Die Initiation TAUFE DES HERRN Schrifttext: Mt 3,13–17 Einer von uns Warum hat Jesus sich taufen lassen? Er ist doch der Messias, der Sohn Gottes. Warum dann die Taufe? Schon der Täufer Johannes stellt diese Frage: „Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?“ (14). Was ist das für ein Messias, der sich vom Geringeren taufen lässt? Er hat’s doch gar nicht nötig! Warum denn dann? – Das ist Jesus: Er macht das „Wer-ist-der-Größte-Spiel“ nicht mit. Frei von der Angst um sich selbst, stellt er sich ganz zu den Menschen. Er braucht keine Privilegien. Jesus – einer von uns! Und zugleich weiß er sich gerade so von Gott getragen, weiß er: Was dem Willen Gottes entspricht, tut mir keinen Abbruch. Er kann sich ganz Gott überlassen. Das besagt seine Antwort auf die Frage des Täufers. Sie ist das erste Wort, das Jesus im Matthäusevangelium spricht, darum von besonderer Bedeutung: „Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit, die Gott fordert, ganz erfüllen“ (15). Mit anderen Worten: Nur so können wir Gottes Willen gerecht werden. Das ist Jesu Lebens- und Sterbensthema. 40 Der geliebte Sohn Gottes Jesus erscheint in dieser Erzählung nicht als Kind (in der Krippe), sondern als Erwachsener. Die Taufe ist sein erster Auftritt in der Öffentlichkeit, eine Art Initiation. Als er aus dem Wasser des Jordan steigt, wird offenbar, in welchem Horizont er zu sehen ist: • „Da öffnete sich der Himmel …“ (16). Über Jesus ist der Himmel offen. Gott greift ein. – „Reiß doch den Himmel auf und komm herab …“, so hatte Israel zu Gott geschrien (Jes 63,19). Und hier bei der Taufe nun reißt der Himmel auf und gibt Einblick in das Geheimnis Jesu. • Das Herniederfahren Gottes geschieht, indem der Geist auf Jesus herabkommt. Derselbe Geist, der am Anfang der Schöpfung wirkt (vgl. Gen 1,2), erschafft auch die neue Schöpfung. Durch Jesus bricht der Geist in die Welt ein und eröffnet die Heilszeit, die Zeit des Heiligen Geistes. • Gott bestätigt und beglaubigt in aller Öffentlichkeit Jesus als seinen geliebten Sohn. Er, der sich auf die Seite der Menschen geschlagen hat und ihr Leben teilt, gerade er ist der Erwählte. Die ganze Erzählung ist auf die Proklamation des Himmels ausgerichtet. Gott will (und das ist das Ziel des ganzen Evangeliums) die Wahrheit über Jesus ans Licht bringen, er will zeigen, wer dieser Jesus ist: Er ist der geliebte Sohn Gottes. Unsere Taufe Der Taufe Jesu zu Beginn seines öffentlichen Wirkens korrespondiert der Schluss des Matthäusevangeliums: Jesu Auftrag an die Jünger zur weltweiten Mission und Taufe. Die Evangelien sprechen nicht davon, dass Jesus getauft hat. Das ist eher unwahrscheinlich. Umso verwunderlicher ist es, dass die Taufe schon bald nach Ostern zum entscheiden- 41 den Kennzeichen der Christen wird. Nicht weil Jesus getauft hat, sondern weil er getauft worden ist, tauft die Kirche. Bei aller Einmaligkeit und Besonderheit der Taufe Jesu zeigt sich an ihr, was die christliche Taufe bedeutet: eine Gleichgestaltung mit Christus. • Mit Christus stehen wir unter dem offenen Himmel. • Durch ihn empfangen wir Gottes Geist. • Weil er der Sohn Gottes ist, sind wir Kinder Gottes. Das macht unsere Taufe aus. Wir sind nicht mit allen Wassern gewaschen, sondern mit einem bestimmten, das uns aus der Taufe Jesu zufließt. Das lässt uns ins Reine kommen. Das garantiert unsere Einmaligkeit, unsere Originalität. – „Am Ende sprach Rabbi Sussja: In der kommenden Welt wird man mich nicht fragen: Warum bist du nicht Mose gewesen? Man wird mich fragen: Warum bist du nicht Sussja gewesen?“ (Martin Buber). Jeder ist ein Unikat. 42
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