Leseprobe zum Titel: DER SPIEGEL Nr. 01/2016

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In diesem Heft
Titel
Aufklärung Wut, falsche Wahrheiten,
Verschwörungstheorien – der Job
des ernsthaften Journalismus in der
Empörungsdemokratie
18
SPIEGEL-Korrespondenten über die
Bedrohung der Pressefreiheit in
Russland, Mexiko, Ägypten, China,
Syrien und Afrika
21 – 29
Der ehemalige „Cumhuriyet“Chefredakteur Can Dündar über Zensur
und Repressalien in der Türkei
28
30
62
Wissenschaft
Leitartikel Die Aufgabe des SPIEGEL –
DER SPIEGEL in Zahlen
DER SPIEGEL im Hohlspiegel
Rückspiegel Eine Auslese
12
76
92
104
128
Kultur
156
166
168
172
174
174
Erotikdrama „Die Taschendiebin“ /
Die Wissenschaft vom Glück / Kolumne:
Zur Zeit
Lebensart SPIEGEL-Gespräch mit
Wolfgang Schäuble über
seine Leidenschaft für Musik
Literatur Martin Walsers neuer Roman
„Statt etwas oder Der letzte Rank“
Essay Von David Bowie bis
George Michael: Die Popgeneration
nimmt Abschied
Serienkritik In „Designated Survivor“
wird ein Tölpel US-Präsident
Meinung Kolumne: Im Zweifel links /
So gesehen: Donald Trumps Fackelzug
durch Washington
14
Martin Schulz wird wohl nicht
SPD-Kanzlerkandidat / CSU gegen
Cybermobbing / Ab Neujahr
gelten Tausende Flüchtlinge als volljährig 38
Terror Zahllose Behörden befassten
sich mit den Straftaten und dem Islamismus
von Anis Amri – warum haben
sie seinen Anschlag nicht verhindert?
40
Europa Österreichs Außenminister Sebastian
Kurz kritisiert Merkels Flüchtlingspolitik
46
SPD Die neue Liebe der Genossen für
Altkanzler Gerhard Schröder
48
Lebenslüge In welchem Milieu sich die
Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete
Petra Hinz zu Unrecht jahrzehntelang
als Juristin ausgeben konnte
52
Karrieren Schleswig-Holsteins Umweltminister
Robert Habeck versucht mit einer
Kampagne, Spitzenkandidat der Grünen für
die Bundestagswahl zu werden
58
Gewalt Die Geschichte eines 15-jährigen
Flüchtlings, der mit Freunden
einen Obdachlosen in Berlin angezündet
haben soll
60
Gesellschaft
82
84
Lesen Sie
den SPIEGEL
doch mal
hier:
88
90
Australiens frühe Höhlenmaler / Wie sinnvoll
sind Magenverkleinerungen? / Glosse:
Unfrohe Botschaften aus der Forschung
98
Kulinarik Warum der Mensch der
perfekte Feinschmecker ist – wie geschaffen
für den Genuss von Wein und Sekt
100
Astronomie Planetenjäger wollen nach
leuchtenden Außerirdischen suchen
103
144
Deutschland
Früher war alles schlechter: Vom Umgang
des Menschen mit anderen Tieren /
Was halten syrische Flüchtlinge von
Silvesterböllern?
Ausland
Italiens neue Regierung hat schon
die ersten Skandale / Friedenshoffnung
für Korea
Tunesien Im Musterland des Arabischen
Frühlings rekrutiert der „Islamische Staat“
besonders erfolgreich junge Kämpfer
Portugal Premier António Costa
über das Ende der Austeritätspolitik
und Populismus in Europa
Essay Warum sich Fluchtursachen
nur langfristig in den
Herkunftsländern bekämpfen lassen
70 SPIEGEL-Jahre
damals wie heute
40er-Jahre Nation – zweimal Deutschland
und zurück
50er-Jahre Kalter Krieg – das Ringen
zwischen Ost und West
60er-Jahre Utopien – was von den
Träumen übrig blieb
70er-Jahre Terror – von der RAF zum
„Islamischen Staat“
80er-Jahre Umwelt – Deutschland wird
grün
90er-Jahre Bunte Republik – ersehnt
und verhasst
00er-Jahre Digitales Leben – die Welt
der schlauen Dinge
10er-Jahre Idole – Heldendämmerung
im Sport
Personalien DER SPIEGEL im Film
Briefe Zuschriften aus 70 Jahren
Gefahren Wie der Sportsponsor Red Bull
das Unmögliche provoziert – und die Opfer
ignoriert
70
Kolumne Leitkultur
75
112
114
120
124
Mein Schiff ®
Himmel & Meer Suite
126
Wirtschaft
Deutsche Dieselkäufer klagen gegen VW /
Die Deutsche Bank scheitert
vorerst bei digitaler Geldanlage
Freihandel Die Exportwirtschaft
leidet unter neuen Handelshemmnissen
Karrieren Der zweimal gescheiterte
US-Unternehmer James Altucher über
Glück und Besitz
Autoindustrie Ein Deutscher und
ein Chinese lassen den
Borgward wiederauferstehen
134
136
140
142
Sport
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Sportler auf dem SPIEGEL -Titel /
Magische Momente: Rennfahrer Willi Kauhsen
über seine Nürburgringtour mit
Bundespräsident Gustav Heinemann
als Beifahrer
151
Handball Nationalspieler Andreas Wolff
über Selbstgespräche und
seine Schmerzen als Torhüter
152
68
Bestseller
Impressum, Leserservice
Nachrufe
118
164
165
69
Wegweiser für Informanten: www.spiegel.de/investigativ
Ein Facebook-Post und seine Geschichte
Ein Pfarrer wird blutig geschlagen – und
vergibt dem Täter digital
DER SPIEGEL 1 / 2017
11
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Restaurants ein vielfältiges kulinarisches Angebot und Markengetränke
in Premium-Qualität sowie Zutritt zum Bereich SPA & Sport,
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Das deutsche Nachrichten-Magazin
Leitartikel
SPIEGEL-Zeiten
Augsteins Auftrag, unser Erbe: Worum es damals ging, worum es heute geht
12
DER SPIEGEL 1 / 2017
Es geht heute um Freiheit, Aufklärung, Demokratie, es
geht wieder oder noch immer um alles. In den USA hat
sich Donald Trump über Behinderte und über Eltern, deren Sohn im Krieg gefallen war, lustig gemacht; er hat
Muslime, Mexikaner und eigentlich alle Minderheiten des
Landes diffamiert und bedroht. Trump hat sich am Telefon
als sein eigener Pressesprecher ausgegeben und Journalisten von Trumps Affären mit Carla Bruni und anderen
schönen Frauen erzählt, was Lügen waren. Trumps Stiftung hat eine Staatsanwältin in Florida, die ein Betrugsverfahren gegen seine Trump University einleiten wollte,
mit einer Spende von über 25 000 Dollar beglückt, und
die Staatsanwältin eröffnete kein Verfahren. Donald
Trump gewann die Wahl trotz allem, denn er hat 18 Millionen Follower auf Twitter und
17 Millionen auf Facebook.
Dort erzeugt Trump seine eigene Wirklichkeit und unterstellt denen, die ihn seiner Lügen überführen, dass sie Lügner
seien. Er ist Vorbild für viele.
Längst nennen Lügner eine
Presse, die Wahrheiten sucht,
„Lügenpresse“. Die Türkei lässt
Journalisten verhaften. Und die
Verfasser von Fake News,
Falschmeldungen, bezeichnen
Nachrichten, die ihnen nicht
passen, exakt so: „Fake News!“
Postfaktisch wird die Gegenwart genannt, da für viele Menschen Lügen so unterhaltsam
und bald so wahr sind wie die
Wahrheit. Wenn Algorithmen
zu Chefredakteuren werden,
werden Menschen, die rassistische Texte lesen wollen, mit rassistischen Texten beliefert. So
wird die Welt endlich logisch und der Rassist endlich mächtig. Platon schrieb: „Wenn einer demokratischen, nach
Freiheit durstigen Stadt schlechte Mundschenken vorstehen und sie sich über die Gebühr in ihrem starken Wein
berauscht: so wird sie ihre Obrigkeiten … zur Strafe ziehen, indem sie ihnen Schuld gibt, bösartig und oligarchisch
zu sein.“ Die besten Philosophen sind gute Propheten.
Wichtige Zeiten für den SPIEGEL sind dies, Zeiten
nämlich, die Medien wie den SPIEGEL brauchen. Lügner
müssen Lügner genannt werden. Rassisten sind zu entlarven als das, was sie sind. Auch Facebook und Twitter sind
zu beschreiben: als manipulative Medienkonzerne, die
Verantwortung tragen für das, was sie verbreiten.
All das sollten wir nicht unterschätzen. Unsere Art zu
leben, die Pressefreiheit, viele andere Freiheiten und die
Demokratien des Westens stehen auf dem Spiel.
INTERFOTO / DER SPIEGEL
E
s ging, damals, um alles: die Freiheit, die Aufklärung,
die Demokratie. Drei britische Offiziere hatten in
Hannover die Idee gehabt, den besiegten Deutschen
aus erzieherischen Gründen ein „News Magazine“ vorzusetzen. Was denn das sei, fragte Rudolf Augstein, 23. Eben
ein Nachrichten-Magazin, sagten sie und zeigten Augstein
die britische „News Review“: Nachrichten, lesbar gemacht
durch Handlung und so redigiert, als wären alle Texte von
ein und demselben Erzähler verfasst. „Und unter besonderer Betonung des Persönlichen: Alter, Schlips, Haarfarbe“, so erinnerte sich Rudolf Augstein später, „so fingen
wir an, so wurden wir angefangen.“
Die Zeitschrift DIESE WOCHE erschien Ende 1946 fünfmal und nahm ihren Auftrag ernst. Deutschland sollte ein
anderes Land werden, ein befreites, waches, demokratisiertes; und Augstein und seine
Kollegen schrieben über alles,
auch die miserable Versorgungslage. Die Briten wollten diese
allzu obrigkeitskritische Wochenschrift bald nicht mehr herausgeben und boten Augstein
die Lizenz an. Der fragte seinen
Vater Friedrich, einen Fotokaufmann, wie das Blatt heißen solle.
„Das Echo“? „Der Spiegel“?
„Der Spiegel“, sagte der Alte.
„Für unsere kleine Truppe“,
so Augstein, „galt der Satz: ,Wir
wollen das schreiben, was wir,
hätten wir dieses Blatt nicht, anderswo lesen wollten.‘ Bei uns
allen stand die politische Überzeugung im Vordergrund. Sie fächerte sich im Laufe der Jahre
Verhafteter Augstein 1963
naturnotwendig auf. Eisern aber
blieb der Grundsatz, vor keiner
Autorität, nicht einmal vor einer befreundeten, zu kuschen.“ Am 4. Januar 1947 erschien die Nummer 1.
70 Jahre, das sind 3650 SPIEGEL-Ausgaben, und darin
standen 378 000 Artikel, die von rund 2000 Redakteuren
verfasst, von rund 500 Dokumentaren verifiziert und von
27 Chefredakteuren verantwortet wurden. 70 Jahre: Adenauer; die Kennedys; Armstrong und Aldrin auf dem
Mond; die Schüsse auf Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke;
Ulrike Meinhof und die RAF; Tschernobyl; Brandt, Schmidt,
Kohl; Schabowskis Zettel; Mohammed Atta; Lehman
Brothers; Fukushima; das Klima; Flucht und Migration.
70 Jahre, das sind die Affären der Bundesrepublik: „Bedingt
abwehrbereit“ und der Fall Strauß; Flick; Neue Heimat;
Barschel; die Parteispenden; WikiLeaks und die Botschaftsdepeschen; Edward Snowden, die NSA und das abgehörte
Telefon der Kanzlerin; Franz Beckenbauer und das zerstörte
Sommermärchen; zuletzt Football Leaks.
Klaus Brinkbäumer