Universitätszeitung - RWTH Aachen University

RWTH insight
Universitätszeitung
3+4 2016
C.A.R.L. ist in Probebetrieb
Eines der größten und modernsten Hörsaalzentren Europas, kurz C.A.R.L. genannt, ist seit dem
Wintersemester im Probebetrieb. Der Bau- und
Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) übergab
als Bauherr den Neubau an der Claßenstraße an
die RWTH. Zunächst finden von Montag bis Mittwoch Veranstaltungen in einem Teil der Seminarund Hörsäle statt. An den beiden anderen Tagen
der Woche können die technischen Anlagen
nachreguliert und die Einrichtung des Gebäudes
komplettiert werden.
Rund 45 Millionen Euro aus dem Hochschulmodernisierungsprogramm des Landes wurden in
den mehrgeschossigen Neubau investiert. Es
finden über 4.000 Studierende Platz, für die elf
Hörsäle, 16 Seminarräume, eine Pausenhalle mit
Café neben Flächen für die Physiksammlung,
Lager und Arbeitsbereiche zur Verfügung stehen.
Im Dezember 2014 hatte der AStA die Studierenden dazu aufgerufen, sich an der Namensgebung zu beteiligen. Rund 2.000 Personen reichten ihre Ideen ein. „Das Hörsaalzentrum ist für die
Studierenden da. Wir wollten daher auch, dass
sie sich mit dem Namen identifizieren“, betonte
Prorektor Aloys Krieg. Albert Wendt, Promotionsstudent am Aachener Zentrum für integrativen
Leichtbau der RWTH, überzeugte mit seinem
Vorschlag „C.A.R.L. – Central Auditorium for
Research and Learning” die Jury. „Das Hörsaalzentrum ist eines der größten und modernsten
in Europa. Der Name sollte das widerspiegeln.
Mit dem Bezug zur Stadt Aachen kam ich daher
schnell auf Karl den Großen und leitete davon
dann den Namen ab“, berichtet Wendt.
Größter Hörsaal hat 1.000 Plätze
Vier Fachwerkträger aus Stahl mit einer Gesamtlänge von jeweils 56 Meter sind quer über das
Gebäude gespannt. Sie tragen nicht nur das
Dach der beiden größten Hörsäle, sondern auch
die Seminarräume im zweiten Obergeschoss
sowie die Lüftungs- und Kälteanlagen. 1.000 und
800 Sitzplätze bieten die beiden größten Hörsäle
des Zentrums an der Schnittstelle zwischen den
Campus-Bereichen Mitte und West.
Die Architektur stammt von dem dänischen Büro
schmidt hammer lassen architects aus Aarhus,
ausgewählt im Rahmen eines internationalen
Wettbewerbs. Der siegreiche Entwurf umfasste
zwei separate Gebäude, die durch ein völlig verglastes Atrium miteinander verbunden sind. Die
Bruttogeschossfläche des Gebäudekomplexes
beträgt 13.600 Quadratmeter. Zentrale architektonische Idee ist der Kontrast zwischen den
nach innen orientierten Hörsälen und der offenen
Kommunikationszone, welche die Hörsäle miteinander verbindet. Dieser Aufenthaltsbereich bietet
verschiedene Terrassen und Plätze unterschiedlicher Größe, die für soziale Aktivitäten und den
Austausch von Wissen genutzt werden können.
Nach der offiziellen Einweihung des Gebäudes
soll C.A.R.L. im Sommersemester 2017 in den
Regelbetrieb gehen.
Renate Kinny
Fotos: Peter Winandy
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„Die meisten Täter sind einfach nur banal“
dargestellt würden, seien sie im wahren Leben
nicht. Unter seinen Patienten waren RAF-Terroristen, Nazi-Schergen oder Psychopathen, die
andere Menschen perfekt manipulieren können,
sowie Frauen, die ihr Baby töteten. „Die meisten
Täter sind aber einfach nur banal. Meine professionelle Haltung habe ich immer bewahrt, man
sollte keine Gesinnungsmedizin betreiben.“
Er ist es gewöhnt, vor einer Kamera zu stehen
und Filmrollen zu spielen. Auch hält er häufig Lesungen aus seinem Buch „Knast“ ab. Der Auftritt
in der Aula im RWTH-Hauptgebäude ist jedoch
eine Premiere. „Dass ich mal zu einem Vortrag in
einer Universität eingeladen würde, hätte ich mir
nicht träumen lassen“, so Joe Bausch schmunzelnd, nachdem er von Professorin Ute Habel
vorgestellt wurde. Sie ist Leitende Psychologin
der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und
Psychosomatik der Uniklinik RWTH Aachen.
Das Publikum kennt den 63-Jährigen als manchmal mürrischen Gerichtsmediziner Dr. Joseph
Roth des Kölner Teams der ARD-Serie „Tatort“.
Dabei ist der Mann mit dem markanten, kahlen
Schädel und den tiefen Gesichtsfalten nicht nur
als Schauspieler und Autor ein kreatives Multitalent. Er ist auch ein ernsthafter und engagierter
Allgemeinmediziner. Seit 1986 arbeitet Joe
Bausch als Anstaltsarzt in der JVA Werl, wo mehr
als 900 Schwerverbrecher einsitzen. Inzwischen
ist er zum Leitenden Regierungsmedizinaldirektor
aufgestiegen.
RWTH lädt zu „What do you do?“
Die Aachener Hochschule hat ihn im Rahmen
ihrer Veranstaltungsreihe „What do you do?“ eingeladen. Ein Format, das vor allem Doktoranden
und Postdocs anhand prominenter Beispiele zeigen soll, wie eine Karriere nach dem Universitätsabschluss verlaufen kann. „Es zwingt Sie keiner,
auf einem Gleis zu fahren“, lautet die Botschaft
von Bausch an den akademischen Nachwuchs.
Seine Biographie sei voller Brüche und Wendungen, „aber aus mir ist trotzdem was geworden“.
Nach dem Abitur studiert er Theaterwissenschaften, Politik und Germanistik, dann Jura in Köln
und Marburg. „Ich hatte den Eindruck, dass dies
alles kleingeistig war. Plötzlich interessierte mich
diese Art der Wissenschaft nicht mehr.“
Joe Bausch ging an die Ruhr-Universität Bochum,
Schauspieler und Gefängnisarzt Joe Bausch war zu Gast in der RWTH, links von ihm Psychologin Ute Habel und RWTHKanzler Manfred Nettekoven.
Foto: Andreas Schmitter
um Medizin zu studieren. Dort sammelte er in
einer Theatergruppe erste Erfahrungen als Schauspieler. Als er gerade die Approbation hat, bekommt er ein Angebot von Star-Regisseur Roland Emmerich – er lehnt ab. Bei einer Bewerbung als Arzt könne er schließlich auf die Frage
nach seiner Berufspraxis schwerlich antworten,
dass er bisher als Schauspieler gearbeitet habe.
Rückblickend stellt Bausch fest, dass es „vielleicht ein therapeutischer Prozess war, viele Sa-
chen gleichzeitig zu machen.“ Stets habe er versucht, allen Ansprüchen gerecht zu werden. „Medizin als Wissenschaft ist immer in Bewegung.
Man muss ständig dazulernen.“ Aber auch beim
Fernsehen müsse immer alles schneller gehen.
„Es gibt für mich keinen Schutz als Senior.“ In
seinem Vortrag widmete sich Bausch auch der
Frage, was Menschen zu Mördern macht. Er stellt
gleich klar: So böse, abgründig und monströs
wie Verbrecher im „Tatort“ oder anderen Krimis
Mehr Prophylaxe
Was Ursachen für Kriminalität sein können, erforscht auch die RWTH. Das Internationale
Graduiertenkolleg „Neuronale Grundlagen der
Modulation von Aggression und Impulsivität im
Rahmen von Psychopathologie“ unter Leitung
von Psychologin Habel möchte Erkenntnisse
darüber gewinnen, wie unterschiedliche Faktoren
wie Umwelt, traumatische Erfahrungen, Persönlichkeit, Geschlecht, Kultur und genetische Faktoren aggressives und impulsives Verhalten bei
Menschen beeinflussen. Bausch ist überzeugt,
dass die Grundlagen für kriminelles Verhalten im
Kindesalter gelegt werden. Alleine im vergangenen Jahr wurden in Deutschland rund 36.000
Kinder wegen Misshandlung oder Vernachlässigung aus ihren Familien genommen. Die Gesellschaft produziere täglich Opfer, es müsse dringend in Prophylaxe investiert werden. Und in die
Therapie der Straftäter: „In Deutschland gibt es
80.000 Haftplätze, aber nur 1.500 sozialtherapeutische Plätze. Gefangene haben eben keine
Lobby. Aber Knast macht nur Sinn, wenn die Zeit
auch zur Resozialisierung genutzt wird.“
Zum Schluss fasst RWTH-Kanzler Manfred Nettekoven die Hauptbotschaft des Abends zusammen: „Es ist wichtig, sich bei allem, was man tut,
selbst treu zu bleiben.“ Multitalent Joe Bausch sei
dafür ein perfektes Beispiel.
Helga Hermanns
14 Fellows für digitale Lehre
Insgesamt 14 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Aachener Hochschule beteiligten
sich erfolgreich an einer erstmalig gemeinsamen
Ausschreibung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes
Nordrhein-Westfalen und des Stifterverbandes
für die Deutsche Wissenschaft. Im Rahmen der
Programmlinie „Fellowship für Innovationen in
der digitalen Hochschullehre“ konnten sich Lehrende aller Disziplinen um einen Fellowship mit
einer Laufzeit von einem Jahr bewerben. Für ihre
Projekte erhalten nun 14 RWTH-Angehörige ab
Januar 2017 insgesamt 630.000 Euro – damit
nimmt die Aachener Hochschule in NRW die
Spitzenposition ein.
Mit der Ausschreibung will man die Entwicklung
digital gestützter Lehr- und Prüfungsformate anregen. So sollen die Neugestaltung von Modulen
und Studienabschnitten, der Austausch über
Hochschullehre und die Verstetigung bestehender digitaler Lehrkonzepte optimiert werden.
Die erfolgreichen RWTH-Antragsteller waren
Dr. Okay Altay, apl. Professor Martin Baumann,
Dr. Tim Clarner, Markus Dammers, AK Rätin
Hannah Groninger, Dr. Stefan Hegemann,
Dr. Sebastian Kuhlen, Bastian Küppers,
Dr. Stefan Lankes, Anne Lausberg, Professor
Bernd Markert, Professor Simone Paganini,
Professorin Anja Richert und Professorin Karen
Veroy-Grepl.
Windkraft
ohne Stillstand
Die Gründung des Center for Wind Power Drives
(CWD) wurde bereits im vorletzten Jahr als ein
Meilenstein gefeiert: Ausgestattet mit einem innovativen Vier-Megawatt-Systemprüfstand intensivierte die RWTH hier wesentlich ihre Möglichkeiten
zur Erforschung von On-Shore Windenergieanlagen. Es können über 100 Tonnen schwere und 14
Meter lange Windgondeln getestet werden. Das
markante CWD-Gebäude am Campus-Boulevard
wurde nach 18 Monaten Bauzeit im Juli 2015
eröffnet. Die unregelmäßig perforierten Aluminium-Paneele der Fassade scheinen symbolhaft wie
vom Wind geformt. Für das Projekt bewilligte die
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund
und Ländern insgesamt 25 Millionen Euro.
Ende Mai 2016 wurde dann die Gondel der FVA –
der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. –
feierlich auf dem Prüfstand eingeweiht. In Originalgröße weist sie die Höhe eines anderthalbstöcki2|
gen Hauses auf. Mit dem Projektstart der „FVAGondel“ wird nun erstmals eine komplette, generisch neutralisierte Windenergieanlage (WEA) zum
Forschungsgegenstand.
Acht RWTH-Institute sind beteiligt
Denn obwohl im Center nur der Rumpf einer
Windkraftanlage steht, können mit Hilfe eines dynamischen Windkraftsimulators am Rotorflansch
sehr viele Belastungsszenarien am kompletten
Antriebsstrang unter realitätsnahen Bedingungen
inszeniert werden: Drehmoment, Schub, Querkräfte durch das Rotorgewicht. Insgesamt sind sechs
Achsen mit Kräften und Momenten belastbar,
erläutert CWD-Geschäftsführer Professor Dr. Ralf
Schelenz. Auch die Eingangslasten für die Versuche sind entsprechend variabel. Sie reichen von
der Kraft einer leichten Brise bis zur 50 JahresBöe, die mit gewaltigen 180 Stundenkilometern
FVA-Gondel auf dem Vier-Megawatt-Systemprüfstand im Center for Wind Power Drives (CWD).
Foto: Peter Winandy
„Die Hochschule ist
beweglicher geworden“
Seit etwa zehn Jahren ist die RWTH Aachen eine der exzellenten Universitäten in Deutschland. Anfang
Dezember reichte sie nun Absichtserklärungen zu möglichen neuen Clustern im Rahmen der Fortsetzung der Exzellenzinitiative bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein. Die Wettbewerbsregeln wurden erheblich geändert und es ist zu erwarten, dass Exzellenzuniversitäten zukünftig mit
längerfristiger Förderung rechnen können. Im Gespräch erläutert RWTH-Rektor Ernst Schmachtenberg, wie sich die Hochschule für die neue Runde aufstellt und wie die vergangenen zehn Jahre die
RWTH verändert haben. Das Interview führte Thorsten Karbach, Leiter des RWTH-Dezernats Presse
und Kommunikation.
Warum hat es die RWTH zweimal geschafft, in
den Kreis der Exzellenzhochschulen aufgenommen zu werden?
Schmachtenberg: Wir haben sehr, sehr anspruchsvolle Forschungsvorhaben und ebenso
anspruchsvolle Konzepte zur Veränderung der
Hochschule eingereicht. Das hat die Gutachter
überzeugt. Darauf dürfen wir stolz sein, aber es
ist noch wichtiger, dass wir sehr Vieles von dem,
was in den Anträgen formuliert wurde, auch
umgesetzt haben.
Zum Beispiel?
Schmachtenberg: Wenn ich etwa an die
Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich
denke, die Aachen Jülich Research Alliance
JARA – das ist spektakulär! Da schauen auch
andere genau hin. Wir dürfen Hoffnung haben,
dass wir auch in der nächsten Runde gut durchkommen, weil wir etwas vorweisen können. Aber
wir sollten uns davor hüten zu sagen: „Wir haben
jetzt schon gewonnen.“
Wie hat die Exzellenzinitiative die Hochschule in
den vergangenen zehn Jahren geprägt?
Schmachtenberg: Wir haben unter anderem
detaillierte Vereinbarungen mit den Fakultäten
über die zu erreichenden Ziele getroffen. Ich weiß
nicht, ob wir das Instrumentarium gehabt hätten,
um diese Zielvereinbarungen zu treffen, wenn wir
nicht vorher im Zuge der Exzellenzinitiative eine
Strategie dazu festgelegt hätten. Nun können die
Gutachter prüfen: Hat dieses Instrumentarium
gewirkt?
Hat es?
Schmachtenberg: Ich sehe zum Beispiel die
Wirtschaftswissenschaften, die einen beachtli-
chen Veränderungsprozess eingeleitet haben.
Wenn wir auf das Feedback schauen, etwa in
den Rankings oder in den Drittmitteln, aber auch
in anderen Feldern, dann überzeugt mich der
Weg der Wirtschaftswissenschaften sehr. Und
ich habe ebenso große Hoffnung, dass der Strategieprozess der Philosophischen Fakultät tolle
Früchte tragen wird. Da will ich gar nicht darüber
nachdenken, was gewesen wäre, wenn diese
Hochschule vor zehn Jahren stehen geblieben
wäre. Wir freuen uns über den Weg, den wir
gemeinsam gehen.
Es ist also zu kurz gedacht, dass von der
Exzellenzinitiative in erster Linie die ausgewählten Cluster und Graduiertenkollegs gewonnen
haben?
Schmachtenberg: Ja, auf jeden Fall. Ich
möchte das an augenscheinlichen Beispielen
festmachen. Das durch die Initiative tatsächlich
eingeworbene Geld war hilfreich, ist aber in der
Summe weit hinter dem zurück, was an anderer
Stelle an Zuwachs verbucht wurde – offensichtlich weil die Bereitschaft gewachsen ist, etwa
Drittmittelforschung zu beantragen. Insofern ist
es wohl richtig, bei der Exzellenzinitiative von so
etwas wie einer Fermentierung zu sprechen. Die
Beweglichkeit in dieser Hochschule ist größer
geworden. Es gibt aber noch ein anderes Feld.
Welches?
Schmachtenberg: Es ist in der Vergangenheit
behauptet worden, die Exzellenzinitiative würde
sich zu wenig um die Studierenden kümmern.
Nun sehe ich, dass die Anzahl der Studierenden
an der RWTH entschieden gewachsen ist. Für
uns ist jeder neue Studierende ein Geschenk,
ein intelligenter, motivierter, junger Mensch, der
Foto: Peter Winandy
durch sein aktives Mitwirken die Forschungsleistung dieser Hochschule verstärkt. Und es sind
mehr gekommen, als wir erwarten konnten. Und
sie alle haben beste Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Also gerade hier macht sich der Ruf der
exzellenten Universität sehr bemerkbar.
Mit welchen Stärken will sich die RWTH nun als
Exzellenzuniversität bewerben?
Schmachtenberg: Das Profil der RWTH ist das
der integrierten interdisziplinären technischen
Universität. Unsere Stärke liegt in der interdisziplinären Forschung, im Wechselspiel zwischen den
Technikwissenschaften zu den Natur-, Lebens-,
Geistes- und Sozialwissenschaften. Die bisherige
Förderung aus der Exzellenzinitiative in die Maßnahmen „Stärkung der Naturwissenschaften”,
„Stärkung der interdisziplinären Forschung” und
auf die Windkraftanlage trifft. Für die Untersuchung einzelner Komponenten und Bauteile gibt
es kleinere Prüfstände im CWD.
Acht Institute der RWTH sind an der Forschungseinrichtung beteiligt, jedes mit einem anderen
Fokus. So schaut etwa das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) auf die Antriebe, das E.ON Energy
Research Center betrachtet Leistungselektronik
und Versorgungsnetze oder das Institut für elektrische Maschinen (IEM) untersucht die Generatoren. Viele Versuche werden im Rahmen von
Doktorarbeiten durchgeführt, denn natürlich sollen
in Aachen auch Nachwuchskräfte als Spezialisten
für den wachsenden Markt der Windkraftanlagen
ausgebildet werden.
Energie aus Wellen
Obwohl Windenergieanlagen immer größere
Verbreitung finden, ist die Entwicklung noch lange
nicht abgeschlossen. „Es gibt bei den Anlagen
viele Probleme, die wir noch nicht gelöst haben.
Wenn wir aber die Technik besser verstehen,
können wir auch die Ausfallraten reduzieren“, so
Schelenz. Windkraftanlagen haben eine durchschnittliche Verfügbarkeit von etwa 97 Prozent.
„Das hört sich zunächst gut an. Aber bei 100 Anlagen bedeutet dies, dass drei davon pro Jahr still
stehen.“ Die Betreiber haben also großes Interesse an einer zuverlässigen Technik, die möglichst
Aufbau der „Jülich Aachen Research Alliance
JARA” haben den Boden bereitet, auf dem wir
nun die neuen Forschungscluster entwickeln.
Zu welchen Themen?
Schmachtenberg: Die Themen, zu denen wir
im Dezember Absichtserklärungen für Anträge
eingereicht haben, werden aus Wettbewerbsgründen derzeit vertraulich behandelt. Nur so
viel: Wir positionieren die Cluster in den Forschungsbereichen, in denen wir ausgewiesene
Stärken haben. Und wir haben dort spannende
und herausfordernde Forschungsfragen gesucht.
Diesen Prozess haben wir sehr intensiv betrieben. Wir haben Themen gefunden, die auch
morgen noch sehr relevant sind – und mit denen
wollen wir am Ende die Gutachter überzeugen.
autonom und mit wenig Wartung arbeitet. Seit
Anfang der 1990er Jahre die ersten Windkraftanlagen konstruiert wurden, haben sich Technologie,
Energieausbeute und -effizienz der Anlagen
kontinuierlich verbessert. Dazu gehören beispielsweise höhere Turbinenleistung oder größere
Rotoren. Dank interdisziplinärer Zusammenarbeit
im CWD sollen die Leistungen der Anlagen weiter
optimiert werden. Es geht darum, das Know-how
über das Gesamtkonzept zu verbessern, betont
Geschäftsführer Schelenz. Dass beträfe die Antriebe, aber auch die Wartung, die Infrastruktur der
Netze und die Energiespeicher. Darüber hinaus
werden nicht nur konventionelle Windkraftanlagen
unter die Lupe genommen, sondern auch andere
Maschinen-Typen zu Energiegewinnung. Das sind
beispielsweise Tiden-Turbinen, deren Rotoren im
Wasser stehen und die den Wellengang in Energie
umwandeln. So wurde erst kürzlich ein Versuchsprojekt in Kooperation von CWD mit Einrichtungen
in Schottland bewilligt.
Helga Hermanns
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CAT wird fortgeführt
Foto: Peter Winandy
sche Heiratsvermittler, die Reaktionen in Gang
setzen, steuern und beschleunigen, ohne dabei
selbst verbraucht zu werden und ohne unerwünschte Nebenreaktionen hervorzurufen.
Der Werkstoffhersteller Covestro und die RWTH
verlängern ihre Zusammenarbeit in der KatalyseForschung. Eine entsprechende Vereinbarung
wurde im Dezember von Innovationsvorstand Dr.
Markus Steilemann und Rektor Ernst Schmachtenberg unterzeichnet. Damit wird Covestro das
gemeinsam mit der RWTH betriebene CAT Catalytic Center in Aachen in den nächsten sieben
Jahren mit rund zwölf Millionen Euro unterstützen.
Beide Seiten hatten die Einrichtung im Jahr
2007 ins Leben gerufen. Aktuell arbeiten dort 25
Mitarbeiter an der Umsetzung von Grundlagenforschung in Innovationen. Im Mittelpunkt stehen
langfristige fundamentale Fragen der Katalyseforschung. Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums
ist seit Beginn Professor Walter Leitner, Inhaber
des Lehrstuhls für Technische Chemie und Petrolchemie an der RWTH.
Über 85 Prozent aller chemischen Reaktionen
basieren auf Katalyse, entsprechend wichtig
ist die Forschung auf diesem Gebiet. Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff sind die
Bausteine, mit denen die chemische Industrie arbeitet. Allein die Kombination entscheidet, welche
der unzähligen Stoffe daraus entstehen. Aufgabe
von Katalysatoren ist, die Elemente zusammenzubringen. Diese fungieren sozusagen als chemi-
CO2 für Schaumstoff nutzen
Die Herausforderung ist die Entwicklung von
maßgeschneiderten Katalysatoren für die unterschiedlichen Synthesen. Mit diesem komplexen
Gebiet befasst sich das CAT und arbeitet dabei
intensiv mit weiteren Instituten der Hochschule
zusammen. Gemeinsame Erfolge mit Covestro
wurden am Catalytic Center vor allem in der
Nutzbarmachung von Kohlendioxid als neuem
Rohstoff in der Kunststoffproduktion erzielt.
Dazu entwickelten beide Seiten ein katalytisches
Verfahren, das in relativ kurzer Zeit zur Marktreife
geführt wurde.
Konkret kann CO2 nun als Komponente für Polyurethan-Schaumstoff genutzt werden und damit einen Teil des Erdöls ersetzen, auf dem das
Material bislang komplett basiert. Eine Anlage mit
einer jährlichen Produktionskapazität von 5.000
Tonnen wurde in diesem Jahr bei Covestro am
Standort Dormagen eröffnet.
Für ihre erfolgreiche Zusammenarbeit erhielten
die Forscher von RWTH und Covestro bereits
mehrere gemeinsame Auszeichnungen – jüngst
den Innovation Award des Branchendienstes ICIS
in der Kategorie „Innovation with the best benefit
for environment and sustainability“.
Redaktion
Entwickeln für die Elektromobilität
Die Verknappung von Rohstoffen, die globale
Umweltanalyse oder die weltweite Urbanisierung
machen alternative Antriebstechnologien notwendig. Die Bundesregierung setzte sich zum Ziel,
dass bis 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen unterwegs
sein sollen. Das kann nur erreicht werden, wenn
ihr Kauf nicht wie derzeit wesentlich teurer ist
als der von konventionell motorisierten Fahrzeugen. „Erst dann ist das Elektrofahrzeug wettbewerbsfähig“, betont Dr.-Ing. Heiner Heimes. Der
Oberingenieur ist Leiter des Elektromobilitätslabors, kurz eLab genannt.
Für Deutschland als eine führende Industrienation im Automobilsektor spielt die elektromobile
Zukunft des Personen- und Individualverkehrs
eine besondere Rolle. Auf dem RWTH Aachen
Campus wurde daher ein Zentrum für Elektromobilproduktion ZEP eingerichtet, bestehend aus
dem eLab und der Anlauffabrik. Im eLab arbeiten
fünf Institute im Verbund: das Institut für elektrische Maschinen IEM, das Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe ISEA, das
Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik ISF,
der Chair of Production Engineering of E-Mobility
Components PEM und das Werkzeugmaschinenlabor WZL.
Batterie im Fokus
Von der Komponentenherstellung bis zur Fahrzeugendmontage ist der Kostendruck im gesamten Wertschöpfungsprozess von Elektroautos
enorm. Insbesondere die Batterie ist ein Hauptkostentreiber: Sie macht über 40 Prozent der
Herstellkosten eines Fahrzeugs aus. Das liege vor
allem an der Fertigung und an den Materialienkosten für Kupfer oder Cobalt. „Es käme schnell
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zu einem elektromobilen Durchbruch, wenn wir
die Kosten bei gleichbleibender Qualität senken
könnten“, erklärt Heimes. Ausschlaggebend
sei eine clevere Technik wie zum Beispiel die
integrierte Produkt- und Prozessentwicklung. Sie
ermögliche eine frühzeitige Optimierung und ein
flexibles Zuschneiden auf veränderte Randbedingungen. „Industrialisierungsbarrieren lassen sich
so reduzieren.“ Um das Fahrzeug zur Serienreife
zu bringen, müssen sowohl die Batteriezell- sowie die Modul- und Packfertigung als auch die
Integration des Batteriepacks in das E-Auto weiterentwickelt werden. All das ist im ZEP möglich.
Im eLab werden die Fertigungsprozesse der
Batterie und des elektrischen Antriebsstrangs
analysiert. Fokus ist die Komponentenentwicklung und Prototypenproduktion. Eine vollständige
Fertigungslinie bildet den ganzen Antriebsstrang
von den Elektromotoren bis zu den Batterien ab.
Auf einer Hallenfläche von 800 Quadratmetern
stehen Automatisierungstechnologien zur Verfügung, die flexibel miteinander kombiniert werden
können. Die Industrie kann Flächen anmieten, um
Tests durchzuführen. „Diese Zusammenarbeit
schafft Synergieeffekte und neue branchenübergreifende Netzwerke“, so Heimes.
Flexible Anpassung an Produktion
Aufbauend auf den Forschungsergebnissen des
eLabs wird in der Anlauffabrik das Gesamtfahrzeug betrachtet. Die Produzierbarkeit steht im
Vordergrund. Mit einer Anlage zum Karosseriebau, einer Montagelinie und End-of-Line Tests als
Zuverlässigkeitstests werden reale Anlauf- und
Produktionsprozesse abgebildet. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen die
Prozesse auf die Probe und erarbeiten Innova-
tionen. So werden sichere Anläufe mit hoher
Qualität und kürzeren Zeiten garantiert.
Die Basis für einen optimalen Prototyp schafft
die Kombination von neuartigen Fügetechnologien und umfassendem Know-how im Leichtbau. So werden zum Beispiel auch Fügefolgen
unterschiedlicher Karosseriestrukturen oder das
Klimaverhalten der Materialien untersucht. Auch
die optimale Anbringung der Außenhaut für die
Fahrzeugkomponenten nehmen die ZEP-Mitarbeiter unter die Lupe. „Wir schaffen insgesamt
eine flexible Anpassung an jeden Produktionsprozess“, fasst Heimes zusammen.
Celina Begolli
Im eLab auf dem RWTH Aachen Campus werden Versuche zur Optimierung der Montagelinie für den Zusammenbau von
großformatigen Lithium-Ionen Pouchzellen durchgeführt. Der Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components
PEM ist in verschiedenen Industriethemen dieser Batterien-Produktion tätig.
Foto: Peter Winandy
Power für die
Energiewende
Für Professor Walter Leitner ist es ein „starkes
Signal“, ein unmissverständliches Zeichen für die
enorme Bedeutung, welche die Bundesregierung
der Wissenschaft zum Gelingen der Energiewende beimisst. Schon in wenigen Zahlen wird
deutlich, dass das Kopernikus-Projekt „P2X:
Erforschung, Validierung und Implementierung
von ‚Power-to-X‘-Konzepten“ ein besonderes
Forschungsvorhaben ist: Deutschlandweit umfasst es 64 Arbeitsgruppen aus 17 Forschungseinrichtungen, 26 Industrieunternehmen und
drei zivilgesellschaftlichen Organisationen. Es
ist für zehn Jahre konzipiert und arbeitet in den
ersten drei Jahren mit einem Budget von 38,6
Millionen Euro, wobei 8,6 Millionen Euro aus der
Industrie kommen, der Rest vom BMBF. Leitner,
Inhaber des Lehrstuhls für Technische Chemie
und Petrolchemie der RWTH, steht mit Professor
Rüdiger-A. Eichel, Direktor des Instituts für Energie- und Klimaforschung des Forschungszentrums Jülich, und Professor Kurt Wagemann,
Geschäftsführer der DECHEMA Gesellschaft
für Chemische Technik und Biotechnologie, als
Koordinator an der Spitze des Großprojekts.
Es sind vier Kopernikus-Projekte für die Energiewende, ausgewählt aus 41 Vorschlägen, die das
BMBF in einem innovativen, langfristig angelegten Modell in Großverbünden fördert. Neben dem
Projekt mit dem Kurznamen Power-to-X haben
in drei weiteren Themenfeldern weitere Konsortien ihre Arbeit aufgenommen: SynErgie zum
Thema Lastmanagement in Industrieprozessen,
ENSURE zum Thema Netze und deren Optimierung sowie ENavi zur Systemintegration, wobei
die RWTH auch an den Projekten ENSURE und
SynErgie beteiligt ist.
RWTH-Professor Walter Leitner ist Koordinator im Kopernikus-Konsortium Power-to-X,
gefördert durch das Energieforschungsprogramm der Bundesregierung.
Foto: Peter Winandy
Weniger fossile Rohstoffe
Die Förderinitiative ist ein neues Format in der
Wissenschaftslandschaft: Sie hat gesellschaftliche Fragestellungen im Fokus, ermöglicht gleichzeitig über die lange Laufzeit eine dynamische
Entwicklung und hält nicht an starren „Meilensteinen“ fest. In den nächsten zehn Jahren sollen
Technologien entwickelt werden, die den Umbau
des Energiesystems entscheidend voranbringen.
Power to X fasst dabei Technologien zusammen,
die eine Umwandlung von elektrischer Energie
in stoffliche Energieträger und energieintensive
Chemieprodukte erreichen sollen.
„Durch die direkte Verknüpfung der energetischen und stofflichen Wertschöpfungskette
haben solche Technologien ein besonderes
Potenzial für die Verringerung des Einsatzes
fossiler Rohstoffe in den Sektoren Energiewirtschaft, Transport/Verkehr und Chemie“, erläutert
Leitner. Das entsprechende Stichwort laute Sektorkopplung: „Eine Schlüsselfunktion hat dabei
die elektrochemische Nutzung von Strom aus
erneuerbaren Quellen zur Erzeugung stofflicher
Ressourcen wie Wasserstoff, Kohlenstoffmonoxid und Synthesegas.“ Die zweite zentrale
Technologie ist die Katalyse für die anschließende effiziente Verwertung dieser Ressourcen über
ökologisch und ökonomisch sinnvolle Prozesse
zu stofflichen Energieträgern oder chemischen
Produkten.
400 Millionen für Kopernikus-Pojekte
Bei Vorstellung der Kopernikus-Projekte betonte
Forschungsministerin Johanna Wanka, dass
Deutschland mit diesem Energieforschungsprogramm, das ein Gesamtvolumen von 400 Millionen Euro umfasst, eine Vorreiterrolle einnimmt.
Das gelte besonders für die Anstrengungen zur
Dekarbonisierung und damit zur Verringerung der
Nutzung von fossilen Ressourcen, so Chemiker
Leitner: „Weltweit werden die Anstrengungen, Erfolge, und Herausforderungen mit großem Interesse beobachtet. In diesem Wettbewerb um die
Gestaltung einer erneuten industriellen Revolution
gilt es, für das ‚Versuchslabor Deutschland‘
Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren.“
Hierfür biete die deutsche Wissenschaftslandschaft aufgrund der traditionell wirkungsvollen
Vernetzung von akademischer Forschung und
industrieller Umsetzung hervorragende Voraussetzungen. Und für die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, insbesondere für
den Nachwuchs, ermögliche das Projekt die
Mitwirkung an der Entwicklung der zukünftigen
Technologien.
Hohe CO2-Einsparung
„Das Projekt bringt Wissenschaft, Industrievertreter, Energieversorger und Bürgervereine zusammen, damit wir in fünf bis zehn Jahren Lösungen
für die Speicherfrage haben, die sich im großen
Maßstab umsetzen lassen“, so Wanka. In Power-to-X verbindet sich Grundlagenforschung in
den Kompetenzbereichen Elektrolyse, Katalyse
und Prozess-Design mit den Anwendungsfeldern der Industrie. In sechs Forschungsclustern
wird die technologische Entwicklung von Beginn
an mit gesellschaftlichen Bedürfnissen und
nach einhergehender Akzeptanz abgeglichen.
Angestrebt wird eine hohe CO2-Einsparung bei
maximaler Wertschöpfung, die Integration dezentraler und autarker Lösungen, Skalierbarkeit und
Modularisierung sowie die Exportfähigkeit. Dass
Deutschland als Exportnation mit Technologien
für ein nachhaltiges Energiesystem weltweit neue
Märkte erschließt, ist erklärtes Ziel.
Thorsten Karbach
CARL auf Campus Melaten
Bis 2020 soll die RWTH ein Zentrum zur grundlegenden Erforschung der Alterung von Batteriematerialien und leistungselektronischen Systemen erhalten. Der Wissenschaftsrat hat hierfür
knapp 60 Millionen Euro Fördergelder von Bund
und Land NRW bewilligt. Dieses Center trägt –
ähnlich dem neuen Hörsaalzentrum, aber ohne
Punkte geschrieben – den Namen CARL,
Kurzform für „Center for Ageing, Reliability and
Lifetime Prediction of Electrochemical and Power
Electronic Systems“. In der interdisziplinären Einrichtung werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zehn Kernprofessuren und rund 20
weiteren Lehrstühlen und Instituten der RWTH
und des Forschungszentrums Jülich forschen
können. Vertreten sind dabei die Disziplinen Chemie, Physik, Mathematik, Informatik, Materialwissenschaft, Maschinenbau und Elektrotechnik.
„Batteriealterung und Lebensdauervorhersage
der Leistungselektronik sind Themen, die in
Aachen am Institut für Stromrichtertechnik und
Elektrische Antriebe schon seit den 1980er Jahren untersucht werden“, erläutert dessen Leiter
Professor Rik De Doncker. „Mit CARL wird es
jedoch zum ersten Mal in Deutschland einen
ganzheitlichen Betrachtungsansatz geben.“
Die komplette Prozesskette von der Herstellung
bis zur Anwendung steht dabei ebenso im Fokus wie der Lebenszyklus sämtlicher Materialien
und Komponenten. „Wir wollen bis zur Atomund Kristallebene verstehen, wie Energiespeicher funktionieren und auf unterschiedliche Anforderungen reagieren“, ergänzt Projektsprecher Professor Dirk Uwe Sauer, Lehrstuhl für
Energiewandlung und Speichersystemtechnik.
„Ganz ähnlich sind zum Beispiel die Fragen der
Verbindungen für Leistungshalbleiter wie sie
etwa in Elektrofahrzeugen oder Windkraftan-
lagen eingesetzt werden. Erst wenn wir die physikalisch-chemischen Prozesse kennen, können
wir Systeme produzieren, die ohne Überkapazitäten oder Redundanzen arbeiten.“
Drei große Laborbereiche
Im CARL sollen zwei Perspektiven betrachtet
werden: die der Endanwender einerseits und die
der Entwickler von Maschinen und Materialien
zur Herstellung von Batterien und Leistungselektronik andererseits. „Mit unseren Forschungsergebnissen können wir dazu beitragen, dass Entwicklungszyklen beschleunigt werden und durch
eine optimale Konfiguration der Systeme letztlich
Geld gespart wird“, so Sauer. Denn die Frage der
Lebensdauer sei essentiell für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Beispielsweise ist es wichtig
für Autohersteller, Abschreibungszeiträume,
Garantieleistungen und Zuverlässigkeit als Teil
der funktionalen Sicherheit einschätzen zu können.
Mit dem Bau der Forschungsstätte CARL wird
2017 auf dem Campus Melaten im Westen von
Aachen begonnen. Die Baukosten für das Gebäude betragen rund 43 Millionen Euro. Für die
Großgeräte und die Grundausstattung sind rund
16 Millionen Euro veranschlagt. Drei große Laborbereiche werden errichtet: Im ersten wird es Prüfstände für Belastungs- und Umweltsimulationen
geben. Der zweite Labor-Bereich befasst sich
mit dem Bau von Prototypen. Der dritte Laborbereich widmet sich schließlich der physikalischelektrochemischen Analyse. Der Einzug der rund
150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für Mitte
2020 geplant.
Redaktion
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Rohstoffe
und Recycling
Die aktuelle Ausgabe des Magazins „RWTH
THEMEN“ berichtet über Forschungsprojekte
der Aachener Hochschule rund um Lagerstätten,
Aufbereitung, Produktion und Abfallbehandlung.
In insgesamt 17 Beiträgen werden unter anderem
die Nachsorge von Bergbaulandschaften, Sicherheitsaspekte im Bergwerk, eine sensorgestützte
Sortierung, das Recycling von Elektronikschrott
oder Kirschkerne als Energieträger vorgestellt.
So sind beispielsweise Manganknollen bis zu kartoffelgroße Mineralanreicherungen, die in 3.500
bis 6.500 Meter Wassertiefe im Pazifik und im
Indischen Ozean vorkommen. Ein Forschungsprojekt befasst sich mit den Fragen, wie diese zu
gewinnen sind und wie sich ihre Weiterverarbeitung realisieren lässt.
RWTH THEMEN
Forschungsmagazin
Ausgabe 2/2016
Zu den betrieblichen Aufgaben eines modernen
Bergwerks und zu den Aufgaben eines Staates
im Rohstoffsektor gehört der Arbeitsschutz.
Wissenschaftlerteams der RWTH erforschen alle
Aspekte rund um die Kernthemen Bergbau und
Rohstoffe. In vielen Ländern erschwert die unzureichende Ausbildung der Bevölkerung eine
moderne Arbeitssicherheit. Hier gilt es, die staatlichen Institutionen und Aufsichtsbehörden zu
stärken. Somit lenkt die ansteigende globale
Rohstoffnachfrage den Blick zunehmend auf die
Ausbildung von Fachkräften für eine nachhaltige
Rohstoffgewinnung.
Im RWTH-Institut für Maschinentechnik in der
Rohstoffindustrie wird daran gearbeitet, dass die
Gewinnungsmaschine ebenso wie der Bergmann
„hören“ kann. Denn der erfahrene Bergmann
hört, ob die Gewinnungsmaschine wertvolle
Kohle oder härteres Nebengestein schneidet.
Möglich werden soll die Materialerkennung durch
den Einsatz der Acoustic Emission Technologie.
Kompetenzbereich
Rohstoffe und Recycling
Karosserien aus Aluminium
Für viele US-Amerikaner sind sie das Symbol des
American Way of Life: die Pickup-Trucks aus der
F-Serie von Ford. Vorne gewaltige Kühlerhauben
über breiten Stoßstangen, hinten eine lange
Ladefläche. Kein anderes Auto offenbart mehr
amerikanischen Patriotismus und Nationalstolz
als diese tonnenschweren Boliden. Seit über 30
Jahren ist der F-Truck das meistverkaufte Auto
auf dem nordamerikanischen Markt. Die beeindruckende Größe bringt allerdings auch ein beeindruckendes Gewicht und einen hohen Benzinverbrauch mit sich. Ford setzt aus diesem Grund
beim neusten Modell des F-150 auf eine Karosserie aus Aluminium. „Der Truck ist dadurch etwa
700 Pfund leichter geworden und wiegt in der
Basisausstattung rund 1.950 Kilogramm – weniger als eine typische Oberklassenlimousine“,
erklärt Dr. Jürgen Wesemann, technischer Leiter
für Werkstoffstrategien bei der Ford Forschungszentrum Aachen GmbH. Dabei konnten die
Konstrukteure die Robustheit des Trucks erhalten
und mussten keine Features weglassen. „Wir
haben einen Ruf zu verteidigen“, so Wesemann.
„Der F-150 steht für Robustheit sowie überlegene
Nutz- und Anhängelast. Der Aluminiumleichtbau
unterstützt Kundenanforderungen wie niedrigen
Verbrauch und gute Fahrdynamik.“
Forschung im Nichteisen-Metallbereich
Das an der Süsterfeldstraße ansässige Forschungszentrum ist eines von zehn Industrieunternehmen, die sich an AMAP (Advanced Metals
and Processes) beteiligen. Dieses Open-Innovation-Forschungscluster für Nichteisen-Metalle
arbeitet seit 2012 an aktuellen Problemstellungen
auf dem Gebiet der Nichteisen-Werkstoffe. Ziel
ist die Forschung, Entwicklung sowie Aus- und
Weiterbildung auf den Gebieten der Metallerzeugung, der Weiterverarbeitung von Metallen und
der Herstellung von Produkten aus Metallen und
metallischen Werkstoffen bis hin zum Recycling.
Foto: Peter Winandy
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Im aktuellen Vordergrund steht die Forschung
über Werkstoffe auf Aluminiumbasis. Projekte
des AMAP-Clusters bearbeiten Fragestellungen
der prozessübergreifenden Modellierung von
Prozessen und Werkstoffeigenschaften, zur
Schmelzereinheit, zu Umform- beziehungsweise
Gießprozessen und den Eigenschaften von Bauteilen. Darüber hinaus wird mit Blick auf Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit an der Verbesserung der Recyclingmöglichkeiten von Aluminium gearbeitet. Im Mittelpunkt stehe die vorwettbewerbliche Erforschung unter dem ganzheitlichen Aspekt „vom Einsatzmaterial zum Bauteil“, erklärt AMAP-Beiratsvorsitzender und Leiter
der Hydro Aluminium-Forschung & Entwicklung
in Bonn, Dr. Klaus Vieregge. „AMAP ist kein Service Center, unsere Forschung keine kurzfristige
Maßnahme. Sie benötigt einen langen Atem. Wir
können uns also noch auf viele weitere Jahre der
Zusammenarbeit freuen.“
AMAP-Verbund praktiziert Open Innovation
Derzeit arbeiten im AMAP-Verbund elf Industrieunternehmen und sechs RWTH Institute zusammen. Man verfolgt den evolutionären Gedanken
einer gemeinsamen Forschung an einem Ort,
industrie- und institutsübergreifend. „Die Zusammenarbeit hat für uns viele Vorteile“, erläutert
Professor Karl Bernhard Friedrich, Leiter des
RWTH-Instituts für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME), das AMAP angeschlossen ist. „Der Austausch mit Akteuren aus
der Industrie lässt neue Ideen reifen. Master- und
Doktorarbeiten können von Branchenspezialisten
begleitet werden. Darüber hinaus hat unser Institut die Möglichkeit, sich international zu präsen-
tieren.“ Friedrich betont, neben dem fachlichen
Austausch und der Generierung neuer Forschungsansätze seien für die Industrie vor allem
der Zugang zum Ingenieur-Nachwuchs und die
Synergieeffekte von großem Wert, die durch die
Nähe zur RWTH entstehen. Aktuelle Forschungsergebnisse könnten so schnell in marktfähige
Projekte integriert werden – für alle Beteiligten
aus Industrie und Hochschule eine Win-Win-Situation.
Ein gutes Beispiel für diese Synergieeffekte soll
die erwähnte F-Serie von Ford werden. „Da
schlummert ein großes Potential“, meint Experte
Wesemann von Ford und wagt einen Blick in die
Zukunft. „Die Chancen stehen gut, dass für unsere nächste Generation von Aluminiumfahrzeugen
in AMAP entwickelte Technologien verwendet
werden.“
Sebastian Dreher
Die Nachsorge von Bergbaulandschaften ist Forschungsthema an der RWTH Aachen. Im Bild ist der Tagebau
Hambach nahe Aachen zu sehen.
Luftaufnahme: Peter Winandy
Aachener Kompetenzzentrum für Ressourcentechnologie
Der Weg von der Erschließung nicht erneuerbarer Ressourcen beziehungsweise der Nutzbarmachung erneuerbarer Ressourcen bis hin zur
Wiederverwertung von so genannten „end-of-life“-Produkten verläuft entlang einer Prozesskette,
die diverse Disziplinen wie Bergbau, untertägiger
Ingenieurbau, Metallurgie und Metallrecycling
sowie Rohstoff-, Material- und Umwelttechnik
einbindet. Um die Initiierung und Koordination
von integrierten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zwischen Industrieunternehmen und
Hochschuleinrichtungen zu erleichtern, haben
sich über 20 Professorinnen und Professoren
der RWTH im „Aachener Kompetenzzentrum für
Ressourcentechnologie – AKR e.V.“ zusammengeschlossen.
Das Forschungsmagazin RWTH THEMEN
„Rohstoffe und Recycling“ kann per E-Mail
([email protected]) oder telefonisch
unter +49 241 80 94322 angefordert werden.
Das Aachen-Maastricht Institute for Biobased Materials, AMIBM, wurde offiziell im Dezemberauf dem Brightlands Chemelot Campus in Geleen eröffnet.
Das AMIBM steht für eine neue Form der Zusammenarbeit der Maastricht
University, UM, mit der RWTH und dem Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und angewandte Ökologie IME in Aachen. Unterstützt wird das
AMIBM dabei von der Provinz Limburg.
Das binationale Institut hat auf dem Brightlands Chemelot Campus 1.500
Quadratmeter bezogen, rund 50 Beschäftigte von UM, RWTH und Fraunhofer entwickeln in den Laboren neue Biowerkstoffe. Dabei werden nach
haltige Materialien erprobt, die beispielsweise auf Basis des Abfalls mechanisch geschälter Garnelen mit Hilfe von Tiefseebakterien gewonnen werden.
„Ich sehe hier eine große Zukunft für herausragende Forschung“, sagte
RWTH-Rektor Ernst Schmachtenberg bei der Eröffnung. Biologen, Chemiker, Ingenieure und Mediziner aus 16 Ländern arbeiten im AMIBM zusammen. „Das ist eine Blaupause für grenzüberschreitende Kooperationen in
der Forschung“, erklärte Professor Martin Paul, Präsident der Maastricht
University.
Einzigartige Spinnanlage im AMIBM
Das AMIBM präsentierte bei der Eröffnung auch eine weltweit einzigartige
„bi-component wet spinning line“ für die Entwicklung von medizinischen Fasern. Mit der Anlage von beinahe 20 Metern Länge lassen sich biobasierte
Fasern aus einer Polymerlösung und auf Zimmertemperatur spinnen. Dies
ist sogar mit zwei verschiedenen biobasierten Polymeren gleichzeitig für die
Produktion von Bi-Komponenten-Fasern möglich. So können verschiedene
Fasern vereint werden, zum Beispiel starke und antibakterielle Fasern für
Implantate. Anschließend werden diese Fasern mit einer Lasur überzogen,
die den Materialien eine Reihe weiterer medizinischer Eigenschaften verleiht.
AMIBM entwickelt diese speziellen Fasern für Implantate, beispielsweise als
Herzklappen.
Die in Geleen tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler starten
zudem ein neues „Bio Tex Fieldlab“. Es bezeichnet ein Testgelände für die
Produktion von Fasern und Garnen aus künftig verfügbaren Biopolymeren.
Errichtet wird es ebenfalls im AMIBM-Labor auf dem Brightlands Chemelot
Campus. Ziel ist es, biobasierte Polymere zu realisierbaren Marktpreisen für
die Textilbranche zu erzeugen. Projektpartner sind dabei AMIBM, Modint
– das niederländische Branchennetzwerk von über 600 Betrieben in den
Bereichen Bekleidung, Modeaccessoires und Innenausstattung – und
CHILL, die Chemelot Innovation and Learning Labs. Zudem soll intensiv
mit Biopolymer- und Textilproduzenten zusammengearbeitet werden. Die
Projektpartner des „Bio Tex Fieldlabs“ werden durch das Operationeel Programma Zuid-Nederland – OP Zuid – mit 760.000 Euro gefördert.
Thorsten Karbach
Foto: AMIBM
AMIBM entwickelt
Biowerkstoffe
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AStA lud zum
Speeddrawing
Laura Platte steht mit gezücktem Filzschreiber
vor einem großen weißen Blatt Papier, das an
einer Stellwand befestigt ist. Erst wenige Stunden
zuvor hat sie sich entschieden, beim Speeddrawing mitzumachen: „Keine Ahnung, was mich
hier erwartet“, so die Studentin der Digitalen
Medienkommunikation an der RWTH. Ihre Konkurrenten in der Couven-Halle sind Architekturstudent Barnabas Friedrich und die beiden FHStudenten Sebastiano Lia und Dave Rindorindo.
Eine Zuschauerin und ihr Begleiter vermuten,
dass diese ungewöhnliche Veranstaltung „wahrscheinlich so ähnlich ist wie ein Poetry-Slam, nur
eben mit Bildern“.
Dies sei gar nicht so falsch, erläutert Luisa Miny
vom RWTH-AStA, der zu dieser Pilotveranstaltung Mitte Dezember einlud. Die Kulturreferentin
entwickelte das Konzept, die Moderation übernahmen Julie Göths und Clemens Schmittmann,
die nun Publikum und Künstlern die Umsetzung
erläutern. Es wird ein Thema genannt, das
zeichnerisch zu gestalten ist. „Winter is coming“
heißt das Motto der ersten von insgesamt drei
Wettbewerbsrunden. Es folgen „Leonardo da
Vinci“ und „Mauerfall“.
Format wird fortgesetzt
Schon nach wenigen Minuten wird deutlich, wie
unterschiedlich das jeweilige Thema umgesetzt
wird: Das reicht vom japanischen Manga-Style
über einen satirischen Ansatz mit Comic-Figuren
und Sprechblasen bis hin zur Berghütte inmitten
einer idyllischen Schneelandschaft. Das Publikum darf weitere Begriffe vorschlagen – es folgen
beispielsweise „Treppe“, „Strippenzieher“ oder
„Industrie 4.0“.
Nach jeder Runde stimmen die Zuschauerinnen
und Zuschauer ab, indem sie sich einfach vor ihr
„Lieblingsbild“ stellen. Für musikalische Unterhaltung sorgt DJ Mike Kandinsky. Am Ende des
Abends gewinnt Laura Platte mit ihrem Bild vom
Mauerfall: Auf einem Mauerrest liegt eine Bananenschale, hinter der Mauer taucht drohend ein
riesiger Roboter auf, der zwischen Daumen und
Zeigefinger einen von der Mauerkrone herabstürzenden Menschen festhält.
Das Interesse an allen entstandenen Bildern des
Abends ist groß, sie werden gerne von den Zuschauern mitgenommen. Eines schmückt künftig
die Büroräume des AStA. „Die Stimmung war wie
auf einer Vernissage und das Feedback der Teilnehmer durchweg positiv. Auch die Couven-Halle
ist mit ihrem Ambiente einfach passend.“, meint
Luisa Miny abschließend und versichert, dass
weitere Auflagen des Speed-Drawing folgen
werden.
Helga Hermanns
Dem Publikum gefiel besonders das Bild von Laura Platte beim ersten Speeddrawing.
Foto: Peter Winandy
Impfstoff gegen
Malaria?
Jährlich erkranken Millionen Menschen an Malaria, sie gilt als die häufigste Tropenkrankheit.
Besonders betroffen sind dabei Kinder unter
fünf Jahren in der Region südlich der Sahara.
Nach Aussage des Robert-Koch-Instituts ist
Malaria in Deutschland die bedeutendste Importkrankheit. Eine wirksame Malaria-Impfung
steht zurzeit noch nicht zur Verfügung.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der
RWTH arbeiten zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie bereits seit Jahren an neuen
Ansätzen zur Bekämpfung der Krankheit. In
einem internationalen Projekt hat die Heisenberg-Professorin Gabriele Pradel vom Lehr- und
Forschungsgebiet Zelluläre und Angewandte
Infektionsbiologie an einer wegweisenden Malariastudie mitgewirkt, die im Fachmagazin Cell
Host & Microbe erschienen ist.
Das Leben in der Wirtszelle
Die Infektion eines Menschen erfolgt durch den
Stich der infizierten Anopheles-Mücke. Ausgelöst wird Malaria durch einzellige Parasiten der
Gattung Plasmodium. Sie haben einen äußerst
komplexen Lebenszyklus, der sich in der Mücke
und im Menschen abspielt. Im Menschen hält
sich der Parasit zumeist geschützt innerhalb
verschiedener Wirtszellen auf. Nachdem die
Mücke während einer Blutmahlzeit den Erreger
in die Haut des Menschen injiziert, wandert er
innerhalb von Minuten mit dem Blut in die Leber.
Dort dringt er aktiv in die Leberzellen ein und
vermehrt sich ungeschlechtlich. Nach dieser
initialen Vermehrungsphase befällt der Malariaparasit ausschließlich rote Blutkörperchen. In
diesen erfolgen nun abermals ungeschlechtliche
Vermehrungsphasen, die mit den typischen Fieberschüben vieler Malariakranker einhergehen.
Das Leben der Plasmodien spielt sich innerhalb
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der Wirtszellen eingebettet in einer Vakuole,
umschlossen von einer Membran, ab. Der
intrazelluläre Lebensstil bietet den Parasiten ein
ideales Nahrungsangebot bei gleichzeitigem
Schutz vor dem menschlichen Immunsystem.
Daher versuchen die Erreger, die Zeitspanne
außerhalb der Wirtszellen möglichst kurz zu
halten. Ein Teil von ihnen kann sich in den roten
Blutkörperchen später zu sexuellen Vorläuferzellen, den Gametozyten, umwandeln. Sie werden
während der nächsten Blutmahlzeit wieder von
einer Mücke aufgenommen. Im Mitteldarm der
Mücke bilden sich die Gametozyten innerhalb
weniger Minuten zu Geschlechtszellen um.
Funktionale Studien via Gen-Knockout
Die männlichen und weiblichen Geschlechtszellen müssen jedoch zuerst die roten Blutkörperchen verlassen, bevor sie zu einer Zygote
verschmelzen können. Dazu durchbrechen sie
mehrere Hüllmembranen. Es folgt eine weitere
ungeschlechtliche Vermehrungsphase im Innern
der Mücke. Nach zwei bis drei Wochen gelangt
der Malariaerreger erneut in die Speicheldrüsen der Anopheles-Mücke und kann so wieder
Menschen infizieren.
Im Rahmen der internationalen Studie wurden
Proteine aus der so genannten TRAP-Familie
untersucht. Sie besitzen essenzielle Funktionen für die Bewegung der Parasiten und das
Eindringen in die roten Blutkörperchen. Bei der
Untersuchung eines speziellen Proteins der
TRAP-Familie, MTRAP genannt, zeigte sich,
dass dieses Protein beim Eindringen in die
Blutzellen keine Rolle spielt. Stattdessen wurde
nachgewiesen, dass Parasiten, bei denen man
das Gen für die Kodierung des Proteins MTRAP
ausgeschaltet hatte, nicht in der Lage waren,
sich nach der Blutmahlzeit in den Mücken weiterzuentwickeln.
Laborarbeiten im Rahmen von Malariastudien im Lehrstuhl für Molekulare Biotechnologie.
Foto: Peter Winandy
Schlüsselprotein für die Übertragung
Weitere Untersuchungen deuteten darauf hin,
dass es tatsächlich die Geschlechtszellen waren, die sich im Darm der Mücke nicht aus den
sie umgebenden roten Blutkörperchen befreien
können, wenn das MTRAP-Gen ausgeschaltet
wurde. Hierzu müssen die Parasiten nicht nur
die Membran der roten Blutkörperchen zerstören, sondern vorher auch die Membran der sie
umhüllenden Vakuole. Und diese konnte nicht
aufgebrochen werden, wenn die Geschlechtszellen nicht in der Lage waren, MTRAP zu
synthetisieren und es auf ihrer Oberfläche zu
exponieren. Die Forschenden wiesen eindeutig nach, dass MTRAP für die Freisetzung der
Geschlechtszellen aus den Blutzellen wichtig
ist. Es stellt somit ein Schlüsselprotein für die
Übertragung der Malaria dar.
Die Ergebnisse dieser Studie könnten bei der
Entwicklung von Impfstoffen eine wichtige
Rolle spielen. Diese bestehen in der Regel aus
biotechnologisch hergestellten Proteinen, die
denen auf der Oberfläche von Geschlechtszellen des Malariaerregers entsprechen. Der
Impfstoff wird dem Menschen injiziert, der dann
Antikörper dagegen ausbildet. Als Folge einer
Immunisierung mit den Impfstoffen nimmt die
Stechmücke mit der Blutmahlzeit nicht nur den
Erreger, sondern auch die Antikörper auf. Im
Darm der Mücke zerstören diese gezielt die
Sexualstadien des Erregers und verhindern
die Verbreitung der unbehandelt oft tödlichen
Tropenkrankheit.
Redaktion
Passt dieses Studium zu mir?
Eine Tasse Kaffee und ein paar Kekse neben den
Computer gestellt – und schon geht es los. Nein,
nicht das gemütliche Surfen im Internet, sondern
das SelfAssessment. Nico, 18 Jahre alt und im
nächsten Jahr vielleicht Student der RWTH, will
wissen, ob das Studium der Materialwissenschaften das Richtige für ihn ist. Sein Freund
Florian hat ihm geraten, das SelfAssessment der
RWTH – kurz SAM genannt – online als Orientierungshilfe zu nutzen. Florian hat sich bereits
für Maschinenbau eingeschrieben und den Test
erfolgreich durchlaufen.
Zwischen 60 und 90 Minuten dauert die Bearbeitung der Fragen und Aufgaben. Im Orientierungs-SelfAssessment können Schülerinnen und
Schüler zunächst grundsätzlich ihre Kompetenzen erkunden. Wenn sich bereits für ein Fach
entschieden wurde, vermittelt das zeitlich umfassendere Studienfeld-Assessment spezifische
Informationen. Alle Angaben werden anonym
gespeichert, das Ergebnis hat keine Auswirkung
auf die Vergabe der Studienplätze. Die Teilnehmenden erhalten eine Auswertung und erfahren,
welche Bedeutung ein Aufgabenbereich für das
jeweilige Studium hat. Nico weiß am Ende des
Online-Verfahrens, dass der angestrebte Studiengang seinen Interessen entspricht. Aber seine
Mathekenntnisse weisen Lücken auf, er muss
dringend Stoff nachholen. Damit hat das Angebot das gesetzte Ziel erreicht: Orientierung bei
der Studienwahl zu geben und dabei zu unterstützen, das Studium möglichst ohne frustrierende Erlebnisse zu meistern und es erfolgreich zu
beenden.
Relaunch von SAM
Hinter SAM stehen rund zehn Personen: Psychologen, Bildungswissenschaftler und IT-Fachleute.
Vier davon sind überwiegend mit der Entwicklung der RWTH-eigenen SelfAssessments und
der Programmierung der Software beschäftigt.
Sie werden von der Hochschule und durch das
Bund-Länder-Programm (BLP) für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre
finanziert. Geleitet wird das Team am Institut für
Erziehungswissenschaft der Philosophischen
Fakultät von Professor Marold Wosnitza.
Seit zwölf Jahren gibt es das Projekt SAM, es
wurde 2016 sogar als eines der besten seiner Art
in Deutschland gekürt. Der zu erwartende Studienerfolg könne auf diesem Wege valide vorhergesagt werden, heißt es in einer Studie.
Für Studieninteressierte ist die Teilnahme seit
dem Wintersemester 2011/2012 verpflichtend.
Wer sich für ein Bachelor- oder ein Lehramtsstudium an der RWTH einschreiben möchte, muss
nachweisen, dass ein Studienfeld-SelfAssessment absolviert wurde. Insgesamt gibt es mittlerweile etwa 160.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Mit ihren Feedbacks tragen sie dazu bei,
dass sich die Programme inhaltlich und gestalterisch optimieren. Zum Jahresbeginn 2017
wird SAM ein frischeres, moderneres Outfit
haben. Möglich wird das durch die neue Software TestMaker 4, die beispielsweise zeitgemäße
Formate wie Videoeinspieler ermöglicht.
SelfAssessment gibt Rückschlüsse
für Lehre
Außerhalb der RWTH ist das Know-how aus
Aachen ebenfalls gefragt: Das Team hat etwa für
die Universitäten Rostock und Dortmund oder
den Verbund der Technischen Universitäten TU9
entsprechende Programme erarbeitet und kürzlich ein Tool für die German University of Technology im Oman (GUtech) abgeschlossen. Künftig
Das SelfAssessment-Team der RWTH um Professor Marold Wosnitza (2.v.l.).
Foto: Peter Winandy
sollen weitere Zielgruppen wie „Studienzweifler“
oder ausländische Studieninteressierte erreicht
werden. Im Dezember bewilligte das Bundesforschungsministerium ein neues Projekt: „SUCCESS“ hilft studienwilligen Flüchtlingen, sich im
deutschen Bildungssystem zurechtzufinden. Darüber hinaus gehört zu den Aufgaben des SAMTeams, Auswertungen für das Rektorat zu erstellen, die wertvolle Rückschlüsse auf die Lehre
erlauben. „Wir sehen uns auch als interne Dienstleister der RWTH mit einer entsprechenden
Expertise“, erklärt Katharina Zay, die als operative
Projektleitung alle Aufgaben im Team im Blick
hat. Dazu gehört die kontinuierliche Qualitätsprüfung der RWTH-SAM. Hauptmotivation ist laut
Wosnitza, Studieninteressierten Orientierung zu
geben – und das mit einer Methode, mit der man
sowohl die eigene Motivation als auch offensichtliche oder verborgene Talente entdecken und
reflektieren kann.
Helga Hermanns
„Erklär’s mir, RWTH!“
Was ist eigentlich dieses Darknet, in dem der
Amokläufer, der in einem Münchener Einkaufszentrum um sich schoss, seine Waffe gekauft
hatte? Und wo lag die Faszination von Pokemon-Go, diesem Phänomen, das wochenlang
Menschen auf ihrem Smartphone kleine Monsterwesen fangen ließ? Und dann der Brexit und
die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten
– wie konnte es nur soweit kommen?
Antworten auf gesellschaftliche, wissenschaftliche und weitere Fragen kann eine Hochschule
geben. Das war die grundlegende Idee für die
neue Videoreihe „Erklär’s mir, RWTH!“, umgesetzt vom Team des Dezernats 3.0 Presse und
Kommunikation. Zunächst in kurzen Interviews
mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen
wie Informatiker Professor Leif Kobbelt oder
Politikwissenschaftler Professor Emanuel Richter,
mit denen die Erklär-Kompetenz der RWTH stärker in die Öffentlichkeit rückte. Durchaus erfolgreich, die Abrufzahlen und Kommentare bei Youtube und auf Facebook waren auf Anhieb mehr
als zufriedenstellend, das Videoformat kommt
auch schon im Schulunterricht zum Einsatz.
Nach und nach wurde dabei das Portfolio erweitert – um Forschungsthemen verbunden mit
aktuellen Veranstaltungen an der RWTH Aachen.
Darüber hinaus wurde das klassische Interviewformat ergänzt um Solostücke und kleine Reihen
mit festen „Erklärern“, bei denen das Dezernat
mit der zentralen Einrichtung „Medien für die Lehre“ zusammenarbeitet.
Professor Stefan Pischinger beantwortet vor der Kamera
Fragen zur Entwicklung alternativer Kraftstoffe im Rahmen
des Exzellenzclusters TMFB.
Foto: Peter Winandy
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Neue Professoren
Fotos: Peter Winandy
Jan Alber ist seit Oktober 2016 Universitätsprofessor für das Fach Englischsprachige Literatur- und
Kulturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Kognition der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen
University. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der Frage, wie Rezipienten Erzählungen vermittels
kognitiver Raster interpretatorisch fassen. Außerdem interessiert er sich für alle unkonventionellen bzw.
außergewöhnlichen Formen von Literatur und Kultur.
geboren
am 10. Juni 1973 in Bietigheim-Bissingen
Ausbildung
1994 bis 2001
2005
2013
Studium der Fächer Englisch, Politikwissenschaft und Philosophie
in Freiburg und Reading (UK)
Promotion zum Dr. phil. an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg
Habilitation zu ‚unnatürlichen‘ Erzählungen in Freiburg (prämiert mit dem Habilitationspreis des Deutschen Anglistenverbandes)
Berufliches
2006 bis 2014
2007 bis 2008
2011 bis 2012 2013
2014 bis 2016
2017
Akademischer Rat im Beamtenverhältnis auf Zeit, Englisches Seminar, Freiburg
DFG-Forschungsstipendium, Project Narrative, The Ohio State University (USA)
Humboldt-Stipendiat, University of Maryland und University of North Carolina
Vertretung der W2-Professur für Anglistische Literaturwissenschaft, TU Darmstadt
AIAS-COFUND (Marie Curie) Forschungsstipendium,
Aarhus Institute of Advanced Studies (Dänemark)
President der International Society for the Study of Narrative (ISSN)
Persönliches
Freizeit
Familie, Campen, Sport – vor allem Mountainbike,
Kajak und Wandern, Klavier und Schlagzeug spielen.
I hate reality but it‘s still the best place to get a good steak.“
(Woody Allen)
Jan Alber
Dr. Egbert Figgemeier ist seit Mai 2016 Universitätsprofessor für das Fach Alterungsprozesse und
Lebensdauerprognose von Batterien der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der RWTH
Aachen University. Im Rahmen der Jülich Aachen Research Alliance (JARA) ist er Abteilungsleiter des
Helmholtz-Instituts Münster (IEK-12) am Forschungszentrum Jülich mit Standort in Aachen.
Egbert Figgemeier
geboren
am 4. Februar 1971 in Salzkotten
Ausbildung
1996
1998
Studium an der Universität Paderborn – Diplom Chemiker
Promotion (PhD) in Physikalischer Chemie an der Universität Paderborn.
Berufliches
1998 bis 1999
1999 bis 2000
2001 bis 2003
2003 bis 2007
2007 bis 2012
2012 bis 2016
Post-Doktorand an der Dublin City University, Irland
Post-Doktorand an der Universität Basel, Schweiz
Projektleiter und Marie-Curie-Fellow der EU an der Uppsala University, Schweden
Forschungsgruppenleiter an der Universität Basel
Laborleiter bei Bayer Technology Services GmbH, Leverkusen
Anwendungsentwickler Europaverantwortlicher für Batteriematerialien bei 3M Deutschland GmbH
Persönliches
Familie
Freizeit
verheiratet mit Dr. Viviane Maccio Figgemeier, Vater von Noël (11) und Sonia (8)
Sport in allen Varianten – am liebsten aber mit Schläger und Ball,
Bücher von Geschichte bis Fantasy
„Steter Tropfen höhlt den Stein“ (und nicht mit dem Kopf durch die Wand)
Dr. phil. Axel Mayer (im Bild zweiter von links) ist seit Juli 2016 Juniorprofessor für das Fach
Psychologische Methodenlehre der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen University.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Entwicklung von statistischen Methoden
zur Evaluation von Interventionen.
geboren
am 20. Oktober 1983 in Bruchsal, Deutschland
Ausbildung
2004 bis 2010
2013
Studium der Psychologie an der Friedrich Schiller Universität Jena
und der Penn State University
Promotion an der Friedrich Schiller Universität Jena
Berufliches
2010 bis 2014
2014 bis 2016
Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Prae- und Post-Doc)
am Lehrstuhl für Methodenlehre und Evaluationsforschung in Jena
Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Post-Doc) im Department of Data Analysis,
Ghent University
Persönliches
Freizeit
Sport (Fußball, Tischtennis, Badminton, Billard,...), Lesen, Reisen
„Think before you speak. Read before you think.“
(Fran Lebowitz)
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Axel Mayer
Dr. rer. nat. Christian Roos ist seit August 2016 Universitätsprofessor für das Fach Werkstoffund Prozesstechnik – Glas und Verbundwerkstoffe der Fakultät für Georessourcen und
Materialtechnik der RWTH Aachen University. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der
Thermochemie von Glasschmelz- und Formgebungsprozessen, der Werkstoffmechanik von
Gläsern und in der Entwicklung neuer glaskeramischer Werkstoffe.
geboren
am 25. Juli 1972 in Ehringshausen
Ausbildung
1993 bis 1997 Studium der Mineralogie und Kristallographie
an der Universität Gießen und Universität Marburg
2000 bis 2002 Promotion an der Universität Würzburg.
Berufliches
1998 bis 2000 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Schott Glas F&E, Mainz
2000 bis 2002 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promotion, Fraunhofer-ISC, Würzburg
2002 bis 2008 Wissenschaftlicher Referent und Projektleiter, Schott AG F&E, Mainz
2014 bis 2015 Gastdozent an der Universität, Jena
Persönliches
Freizeit
Sportklettern und Mountainbike, Musik in nahezu allen Facetten
„Kinder suchen immer nach dem Geheimnis jenseits des Spiegels.
Nur wir Erwachsenen begnügen uns mit unserer flachen Vordergründigkeit.“
(Stanislaw Jerzy Lec)
Christian Roos
Dr. rer. pol. Michael David Schneider ist seit Juni 2016 Universitätsprofessor und Inhaber
des Deutsche Post Lehrstuhls für Optimierung von Distributionsnetzwerken der Fakultät für
Wirtschaftswissenschaften der RWTH Aachen University.
Michael Schneider
geboren
am 15. April 1978 in Schwäbisch Gmünd
Ausbildung
1998 bis 2007
2012
2016
Studium der Betriebswirtschaftslehre und Informatik,
Universitäten Passau, Stuttgart und Mannheim, jeweils Diplomabschluss
Promotion zum Dr. rer. pol., TU Kaiserslautern
Habilitation im Fach Betriebswirtschaftslehre, TU Darmstadt
Berufliches
2009 bis 2013
2013 bis 2016
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik
und Operations Research, TU Kaiserlautern
Inhaber der DB Schenker Stiftungsjuniorprofessur BWL:
Logistikplanung und Informationssysteme, TU Darmstadt
Persönliches
Familie
Freizeit
verheiratet, ein Sohn
Mountainbike, Snowboard und Ski, Wellenreiten
„If you don’t go, you don’t know”
(The Stormrider Guide)
„RWTHonline“ ist IT-System für alle
Das integrierte Campus-Managementsystem
„RWTHonline“ soll in Zukunft alle wichtigen Bereiche rund um die Organisation von Studium und
Lehre an der RWTH unterstützen. Das auf einer
Software der Technischen Universität Graz basierende System wurde in ersten Bereichen den
Bedürfnissen der Aachen Hochschule angepasst.
Zu Beginn des Wintersemesters präsentierten die
Projektleiterinnen und -leiter im SuperC den Stand
der Entwicklungen.
„Vor rund einem Jahr haben wir Angehörigen der
Hochschule die Standardsoftware vorgestellt.
Heute haben wir ein System, das bereits auf die
Organisationstrukturen der RWTH zugeschnitten
ist“, berichtete der technische Projektleiter
Christoph Becker vom IT Center. In „RWTHonline“ werden die beiden großen IT-Systeme HIS
ZUL/SOS/POS für die Hochschulverwaltung und
CAS CAMPUS für die Fakultäten zusammengeführt. Dabei müssen Schnittstellen beibehalten
werden, etwa zur RWTHApp und zum Lehr- und
Lernportal L²P. „Ein integriertes Campus-Mana-
gementsystem, das Studierende, Lehrende und
Verwaltungsangehörige nutzen können, bringt
unser Qualitätsmanagement entscheidend voran“,
betonte Professor Aloys Krieg, RWTH-Prorektor
für Lehre.
Verbesserung des Student-Life-Cycle
Ab dem Wintersemester 2017/18 startet das
System mit zwei Pilotstudiengängen: Bachelor
Chemie und Master Politikwissenschaft. „Wir haben uns für diese beiden Studiengänge entschieden, weil sie zu zwei unterschiedlichen Fakultäten
gehören, jedoch mit anderen Studiengängen eng
verzahnt sind. Sie eignen sich außerdem für
einen Testdurchlauf, weil die Studierendenzahlen
überschaubar sind“, erläuterte Dr. Marguerite
Franssen, Leiterin des Projekt „Reorganisation der
Prozesse rund um das Prüfungsleistungs- und
Lehrveranstaltungsmanagement einschließlich
der Einführung einer integrierten Softwarelösung“,
kurz PuL. Dieses Projekt zielt auf eine Verbesserung der hochschulweiten Abläufe rund um den
studentischen Lebenszyklus, den Student-LifeCycle. Es umfasst neben dem Prüfungsleistungsund Lehrveranstaltungsmanagement die Themen
Bewerbung, Zulassung und das Studierendenund Gebührenmanagement.
Im Anschluss an die Präsentationen der Teilprojektleiterinnen und -leiter, in denen es unter anderem um die Basis-IT und das Bewerbungs-,
Lehrveranstaltungs- und Prüfungsmanagement
ging, präsentierten Vertreter der TU Graz beispielhaft, wie das prinzipiell zweisprachige System in
einem finalen Zustand als Desktop- und mobile
Version aussehen könnte.
tungsabteilungen und das IT Center zusammengebracht. Es ist organisatorisch im Dezernat 1.0 –
Akademische und studentische Angelegenheiten
eingebunden. Insgesamt gibt es über 100 Projektmitwirkende. Wenn die Einführung der neuen
Software planmäßig Ende 2018 abgeschlossen
ist, arbeiten alle in Studium und Lehre involvierten
RWTH-Beschäftigten und alle Studierenden mit
dem neuen System.
www.rwth-aachen.de/PuL
Sebastian Dreher
Abschluss Ende 2018
Bis zum Sommer 2018 sollen weitere Funktionalitäten und Schnittstellen entwickelt, RWTH-spezifische Informationen aufgenommen und Tests
durchgeführt sein. Auch werden Schulungen im
Umgang mit dem neuen Campus-Managementsystem durchgeführt. Im PuL-Projekt werden alle
Fakultäten, Studierende, die beteiligten Verwal| 11
Johannes Braumann, Professorin Sigrid Brell-Cokcan und
Elisa Lublasser (von links) bei Versuchen zur haptischen Programmierung im Rahmen von DIANA. Das Forschungsprojekt
war Finalist des KUKA Innovation Awards 2016.
Foto: Peter Winandy
Robotik in
der Architektur
Mehr Effizienz auf der Baustelle ist ihr Ziel: Am
jungen RWTH-Lehrstuhl für Individualisierte
Bauproduktion – kurz IP genannt – erforschen
Maschinenbauingenieure, Informatiker und Architekten gemeinsam innovative Technologien. „Die
Produktion auf der Baustelle hinkt der industriellen, vollautomatisierten Massenproduktion einzelner Bauteile massiv hinterher“, so Professorin
Sigrid Brell-Cokcan, Lehrstuhlinhaberin seit März
2015. Sie und ihr Team wollen die Robotik in der
Architektur künftig stärker nutzbar machen.
Zwar arbeiten Roboter derzeit überwiegend in
der Massenproduktion wie beispielsweise in der
Automobilfertigung. Neu ist der Ansatz, dass
auch Architekten Roboter einsetzen können, aber
nicht. Bekannt sind die utopischen Zeichnungen
des französischen Künstlers Bartolo Villemard,
die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigten, wie
mechanische Greifarme – gesteuert von einem
Architekten – Häuser bauen. In den 1980er Jahren setzten Japaner hochspezialisierte, aber sehr
teure Robotersysteme für den Bau von Hochhäusern ein. „Wir befassen uns in unseren Projekten
mit der Teilautomatisierung von Bauprozessen
und mit dem Einsatz von Robotern“, berichtet die
Architektin.
Die ersten Ergebnisse am IP gehen Hand in Hand
mit einer neuen forschungsgeleiteten Lehre innerhalb der Fakultät für Architektur. „Die Studierenden lernen hier technologische Potenziale kennen“, betont Daniel Haarhoff, wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Lehrstuhl. Dank der Ausbildung im
visuellen Programmieren und in intuitiven digitalen
Software-Umgebungen können sie Robotik und
Produktionsprozesse direkt in ihre Entwürfe einfließen lassen. In manuellen Versuchen erkunden
sie Prozesse zur Materialbearbeitung. Mit selbst
entworfenen Endeffektoren werden Fertigungsprozesse anschließend im Robotiklabor des IP
von den Studierenden selbst programmiert. „Dabei werden sie zudem mit Fragen der Materialverarbeitung und Konsequenzen für die Gestaltung
und Bauausführung konfrontiert“, so Haarhoff.
Intelligente Maschinen führen Planung aus
Die Lehrveranstaltung „Kinematics for Architects“
gibt einen Überblick zu Motoren, Getrieben und
anderen kinematischen Systemen, die für neue
baustellentaugliche Automatisierungsansätze und
Maschinen notwendig sind. Die Studierenden
entwerfen Skizzen und setzen sie anschließend in
physische Modelle um. Ein wichtiges Thema ist
zum Beispiel die Überwindung von großen Höhen.
Bereits im ersten Seminar entstanden Ansätze
zu Seilrobotern, die große vertikale Strecken
bewältigen und in einem ersten Modellversuch
eine Wand bemalen konnten. Diese Methode ist
zukünftig auch in anderen Maßstäben und weiteren Baustellentätigkeiten anwendbar.
„Die dynamische Umgebung der Baustelle verlangt auch nach schnell adaptierbarer Programmierung“, erläutert Haarhoff. Während digitale
Modelle die Programmierung der robotischen
Systeme beschleunigen könnten, müssten in Zukunft auch Roboter als Informationsträger dienen.
Nur so werde der derzeitige Informationsverlust
von der digitalen Planung bis zur Ausführung auf
der Baustelle überwindbar. „Erst wenn Menschen
ihre Expertise in Planung und Bau nahtlos von
intelligenten Maschinen ausführen lassen können, werden wir die notwendige Auswirkung auf
die gebaute Umwelt erreichen“, unterstreicht
Brell-Cokcan.
Um handwerkliches Vermögen mit automatisierten Konstruktionen zu verbinden und um schnell
auf wandelnde Bau- und Umweltbedingungen
zu reagieren, entwickelt der Lehrstuhl intuitive
Programmieransätze. Brell-Cokcan: „Entschei-
Schlaglichter
Kooperation mit E.ON
E.ON und die RWTH Aachen haben ihren Kooperationsvertrag um weitere fünf Jahre verlängert.
Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten
E.ON Vorstandsmitglied Karsten Wildberger und
der Rektor Ernst Schmachtenberg. Wesentliches
Ziel der Zusammenarbeit ist, die Potenziale der
Einsparung von Energie und nachhaltiger Energieversorgung zu erforschen und daraus neue Angebote und Lösungen für Kunden zu entwickeln.
Die Forschung ist am E.ON Energy Research
Center (ERC) gebündelt und konzentriert sich auf
die Gebiete Erneuerbare Energien, zukunftsfähige
Stromnetze und effiziente Gebäudetechnik.
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Unter den 100 Besten
Die RWTH schafft es in diesem Jahr erstmalig,
sich unter den 100 besten Hochschulen der Welt
zu positionieren. Das Times Higher Education
World University Ranking, THE Ranking, belegt
dies in seiner Ausgabe vom September. Das
Ranking gehört zu den bedeutendsten weltweit
und wird jährlich von dem in London ansässigen
Unternehmen Times Higher Education herausgegeben. Neben der Reputation, die die Universitäten weltweit bei Akademikern haben, fließen
auch Daten zu Publikationen, Hochschulfinanzen,
Mitarbeitern und Absolventen in die Berechnungen der Ranglisten ein. Mit Platz 78 erzielt die
RWTH ihr bisher bestes Ergebnis.
RWTH-Forscher häufig zitiert
Mit den RWTH-Professoren Carsten Bolm, Dieter
Enders, Magnus Rueping und Björn Usadel sind
beim internationalen Zitations-Ranking „Highly
Cited Researchers 2016“ erneut Aachener
Wissenschaftler gelistet. Bolm und Rueping leiten
Lehrstühle für Organische Chemie, Enders ist
Seniorprofessor am selben Institut und Usadel
leitet den Lehrstuhl für Botanik an der RWTH.
Das internationale Ranking benennt Forscher,
deren Publikationen in den Naturwissenschaften, den Sozialwissenschaften oder der Medizin
weltweit am häufigsten zitiert wurden. Es basiert
auf der renommierten Zitationsdatenbank „Web of
Science“ des Medienkonzerns Thomson Reuters.
Die Zitierhäufigkeit ist ein wichtiger Indikator für
den wissenschaftlichen Einfluss einer Veröffentlichung.
dend ist, dass die Programme nicht nur über
Software, sondern auch über physische Elemente
kontrolliert werden können. Denn die haptische
Komponente ermöglicht ein direktes Verständnis
vom Prozess.“
Roboter mit eingebauten Kraft-Momenten-Sensoren ermöglichen hier ganz neue Ansätze der
Mensch-Maschine-Interaktion. Die eingebauten
Sensoren erlauben weit mehr als nur eine sichere
physische Interaktion mit Nutzern. Dies wird im
Projekt DIANA – Kurzform für Dynamic Interactive Robotic Assistant for Novel Applications – in
Kooperation mit dem Kybernetik-Cluster IMA/ZLW
& IfU der RWTH erkundet.
Moderne Konzepte für alte Bausubstanzen
Ein weiterer Fokus in Zusammenarbeit mit der
Juniorprofessur für rezykliergerechtes Bauen
sind die Potenziale bestehender Gebäude. So
erarbeiteten Studierende Entwurfsprojekte für alte
Bausubstanzen im Rahmen der Initiative „Superlocal“ der niederländischen Baugesellschaft HEEMwonen in Kerkrade. Entstanden sind moderne
Wohnkonzepte, die mit rezyklierten Bauteilen
gebaut werden können.
Verfahren für Vollwärmedämmverbundfassaden
werden im Roboterlabor des Lehrstuhls getestet.
Ein vorhandener Wandaufbau soll sicher, materialgerecht und qualitätskontrolliert auseinandergenommen werden. Wärmedämmender Schaumbeton, am RWTH-Institut für Bauforschung
entwickelt, wird mittels Spritztechnik oder 3DDruckverfahren auf vorhandene Bausubstanzen
als Ersatz von Wärmedämmverbundsystemen automatisiert aufgebracht. Das Automatisierungspotenzial unterschiedlicher Verarbeitungstechniken
ist zu überprüfen. Im Labor werden sie sowohl
manuell als auch mit prototypischen Endeffektoren auf mobiler Robotik erprobt.
Um die Baurobotik international vorwärts zu
bringen, engagiert sich Brell-Cokcan im Netzwerk
„euRobotics“ und ist Präsidentin der Vereinigung
„Robots in Architecture“. „Auch an der RWTH
führt die Baustelle der Zukunft als Forschungsfeld
interdisziplinär zusammen, um das Thema Bauen
ins 21. Jahrhundert zu überführen“, äußert sich
die Professorin überzeugt.
Redaktion
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Herausgeber im Auftrag des Rektors:
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Redaktion: Renate Kinny
Mitarbeit:
Celina Begolli, Sebastian Dreher,
Angelika Hamacher, Helga Hermanns,
Thorsten Karbach, Thomas von Salzen,
Peter Winandy
Layout: Kerstin Lünenschloß, Aachen
Druck: Vereinte Druckwerke, Neuss
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nur mit Genehmigung der Redaktion.
ISSN 1864-5941