Reform Spitalfinanzierung

Wer bezahlt für Spitalaufenthalte?
Barbara Schroeder de Castro Lopes, Associate
Über diese Frage wird sich in diesem Jahr die
beschriebenen (Fehl-)Anreize des geltenden
Gesundheitskommission
Nationalrats
Systems im stationären Bereich werden diese
wieder vertieft beugen. Die derzeitige Finan-
des
Möglichkeiten in der Schweiz aber noch zu
zierung der Kosten für stationäre Behandlun-
wenig genutzt. Entsprechend hoch ist der
gen wird als unbefriedigend betrachtet und
Kostenanteil der stationären Kosten in den
setzt falsche Anreize. Entsprechend ist die
Gesamtkosten
nächste grosse Gesundheitsreform also in
gung.
Sichtweite.
der
medizinischen
Versor-
Reformüberlegungen
Das geltende System
Die derzeitigen Reformansätze zielen zu-
Derzeit gelten für ambulante und stationäre
nächst auf eine Anpassung des Finanzie-
Behandlungen
rungsmodus
unterschiedliche
Finanzie-
im
ambulanten
Bereich
hin.
rungsmechanismen. Während bei ambulan-
Demnach sollen sich die Kantone auch an
ten Behandlungen die Versicherer die alleini-
den Kosten der ambulanten Behandlungen
gen Kostenträger sind, werden die stationä-
beteiligen. Diskutiert wird über eine Kosten-
ren Behandlungen von den Kantonen (55 %)
beteiligung von 75 % für die Versicherer und
und Versicherern (45 %) in einem dualen
25 % für die Kantone. Gemäss derzeitigem
System gemeinsam finanziert. Aus der Sicht
Stand ist für die Umsetzung dieses Vorha-
der Versicherer ist eine stationäre Behand-
bens eine Verfassungsänderung nicht erfor-
lung günstiger, da sie in diesen Fällen weni-
derlich. Eine Einbettung der Änderung in das
ger Kosten tragen. Gesamtwirtschaftlich be-
Krankenversicherungsgesetz reicht.
trachtet führt dies aber zu einem Kostentreiber, da die stationäre Behandlung meist teurer ist als eine ambulante.
Ein anderer Reformansatz strebt ein einheitliches Finanzierungssystem – begleitet von
Verbesserungen im Tarifwesen - an. Die Be-
Gleichzeitig ist aus der Sicht gerade der klei-
fürworter dieses Modells vertreten die An-
nen Spitäler eine optimale Bettenauslastung
sicht, dass somit die Attraktivität integrierter
betriebswirtschaftlich erwünscht. Und auch
Versorgungsmodelle durch zusätzliche Prä-
die Kantone – zumeist die Eigentümer der
mienrabatte erhöht werden könne. Mit einer
Spitäler – befinden sich in einer Zwickmühle.
einhergehenden besseren Steuerung der Be-
Sollen Spitäler geschlossen werden, ist dies
handlungskette vom stationären in den am-
politisch riskant, da äusserst unpopulär.
bulanten Bereich würde die Versorgungsqua-
Erweitertes Spektrum an ambulanten
Behandlungsmöglichkeiten
Dank neuer medizinischer Möglichkeiten ist
das Spektrum ambulanter Behandlungsmöglichkeiten stetig gewachsen. Aufgrund der
lität verbessert und es könnten Kosten gespart werden.
Gelingt es, eine breite Verschiebung der Behandlungen in den ambulanten Sektor zu erwirken,
beläuft sich
das Einsparpotenzial
2
Schätzungen zufolge auf 1,5 bis 3 Milliarden
langt, erfolgt eine weitergehende Verlage-
CHF.
rung der politischen Verantwortung auf die
Wer kontrolliert die Steuergelder?
Beide Modelle lassen die Frage noch offen,
wie die Kantone die Verwendung ihrer Steuermittel kontrollieren können. Wenn die Kantone sich auch an der Finanzierung der ambulanten Spitalbehandlung beteiligen, wollen
sie naturgemäss auch ein Mitspracherecht.
Dies wiederum würde das ohnehin komplexe
System vermutlich weiter verkomplizieren.
Wenn bei einem einheitlichen Finanzierungsmodus der Vergütungsanteil der Kantone
über den Risikoausgleich zu den Kassen ge-
Versicherer. Dies ist bei traditionell paternalistischen Kräften nicht erwünscht. Ob eine
verstärkte Position der Krankenkassen durch
eine verschärfte Aufsicht ausgeglichen werden kann, ist derzeit noch offen.
Das Jahr 2017 verspricht gesundheitspolitisch also ein bewegtes Jahr zu werden, wobei erste konkrete Vorschläge der von der
Nationalrätin Ruth Humbel präsidierten Subkommission
der
Gesundheitskommission
nicht vor dem Herbst 2017 erwartet werden.