentest ausgewertet.
Ergebnisse: Es zeigte sich eine signifikante Verlängerung der Bodenkontaktzeit. Die Sprunghöhe und
die Sprintzeit zeigten keine signifikanten Unterschiede.
Schlussfolgerung: Diese Pilotstudie zeigt, dass die
SDD-Intervention am M. glutaeus maximus keinen
Einfluss auf die Schnellkraft hat. Für kommende
Studien ist es ratsam, das Studienprotokoll hinsichtlich zu dehnender Muskelgruppen der Strecker- und Beugerschlingen zu optimieren.
Background: Fast dynamic stretching has a positive effect on rate of force development in ice
hockey players. The aim of this pilot study was to
evaluate the influence of fast dynamic stretching
(FDS) of the gluteus maximus muscle on rate of
force development.
Subjects/Methods: This study included 12 healthy
ice hockey players. The intervention was based on
a fast dynamic stretching of the gluteus maximus
muscle. For quantification, measurements were
performed before and after the intervention. The
rate of force development was determined by
using the drop jump (DJ) for ground contact time
and jump height, and sprint time was measured
on ice over 20 meters.
Results: The intervention showed significant extension of the ground reaction time. The jump
height and the sprint time showed no significant
differences after FDS intervention.
Conclusion: The data in this present randomised
controlled pilot study showed that FDS interventions on the gluteus maximus muscle have no influence on rate of force development. For future
studies, it is recommended that the study protocol should be modified with regard to determining the stretched muscle groups. Furthermore,
the FDS intervention on the gluteus maximus
muscle showed no positive influence on DJ and
sprint.
Einleitung
durch rasche Wechsel in Schnelligkeit und Richtung auszeichnende Form des Eislaufs. Die Belastungen sind intervallartig und die Einsätze dauern bei maximaler Intensität bis 45 Sekunden (s)
[6]. In dieser Zeit absolviert ein Eishockeyspieler
3 – 4 s lange maximale Sprints mit schnellen abrupten Bewegungs- und Richtungswechseln. Des
Weiteren führt ein Eishockeyspieler Beschleunigungs- oder Bogenläufe durch, absolviert an der
● Dehnungs-Verkürzungs●
●
"
"
Zyklus
Drop Jump
Sprint
Key words
● stretch-shortening cycle
● drop jump
● sprint
"
"
"
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0032-1325416
Online-Publikation: 1.10.2012
Sportverl Sportschad 2012; 26:
207–211 © Georg Thieme
Verlag KG Stuttgart · New York ·
ISSN 0932-0555
Korrespondenzadresse
Slavko Rogan
Berner Fachhochschule,
Gesundheit
Murtenstrasse 10
3008 Bern
Schweiz
Tel.: ++ 41/31/8 48 35 36
Fax: ++ 41/31/8 48 35 21
[email protected]
!
Eishockey gilt als eine der schnellsten und attraktivsten [1], aber auch verletzungsträchtigsten
Teamsportarten der Welt [2 – 4]. Gemäß Gröger
et al. [5] zeichnet sich Eishockey durch einen
komplexen, multifaktoriellen Beanspruchungscharakter aus und wird durch intensives Bodychecking und Powerskating geprägt, eine sich
Rogan S et al. Akute Effekte des … Sportverl Sportschad 2012; 26: 207–211
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2
Originalarbeit
Bande Zweikämpfe, passt und schießt [7]. Hierbei spielen die
Komponenten der Schnell- und Reaktivkraft sowie der Schnelligkeit eine zentrale Rolle. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind Kenntnisse der anthropometrischen, physiologischen
und energetischen Voraussetzungen erforderlich, um deren Entwicklungsmöglichkeit einschätzen zu können [8]. Laut Matthews
et al. [9] bedingt Erfolg im Eishockey vor allem die Fertigkeit des
Eislaufens, die Fähigkeit zu beschleunigen, das Sprinten, die Richtungswechsel, das schnelle Stoppen, aber auch das Entwickeln
von Schnell- und Reaktivkraft.
Eine Form der Schnellkraft tritt während Reaktivbewegungen bei
schnellen Laufschritten oder bei Absprüngen als sogenannter Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) auf. Laut Güllich & Schmidtbleicher [10] wird angenommen, dass nahezu 90 % aller sportlichen
Bewegungen sowie ein Großteil von Alltagsbewegungen einen
DVZ aufweisen. In sämtlichen zyklischen und azyklischen Bewegungsschnelligkeitsformen, wie Lauf- und Sprungformen, spielt
die Reaktivleistung eine entscheidende Rolle.
Betrachtet man die Aufwärmphase von Eishockeymannschaften,
so stellt man fest, dass nebst Mobilisations- und Koordinationsübungen, Sprints, Passen sowie Torschüssen vorwiegend statische
Dehninterventionen zur Anwendung kommen. Über deren Wirkung auf die Schnellkraft werden in der Literatur unterschiedliche
Effekte beschrieben. So konnten Wiemann & Klee [11], Shrier et al.
[12], Turbanski [13] als auch Hillebrecht & Niedderer [14] feststellen, dass statisches Dehnen (SD) zu verminderten Schnellkraftleistungen führt. Signifikante Leistungseinbußen im schnellen DVZ beschreiben Künnemeyer & Schmidtbleicher [15] sowie
Young & Behm [16].
Überlegungen gehen dahin, dass dynamisches Dehnen (DD) [14]
eine sichere und effizientere Alternative vor dem Wettkampf
darstellen kann als SD [17]. Dynamische Dehnungen sind rhythmische, sich wiederholende federnde Bewegungen am Ende des
Bewegungsbereichs [18]. Dabei können diese sich wiederholenden federnden Bewegungen langsam, als langsames dynamisches Dehnen (LDD) oder schnell, als schnelles dynamisches Dehnen (SDD), durchgeführt werden.
So konnten Little & Williams [19] und McMillian [20] in ihren Untersuchungen aufzeigen, dass sich die Schnellkraft nach DD signifikant verbessert.
Aufgrund der immer enger werdenden Leistungsdichte im Leistungssport kommen vermehrt leistungsdiagnostische Erhebungen für die Diagnostik und Beurteilung von azyklischen und zyklischen Bewegungsschnelligkeiten zur Anwendung. Neben der
Zeitmessung werden auch Schrittlänge, Bodenkontaktzeit und
Sprungleistungen wie Counter Movement Jump (CMJ) und Drop
Jump (DJ) zur Leistungsbeurteilung benutzt. Ein Zusammenhang
zwischen der Sprunghöhe und der Laufleistung konnte für den
CMJ [21] und DJ [22] aufgezeigt werden.
Für den Sprint wird die Vorwärtsbeschleunigung offensichtlich
mehr von den Hüftextensoren als von den Knieextensoren produziert [23, 24]. Aus diesem Grund fokussiert man sich in dieser
Studie auf die Dehnung des M. glutaeus maximus.
Ziele dieser Pilotstudie sind deshalb, den Einfluss des schnellen
dynamischen Dehnens (SDD) auf den schnellen DVZ mittels DJ
und der Sprintzeit bei Eishockeyspielern zu untersuchen.
Methodik
!
Diese Pilotstudie ist an die Publikationsleitlinie für nicht randomisierte Studien dem TREND Statement angelehnt [25].
Probanden
Im Rahmen dieser Pilotstudie mit einem Pre-Posttest-Design
nahmen insgesamt 12 gesunde männliche Probanden (zwei unabhängige Mannschaften Junioren B und Elite A des EHC SenSee
Future, Düdingen, Schweiz) teil. Die Probanden befanden sich in
der Meisterschaftsphase, trainierten durchschnittlich 3 × 90 min
wöchentlich, mit zusätzlich 1 – 2 Spielen in der Woche. Die
Durchführung der Untersuchung erfolgte am 5.3.2011 in der
Sporthalle Düdingen, Schweiz. Die anthropometrischen Daten
" Tab. 1 zu entnehmen.
sind ●
Die Probanden erfüllten folgende Einschlusskriterien: Mitglied
der Junioren-B- oder Elite-A-Mannschaft des Eishockeyclubs
(EHC) SenSee Future, am Testtag anamnestisch gesund und für
die Dehnbelastung sowie den DJ akut belastbar. Zu den Ausschlusskriterien zählten akute Verletzungen sowie Verletzungen
der unteren Extremität während des letzten halben Jahres.
Am Testtag wurden Informationen über den Testablauf, den Datenschutz und die Abbruchkriterien bekanntgegeben. Die Probanden mussten vor der Durchführung der Untersuchung eine
Einwilligungserklärung unterzeichnen. Während der gesamten
Untersuchung trugen die Probanden ihre eigene EishockeySchutzausrüstung
Datenerfassung und Testdesign
Zu Beginn der Testung wurden das Alter, das Körpergewicht
(Soehnle Spirito Waage, Leifheit AG, Nassau, Deutschland), die
Körpergröße und der BMI ermittelt.
Es folgt ein 10-minütiges Aufwärmen auf dem Eis. Der Testablauf
vor und nach dem SDD, d. h. die Reihenfolge von DJ- und SprintTest wurde für jede Versuchsperson randomisiert.
Diese Randomisierung wurde mittels Zufallszahlentabelle in
Microsoft Excel 2010 erstellt. Anschließend führten alle Probanden das SDD durch. Dann wurden DJ- und Sprint-Test erneut in
randomisierter Reihenfolge durchgeführt.
Drop Jump
Die Leistungsbestimmung der Schellkraft erfolgte nach dem
Schema der Niedersprungtestung [26]. Eingeleitet wird dieser
Niedersprung nach einem Absprung von einer erhöhten Position
(40 cm). Nach der Landung auf dem Boden erfolgt ohne Verzögerung ein Absprung senkrecht nach oben.
Insgesamt wurden drei Sprünge mit Eishockeyausrüstung, aber
in Turnschuhen durchgeführt. Die Sprünge wurden in Turnschuhen und ohne Schlittschuhe durchgeführt, um die Sprungmatte
nicht zu beschädigen. Die Werte aus den drei Sprüngen wurden
Mannschaft
n
Alter (Jahre)
Größe (cm)
Gewicht (kg)
BMI (kg/m2)
Elite A
6
18,8 ± 1,0
180,2 ± 3,4
80,3 ± 10,8
24,9 ± 4,2
Junioren B
6
16,8 ± 0,4
176,8 ± 5,3
69,7 ± 8,2
22,6 ± 1,8
p-Werte
0,003
0,261
Rogan S et al. Akute Effekte des … Sportverl Sportschad 2012; 26: 207–211
0,093
0,337
Tab. 1 Arithmetische Mittelwerte und einfache Standardabweichungen von Alter, Körpergröße
und -gewicht sowie Body-MassIndex (BMI).
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Originalarbeit
gemittelt und in die Analyse einbezogen. Innerhalb dieser Sprünge wurden bei der Ausführung die Bodenkontaktzeit (in ms) und
die Dauer des daran anschließenden Sprunges bis zur erneuten
Landung für die Ermittlung der Sprunghöhe (in cm) bestimmt.
Zur Analyse des DJ kam eine Sprungmatte mit einer Größe
von 72 × 56 cm (Niedersprungtestgerät, Haynl-Elektronik GmbH,
Schönebeck, Deutschland) zum Einsatz. Die Datenerfassung erfolgte mit dem Programm NTG2 (Haynl-Elektronik GmbH, Schönebeck, Deutschland).
pro Minute über 30 s aus [28]. Die SDD-Übungen wurden bei allen
Probanden zuerst auf der rechten, dann auf der linken Seite durchgeführt. Zwischen den Dehnungen fand eine kurze Pause von 10 s
mit einer Lockerung des gedehnten Beines in Rückenlage statt [29].
Die Wippfrequenz von 100 Schlägen pro Minute wurde mit einem Metronom (SEIKO Digital Quartz Metronome DOM-20, Japan) angegeben. Auf die Dehnübung folgte nach Chaouachi et al.
[30] eine 2-minütige Pause.
Im Anschluss an die Pause erfolgte die zweite SDD-Testserie, die
wie oben beschrieben in denselben Gruppen durchgeführt wurde.
Sprintlauf
Zur Erhebung der Schnelligkeit wurde eine Sprintdistanz auf dem
Eis von 20 m gewählt [6], welches einem möglichen Sprint während eines Spiels entspricht. Sowohl die Start- als auch die Ziellinie wurden jeweils mit zwei Leitkegeln markiert. Der Start erfolgte aus dem Stand auf das Kommando des Testleiters. Die Zeit
wurde gestoppt, sobald der Proband die Ziellinie überquert hatte.
Die Sprintzeit wurde mit einer Stoppuhr (Heuer Vintage Stoppuhr HL880, La Chaux-de-Fonds, Schweiz) handgestoppt. Es wurden jeweils drei Sprintläufe mit einer Pause von 2 min zwischen
den Sprintläufen absolviert. Die Daten aus den drei Sprintläufen
wurden gemittelt und für die Analyse weiterverwertet. Die
Sprintzeit wurde in Sekunden angegeben.
Aufgrund der geringen Stichprobengröße wurden für die Sprintzeit, Bodenkontaktzeit und Sprunghöhe innerhalb der Gruppe
ein Wilcoxon-Vorzeichen-Rangsummentest und zwischen beiden Gruppen der Mann-Whitney-U-Test angewendet.
Da dies eine Pilotstudie Phase 2 [31] darstellte, wurde auf eine
Bonferroni-Korrektur verzichtet [32]. Das Signifikanzniveau wurde aus diesem Grund jeweils auf α = 0,05 festgelegt. Die Daten
wurden mittels des Statistikprogramms SPSS Version 16.0 (SPSS,
Inc., Chicago, USA) und Microsoft Excel 2008 (Microsoft Corporation, Redmond, USA) ausgewertet.
Ergebnisse
Nach der Durchführung der ersten Testserie erfolgte die SDDÜbung des M. glutaeus maximus auf dem Boden in Rückenlage
" Abb. 1). Die SDD-Übung lehnt sich an die methodischen und
(●
übungstechnischen Angaben von Freiwald [27] an. Es wurde darauf geachtet, dass während der Durchführung und innerhalb der
Versuche die Dehnübung gleich ausgeführt wurde.
Das nicht zu dehnende Bein wurde in 90° Hüft- und Knieflexion
vom Boden abgehoben. Das zu dehnende Bein wurde über das
nicht zu dehnende Bein geschlagen, wobei der Fuß sich oberhalb
des Knies des nicht zu dehnenden Beines befand. Die Dehnungsintensität konnte durch das Heranziehen des nicht zu dehnenden
Beines vom Probanden individuell dosiert werden. Mit den Händen umfasste die Versuchsperson das nicht zu dehnende Bein und
führte eine Wippbewegung mit einer Frequenz von 100 Schlägen
!
● Tab. 2 zeigt die Daten der Vor- und Nachmessung des DJ und
"
der Sprintzeit für beide unabhängigen Mannschaften. Für die Junioren B und Elite A-Junioren erkennt man eine Verlängerung der
Bodenkontaktzeit (~16 ms, p = 0,046 bzw. ~37 ms, p = 0,075. Die
Sprunghöhe veränderte sich weder bei den Junioren B noch bei
den Elite- A-Junioren signifikant. Auch fanden sich bei beiden
Mannschaften keine signifikanten Änderungen hinsichtlich der
Sprintzeit.
Diskussion
!
Das Ziel dieser Pilotstudie war es, die Wirkung der SSD Intervention auf die Schnellkraft zu untersuchen.
Diese Pilotstudie zeigt eine signifikante Verlängerung der Bodenkontaktzeit bei den Junioren B nach SDD. SDD hat keinen Einfluss
auf die Sprunghöhe. Die Elite-A-Junioren weisen auch Verlängerungen in der Bodenkontaktzeit um etwa 37 ms und der Sprintzeit auf, die jedoch nicht signifikant sind.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden keine Untersuchungen in dieser
Art über die Effekte nach SDD bei Eishockeyspielern durchgeführt. Jedoch wurde diese Thematik bereits bei anderen Sportarten untersucht. So konnten Unick et al. [33] bei 16 Basketballerinnen keinen signifikanten Unterschied des DVZ vor und nach DD
Abb. 1 Dehnstellung
mit Eishockeyausrüstung nach Freiwald.
1
Bodenkontaktzeit vor (ms)
209,9 ± 37,6
Bodenkontaktzeit nach (ms)
225,9 ± 39,4
Sprunghöhe vor (cm)
34,3 ± 6,7
Sprunghöhe nach (cm)
35,7 ± 5,9
Sprintzeit vor (s)
3,6 ± 0,2
Sprintzeit nach (s)
3,7 ± 0,2
p-Wert
0,046
1
Elite A
p-Wert
158,6 ± 66,0
0,075
195,5 ± 36,7
0,917
28,2 ± 12,3
0,917
26,4 ± 11,6
0,673
3,8 ± 0,1
Tab. 2 Arithmetische Mittelwerte und einfache Standardabweichungen von Bodenkontaktzeit,
Sprunghöhe und Sprintzeit vor
und nach „SDD“.
0,075
3,7 ± 0,2
Signifikant verlängerte Bodenkontaktzeit (< 0,05).
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Statistik
Dehnung
Junioren B
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Originalarbeit
finden. Sie verglichen SD, DD und „kein Dehnen“ [34] anhand der
Leistungen von CMJ und DJ. Die Autoren sprachen dem Stretching
einen negativen Einfluss auf die Muskel-Sehnen-Steifigkeit zu
und argumentierten, dass so die Kraftentwicklungsfähigkeit abnehme. Weiter gehen sie von einer akuten Muskelsehnenverlängerung aus.
In der vorliegenden Untersuchung sind Verlängerungen der Bodenkontaktzeit nach einem DJ aufgetreten und belegen dadurch
die von Unick et. al [33] postulierten Ergebnisse bezüglich keiner
nennenswerten Leistungssteigerungen bei einer Durchführung
von DJ nach SDD im Vergleich zum Ausgangswert. Laut Begert &
Hillebrecht [35] kann es bei ausreichend hoher Dehngeschwindigkeit zu einer Potenzierung der Ia-Afferenzen kommen und so
eine verbesserte Aktivierung der Neurone bewirken, jedoch
scheint die Reizdauer und der Reizumfang in diesen Fall für den
M. glutaeus maximus zu gering zu sein.
Betrachtet man die Sprunghöhe, so zeigt diese Studie, dass SDD
keinen Einfluss auf die Leistung hat. Fletcher [36] hingegen postuliert in seiner Arbeit positive Effekte auf die Sprungleistung
durch DD. Er verglich langsames, dynamisches Dehnen (LDD),
SDD und keine Dehnung (KD) bei 24 Probanden. Es zeigte sich
eine signifikante Steigerung der Leistung der Sprunghöhe des
Squat-Jumps (SQ), CMJ und DJ nach SDD im Vergleich zu LDD
und KD. Er erklärte die Verbesserung der Sprunghöhe einerseits
durch die verbesserte Durchblutung und andererseits durch den
Effekt des Warm-Ups.
Hough et al. [37] fanden in ihrer Studie ebenfalls eine signifikante
Verbesserung der Sprunghöhe nach SDD im Vergleich zu LDD. Sie
verglichen LDD, SDD und KD miteinander. Auch Hough et al. [37]
gehen wie Fletcher [36] von einer spät potenzierten Wirkung des
SDD aus. Der Mechanismus der spät potenzierten Wirkung basiert auf einer Steigerung der Phosphorylierung der Myosin-Ketten und des erhöhten Ca2 +-Spiegels, welcher zu einer Steigerung
der Muskelkraft führt. Durch die kurze 2-minütige Pause nach
SDD können neurologische oder mechanische Komponenten in
die Messungen mit einfließen. Wäre die Zeitdauer der Pause
nach SDD länger gewesen, hätten die physiologischen Veränderungen vermindert sein können. Hier deutet sich ein Zusammenhang zwischen der Pausenlänge nach einem SDD hinsichtlich
Schnellkraft-Leistungen an.
Es ist möglich, dass die gewählte Pausenlänge in dieser Pilotstudie von 2 min einen negativen Einfluss auf die physiologischen
Veränderungen nach SDD hat. Als wesentlichen Punkt dieses Resultats dürfte wohl eher die Dehnung des ausschließlich ausgewählten M. glutaeus maximus sein. Hough et al. [37] haben unter
anderem die Plantarflexoren und die Quadrizepsmuskulatur bei
den Muskelgruppen dynamisch gedehnt, was in der vorliegenden Studie nicht gemacht wurde.
Schaut man sich die Sprintzeit der Probanden in dieser Studie an,
so sind keine Veränderungen beim Vergleich vor und nach der Intervention auszumachen. Chaouachi et al. [30] beschreiben in ihrer Untersuchung, dass DD keinen Einfluss auf die Sprintleistung
über 30 m hat. Sie begründen ihr Resultat damit, dass die Steifigkeit bzw. der Widerstand der Muskel-Sehnen-Einheit einen Einfluss auf die Sprintleistung hat. Laut Ziegler [6] sind Kurzzeitsprints identisch mit den Sprints auf dem Eis. In dieser Studie
wurde eine Distanz über 20 m gewählt, was vielleicht nicht
mehr die Charakteristik eines Kurzzeitsprints aufweist. Es ist
möglich, dass bei einem längeren Sprint Gleitkomponenten hinzukommen, die bei kurzen Sprintdistanzen nicht so sehr ins Gewicht fallen. Für Bompa [38] zählen kurze Bodenkontaktzeiten
als einen wesentlichen Faktor für Sprintbeschleunigungen. In
Rogan S et al. Akute Effekte des … Sportverl Sportschad 2012; 26: 207–211
der vorliegenden Untersuchung liegen verlängerte Bodenkontaktzeiten nach SDD vor.
Als eine Limitation dieser Studie kann die Auswahl der zu dehnenden Muskelgruppe gezählt werden. Die maximale Leistung
für einen Sprint und DVZ ist unter anderem von der Streckerschlinge (M. quadriceps femoris, M. triceps surae) [17, 39, 40]
und der gekreuzten anterioren Myofaszialkette (Mm. obturatorii,
Adduktoren, M. vastus medialis) [41] abhängig. Es wäre lohnenswert, in kommenden Studien zumindest die an der Streckerschlinge beteiligten Muskeln (M. quadriceps femoris, M. triceps
surae) dynamisch schnell zu dehnen und auch die Effekte der
Dehnung auf das Bewegungsausmaß zu prüfen.
Ein weiterer Punkt ist die Outcome-Messung der Sprintleistung.
Diese sollte variabler gestaltet werden. Ziegler [6] hat mehrere
Sprint-Distanzen über 5, 10, 20 und 30 m erfasst. Da Sprints eine
wichtige Komponente im Eishockey darstellen, wäre es gut, verschiedene Distanzen zu erfassen. Insofern könnte eine Untersuchungsbatterie durchgeführt werden, die verschiedene Sprintdistanzen enthält. Weiter ist die Wahl einer standardisierten
Startposition für den Sprint zu wählen, um eine einheitliche Ausgangslage zu haben.
Für eine kommende Studie sollte als Studiendesign ein RCT gewählt werden, damit sichergestellt werden kann, dass als einzige
nur die unabhängige Variable manipuliert wird, um alle weiteren
Variablen zu kontrollieren. So würde eine Interventionsgruppe
ein SDD durchführen und die Kontrollgruppe hätte entsprechend
keine Intervention.
Schlussfolgerung
!
Diese Pilotstudie zeigt, dass eine Intervention mit SDD des M. glutaeus maximus bei Eishockeyspielern keinen Einfluss auf die
Schnellkraft hat. Weiter konnte eine verlängerte Bodenreaktionszeit festgestellt werden. Für zukünftige Studien sollte jedoch eine
Anpassung des Studienprotokolls erfolgen. Unter anderem ist die
Intervention mit SDD auf die Hauptmuskeln der Streckerschlinge
und auf die Hüftabduktoren auszudehnen. Besonders der M. quadriceps femoris und der M. tricpes surae müssen einbezogen werden.
Zum Erfassen der Sprintleistung ist es ratsam, mehrere Sprintdistanzen über 5, 10, 20 und 30 m zu messen.
Danksagung
!
Die Autoren danken den teilnehmenden Spielern der Junioren-Bund der Elite-A-Mannschaften des Eishockeyclubs SenSee Future
(Düdingen, Schweiz), den Trainern und Betreuern für die Unterstützung sowie für die unentgeltliche Zurverfügungstellung der
Trainingsfläche in der Eishalle Düdingen (Schweiz).
Interessenkonflikt: Nein
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