strategien für das ungewisse

DIGITALE ARCHITEKTUREN
STRATEGIEN FÜR DAS UNGEWISSE
Von Dr. Wolfram Jost, Chief Technology Officer, Software AG
INHALTSVERZEICHNIS
Einführung: Digitale Architekturen –
Baupläne für das digitale Business 1
Die Zeit ist reif: eine neue Architektur – jetzt 1
Definition und Aufgabe der
Technologiearchitektur
3
Grenzen und Wandel der
Technologiearchitektur im Laufe der Zeit:
vom Mainframe in die Cloud 3
Aufbruch ins digitale Zeitalter – neue
Konz­epte, Paradigmen und Technologien
für digitale Architekturen
6
Digitale Anwendungsarchitekturen –
ergänzende Technologiekonzepte
11
Facelifting für die Digitalisierung –
Einbind­ung traditioneller Anwendungen 12
Anwendungsfall: IoT-Architektur
13
Fazit: Mit digitalen Architekturen gut
gerüstet für das Ungewisse
14
Schlusswort: Unternehmensmodellierung
und IT-Portfolio-Management 15
Digitale Architekturen – Baupläne für das digitale
Business
Business heißt künftig digitales Business, Software ist DER Innovationsfaktor. Damit verändern sich die Spielregeln im Markt. Unternehmen sind nicht mehr ausschließlich Konsumenten, sondern gleichzeitig Produzenten. Sie müssen Softwareunternehmen werden,
wenn sie sich im digitalen Zeitalter behaupten wollen. Die Digitalisierung beeinflusst
unmittelbar die IT- und Anwendungsarchitekturen der Unternehmen.
Digitale Use-Cases (Anwendungsfälle) sind so vielfältig wie das Business selbst. Sie
lassen sich nicht als Lösungen von der Stange kaufen. Digitale Business-Plattformen
verleihen Unternehmen hier die gebotene Agilität und Flexibilität, um den Weg der
Digitalisierung erfolgreich zu beschreiten.
In der Konsequenz bedeutet diese Entwicklung, dass die Architekturthematik auf die
Agenda der IT-Verantwortlichen gehört bzw. gehören muss. Während Lösungen von der
Stange, etwa ERP-Anwendungen, ihre Architektur quasi als „Black Box“ einschließen,
muss die Gestaltung der Architekturen künftiger Anwendungsszenarien durch die Unternehmen selbst erfolgen. Nur sie verfügen über die Transparenz und den Weitblick, um
auf Grundlage der Capabilities digitaler Plattformen eine passende Architektur für die
neuen Use-Cases zu dimensionieren.
Die Zeit ist reif: eine neue Architektur – jetzt!
Softwareanwendungen blicken auf eine lange Geschichte zurück. Bereits seit mehr als
40 Jahren versorgen Entwickler Unternehmen mit IT-Programmen, die der Unterstützung von Geschäftsprozessen dienen. Zunächst galten Unternehmen als modern und
innovativ, wenn sie überhaupt Software nutzten. Heute kommt keine Organisation ohne
Software aus. In Zeiten der Digitalisierung ist die IT im Haus ein Muss, und sie erfordert
mehr denn je eine kluge und durchdachte technische Struktur, oder anders ausgedrückt,
eine intelligente Architektur.
Um den Anspruch an eine digitale Architektur für die Unternehmens-IT zu verstehen, hilft
ein kurzer Blick auf die Entstehungsgeschichte.
WHITE PAPER
Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Die Entwicklung von Unternehmenssoftware lässt sich in drei Hauptphasen unterteilen:
Während der ersten Phase wurde Individualsoftware für ausgewählte Geschäftsfunktionen – z. B. aus dem Finanz- oder Personalwesen – entwickelt. Die Entwicklung erfolgte
zwar mit externer Unterstützung, allerdings ausnahmslos für das Unternehmen selbst.
Erstes und einziges Zielsystem war der Großrechner (Mainframe). Aufgrund des monolithischen Designgrundsatzes der Mainframe-Architektur kam eine Diskussion darüber
erst gar nicht auf. Sie war durch die Systemwahl bereits zementiert. Auch Tools für die
Softwareentwicklung, die die Arbeit von der Planung bis zur Implementierung erleichterten, waren noch Gegenstand der Forschung und erst rudimentär ausgebildet. Entwicklung, Ausbau und Wartung dieser Anwendungen waren daher beinahe zwangsläufig mit
sehr viel Aufwand und hohen Kosten verbunden.
Die zweite Phase aus Perspektive der Unternehmenssoftware-Architekturen bildete die
Ära der Standardanwendungen. Anders als die zuvor individuell geprägten Eigenentwicklungen der Unternehmen wurden die Programme von externen Softwareanbietern
entwickelt und vermarktet. Die Softwarepakete von der Stange bedienten nicht mehr nur
einzelne Funktionen, sondern mit der Zeit mehr oder weniger sämtliche administrativen
Geschäftsprozesse eines Unternehmens. Der Fachbegriff „Enterprise-Resource-Planning
(ERP)“ etablierte sich für diese Art der Anwendungen. Allerdings schrieben auch Standardanwendungen die Architektur vor, selbst wenn der monolithische Designgrundsatz
im Zuge des technischen Fortschritts von Client-Server-Strukturen und Webarchitektur
abgelöst wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Anwendungspakete den Rahmen für
Innovationen in Unternehmen an Geschäftsmodellen und -prozessen abstecken. Anders
formuliert: Die externen Softwarehersteller gaben hier die Innovationsrichtung und das
Tempo vor.
Heute befinden wir uns in der dritten Phase, die sich auf digitale Plattformen
konzentriert. Sie unterscheidet sich wesentlich von den beiden vorangegangenen Phasen. Während bislang die Kostenoptimierung und Standardisierung administrativer Geschäftsprozesse im Vordergrund standen, geben digitale Plattformen den Unternehmen
freie Hand, dank der schnellen Entwicklung und Integration innovativer, differenzierender
Anwendungen neue Geschäftsmodelle zu erstellen. Diese plattformbasierten digitalen
Anwendungen verlagern den Fokus vom Backoffice auf das Frontoffice, also dorthin, wo
das Geschäft mit Kunden und Partnern gemacht wird. Mit den neuen digitalisierten Geschäftsprozessen verändert sich auch die Art und Weise der Interaktion und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kunden grundlegend. Zum einen steht der Kunde im
Mittelpunkt des Interesses: Seine Wünsche, Bedürfnisse und sein Kaufverhalten werden
möglichst in Echtzeit analysiert, und die daraus entstehenden Rückmeldungen an Unternehmen in neue Geschäftsmodelle umgesetzt, um neue, digitale Kundenerlebnisse zu
schaffen. Zum anderen gewinnt der „Co-Faktor“ an Einfluss: kooperative Geschäftsmodelle weichen den traditionellen, rein unternehmenszentrischen Fokus auf. Unternehmen
sind gleichzeitig Consumer und Provider von Software.
Das heißt in der Konsequenz, dass sich die Unternehmen nun selbst intensiv mit der
Architektur der Digitalisierung befassen müssen. Denn im Unterschied zu den bisherigen
Unternehmensanwendungen können digitalisierte Geschäftsprozesse nicht als (Komplett-)Lösung von der Stange gekauft werden. Damit liegen auch das Design und der
Zuschnitt der technischen Basis – die Technologiearchitektur – in der (Eigen-)Verantwortung der Unternehmen. Denn die faktische Tragweite der Entscheidungen hinsichtlich
der Architekturdesigns zeigt sich immer auch daran, wie sie die nicht anwendungsbezogenen Merkmale beeinflussen, beispielsweise Performance, Skalierbarkeit, Resilienz, Bedienbarkeit, Aktualisierbarkeit, Sicherheit, Interoperabilität oder Wartung. Diese Bindung
ist selbstverständlich nicht neu. Schon in der Vergangenheit waren die Grenzen der gewählten Standardsoftware aus technischer Sicht spürbar, wenn eine größere Nutzerzahl
oder ein höheres Datenvolumen bewältigt werden musste. Neu ist nun jedoch, dass die
Unternehmen selbst die Grenzen der digitalen Anwendungsarchitektur bestimmen. Der
Mehraufwand im Vorfeld für die Festlegung der optimalen Technologiearchitektur zahlt
sich später in Form größerer Agilität und Flexibilität aus, wenn digitale Geschäftsprozesse neu zu entwerfen oder anzupassen sind.
2
Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
DIE NEUE DIGITALE IT-ARCHITEKTUR
BIMODAL UND INTEGRATIONSZENTRISCH
SaaS
Big Data
PaaS
Mobile Apps
Partner
CLOUD
DIGITAL BUSINESS PLATFORM
Systems of Differentiation
(digitale Applikationen)
+
(PaaS Suite)
Kern-ERP (SOR)
Legacy
BI
HYBRID
Dinge
ON
PREMISE
Modular, agil, flexibel, schnell, differenzierend
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All rights
reserved. digitale
For internal use only
1 |
Abbildung
1:AG.Die
neue
Architektur
Definition und Aufgabe der Technologiearchitektur
Eine Technologiearchitektur beschreibt die Struktur, das Zusammenspiel und die Anordnung der verschiedenen Softwarekomponenten im Rahmen einer größeren Anwendung.
Sie gibt Aufschluss darüber, wie ein System von Grund auf konzipiert ist. Ausgehend
von den Anforderungen der Fachabteilungen und den zugehörigen Use-Cases zeigt die
Architektur, wie die gesamte Geschäftslogik in verschiedene Komponenten gegliedert
ist und wie diese Komponenten miteinander verbunden sind. Daneben beschreibt die
Architektur die benötigten IT-Ressourcen und wie diese in verteilten Systemen von verschiedenen Komponenten genutzt werden.
Zentrale Kriterien für den richtigen Zuschnitt einer Technologiearchitektur sind: die von
der Anwendung zu verarbeitende Datenmenge, die Anzahl der Benutzer sowie das
gewünschte Maß an Flexibilität, Performance und Skalierbarkeit. Eine Anwendung, die
von mehreren Millionen Benutzern genutzt wird und Daten im Terabyte-Bereich verarbeitet, erfordert einen anderen Aufbau als eine Anwendung für 50 Benutzer und einige
Gigabyte Daten. Und auch eine Anwendung, die Daten in Echtzeit verarbeiten muss
(in Sekunden oder Millisekunden), benötigt im Vergleich zu einer nicht latenzkritischen
Anwendung eine andere Architektur.
Die Umsetzung von Geschäftsideen in Technologiearchitekturen ist komplex und
anspruchsvoll. Ein Entwickler läuft stets Gefahr, dass er den Zuschnitt zu groß oder zu
knapp dimensioniert (Over- und Under-Engineering). Die Folge können mangelnde Prozessunterstützung, fehlende Agilität und Skalierbarkeit, umständliches Betriebsmanagement und geringe Benutzerakzeptanz sein.
Grenzen und Wandel der Technologiearchitektur im
Laufe der Zeit: vom Mainframe in die Cloud
Die Use-Cases der IT in den Unternehmen waren und sind stets das Ergebnis der technischen Optionen und des softwaretechnisch Machbaren. Von Beginn an treiben innovative Durchbrüche bei der Hardware, der Netzwerktechnik, der Speichertechnologie und
der Softwareentwicklung den Wandel in der Unternehmens-IT voran. Die Technologiearchitektur ­– oder genauer der Wandel der Architekturen – ist daher ein Spiegelbild des
technischen Fortschritts, wie der Blick auf die unterschiedlichen Episoden verdeutlicht.
3
Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
ARCHITEKTUR-EVOLUTION
Dev
Ops
DevOps
Abbildung 2: Evolution der Architektur
Mainframe-Ära
Mainframes gibt es schon seit den 1950er Jahren. Zu den Stars der IT wurden sie in den
1960er und 1970er Jahren. Bis heute sind sie wichtiger Bestandteil vieler IT-Landschaften,
wenn auch in völlig anderer Form als zu Beginn. Die ersten Architekturen waren noch
sehr einfach aufgebaut. Software und Hardware waren starr und fest miteinander verwoben. Das bedeutete, eine Anwendung wurde immer für ein bestimmtes Hardwaresystem
entwickelt.
Ein großes zentrales Rechensystem übernahm alle Aufgaben, während „dumme“
Terminals zur Darstellung und Eingabe dienten. Eine auf dem Mainframe implementierte monolithische Anwendung enthielt die gesamte Geschäfts- und Datenlogik eines
Unternehmens. Diese Art von Architektur war einfach zu warten, doch fehlte ihr jegliche
Agilität und Flexibilität. Sie ließ sich innerhalb der Leistungsbandbreite des Rechners
problemlos vertikal skalieren (Scale-up), eine horizontale Skalierung (Scale-out) war allgemein jedoch nicht möglich. Fortschritte auf dem Gebiet der Softwaretechnik und des
Programmaufbaus führten zu einer ersten Standardisierung und logischen Trennung von
Softwareschichten. Neben den Hardwareherstellern waren erste Softwareunternehmen
wie die Software AG mit ihrer Hochleistungsdatenbank Adabas treibende Kräfte hinter
dem Aufbau der Software(produkt)-Industrie.
Client-Server-Epoche
Die sich bereits in der Mainframe-Ära abzeichnenden Entwicklungen mündeten in die
nächste Generation der Technologiearchitekturen, die Client-Server-Architektur. Der
große Fortschritt gegenüber dem Mainframe bestand darin, dass die Geschäftslogik
der gesamten Anwendung in drei Schichten zerlegt wurde: Client (Oberflächenlogik),
Anwendungsserver (Programm-, Prozess-, Entscheidungslogik) und Datenbankserver
(Datenlogik). Möglich wurde diese radikale Veränderung durch die verschiedenen
softwarebasierten Erfindungen: UNIX® als hardwareunabhängiges Betriebssystem, die
standardisierte Datenbank-Abfragesprache SQL, verteilte Objektmodelle und neue
objektorientierte Programmiersprachen für Programm- und Datenlogik. Gleichzeitig
schrumpfte die Größe der Hardware dank der fortschreitenden Chip- und Speichertechnologie. Computer beanspruchten nicht mehr ganze Räume, sondern fanden den Weg
aus den Kellern heraus in die Büros.
Die Client-Server-Architektur war ein echter Durchbruch. Sie beschritt vollkommen neue
Wege bei der Konzeption und Entwicklung benutzerfreundlicher Oberflächen und bot
mehr Wahlfreiheit bei Hardware und Software. Ein weiterer wichtiger Aspekt war: das
Client-Server-Modell führte nicht nur einen technologischen Wandel herbei, sondern mit
der Dezentralisierung ehemals zentraler Aufgaben auch eine organisatorische Veränderung. Damals begannen die Geschäftsbereiche, sich mit dem Thema „IT“ zu befassen.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Die „Web-isierung“ der IT
Auf die Client-Server-Architekturen folgten die Webarchitekturen. Der wichtigste Unterschied zum Client-Server-Modell und gleichzeitig die wesentliche Neuerung bestand
darin, dass der Browser zum neuen Frontend wurde und den Zugriff auf Geschäftsanwendungen über das Internet ermöglichte. Die Bedienung und Teile der Geschäftslogik wurden nun über den Browser und nicht mehr über ein dediziertes Client-System
gesteuert.
Allgemein formuliert handelt es sich bei Webanwendungen um Computerprogramme,
mit denen die Benutzer mithilfe eines Webbrowsers über das Internet auf Daten in
einer Datenbank zugreifen können. Die Informationen werden von der Webanwendung
über einen Webserver dynamisch erzeugt (in einem spezifischen Format, z. B. HTML
mit CSS). Webanwendungen lassen sich überall und zum Nulltarif ohne clientseitige
Installationsanforderungen implementieren. Die Abwicklung von Geschäften über das
Internet führt zu ganz neuen Geschäftsmodellen und Interaktionsmustern zwischen den
Unternehmen und ihren Kunden. Damit eröffnete sich ein vollkommen neuer Kommunikations- und Vertriebskanal für Unternehmen, dessen Potenzial mit dem Schlagwort
E-Business/E-Commerce umschrieben wird.
Serviceorientierte Architekturen (SOA): Stilkunde für verteilte Anwendungsarchitekturen
Im Kontext der Web-isierung des Client-Server-Modells tauchte mit SOA (serviceorientierte Architektur) ein neuer Architekturstil auf, der eher ein Paradigma beziehungsweise Muster für das Architekturdesign als ein konkretes Konzept zur Implementierung
einer Architektur verkörpert. Die Kernidee hinter SOA besteht darin, Client-Server-Anwendungen mit ihrer nach wie vor monolithisch geprägten Grundstruktur in kleinere,
unabhängige Komponenten – sogenannte Services – zu zerlegen, die über festgelegte
Serviceschnittstellen miteinander kommunizieren und sich zu höherwertigen Services
koordinieren lassen. Die Offenlegung dieser Serviceschnittstellen führte dazu, dass
auch externe Applikationen diese auf einfache Weise konsumieren konnten. Auf welche
Weise die Geschäftslogik des Services implementiert wird, ist unerheblich. Die technische Umsetzung und auch die Komplexität bleiben hinter der standardisierten Serviceschnittstelle verborgen, die als eine Art Vertrag zwischen dem Anbieter und dem Nutzer
des Services dient. Mit diesem Kunstgriff sollte SOA eine größere Flexibilität und Agilität
bei der Integration, Änderung und Verwaltung der Anwendungslogik begünstigen. Trotz
der genialen Konzeption ist der Erfolg von SOA sehr begrenzt geblieben. Dies liegt vor
allem daran, dass zwar die Methodik für eine effiziente Umsetzung der SOA-Grundsätze
vorhanden war, es aber (noch) an geeigneten Werkzeugen und Technologien mangelte.
Cloud-Computing – IT-Leistung als Internet-Service
Das jüngste Paradigma einer Technologiearchitektur heißt Cloud-Computing: die bedarfsorientierte Nutzung von IT-Leistungen als Mietservice. Es werden alle IT-Ressourcen
oder Funktionen einer Anwendung oder eine IT-Ressource als Service über das Internet
zur Verfügung gestellt und genutzt. Das bedeutet, auf der Kunden- bzw. Nutzerseite ist
keinerlei Installation vorhanden. Zentrale Merkmale sind webbasierte Frontends, nahezu
beliebig kombinierbare IT-Services, dynamische Skalierbarkeit und Mandantenfähigkeit.
Mit Cloud-Computing werden ein Architekturmuster, ein Bereitstellungskonzept und ein
Geschäftsmodell in einem ganzheitlichen Ansatz bereitgestellt. Es werden alle Daten
oder Funktionen einer Anwendung oder einer IT-Ressource flexibel als Service über das
Internet zur Verfügung gestellt und genutzt. Das bedeutet, dass Kunden beziehungsweise Nutzer von der komplexen Aufgabe entbunden werden, eine physische IT-Infrastruktur aufzustellen und zu implementieren. Damit entfällt die kapitalintensive Beschaffung
der Hard- und Softwareausrüstung. Gleichzeitig löst Cloud-Computing mit seinen abonnementbasierten Preismodellen den traditionellen Bezug von Software als Kauflizenz mit
jährlichen Wartungsgebühren ab.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Aufbruch ins digitale Zeitalter – neue Konzepte, Paradigmen und Technologien für digitale
Architekturen
Die digitale Transformation ist heute allgegenwärtig. Jedes Business ist künftig auch ein
digitales Business. Alles, was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert. Jetzt und in
der Zukunft! Warum dies so ist? Einfach weil man es kann!
Konkret verheißt Digitalisierung, den Boden für neue Geschäftsmodelle und -optionen
zu bereiten, indem die physische Welt mit ihrem digitalen Pendant verschmilzt. Digitale
Geschäftsmodelle basieren nicht auf fertigen (Software-)Produkten, sondern auf digitalen
Plattformen. Nur Plattformen bieten die Flexibilität und Agilität, die für rasche und kontinuierliche Veränderungen und Anpassungen nötig sind. Digitale Technologien wie die
Cloud, mobile Geräte, soziale Netzwerke, das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT)
und Big Data bilden die Grundlage. Mit der Digitalisierung verändert sich grundlegend
die Art und Weise, wie Unternehmen für ihre Kunden Produkte und Dienstleistungen
konzipieren, entwickeln, bereitstellen und vertreiben und durch den Aufbau von Partnernetzen Mehrwert generieren.
Die Digital Business Platform
Plattformen, wie die Digital Business Platform der Software AG, bestehen nicht aus einem
einzigen monolithischen System, sondern umfassen unterschiedliche Bausteine, die
einzeln implementiert und nach und nach ergänzt werden können. Die Digital Business
Platform der Software AG deckt die technischen Anforderungen der Digitalisierung mit
folgenden fünf Bausteinen ab:
1. Baustein eins: für Business- und IT-Transformation. Die digitale Transformation ist
ein Prozess in sich selbst. Dieser Transformationsprozess muss professionell geplant,
gesteuert und überwacht werden. Die inhaltliche Transformation sowohl der Prozesse und Organisation als auch der IT-Landschaft ist dabei keine rein technische
Aufgabe, sondern auch eine Managementaufgabe. Dies gilt es durch Tools und
Methoden zu unterstützen, um smarte Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
Business-Process-Analysis- und IT- Management-Tools (wie ARIS und Alfabet) sind
hier von großem Nutzen.
2. Baustein zwei: für die Speicherung von Daten im Arbeitsspeicher. Daten werden zukünftig im Arbeitsspeicher verwaltet, um in Echtzeit darauf zuzugreifen und Auswertungen innerhalb von Millisekunden zu erhalten.
Performance und Scale sind wesentliche Herausforderungen des digitalen Geschäfts. In-Memory-Speicher-Tools (wie Terracotta) liefern die technische Grundlage.
3. Baustein drei: für die Integration. Monolithische Anwendungen wird es auch weiterhin geben. Aber es wird eine Vielzahl anderer Systeme hinzukommen. SaaS-Applikationen, mobile Applikationen, Big-Data-Applikationen, IoT-Applikationen soziale
Netzwerke und Partner-Applikationen. All diese Systeme müssen integriert werden,
um durchgängige und effiziente Prozesse zu erreichen. Integration ist des-halb das
Gebot der Stunde, diese wird durch Integrations- und API-Management-Tools (z. B.
webMethods) bereitgestellt.
4. Baustein vier: für Prozesse. Wer das Geschäft ändern will, ändert seine Geschäftsprozesse auf der Basis neuer Geschäftsapplikationen. Sie sind der Kern eines jeden
Geschäftsmodells. Letztendlich sind es auch die Prozessinnovationen, die digitale
von traditionellen Unternehmen unterscheiden. Die Neugestaltung der differenzierenden Geschäftsprozesse durch die schnelle und einfache Entwicklung neuer
digitaler Geschäftsapplikationen ist somit ein Kernelement der Digitalisierung.
Unterstützende Komponenten dafür sind agile Apps und BPMS-Tools
(z. B. webMethods BPMS und AgileApps).
5. Baustein fünf: zur Datenanalyse und Entscheidungsfindung in Echtzeit. Schnellere und
bessere Entscheidungen in Echtzeit sind ebenfalls Kern einer jeden digitalen Strategie. Die Sammlung, Speicherung, Analyse und Visualisierung entscheidungsrelevanter
Daten ist daher eine wesentliche Fähigkeit eines digitalen Unternehmens. Dies gilt
sowohl für statische als auch für Echtzeit-Daten. Zur Echtzeit-Analyse und für operationale Intelligenz stehen Komponenten wie Apama und webMethods
Operational Intelligence zur Verfügung.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
PLATTFORM FÜR INNOVATIONEN UND DIFFERENZIERUNG IN DER DIGITALEN WELT
ANALYTICS & DECISIONS
Streaming Analytics
Operational Intelligence
BUSINESS & IT
TRANSFORMATION
Business Process
Analysis
powered by
APAMA & WEBMETHODS
CLOUD
AGILE PROCESS
Business Process Management
Agile Applications
Governance, Risk &
Compliance
powered by
WEBMETHODS
IT Portfolio Management
Integration
API Management
Enterprise Architecture
Management
powered by
WEBMETHODS
ON
PREMISE
IN-MEMORY DATA
powered by
ARIS & ALFABET
+
HYBRID
INTEGRATION
In-memory Data Fabric
powered by
TERRACOTTA
Abbildung 3: Die Digital Business Platform der Software AG
Aufgrund der inhärent disruptiven Wirkung digitaler Modelle und Optionen steigt der
Anspruch an das Leistungsversprechen der IT. Diese Modelle und Optionen benötigen
ein höheres Maß an Agilität und Flexibilität als bisher, bei gleichzeitig niedrigerer Latenz,
höherer Skalierbarkeit, mehr Benutzerfreundlichkeit, automatisierter Entscheidungsfindung auf der Grundlage von Echtzeit-Analysen und einer hybriden, transaktionalen und
analytischen Verarbeitung. Eine neue Generation von Anwendungsarchitekturen ist
unumgänglich, die die maßgeblichen Software- und Betriebskonzepte wie Cloud,
Microservices, Container-Kapselung, API-Management, DevOps und Event-Steuerung
umsetzt.
DAS NEUE ARCHITEKTURPARADIGMA
Microservices
Containers
APIs
Speed of Innovation
Cloud
DevOps
Events
Abbildung 4: Das neue Architekturparadigma
Gleichzeitig muss man Abschied nehmen von der Vorstellung einer monolithischen
Architektur, die – vergleichbar zu dem traditionellen ERP-Anspruch – alle Unternehmensaufgaben abdeckt. Um sich vom Wettbewerb abzuheben und differenzierende Innovationen auf die Straße zu bringen, sind digitale Anwendungen auf agile und flexible Weise
zu konzipieren, zu entwickeln und zu implementieren. Diese Anwendungsfunktionen
lassen sich jedoch nur in der gewünschten Geschwindigkeit und Qualität bereitstellen,
wenn beim Stil der Anwendungsarchitektur neue Wege beschritten werden.
7
Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Agiler Softwareaufbau: Microservices
Differenzierende und innovative digitale Anwendungen müssen auf agile und flexible
Weise konzipiert, entwickelt und implementiert werden, damit digitale Geschäftsprozesse überhaupt möglich werden. Unternehmen müssen sich mit ihren Anwendungen von
ihren Mitbewerbern abheben, um wettbewerbsfähig und erfolgreich zu sein. Innovative
Anwendungen und Anwendungsfunktionen können jedoch nur mit der geforderten
Geschwindigkeit und Qualität bereitgestellt werden, wenn in der Konzeption der Anwendungsarchitekturen neue Wege beschritten werden. Mit Microservices etabliert sich
aktuell ein neues Architekturparadigma als Hoffnungsträger für mehr Agilität, Produktivität und Nachhaltigkeit in der digitalen Anwendungswelt.
Microservices stellen „kleinere“ Softwaremodule einer größeren, komplexen Anwendung dar, die unabhängig voneinander implementiert, bereitgestellt, aktualisiert und
verwaltet werden können. Sie greifen damit die SOA-Idee auf, gehen jedoch darüber
hinaus. Ging es bei SOA mehr um die externe Bereitstellung von Serviceschnittstellen,
so geht es bei Microservices mehr um den inneren Aufbau einer modernen Geschäftsapplikation. Denn auf der Grundlage von Microservices lassen sich monolithische Anwendungen in kleine Programmpakete zerlegen, die autonom in „ihrer“ Technikumgebung
funktionieren. Die Entwicklung lässt sich somit auf beliebig viele Teams aufteilen. Unabhängig von den anderen Teams implementiert, verbessert oder erweitert jedes Team
den eigenen Microservice.
Ein solches Architekturdesign besitzt den Charme, dass die Entwicklung der Software an
Agilität und Tempo zulegt. Sie erfüllt damit einen Grundanspruch digitaler Anwendungen. Unternehmen sind in der Lage, Innovationen innerhalb von Tagen anstatt Monaten
oder Jahren auf den Markt bringen. Auf diese Weise lassen sich neue Geschäftsmöglichkeiten schneller wahrnehmen und Produktivitätssteigerungen rascher verwirklichen.
Hinzu kommt, dass die Entwicklung nachhaltiger wird, da zwischen den einzelnen
Services kaum eine Abhängigkeit existiert. Eine einheitliche technische Basis ist folglich
nicht vonnöten. Schließlich können Microservices im Unterschied zu monolithischen
Anwendungen unabhängig voneinander in Produktion gehen. Die Abstimmungs- und
Koordinierungsprozedur, die ansonsten erforderlich ist, wenn ein Team beispielsweise
die Programmbibliothek eines Tools aktualisieren möchte, entfällt.
MICROSERVICES-ARCHITEKTUR
API Gateway/ API Portal
Load Balancer
API
API
API
API
Microservice
Microservice
Microservice
Microservice
In-Memory
In-Memory
In-Memory
In-Memory
Container
Container
Container
Container
Events
Events
Messaging
DevOps Tool Chain
Abbildung 5: Architektur der Microservices
8
Big Data
Event Store
Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Agile Inbetriebnahme: Container
Der Vorzug des raschen Deployments von Microservices entfaltet insbesondere in
Kombination mit dem (Betriebssystem-)Container-Konzept seine Wirkung. Diese
Container stellen eine wichtige Virtualisierungs- und Abstrahierungstechnologie in der
Infrastrukturautomatisierung dar, wenn beispielsweise Anwendungsservices schnell aus
der Entwicklungsumgebung in die Test- oder Produktionsinfrastruktur zu überführen
sind. Ebenso lassen sich problemlos beliebig viele Kopien in Betrieb nehmen, wenn ein
Anwendungsservice aufgrund einer höheren Nachfrage skaliert werden muss. Container
umfassen die komplette Ablaufumgebung eines Microservices. Im Unterschied zur
Technologie der virtualisierten Maschinen teilen sie sich den Betriebssystem-Kernel und
weitere Bibliothekselemente, die Anwendungen hingegen bleiben voneinander isoliert.
Aus diesem Grund lassen sie sich innerhalb weniger Sekunden oder Millisekunden
bereitstellen, während das sonst Minuten dauern kann. Wie ihre Namensvettern in der
Transportlogistik bieten Container unabhängig vom Inhalt eine vorhersehbare verlässliche Umgebung. Entwickler sind in der angenehmen Lage, sich ausschließlich auf das
Programmieren der Geschäftslogik konzentrieren zu können, die technische Inbetriebnahme ist weitgehend automatisiert. Mit diesen Eigenschaften leisten Containermanagement-Lösungen wie Docker einen wichtigen Beitrag für die agile Entwicklung von
Anwendungen, da Änderungen sich mit der in der digitalen Welt gebotenen Geschwindigkeit implementieren und aktivieren lassen.
Agiles Verbindungsmanagement: APIs
Die Verbindung zwischen den einzelnen Microservices erfolgt typischerweise über
Programmierschnittstellen (Application-Programming-Interfaces, APIs). Sie stellen eine
Softwarekomponente dar, die Funktionen für den Zugriff auf die zugrunde liegenden
Softwareressourcen (Endpunkte) bereithalten. Die Programmierschnittstelle beschreibt
die Daten (Eingabe/Ausgabe) und die Vorgänge der Ressource (Anwendung). Damit ist
ein API eine Abstraktionsschicht (Virtualisierungsschicht) über einer Softwareressource,
die Geschäftslogik bereitstellt. APIs öffnen gewissermaßen die Tür für die dahinterliegenden Funktionen und Datenquellen, ohne dass deren technische Implementierung
eine Rolle spielt. Der Nutzer eines API kann sich darauf verlassen, dass die Schnittstelle
stabil und von Änderungen im Microservice unabhängig ist.
Von den Eigenschaften des API-Konzeptes können alle Anwendungs- und Architekturkomponenten profitieren. Für die Verwaltung der Schnittstellen-Aufrufe und die gebotene Transparenz zu den verfügbaren APIs gehört daher die API-Management-Technologie zur Grundausstattung digitaler Architekturen. Sie soll verhindern, dass im Geflecht
der Kommunikationswege der aufrufenden Services der Überblick verloren geht. Die
API-Management-Technologie mit den beiden Komponenten Gateway und Portal
unterstützt IT-Teams in den Aufgaben, Service-Schnittstellen zu konzipieren, zu implementieren, bereitzustellen, zu betreiben, zu entdecken, zu nutzen, zu steuern und zu
überwachen. Das API-Gateway arbeitet in erster Linie als Vermittlungsinstanz, um die
Kommunikation zwischen aufrufenden System und dem API des Services zu kontrollieren
und zuverlässig zu steuern. Das Portal lässt sich am besten als Schaufenster verfügbarer
APIs sowie als Kollaborationsplattform für den Austausch und die Entwicklung neuer
Schnittstellenvorschläge betrachten.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
API-MANAGEMENT-PLATTFORM
CLOUD
API Portal
•
•
•
•
Promote APIs
Document usage
Enable registration
Community and
collaboration
• Testing
API Gateway
• Protect your APIs from
unregistered usage
• Protect your backend
systems from malicious
attacks
• Monitor and track usage
for monetization and
product improvement
API Catalog
• Define your APIs
• Discover existing API
assets
• Manage lifecycles
• Apply runtime
governance policies
• Track dependencies
+
HYBRID
ON
PREMISE
Abbildung 6: Plattform für API-Management
Agile Prozesskette: Continuous Delivery und das DevOps-Paradigma
Paradigmen wie Microservices, Container und APIs einschließlich der neuen Cloud-Betreibermodelle zahlen mit ihren Eigenschaften auf eine neue ProzessverbesserungsMethode ein, die unter dem Namen DevOps (einem Kunstwort, das aus den Begriffen
[Software-]Development und [IT-]Operations gebildet wird) rasant an Popularität gewinnt. Diese Methode transportiert die Idee hinter agilen Entwicklungsmethoden in den
IT-Betrieb.
WEB-SCALE-ARCHITEKTUR
DEVOPS UND CONTINUOUS DELIVERY
Entwickeln
Microservices
Testen
Verpacken
Automated Testing
Cloud
10010
11010
• Increased agility
• Facilitates distributed
development
• Enable continuous
delivery
• Support massive
scalability
Deployment
• Daily testing of builds
• Quick capture of errors
and quick fixes
• Continuous integration
• Improved platform
configuration consistency
• Faster image loading
• Container runtime,
clustering and
abstraction layer
• Increased workload
density
• Rapid and automated
provisioning of
resources
• Elastic scalability
• Optimized resource
utilization
Abbildung 7: Von der Entwicklung zur Inbetriebnahme
Vereinfacht formuliert greifen in der gesamten Prozesskette – von der Entwicklung bis
zur Inbetriebnahme – Tools, Testszenarien, Deployment-Konfigurationen und organisatorische Prozesse Hand in Hand. Es wird ein schlagkräftiger Continuous-Delivery-Ansatz umgesetzt, der mit verkürzten Release-Zyklen die Time-to-Market neuer digitaler
Geschäftsmodelle und Prozessveränderungen beschleunigt. Die unabhängig voneinander arbeitenden Microservices, die Container-Virtualisierung und die automatisierte
Inbetriebnahme in einer Cloud-Umgebung schaffen hierzu überzeugende technische
Voraussetzungen.
Integration – neu interpretiert
Im Falle digitaler Geschäftsmodelle und -prozesse starten Unternehmen durch im „agile
Mode“. Um sich vom Wettbewerb abzuheben und differenzierende Innovationen auf die
Straße zu bringen, sind digitale Anwendungen wie beschrieben auf agile und flexible
Weise zu konzipieren, zu entwickeln und zu implementieren. Gleichzeitig gehört es zum
10
Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Grundgedanken neuer Anwendungsarchitekturen, dass sie einem offenen, heterogenen
Ansatz folgen und nicht – wie in der Vergangenheit üblich – monolithisch angelegt sind.
Eine digitale Architektur muss daher die Fähigkeit besitzen, Daten und Funktionsservices
aus Standardanwendungen für administrative Geschäftsprozesse, Legacy-Anwendungen
auf soliden und sehr stabilen Plattformen, SaaS- und PaaS-Anwendungen, Data-Lakes,
mobilen Anwendungen und B2B-Anwendungen bei Bedarf in neue digitale Geschäftsprozesse einzubinden.
Integrationstechnologien sind nicht grundlegend neu, im Kontext der Digitalisierung
ändert sich jedoch ihr Charakter signifikant. Während man früher unter Integration eine
Art Middleware verstand, die interne Anwendungen miteinander verband, ist sie nun
aufgrund der hohen Anzahl zu integrierender Datenquellen das Herzstück einer digitalen
Architektur. Dies hat natürlich starke Auswirkungen auf die Architektur der Integrationstechnologie.
Bei der ersten Generation handelte es sich um den Enterprise-Service-Bus (ESB), ein
mehr oder weniger monolithisches System, das alle Funktionen für die Konzeption,
Entwicklung, Implementierung und Überwachung der Integrationslogik bot. Zu den
wichtigsten Funktionen gehörten Routing, Mapping, Transformation, Orchestrierung,
Sicherheit und Mediation. Die Funktionen bleiben, doch die interne Architektur verändert sich. Die genannten Funktionen werden nach der Vorgabe des agilen Entwurfsmodells für digitale Architekturen in Microservices umgewandelt. Das bislang eher
monolithisch ausgerichtete ESB-Konzept wandelt sich hierdurch zu einem modernen
Microservices-Container, der die erforderlichen Integrationsfunktionen agil und flexibel
zur Verfügung stellt.
VOM ESB ZUM MICROSERVICES-CONTAINER
„Monolithisch"
Microservices-Container
API Gateway
Flow
Services
Connectors
API
Flow
BPM
B2B
FT
Connectors
API
BPM
Services
API
B2B
Connectors
B2M
PKG Management
PKG Management
Security
Security
Security
PKG Management
Runtime
Runtime
Runtime
Security
Container
Container
Container
PKG Management
Runtime Kernel
4 GB, 4 Cores, 2GB Disk
Messaging
© 2016 Software AG All
Abbildung 8: Vom ESB zum Microservices-Container
Digitale Anwendungsarchitekturen – ergänzende
Technologiekonzepte
Neben den genannten Methoden, Paradigmen und Technologien stützen weitere
Kern-Technologiekonzepte den Aufbau und Entwurf agiler, digitaler Architekturen. Hierzu zählen insbesondere das Geschäftsprozess-Management (Business-Process-Management, BPM) auf Seiten der anwendungsorientierten Entwicklung, das In-MemoryComputing als „Beschleuniger“ in der Datenhaltung sowie Streaming Analytics für den
Umgang mit Echtzeit-Ansprüchen.
BPM
Der Begriff BPM hat im IT-Bereich eine lange Tradition. BPM kam in den 1990er Jahren
eigene Disziplin auf und hat sich im Laufe der letzten Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Die Use-Cases reichen von Workflow- und Prozessautomatisierung bis hin zu Composite Applications, Prozessintegration und Anwendungsentwicklung. Selbst wenn BPM
nicht alle seine Versprechen erfüllen konnte, gibt es doch zahlreiche positive Beispiele, in
denen die Effizienz, Flexibilität und Agilität bei der Prozessausführung mit BPM gesteigert wurden. Genau diese Eigenschaften zeichnen digitale Anwendungsarchitekturen
aus.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Es steht daher steht außer Zweifel, dass BPM in einer digitalen Architektur eine Schlüsselrolle zukommt. Digitale Geschäftsmodelle können nur für neue, innovative Prozesse
eingesetzt werden, die von modernen Prozessanwendungen gesteuert werden. Für ein
digitales Kundenerlebnis müssen die Prozesse flexibler, schneller und einfacher werden.
Ebenso erfordern alle IoT-Use-Cases (Smart Insurance, Predictive Maintenance usw.)
neue Prozessabläufe. Im Kontext des digitalen Unternehmens rückt BPM den Fokus folglich mehr und mehr in den Bereich der Anwendungsentwicklung. Workflow, Prozessautomatisierung und Composite Applications bleiben wichtige Einsatzbereiche. Die schnelle
und einfache Entwicklung digitaler Prozessanwendungen wird jedoch zum vorherrschenden Use-Case werden. Um eine flexible Entwicklung und eine agile Implementierung
zu garantieren, werden auch die Prozessabläufe und die Prozessanwendungen in die
Microservices-Architekturen eingebunden.
In-Memory-Computing
Das Konzept des In-Memory-Computings ist ein erstklassiges Beispiel dafür, wie neue
technische Optionen den Weg für neue Use-Cases in der IT frei machen. So bestand
jahrzehntelang kein Zweifel daran, dass Daten auf der Festplatte gespeichert werden
müssen. Und zwar im Wesentlichen aus den folgenden beiden Gründen: Erstens war
der Hauptspeicher nicht groß genug, um dauerhaft große Datenmengen aufzunehmen.
Zweitens kostete der Hauptspeicher viel Geld. Beides hat sich in den vergangenen
Jahren drastisch geändert. Hauptspeicher ist preiswerter und größer (mehrere Terabyte)
geworden. So entstand die Idee des In-Memory-Computings. Das In-Memory-Computing beschreibt eine Architektur, in der alle für die Verarbeitung erforderlichen Anwendungsdaten im Hauptspeicher abgelegt werden. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass
der Hauptspeicher eines Rechners große Datenmengen halten kann, die dann von verschiedenen, möglicherweise verteilten Anwendungen genutzt werden können. Zu den
entscheidenden Vorteilen gehören größere Geschwindigkeit, bessere Skalierbarkeit und
schnellere Einblicke. Genau diese Eigenschaften sind für digitale Architekturen unerlässlich, deshalb kommen sie ohne In-Memory-Daten nicht aus. Nur Webanwendungen mit
In-Memory-Technologie sind beispielsweise in der Lage, die Arbeitslast aus Multi-Channel-Szenarien zu bewältigen, in denen Millionen Benutzer auf Daten zugreifen und kurze
Reaktionszeiten erwarten.
Streaming Analytics – Management der IoT-Datenströme
Die digitale Welt bewegt sich in Echtzeit. Das heißt, Daten und Ereignisse müssen genau
zum Zeitpunkt ihres Auftretens verarbeitet werden. Entscheidungen dürfen also nicht
verzögert werden, weil zunächst Daten erfasst, gespeichert, ausgewertet und visualisiert
werden müssen. Bei einem Autounfall müssen die Aufpralldaten umgehend verarbeitet werden, um die Gefahr für den Fahrer oder andere Unfallbeteiligte zu verringern.
Wenn eine Produktionsanlage kurz vor der Überhitzung steht, müssen die betreffenden
Ereignisdaten sofort verarbeitet werden, um eine Störung zu vermeiden. Wenn die
Herzfrequenz oder der Blutdruck einen Schwellenwert überschreitet, muss das Krankenhaus unverzüglich informiert werden. Die Streaming-Analytics-Plattform verfügt über
die Funktion, Ereignisströme in Echtzeit zu verarbeiten. Diese Plattform kann Daten
aus einer beliebigen internen oder externen Datenquelle nutzen und bereitstellen. Die
Streaming-Engine kann Alerts auslösen, Daten an die Prozess-Engine des BPM senden
und weitere Prozesse anstoßen oder einfach über das API-Management die Daten zur
weiteren Verwendung anbieten.
Facelifting für die Digitalisierung – Einbindung
traditioneller Anwendungen
Eine Anwendungs- und Technologie-Architektur für die digitale Use-Cases wird in den
wenigsten Fällen von Grund auf neu entwickelt. Jedes Unternehmen setzt schließlich
Anwendungen ein, die bereits vor vielen Jahren erstellt wurden und immer noch einen
wichtigen Bestandteil der IT-Gesamtlandschaft bilden. Diese sogenannten Legacy-Anwendungen unterstützen zentrale Geschäftsprozesse in einer Weise, wie es keine andere
Anwendung jemals leisten kann. Der enorme Nutzen, den Unternehmen aus diesen
Anwendungen ableiten, ergibt sich aus der unternehmensspezifischen Geschäftslogik,
die über Jahrzehnte gewachsen ist. Diese einzigartige Geschäftslogik ist für ein Unternehmen nach wie vor wertvoll und lässt sich nicht ohne weiteres ersetzen. Eine Neuentwicklung dieser Anwendungen wäre aufwändig, risikobehaftet und böte bestenfalls
begrenzten Mehrwert.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Mehr Erfolg verspricht dagegen die Modernisierung der vorhandenen Anwendungen.
Ein solches Facelifting ist in unterschiedlichen Anwendungsbereichen möglich. Einer davon ist die Schnittstelle zum Benutzer (User-Interface). In diesem Fall wird die Legacy-Anwendung über das API-Management mit einer neuen, modernen, webbasierten Benutzeroberfläche ausgestattet, die die Bedienbarkeit und die Benutzerfreundlichkeit erhöht.
Ein weiterer möglicher Bereich sind die Daten. Die Anwendungsdaten können laufend
auf mehrere Hauptspeicher verteilt werden (In-Memory-Data-Grid), um sie einer Datenanalyse im Rahmen neuer Prozesse zuzuführen. Die Integration von Legacy-Anwendungen in Cloud- oder mobile Anwendungen ist eine weitere Option der Wertschöpfung
während der digitalen Transformation. Verbesserungspotenzial versprechen gleichfalls
Echtzeit-Analysen durch die Integration von Streaming Analytics per API, die Datenmanipulationen auswerten, sobald diese auftreten, um beispielsweise Betrug zu verhindern.
Die genannten Möglichkeiten zur Modernisierung des „Bestands“ führen zuverlässiger
und effizienter zum Erfolg, als Versuche, eine bewährte Lösung gänzlich aufzugeben und
durch eine Neuentwicklung komplett zu ersetzen. Daher sind unternehmenskritische
Legacy-Anwendungen als integraler Bestandteil einer digitalen Architektur zu behandeln – auch wenn sie aus der Prädigital-Ära stammen und im Unterschied zu den agilen
digitalen Prozessen eher in einem stabilen „Mode“ verwaltet werden. Die Einbindung
dieser Legacy-Anwendungen ist zugleich ein weiterer Beleg dafür, dass der Entwurf einer
Anwendungs- und Technologiearchitektur nun in den Händen des Unternehmens liegt
und nicht mehr automatisch mit einer Anwendung von der Stange erworben wird. Und
eine digitale Unternehmensplattform wie die Digital Business Platform der Software AG,
mit der sich digitale Architekturentwürfe umsetzen lassen, ist beispielsweise von Hause
aus für einen solchen bimodalen Einsatz ausgelegt.
Anwendungsfall: IoT-Architektur
PLATTFORM FÜR IOT-ARCHITEKTUR
Smart
Logistics
Predictive
Maintenance
IoT
Platform
Services
IoT Modeling & Portfolio Management
Smart
Production
Connected
Customer
Backend Systems
ERP
IoT Analytics
IoT Integration
+
Security
IoT Solutions
& Applications
Partners
CRM
IoT Hub
…
Batch Analytics
Machine Learning
Edge Services
Device Agents
Edge Analytics
Storage
Connected
People & Things
© 2016 Software AG. All rights reserved. For internal use only
Abbildung 9: Plattform für IoT-Architektur
Das IoT ist heute ohne Zweifel der wichtigste Anwendungsfall für eine Streaming-Analytics-Plattform. Auf der Grundlage der Streaming-Analytics-Plattform werden IoT-Anwendungen entwickelt. Mit IoT-Anwendungen werden Daten von physischen Endpunkten wie Maschinen, Autos, Motorrädern usw. gesammelt, in Echtzeit analysiert und
anschließend für weitere Analysen gespeichert. Ziel hierbei ist es, die Verfügbarkeit, den
Auslastungsgrad und die Nutzungsdauer physischer Assets und damit die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu verbessern. Das IoT ist der Dreh- und Angelpunkt der
digitalen Transformation. Dank der Möglichkeit, Daten von physischen Geräten in
Echtzeit zu erfassen und auszuwerten, können Unternehmen neue digitale Dienstleistungen für ihre Kunden schaffen und die Nutzung ihrer Produkte optimieren. Außerdem
können mithilfe der IoT-Daten das Design und die Funktionen von Produkten verbessert
werden, was zu einer positiveren Customer-Experience führt. Vorausschauende Instandhaltung, smart Insurance und intelligente Fertigung sind typische IoT-Use-Cases.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
IOTUSE-CASES
Predictive
Maintenance
Smart
Logistics
Smart
Insurance
Smart
City
Connected
Car
Smart
Home
Smart
Grid
Connected
Health
Smart
Manufacturing
(Industrie 4.0)
Smart
Lighting
Smart
Parking
Smart
Retail
Abbildung 10: Use-Cases im IoT-Umfeld
Fazit: Mit digitalen Architekturen gut gerüstet für
das Ungewisse
Digitale Geschäftsmodelle und -prozesse erfordern digitale Architekturen. Nur digitale
Architekturen liefern die Agilität, Flexibilität und Geschwindigkeit, die nötig sind, damit
Unternehmen sich in der digitalen Welt behaupten können. Die Einrichtung einer digitalen Architektur sollte ein vorrangiges Ziel jedes Unternehmens und jeder öffentlichen
Einrichtung sein. Die Zeiten, als die Architekturen von monolithischen Standardanwendungen überlagert waren, sind vorbei. Das Fundament, auf dem eine digitale Architektur
aufbaut, ist eine digitale Unternehmensplattform. Digitale Unternehmensplattformen
enthalten alle zentralen Funktionen und Komponenten, um digitale Architekturen zu
konzipieren, zu implementieren und zu überwachen. Welche neuen Konzepte, Paradigmen und Technologien zum Aufbau, Entwurf und zur Implementierung einer digitalen
Architektur zur Verfügung stehen, wird im vorliegenden White Paper beschrieben. Das
White Paper soll CIOs, IT-Verantwortlichen und Unternehmens-IT-Architekten als Orientierungsgrundlage dienen und die Entscheidungsfindung unterstützen.
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
Schlusswort: Unternehmensmodellierung
und IT-Portfolio-Management
Es wurde bereits zuvor darauf hingewiesen, dass die digitale Transformation mit einer
Veränderung von Geschäftsmodellen, Geschäftsprozessen, Organisationsstrukturen und
Applikationslandschaften einhergeht. Diese betriebswirtschaftlichen Veränderungen
sind das Salz in der Suppe. Digitale Architekturen können ihren vollen Nutzen nur dann
entfalten, wenn die dahinter liegenden fachlichen Anwendungskonzepte das notwendige Maß an Differenzierung und Innovation mitbringen. Um dies sicherzustellen, müssen
die geplanten betriebswirtschaftlichen Innovationen im Vorfeld mithilfe geeigneter
Methoden in Modellen abgebildet und analysiert werden. Nur auf Basis solcher Modelle
können verschiedene Szenarien diskutiert, analysiert und die erforderlichen Entscheidungen systematisch getroffen werden. Beispiele für solche Methoden sind Customer-Journey-Mapping, Prozess-Mapping, Business-Model-Canvas, IoT-Modeling oder CustomerExperience-Modeling.
In gleicher Weise trifft dies auch auf das Management der Veränderungen im IT-Portfolio
zu. Die Transformation vom gegenwärtigen Ist-Zustand zum zukünftigen Soll-Zustand
wird in der Regel über eine Vielzahl von Projekten durchgeführt. Dieses Projektportfolio muss ebenfalls in Modellen abgebildet werden. Nur so ist eine kontinuierliche
Fortschrittsüberwachung möglich. Das gilt in gleichem Maße für das Applikations- und
Servicesportfolio. Auch hier müssen Ist- und Soll-Zustand modellhaft abgebildet werden,
um den Übergangsprozess strukturiert managen zu können.
Unternehmensmodellierung und IT-Portfolio-Management sind somit zwar nicht Bestandteile einer digitalen Architektur, aber Kernelemente der digitalen Transformation.
Ohne zu wissen, was die eigentlichen betriebswirtschaftlichen Ziele sind und wie man
den Übergang vom Ist- zum Soll-Zustand managen kann, wird die digitale Transformation zwangsläufig scheitern.
DIGITALE ARCHITEKTUR FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT
Integration
Data Processing
Containers
In-Memory
Data Fabric
Cloud
Things
Human
Predictive
Maintenance
API‘s
API‘s
Event Store
APIs
Streaming
Analytics
APIs
APIs
API
Gateway
PaaS
APIs
Social
Digital
Events
SaaS
Alerts
APIs
Functional
Services
Data Storage
Digital Marketing
Data Services
Microservices
Mobile & IoT
Integration
API
Portal
Digital Sales
APIs
APIs
Partner
Agile
Process
Cloud
Integration
B2B
Integration
Consumers
Digital Apps
Enterprise
Integration
ERP
API Access
APIs
Internal
Data Sources
Smart
Logistics
IoT Apps
© 2016 Software AG. All rights reserved. For internal use only
Abbildung 11: Digitale Architektur für das 21. Jahrhundert
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Digitale Architekturen – Strategien für das Ungewisse
ÜBER DIE SOFTWARE AG
Die digitale Transformation verändert IT-Landschaften von Unternehmen: sie entwickeln sich von unflexiblen Applikationssilos hin zu modernen softwarebasierten IT-Plattformen. Nur diese schaffen
die Offenheit, Schnelligkeit und Agilität, die für das digitale Echtzeit-Unternehmen unabdingbar sind. Die Software AG bietet die erste Digital Business Platform für durchgängige Prozesse auf Basis
offener Standards mit den Kernkomponenten Integration, Prozessmanagement, In-Memory-Datentechnologie, flexible Anwendungsentwicklung, Echtzeit-Analyse und IT-Architektur-Management.
Dank dieser modularen Plattform können Anwender ihre Applikationssysteme von morgen entwickeln, um heute ihre digitale Zukunft zu gestalten. Seit über 45 Jahren steht die Software AG für
Innovationen, die sich an den Bedürfnissen ihrer Kunden ausrichten. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.SoftwareAG.com.
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