20 Lifestyle- oder Medizinprodukt? Regulatorische

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20 Lifestyle- oder Medizinprodukt? Regulatorische
Anforderungen an Medical Apps
Christian Wyss, LL.M.
Heutige mobile Geräte verfügen über viele Funk­
Wellnessanwendung oder Medizinprodukt?
tionen, die auch für medizinische Zwecke genutzt
werden können: Apps messen, wie oft wir uns
Das
b ewegen, zählen Kalorien, geben Gesundheits­
Zweckbestimmung, die der App mit ihrem Namen,
tipps, analysieren Daten oder helfen bei der Dosie-
in der Werbung und in der Gebrauchsanweisung
rung von Medikamenten. Apps im Bereich Lifestyle,
gegeben wird. Folgende Apps gelten beispielsweise
Fitness,
als Medizinprodukte:
Wohlbefinden
und
Ernährung
bleiben
wichtigste
Abgrenzungskriterium
ist
die
ausserhalb der Medizinprodukteregulierung und
­
–
Diabetes-Management App zur Erfassung
können auch von kleinen Softwareentwicklernrasch
der Blutzuckerwerte und Ermittlung der nö-
und kostengünstig erstellt werden. Zur medizini-
tigen Insulinmenge
schen Verwendung bestimmte oder angeprie­
s ene
–Sehtest-App
Apps unterliegen dagegen den strengen Anforde-
–
Herzmassage-App, die mit Bewegungssen-
rungen der Medizinprodukteregulierung. Im Einzel-
sor und Stoppuhr prüft, ob die Herzmassage
fall kann diese Grenze schwierig zu ziehen sein.
richtig ausgeführt wird
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L ifestyle- oder Medizinprodukt? Regulatorische Anforderungen an Medical Apps
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–Pulsmessung für Patienten
zungen für das Inverkehrbringen erfüllt sind. Sind
–App, die einem Blutspender Gesundheitsfra-
diesen nicht erfüllt, kann Swissmedic die App vom
gen stellt um zu ermitteln, ob das Blutspen-
Markt nehmen und das weitere Inverkehrbringen in
dezentrum sein Blut verwenden kann
der Schweiz und in der EU unter Strafdrohung ver-
–
Menstruationskalender, um die fruchtbaren
bieten.
Tage des Monats zu bestimmen
–App die stillenden Müttern sagt, ob sie ein
bestimmtes Medikament nehmen dürfen
–App die hilft, mit dem Rauchen aufzuhören
–App die überwacht, ob verschriebene Medikamente regelmässig eingenommen werden
Dagegen gelten beispielsweise folgende Apps nicht
als Medizinprodukte:
–Schrittzähler
–Pulsmessung für Sportler
–App, die beim Sport an Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr erinnert
–Kalorienzähler für Linienbewusste
–App mit Fitnessübungen
Zubehör und Nachschlagewerke
Als Medizinprodukt gelten Apps, die ein Mobiltelefon oder Tablet zum Zubehör eines medizinischen
Geräts machen: Eine App macht das iPhone zur
Fernbedienung für die Insulinpumpe oder das Hörgerät, oder ein Tablet dient als Bildschirm für eine
Magnetresonanztomographie.
Nicht als Medizinprodukte gelten Apps, die den Inhalt von medizinischen Büchern oder Zeitschriften
auf dem Mobiltelefon verfügbar machen, z. B. ein
medizinisches
Wörterbuch
oder
Ausbildungsvi-
deos. Geht die App über die reine Wissensbereitstellung hinaus und bietet Entscheidungsunterstützung oder berechnet eine Medikamentendosis, liegt
ein Medizinprodukt vor.
Warum ist diese Abgrenzung wichtig?
Nicht alle Softwareentwickler sind vertraut mit den
umfangreichen regulatorischen Anforderungen im
Gesundheitswesen. Fällt eine App unter die Medizinprodukteregulierung, gelten erhöhte Anforderungen an Qualitätsmanagement und Dokumentation bei Entwicklung, Programmierung, Validierung,
Testing
und
Versionenmanagement.
Die
Markteinführung erfordert ein CE-Kennzeichnen
und muss in den meisten Fällen der Swissmedic
gemeldet werden.
Swissmedic
kann
nachträglich
kostenpflichtige
Kontrollen durchführen um zu bestimmen, ob eine
App als Medizinprodukt gilt und ob die Vorausset-
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