Predigt zum Christtag 25.12.2016

Christtag 2016
LG
Das Evangelium, das uns am Christtag von der Kirche vorgelegt wird, ist
einerseits eines der geheimnisvollsten Zeilen aus den 4 Evangelien,
andererseits ist es ein ganz großer Hymnus, vor allem aber ist es eine große
Herausforderung. Zur Zeit Jesu gab es verschiedenste Ideen und
Denkrichtungen, es gab die verschiedensten Vorstellungen über Gott und die
Welt, andererseits gab es in Palästina die bedrückende Situation der Unfreiheit
und Besatzung durch die Römer. Auf diesem Hintergrund hatte zudem das Volk
Israel die gewisse Zusage des kommenden Erlösers und Retters, wie er dem
Volk Israel im Alten Testament verheißen und zugesagt wurde.
Wie der Retter kommen wird, wie er sich zu erkennen gibt, das blieb unklar.
LG
Letztlich hat sich die damalige Situation kaum verändert. Wie viele Heilsbringer
haben wir, welche Versprechungen einer besseren und heileren Welt
bekommen wir zu hören, wenn etwa ein neuer Staatsmann sein Amt antritt?
Manche von ihnen werden zu Quasigöttern hochstilisiert oder präsentieren
sich selber so. Wie viele Menschen versprechen und erwarten sich durch
Orakel, durch Horoskope, durch Wahrsagerei usw. einen Wissensvorsprung
oder einen Blick in die Zukunft? Esoterik und New Age tun ihr übriges, um den
Menschen vor zu gaukeln, dass letztlich das Heil von ihnen selber abhängen
würde.
Im Vergleich müssen wir feststellen, dass sich in diesen 2000 Jahren nicht
wirklich viel verändert hat. Genau deshalb sind die Zeilen, die uns im
Evangelium überliefert sind, für unsere Zeit genau so aktuell wir damals. Die
Menschen waren damals wie heute verunsichert! Wie sollte es weitergehen?
Vieles, von dem, was als klar und fest galt, an dem man sich anhalten konnte
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und auf das man bauen konnte, ist brüchig geworden, hat seine Stabilität
verloren – damals wie heute.
Und genau in diese Unsicherheit hinein hören wir die Worte aus dem
Evangelium, wo wir anstelle der Synonyme die Worte Sohn Gottes einfügen
dürfen: Im Anfang war der Sohn Gottes, und Christus war bei Gott, und Christus
war Gott. Alles ist durch Christus geworden, und ohne Christus wurde nichts,
was geworden ist. Christus leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat ihn
nicht erfasst. Christus, der jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war
in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn
nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen
aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen die an
seinen Namen glauben.
Und Christus ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben
seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll
Gnade und Wahrheit.
Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des
Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.
LG
Wenn wir das Evangelium aus diesem Blickwinkel heraus lesen, dann bekommt
es eine ganz andere und tiefere Bedeutung. Es bringt uns Entlastung, weil eben
nicht alles von uns abhängig ist. Wir stehen nicht alleine in der Weltgeschichte
und im Weltgeschehen da, Gott hat eben nicht einfach nur die Welt erschaffen
und sie dann ihrem eigenen Schicksal überlassen, sondern Christus wurde als
Rettungsanker geschickt, damit die Welt an Gott gebunden wird, so, wie etwa
eine Rettungsleine oder ein Rettungsring zugeworfen wird. Jeder Einzelne hat
die Aufgabe, danach zu greifen, um gerettet zu werden.
LG
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Die Erwartungen, die wir an Gott haben, sind uns oft ganz klar. Es geht um
Frieden, um Gesundheit, um Wohlergehen, um Zufriedenheit usw.
Was aber darf sich Gott von dir und von mir erwarten: Gott hat sich uns
zugeneigt und so klein gemacht, dass wir in die Knie gehen müssen, um ihm in
die Augen sehen zu können. Er hat letztlich alles auf sich genommen, was
gebrechlich, unvollkommen und zerstört in uns ist, damit wir heil werden. Es ist
daher zu wenig, wenn wir nur in Beziehung zu Jesus treten wollen, es ist auch
zu wenig, wenn wir ihm bloß begegnen wollen. Er ist unser Heiland und wir
sollen uns danach sehnen, von ihm heil gemacht zu werden.
Wir müssen das unbedingt wollen und zwar immer wieder, wir müssen ihn
einlassen und wir müssen ihn an uns wirken lassen, ohne Vorbehalte!
Gott kommt und klopft an unsere Herzen und was sagen wir?
Sagen wir vielleicht, tritt ein großer König, so wie es angebracht wäre?
Leider nein, viel zu oft geben wir zu verstehen, dass wir gar keinen Bedarf an
der Hilfe des Herrn haben.
Oftmals wollen wir nicht gestört werden und einfach unsere Ruhe haben.
Jesus will uns heil machen und wir lehnen einfach ab!
Kein Platz für dich in meinem Herzen! Gott bietet sich uns an, das ist wahre
Größe. Er drängt sich nicht auf. Er erwartet unser bereites Herz. Gott ist bereit
zur Ganzhingabe, unsere Reaktion kann nur sein, diese Ganzhingabe mit der
Ganzannahme zu beantworten. Gott hat uns ein bedingungsloses Ja zugesagt,
wir dürfen dies mit einem bedingungslosen Ja beantworten. Diese Hingabe
seiner selbst findet auf rein menschlicher Ebene dort statt, wo Mann und Frau
endgültig ja zueinander sagen und es geht weiter, wo ein Paar bedingungslos Ja
zu einem Kind sagen. Und wir Menschen sind zu so einem bedingungslosen Ja
imstande, weil Gott dieses Ja zuerst gesprochen hat. Das Wort ist Fleisch
geworden und hat unter uns gewohnt, Gott selbst hat unsere Natur
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angenommen, um voll und ganz bei uns zu sein. Das ist die Botschaft von
Weihnachten, das ist der Trost, die Hoffnung und die Perspektive für unsere
Welt und für unser Leben. Gott ist Mensch geworden und hat uns dadurch den
Rettungsanker zugeworfen, damit wir durch ihn gerettet werden können.
Amen.
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