Hauptausgabe - Migros

18 | MM1, 3.1.2017 | MENSCHEN
SRF-Tiergeschichten
Zorros Nacht
auf dem
Polizeiposten
Diese Woche startet Monika Fasnachts neue Tiersendung
im Schweizer Fernsehen. Für eine Folge hat sie Joli Jetzer und ihren
Zwergziegenbock Zorro besucht. Der war vor zwei Jahren
unter mysteriösen Umständen aus seinem Gehege verschwunden.
Eine tierische Geschichte mit Happy End.
Text: Ralf Kaminski
L
egolas, Mogli und Joujou
meckern und schreien
lautstark. Auch Zorro
wirkt nicht gerade glück­
lich. Eben hat Joli Jetzer (32)
den schwarzen Zwergziegen­
bock aus dem gemeinsamen
Gehege genommen, damit ihn
der Fotograf besser in Szene
setzen kann. Und das passt Zor­
ros Gefährten gar nicht. «Zwerg­
ziegen sind Herdentiere», er­
klärt Jetzer, «sie mögen es über­
haupt nicht, wenn eines von der
Gruppe getrennt wird.» Das
macht jene Oktobernacht 2014
umso mysteriöser, als Zorro
ganz allein und laut klagend
durch die nächtlichen Strassen
von Baar ZG streifte, bis An­
wohner die Polizei alarmierten.
Kindergärtnerin Jetzer
wohnte damals noch in der
Zuger Kleinstadt, das Gehege
mit den Ziegen war etwa fünf
Minuten von ihrer Wohnung
entfernt. Am Abend hatte sie
die Tiere gefüttert und war dann
nach Hause gegangen. «Zorro
würde sich niemals einfach
so von den anderen entfernen»,
sagt Jetzer, «zudem würden
die einen Riesenlärm machen,
wenn ihn jemand mitnimmt.»
Bilder: Daniel Winkler
Doch davon hat niemand etwas
mitbekommen. Das Gehege war
auch am folgenden Tag noch ab­
geschlossen, einzig der Zaun an
einer Stelle etwas eingedrückt.
Hat jemand Zorro gepackt
und über den Zaun gehoben?
«Dafür müsste man ziemliche
Kraft haben», sagt Jetzer.
Mit Zorro verschwand auch
Stripes, ein altes Kaninchenweib­
chen, das gemeinsam mit den
Ziegen im gleichen Gehege lebte.
Zudem war es eine Vollmond­
nacht, was Jetzer auf eine wilde
Idee brachte: okkulte Gruppie­
rungen. «Ich habe danach viel
darüber gelesen: Schwarze
Ziegenböcke symbolisieren den
Teufel, und Kaninchen werden
gern bei Ritualen geopfert.»
Ob es sich tatsächlich um solch
finstere Machenschaften handel­
te, weiss bis heute niemand,
umso mehr, als auch Kaninchen
Stripes lebend wieder auftauchte,
was ihre Besitzerin jedoch erst
einen Monat später erfuhr.
Zorro verhielt sich vorbildlich
Die alarmierte Zuger Polizei
rückte in jener Nacht jedenfalls
aus, um den lärmenden Zorro
einzufangen, was ohne grössere
Probleme gelang. «Zorro hat
sich während des Einsatzes und
seines Aufenthalts bei uns
absolut vorbildlich verhalten»,
sagt Mediensprecherin Judith
Aklin. «Er hat zwischendurch
zwar etwas gemeckert, ansons­
ten hatten wir aber überhaupt
keine Probleme mit ihm.»
Da seine Ohrenmarke abge­
brochen war, konnte die Polizei
seine Besitzerin nicht eruieren
und brachte das Tier vorerst in
der Tiefgarage in einem mobilen
Warteraum unter, in dem bei
Bedarf auch Demonstranten
für kurze Zeit platziert werden.
Er bekam Wasser und Äpfel,
derweil eine Mitteilung an die
Medien rausging, dass man
den Besitzer einer ausgebroche­
nen Zwergziege suche.
Joli Jetzer bekam davon
jedoch nichts mit – weder von
Zorros Verschwinden noch von
der Suche. Die Polizei recher­
chierte am nächsten Vormittag
unter anderen Ziegenbesitzern
der Region, erreichte schliess­
lich Jetzers Vater telefonisch,
der dann seine Tochter infor­
mierte. Bereits am Nachmittag
holte sie Zorro bei der Polizei
in Zug ab und spazierte mit ihm
Joli Jetzer füttert
Zorro, derweil
Herdenchef Legolas
(Mitte) klarstellt, wer der
Boss im Gehege ist.
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Den Trailer
zur Sendung
gibts hier:
www.migmag.ch/
tv-tiere
MENSCHEN | MM1, 3.1.2017 | 21
Aufruf im Migros-Magazin
Weitere tierische Storys
Irritiert, aber friedlich:
Zorro in der Tiefgarage
der Zuger Polizei
an der Leine zurück nach Hause.
«Spannend war, dass ich auf
dem Heimweg mehrmals angesprochen wurde. Offensichtlich
hatten viele Leute die Nachricht
in den Medien gesehen – nur
ich nicht», erzählt sie und lacht.
Dank Migros-Magazin nun auch
im Fernsehen
In den nächsten Tagen wurde
Zorro zum Medienstar. Doch
damit war die Geschichte nicht
zu Ende. Etwa ein Monat später
entdeckte Jetzer ein Foto von
Stripes in einem Inserat eines
Tierheims. Das Kaninchen war
im gleichen Quartier wie Zorro
von einer Anwohnerin gefunden
worden. Sie brachte Stripes ins
Tierheim, wo die überglückliche Jetzer sie unversehrt wieder abholen konnte. Die ganze
Geschichte verewigten Jetzer
und ihre Freundin Manu Müller
später auch noch als Bilderbuch
für Kinder (siehe Box unten).
Und als Jetzers Mutter vor
zwei Monaten den Aufruf im
Migros-Magazin sah, sich mit
interessanten Tiergeschichten
beim Schweizer Fernsehen für
ihre neue Sendung zu melden,
zögerte die Kindergärtnerin
nicht lange. «Bereits zwei Tage
später kam ein Anruf», sagt sie.
Monika Fasnacht, die mit ihrem
Verlosung
Bilder: SRF
10 × «Zorro und Stripes»
zu gewinnen!
Das Migros-Magazin verlost
zehn Exemplare des Bilderbuchs
«Zorro und Stripes» von Joli Jetzer
und Manu Müller.
Weitere Details:
www.migrosmagazin.ch/gluecksgriff
Hund Filou durch die Sendung
führt, spricht von einer perfekten
Geschichte: «Es haben sich viele
Leute mit Hunden und Katzen
gemeldet, das macht jedes
andere Tier besonders interessant. Und Zorros Geschichte hat
so viele verschiedene Aspekte,
das ist ideal für uns.»
Für die Dreharbeiten reisten
Fasnacht, Filou und eine fünfköpfige TV-Crew nach Allenwinden ZG, wo Jetzer mit ihrem
Mann im obersten Stock eines
alten Bauernhauses lebt; das
Gehege mit vier Ziegen und zwei
Kaninchen befindet sich direkt
neben dem Haus. Stripes ist vor
zwei Monaten eines natürlichen
Todes gestorben, aber Zorro, der
bald zehn Jahre alt wird, geht es
noch immer bestens.
Während das SRF-Team mit
Jetzer im Gehege dreht, muss
Filou davor warten. «Zwergziegen und Hunde – das ist ein
eher schwieriges Verhältnis»,
sagt Fasnacht. «Und die haben ja
auch ziemliche Hörner.» Legolas, der Chef der kleinen Gruppe,
sieht sich dann auch mehrmals
veranlasst klarzustellen, dass er
im Gehege der Boss ist – Zorro
hin, Kameracrew her.
Ansonsten läuft aber alles
rund, abgesehen von der Kälte,
die nach drei Stunden alle
spüren. «Eine spannende Sache»,
findet Joli Jetzer, der die Dreharbeiten grossen Spass gemacht
haben. «Ich bin schon neugierig,
wie das dann im Fernsehen
aussieht.» MM
53 Geschichten bekam das
Schweizer Fernsehen nach dem
Aufruf im Migros-Magazin letzten
Oktober. Neben derjenigen
über Zorro wird das SRF noch
fünf weitere Storys für Monika
Fasnachts neue Tiersendung
umsetzen:
Brautkleid auf dem Wallach Benji
bis zur Kirche reiten kann – wie
eine echte Prinzessin.
Ein verstossenes Schaf wird
zum Haustier: Böbbele wurde
als einziges schwarzes unter
lauter weissen Schafen geboren
und von der Herde verstossen.
Landwirt Laurenz Pfister-Bruhin
aus Tuggen SZ zieht den kleinen
Aussenseiter also von Hand auf
– seither lebt Böbbele mit einem
Berner Sennenhund und zwei
Eseln in einer Art WG auf dem
Bauernhof.
Hündin begleitet Herrchen in
den Tod: Der Schock bei Reto
Golden Retriever Akimo freut
sich über seine Rettung.
Dramatische Rettung in den
Bergen: Der Golden Retriever
Akimo klettert im Oktober 2016
bei einer Bergwanderung in
Bellwald VS zu einem Bergbach
hinunter, rutscht immer weiter ab
und schafft es nicht mehr zurück
– unter ihm geht es 70 Meter in
die Tiefe. Seine Menschen,
Familie Potthast aus Safenwil AG,
alarmieren die Bergrettung, die
es schliesslich schafft, den Hund
in Sicherheit zu bringen.
Auf dem Pferd zur Hochzeit:
Reittherapeutin und Pflegefachfrau Manuela Widmer aus
Tuggen SZ arbeitet schon seit
einiger Zeit mit ihren Pferden,
um Kindern mit ADHS oder
Erwachsenen mit Depressionen
zu helfen. Für sie geht ein grosser
Wunsch in Erfüllung, als sie für
ihre Hochzeit 2010 mit ihrem
Kellerhals und seiner Frau ist
gross, als er die Diagnose Dickdarmkrebs erhält. Ihre Terrierhündin Leila gibt beiden Kraft
und ist auch ganz nah bei ihm,
als Reto schliesslich stirbt. Heute
spendet sie seiner Witwe in
Münchenstein BL Trost und hilft
ihr, mit der Trauer umzugehen.
Ein Ochse entkommt dem
Schlachthaus: Lurchi wurde von
seiner Mutter nicht angenommen
und deshalb von der Bauernfamilie Jäger in Peist GR von Hand aufgezogen. Wenn die Töchter mit
dem irischen Dexter-Ochsen am
Halfter durchs Dorf spazierten,
wurde er oft mit einem grossen
Hund verwechselt. Weil er als
ausgewachsenes Tier zutraulich
bleibt, wird er nicht geschlachtet,
sondern zieht nun einen Wagen
und sorgt beim grossen Alpabzug
am Internationalen Walsertreffen
in Arosa GR für Furore. MM
Das Schweizer Fernsehen ist noch
immer an weiteren berührenden
oder besonderen Tiergeschichten
interessiert: [email protected]
Die erste Ausgabe von «Tiergeschichten
– unterwegs mit Monika und Filou» läuft
am Sonntag, 8. Januar, 18.15 Uhr auf SRF 1.
In welcher Folge Zorro zu sehen sein wird,
ist noch offen.
Joli Jetzers Bilderbuch-Abenteuer «Zorro
und Stripes» kann hier bezogen werden:
www.bilder-garten.ch
Es ist gar nicht so leicht, mit dem Hochzeitskleid auf ein Pferd zu klettern.