Interdisziplinäres Risikomanagement in der Therapie der multiplen

MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Interdisziplinäres Risikomanagement in
der Therapie der multiplen Sklerose
Joachim Havla, Clemens Warnke, Tobias Derfuss, Ludwig Kappos, Hans-Peter Hartung,
Reinhard Hohlfeld
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Die multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Autoimmunerkrankung
des zentralen Nervensystems. In Deutschland geht man von mindestens
150 000 Erkrankten aus. In den letzten Jahren wurden neue Medikamente, die
aufgrund ihrer Wirkmechanismen mit unterschiedlichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) einhergehen können, zugelassen.
Methode: Eine selektive Literaturrecherche in PubMed sowie eine Recherche
nach relevanten Risiken und UAW, unter anderem in Rote-Hand-Briefen, unter
Bezugnahme auf Daten des Kompetenznetzes Multiple Sklerose, wurden
durchgeführt.
Ergebnisse: In den letzten Jahren wurden in der MS-Therapie beachtliche Fortschritte erzielt, wodurch eine individuellere Behandlung möglich ist. Jedoch
müssen potenziell schwere UAW, teilweise sogar mit fatalem Ausgang, beachtet werden. Dabei können beispielsweise Transaminasenerhöhungen, Kardiound Nephrotoxizität oder Lympho- und Leukopenien mit einem unterschiedlich
hohen Infektionsrisiko auftreten. Das kumulative Risiko, unter Natalizumab an
einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) zu erkranken,
kann je nach Risikokonstellation über ≥ 1:100 betragen. Auch unter Fingolimod
und Dimethylfumarat wurden vereinzelt Fälle von PML beobachtet. Grundsätzlich besteht darüber hinaus bei allen immunsuppressiven Therapien zumindest
theoretisch die Gefahr eines erhöhten Malignomrisikos. Daneben können ebenfalls sekundäre Autoimmunerkrankungen auftreten. Etwa 35 % der mit Alemtuzumab Behandelten entwickeln innerhalb von zwei Jahren eine autoimmune
Schilddrüsenerkrankung und nach Gabe von Daclizumab ist bei 2 % der Patienten mit schweren, autoimmunen dermatologischen Nebenwirkungen zu rechnen. Leberschädigungen können Teriflunomid, Fingolimod, Natalizumab, Mitoxantron, Interferon β1-a/b und Daclizumab verursachen. Zudem sind psychiatrische, reproduktionsmedizinische und impfassoziierte Nebenwirkungen und
Risiken zu beachten.
Schlussfolgerung: Die verbesserte Wirksamkeit der MS-Therapie geht mit erhöhten Risiken für UAW, die ein interdisziplinäres Risikomanagement erfordern,
einher.
►Zitierweise
Havla J, Warnke C, Derfuss T, Kappos L, Hartung HP, Hohlfeld R:
Interdisciplinary risk management in the treatment of multiple sclerosis.
Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 879–86. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0879
Institut für Klinische Neuroimmunologie, Biomedizinisches Zentrum und Klinikum, Ludwig-Maximilians
Universität München: Dr. med. Havla, Prof. Dr. med. Hohlfeld
Klinik für Neurologie, Medizinische Fakultät, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: PD Dr. med. Warnke,
Prof. Dr. med. Hartung FRCP
Neurologische Klinik und Poliklinik, Universitätsspital Basel: Prof. Dr. med. Derfuss, Prof. Dr. med. Kappos
Munich Cluster for Systems Neurology (SyNergy): Prof. Dr. med. Hohlfeld
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S
eitdem das erste Interferon (IFN) β-Präparat vor
über 20 Jahren eingeführt wurde, hat sich die
Therapie der multiplen Sklerose (MS) mit zunehmendem Tempo weiterentwickelt (eGrafik). Da die teilweise bessere Wirksamkeit der neueren Präparate auch mit
höheren Risiken einhergeht, wurden Risikomanagementpläne implementiert und Präparat-spezifische
Strategien der Therapieüberwachung (Monitoring)
etabliert. Das Monitoring erfordert eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Immuntherapie
Das Arsenal der MS-Therapeutika umfasst verschiedene
Substanzen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen
(Tabelle 1, eKasten 1). Zum Beispiel werden B-Zellsowie T-Zell-orientierte und Zytokin-basierte Immuntherapien sowie Behandlungen, die Adhäsion, Chemotaxis, Migration und/oder Aktivierung sowie Proliferation
von Immunzellen beeinflussen, unterschieden. Neben
der Verbesserung von Effektivität und Selektivität besteht eine zunehmende Auswahl an Applikationsformen.
Patienten können zwischen oralen, subkutanen, intramuskulären und intravenösen Therapien mit unterschiedlichen Applikationsfrequenzen wählen, was sich
auch förderlich auf die Therapieadhärenz auswirkt (1).
Als wichtigste Therapieziele gelten, die Schubrate zu
reduzieren sowie den Eintritt der Behinderungsprogression zu verzögern und die Behinderungsprogression
zu verlangsamen oder zu stoppen. In umfassenden Zulassungsstudien (Phase I–III) wurde für alle MS-Therapeutika gezeigt, dass sie die Schubrate, die Behinderungsprogression sowie die kernspintomographischen
Kriterien, zum Beispiel Läsionslast, Läsionsaktivität
(Kontrastmittelaufnahme) oder Hirnatrophie, relevant
reduzieren (2). Als zusammenfassendes Erfolgskriterium
der Therapie wurde die fehlende Evidenz für Krankheitsaktivität („no evidence of disease activity“, NEDA), das
heißt jeweils auf einen Zeitraum von einem oder zwei
Jahren bezogene Schub- und Progressionsfreiheit, und
fehlende Magnetresonanztomographie(MRT)-Aktivität,
also keine neuen Gadolinium-anreichernden T1-, keine
neuen oder sich vergrößernden T2-Läsionen, vorgeschlagen. Um der Gewebeschädigung beziehungsweise den
gewebeprotektiven Effekten der Therapie mehr Gewicht
zu verleihen, wurde als zusätzliches Kriterium fehlende
Beschleunigung der physiologischen Hirnvolumenminderung vorgeschlagen (NEDA-4). Allerdings sind die
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NEDA-Kriterien bislang nicht in klinischen Studien evaluiert und berücksichtigen nicht alle krankheitsrelevanten
klinischen Aspekte (e1–e3). Dementsprechend bleibt also derzeit unklar, ob basierend auf NEDA-Kriterien Therapieentscheidungen getroffen werden sollten. Darüber
hinaus fehlen direkte Vergleichsstudien (Head-to-HeadStudien, NEDA-Vergleiche) moderner Immuntherapeutika untereinander und gegenüber älteren Präparaten. Damit können trotz der Ähnlichkeiten im Studienaufbau die
Effektgrößen einzelner Untersuchungen nicht mit anderen verglichen werden. Zusätzlich kann die bessere Wirksamkeit moderner Immuntherapeutika mit einer höheren
Anzahl schwerwiegender Risiken einhergehen. Mit Ausnahme neutralisierender Antikörper fehlen Laborparameter, um die Wirksamkeit individueller Therapien vorherzusagen. Neutralisierende Antikörper gegen Natalizumab
und, wenn auch nicht genauso unbestritten, Antikörper
gegen Interferone sind konsistent mit einem verminderten Therapieansprechen assoziiert. Für eine umfassende
Beschreibung der Wirksamkeit und Effektstärken verweisen wir auf weiterführende rezente Reviews (3). Der
Fokus der vorliegenden Übersichtsarbeit soll hingegen
auf dem Risikomanagement der bekannten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) moderner MS-Therapeutika liegen.
Interdisziplinäres Risikomanagement
Potenzielle schwere Nebenwirkungen, teilweise sogar
mit fatalem Ausgang, erfordern ein wirksames Risikomanagement und angemessene Überwachung der MS-Therapie (4). Allerdings können auch etablierte Risikomanagementkonzepte keinen 100 %igen Schutz bieten. Trotz
Risikomanagementplan hat sich die Inzidenz der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie unter Natalizumab-Therapie bisher nicht reduziert (e4). Unter anderem basierend auf den Therapieempfehlungen des Kompetenznetzes Multiple Sklerose (5) und einer selektiven
Literaturrecherche gehen wir im Folgenden auf die wichtigsten Kategorien relevanter Nebenwirkungen ein.
Infektionsrisiko bei immunkompromittierten Patienten mit
multipler Sklerose unter immunsuppressiver Therapie
Globale Veränderungen des (Differenzial-)Blutbildes
sowie der Lymphozytensubpopulationen sind im Ausmaß sehr unterschiedlich und wirkstoffabhängig ausgeprägt. Ein Rückschluss auf die Immunkompetenz ist oft
nicht möglich, denn das periphere Blut enthält nur eine
Minderheit (circa 2 %) des gesamten Immunzellreservoirs. Nicht erfasst werden zum Beispiel ortsständige
Immunzellen in Lymphknoten und anderen lymphatischen Organen (6). Daher kann von der Lymphozytenzahl im peripheren Blut auch nicht unmittelbar auf das
Risiko für seltene infektiöse Komplikationen wie beispielsweise einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) geschlossen werden. Bezüglich aktueller Risikomanagementpläne zur Minimierung des
Infektionsrisikos verweisen wir ergänzend auf Klotz et
al. (4). Unter Therapie mit Teriflunomid ist das allgemeine Infektionsrisiko nur leicht erhöht. Die Werte von
Leukozyten (−15 %) und Thrombozyten (−10 %) kön-
880
nen allerdings abnehmen (e5). Eine PML unter Teriflunomid ist bislang nicht bekannt (Stand 9/2016), jedoch
wurden vereinzelte Fälle potenziell opportunistischer
Infektionen berichtet:
● Klebsiellensepsis
● intestinale Tuberkulose
● gramnegative Sepsis (7, e6).
Dimethylfumarat führt zu einer mittleren Reduktion
der Leukozyten um circa 30 % (e7), bei 6 % der Fälle zu
einer Lymphopenie mit absoluten Lymphozytenzahlen
von < 500/µL. Diese Leukopenie kann im Einzelfall lang
anhaltend sein und gegebenenfalls zu infektiösen Komplikationen führen (e8, e9). Inzwischen wurden vier Fälle
von PML unter Dimethylfumarat zur Behandlung der MS
berichtet (Tabelle 2). Bei der Therapie mit Fingolimod
kann sich die Infektanfälligkeit ebenfalls erhöhen (8).
Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der
Lymphopenie sowie in Einzelfällen Granulozytopenie
unter Fingolimod mit einem erhöhten Infektionsrisiko ist
nicht bewiesen (8). Unter Monotherapie mit Fingolimod
wurden bislang neun PML-Fälle berichtet, bei denen keine Behandlung mit Natalizumab unmittelbar vorausgegangen war (Tabelle 2) (9). Darüber hinaus wurden Fälle
einer generalisierenden fatalen Varizella-Zoster-Virus(VZV)-Infektion/Reaktivierung, Fälle von Herpesenzephalitiden (Herpes-simplex-Virus 1, HSV-1) und ein
Fall einer zerebralen Kryptokokkose berichtet (10, 11,
e10, e11). Sehr selten tritt ein hämophagozytisches Syndrom auf (6, e12–e14). Unter Natalizumab sinken periphere Leukozyten und/oder Lymphozytenzahlen im Gegensatz zu anderen MS-Therapeutika nicht, sondern steigen eher leicht an. Daneben verändert sich die Zusammensetzung der Zellpopulationen (12, e15, e16). Eine relevante Lymphopenie ist nicht zu erwarten und bedarf
daher besonderer Abklärung. Offensichtlich sind die von
Natalizumab unterdrückten Immunfunktionen mit einer
messbar veränderten Immunüberwachung im zentralen
Nervensystem (ZNS) verbunden, möglicherweise aber
auch peripher wichtig für die Abwehr opportunistischer
Erreger wie das PML-auslösende John Cunningham-Polyomavirus (JCV) (13, e17). Während andere infektiologische Komplikationen selten unter Natalizumab auftreten, sind bei circa 490 000 Patientenjahren NatalizumabTherapie bislang mehr als 667 Fälle von PML dokumentiert worden (Stand 6/2016, Biogen) (Tabelle 2). Damit
kann bei einer spezifischen Risikokonstellation das über
die Zeit kumulierende Risiko der PML-Entwicklung bei
≥ 1/100 liegen, zumal die Kalkulation von PML-Inzidenzen und insbesondere die Abschätzung des individuellen
PML-Risikos unterschiedlich berechnet werden kann
(e18). Per definitionem gilt eine solche Risikokonstellation als häufig auftretende UAW (14). Aufgrund regelmäßiger MRT-Bildgebung bei MS-Patienten sowie einer
breiten Sensibilisierung von MS-Neurologen für diese
UAW werden Fälle von PML bei dieser Indikation vergleichsweise zuverlässig erkannt. Dennoch ist die diagnostische Einordnung nicht immer einfach, beispielsweise die Abgrenzung vom MS-Schub zum Zeitpunkt eines
Therapiewechsels. Da die JCV-Desoxyribonukleinsäure(DNA)-Polymerase-Kettenreaktion(PCR), auf der die
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TABELLE 1
Übersicht der Therapeutika für multiple Sklerose
Wirkstoff
Administrationsweg/-häufigkeit
Nebenwirkungen
Interferon ß-1b
subkutan, jeden 2. Tag
grippeartige Symptome, Transaminasenerhöhung, Injektionsstellenreaktionen,
neutralisierende Antikörper, Auftreten oder Verschlechterung depressiver Symptome
Interferon ß-1a
intramuskulär, 1 × wöchentlich
grippeartige Symptome, Transaminasenerhöhung, Injektionsstellenreaktionen,
neutralisierende Antikörper, Auftreten oder Verschlechterung depressiver Symptome
Interferon ß-1a
subkutan, 3 × wöchentlich
grippeartige Symptome, Transaminasenerhöhung, Injektionsstellenreaktionen,
neutralisierende Antikörper, Auftreten oder Verschlechterung depressiver Symptome
pegyliertes Interferon ß-1a
subkutan, 14-tägig
grippeartige Symptome, Transaminasenerhöhung, Injektionsstellenreaktionen,
neutralisierende Antikörper, Auftreten oder Verschlechterung depressiver Symptome
Glatiramerazetat
subkutan, täglich bzw. 3 × wöchentlich
Injektionsstellenreaktionen, post Injektion systemische Reaktion
Dimethylfumarat
oral, 2 × täglich
Flushing, Diarrhö, Oberbauchschmerzen, Lympho-/Leukopenien, sehr selten
PML
Fingolimod
oral, täglich
Transaminasenerhöhung, Bradyarrhythmie, Makulaödem, PRES, selten
opportunistische Infektionen (Kryptokokkose, PML)
Teriflunomid
oral, täglich
Transaminasenerhöhung, Teratogenität, toxische epidermale Nekrolyse (TEN)
Natalizumab
intravenös, monatlich
PML, HSV-Enzephalitis, Hepatotoxizität
Alemtuzumab
intravenös, jährlich
sekundäre Autoimmunerkrankungen (Schilddrüse, ITP, Glomerulonephritis),
Herpesreaktivierung, Listerienmeningitis
Daclizumab
subkutan, monatlich
Transaminasenerhöhungen, Hautreaktionen, Infektionen, gastrointestinale
Probleme und Auftreten oder Verschlechterung depressiver Symptome
Mitoxantron
intravenös, alle 3 Monate
Transaminasenerhöhung, kumulative Kardiotoxizität, (promyelozytische)
Leukämie
Für viele unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) lassen sich keine konkreten Häufigkeiten bezogen auf den klinischen Alltag formulieren. Die aufgeführten Nebenwirkungen stellen nur
eine Auswahl möglicher Nebenwirkungen dar und sollten besonders beachtet werden.
ITP, immunthrombozytopenische Purpura; HSV, Herpes-simplex-Virus; PML, progressive multifokale Leukenzephalopathie; PRES, posteriores reversibles enzephalopathisches Syndrom
Diagnose PML oft zentral fußt, sowohl falschnegative als
auch selten falschpositive Resultate hervorbringen kann
und die bioptische Sicherung nur selten erfolgt, ist eine
höhere Dunkelziffer möglich, aber nicht bewiesen (e19).
Klinisch ist die PML in ihrem Verlauf durch ein hohes
Maß an Mortalität und Morbidität gekennzeichnet. Aktuelle Untersuchungen legen nahe, dass eine frühzeitige
Diagnose einer PML, idealerweise vor klinischer Manifestation mittels Screening in der kraniellen MRT
(cMRT), mit einer verbesserten Prognose einhergehen
kann (Rote Hand Brief, Biogen, 11. 3. 2016). Neben der
PML wurden auch Fälle von Herpesenzephalitiden unter
Natalizumab beschrieben (15).
Aktuelle Inzidenzen und Empfehlungen zur Begrenzung des PML-Risikos insbesondere unter Therapie mit
Natalizumab finden sich in eTabelle und eKasten 2. Nach
Applikation von Alemtuzumab werden zunächst B- und
T-Zellen im peripheren Blut depletiert. Aufgrund der anhaltenden, nach Gabe nicht mehr beeinflussbaren therapieassoziierten Depletion von Immunzellen muss bei andauernden Auffälligkeiten wie einer Thrombozytenkonzentration < 100 000/µL und Zytopenien, die nicht der
normalen Kinetik der Repopulation folgen, eine hämatologische Mitbeurteilung erfolgen. Entsprechend dem
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Wirkmechanismus ist vor allem in den ersten sechs Monaten nach Infusion mit vermehrten Infektionen zu rechnen. Eine prophylaktische Therapie mit Aciclovir während der ersten vier Wochen nach einem Infusionszyklus
wird empfohlen. Einzelfälle schwerer VZV-Infektion
oder einer Reaktivierung latenter Virusinfektionen (16,
17, e20), Tuberkulose, Spirochätengingivitis, Pasteurelleninfektion, ösophageale Candidiasis, Listerienmeningitis und Nocardiose sind beschrieben (6, 18, 19, e21, e22).
Ein sogenannter „carry over“-Fall von PML nach einer
vorausgehenden Therapie mit Natalizumab und letalem
Ausgang ist bislang bekannt (Stand 6/2016, Genzyme).
In den Zulassungsstudien von Daclizumab wurden Leukopenien < 3 000/µL bei 6 % und Lymphopenien
< 500/µL bei 2 % der Patienten dokumentiert. Opportunistische Infektionen wurden jedoch bislang nicht berichtet. Schwere Infektionen wie Sepsis, Pneumonie, Appendizitis, Cellulite, Harnwegsinfekte und Virusinfektionen
traten bei < 5 % der Betroffenen auf. Unter Mitoxantron
werden alle Blutzellen deutlich reduziert. Eine erhöhte
klinische Vigilanz bezüglich opportunistischer Infektionen, zum Beispiel cMRT und Liquoruntersuchung bei
atypischen Infektionen sowie unklaren neurologischen
Verschlechterungen, ist deswegen dringend notwendig.
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TABELLE 2
Zugelassene Therapien der multiplen Sklerose, unter denen progressive multifokale Leukenzephalopathie beobachtet
wurde
Wirkstoff
Zahl der bestätigten Fälle
unter Monotherapie
aktuelle Anzahl der PML-Fälle
pro 1 000 behandelte Patienten*1
Quelle
Natalizumab
667 PML-Fälle
(664 MS, 3 Morbus Crohn)
667/152 500 = 4,22/1 000 Patienten
(Stand 6/2016)
hcp.biogeninternational.com/tysabri_
update.aspx?ID=22076
(Stand 6/2016)
Fingolimod
9 PML-Fälle*2
9/160 000 = 0,056/1 000 Patienten
(Stand 10/2016)
Novartis, data on file
(Stand 10/2016)
Dimethylfumarat
4 PML-Fälle*3
4/170 000 = 0,0235/1 000 Patienten
Biogen, Homepage Tecfidera,
(Stand 5/2016)
Alle Zahlen beruhen auf Angaben des Herstellers. Aufgrund unterschiedlicher Berechnungswege kann es zu leichten Inkonsistenzen kommen.
MS, multiple Sklerose; PML, progressive multifokale Leukenzephalopathie
*1 Die angegebene Zahl pro 1 000 Patienten kann nur als orientierendes Maß für das therapeutische Risiko verstanden werden, da diese ein kumulatives Risiko unter Langzeitbehandlung sowie eine Veränderung des Risikos durch Therapieabbrüche nicht hinreichend abbildet. Zudem bleiben Faktoren, die bekanntermaßen
das individuelle Risiko, zum Beispiel unter Therapie mit Natalizumab, beeinflussen können, unbeachtet. Hierzu sei auch auf die eTabelle sowie den eKasten 2 zur
Risikostratifizierung und zum Risikomanagement unter Therapie mit Natalizumab verwiesen.
2
* Zusätzlich zu den neun PML-Fällen unter Fingolimod sind mindestens neun sogenannte „carry over“-PML-Fälle berichtet worden, bei denen die Diagnose einer
PML kurz nach Umstellung von Natalizumab auf Fingolimod auftrat. Diese PML-Fälle werden demnach der Vortherapie Natalizumab zugerechnet (Stand 6/2016).
*3 Unter Fumarsäurederivaten sind auch in weiteren Indikationsgebieten, zum Beispiel Psoriasis, mehrere PML-Fälle bekannt. In den meisten Fällen kann jedoch
aufgrund der Komorbidität und Komedikation keine eindeutige kausale Beziehung zwischen der Entstehung der PML und der Fumarsäure hergestellt werden.
Sekundäre Autoimmunerkrankungen
Nach Alemtuzumab-Therapie entwickelt sich bei circa
35 % der Patienten innerhalb der ersten 48 Monate eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung. Dabei ist sowohl eine Hyper- als auch eine Hypothyreose möglich.
Die Prognose ist in den meisten Fällen bei leichtem bis
mittlerem Schweregrad günstig. Im dritten Behandlungsjahr erreicht die Inzidenz dieser Komplikation ihr Maximum. Deswegen müssen klinische und laborchemische
Kontrollen für mindestens 48 Monate nach der letzten
Alemtuzumab-Infusion fortgesetzt werden, unabhängig
vom Anti-Thyreoperoxidase(TPO)-Antikörper-Status vor
Therapiebeginn. Weitere autoimmunologische Risiken
sind Nephropathien, einschließlich der anti-glomerulären
Basalmembranerkrankung (a-GBM). In Studien traten
Nephropathien bei circa 0,3 % der Patienten auf, was
nach dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als gelegentlich gilt. Hinweise auf eine Nephropathie wie eine erhöhte Kreatininkonzentration
im Blut, Hämaturie und/oder Proteinurie sollten umgehend eine nephrologische Mitbeurteilung veranlassen.
Auch eine immunthrombozytopenische Purpura (ITP,
akuter Morbus Werlhof) wurde bei etwa 1 % der mit
Alemtuzumab behandelten Patienten beobachtet. Unter
Daclizumab traten Einzelfälle von Autoimmunhepatitis
und Colitis auf, ein möglicher Hinweis darauf, dass Daclizumab immunregulatorische Mechanismen nicht nur
stärken, sondern gegebenenfalls auch schwächen kann. In
einer Mitteilung des BfArM im August 2014 wurde die
Sammlung von Fällen einer thrombotischen Mikroangiopathie (TMA), einschließlich denen mit Todesfolge sowie
denen eines nephrotischen Syndroms mit verschiedenen
zugrundeliegenden Nephropathien, unter einer Therapie
mit IFN ß1-a/b gemeldet.
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Dermatologische Risiken
Unter Daclizumab können mit einer Häufigkeit von
30–70 % kutane Nebenwirkungen und mit einer Häufigkeit von 2 % schwere, autoimmune dermatologische Nebenwirkungen auftreten (20). Dabei haben die am häufigsten beobachteten unerwünschten Wirkungen wie
Exantheme und Ekzeme keine lokale Beziehung zu den
Injektionsstellen und können protrahiert sowie mit langer
Latenz nach Therapieapplikation auftreten (20). Zu Beginn einer Therapie mit IFN ß1-a/b oder Glatirameracetat
kann die Haut an der Einstichstelle Irritationen aufweisen. Eine Lipoatrophie als Nebenwirkung kann bei langfristiger Anwendung von Glatirameracetat auftreten.
Hepatotoxizität
Unter Teriflunomid, Fingolimod, Natalizumab, Mitoxantron, IFN ß1-a/b und Daclizumab können akute
oder chronische Leberschädigungen mit Transaminasenerhöhung diagnostiziert werden. Auch Einzelfälle
fulminanten Leberversagens, zum Beispiel unter IFN
ß1-a, sind beschrieben (e23). Entsprechend sind engmaschige Kontrollen der Leberwerte Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) und γ-Glutamyl-Transferase
(γ-GT) insbesondere zu Beginn der Therapie nötig. Bei
anhaltendem Anstieg der Transaminasen auf 3–5 × „upper limit of normal“ (ULN) soll entsprechend dem Risikomanagementplan die Therapie pausiert oder abgesetzt werden (4).
Kardiale Risiken
Kardiale und kreislaufassoziierte Risiken spielen insbesondere für den Einsatz mit Fingolimod, Teriflunomid
und Mitoxantron eine Rolle. Bei der Ersteinnahme von
Fingolimod kann die Herzfrequenz abnehmen und sollDeutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 51–52 | 26. Dezember 2016
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te daher für sechs Stunden überwacht werden (21). Zusätzlich ist unter Fingolimod und Teriflunomid eine
leichte Erhöhung des Blutdrucks möglich. Für Mitoxantron ist eine erhebliche Kardiotoxizität insbesondere oberhalb einer Dosis von 140 mg/m2 Körperoberfläche (KOF) bekannt, in Einzelfällen ist jedoch auch eine
Kardiotoxizität mit niedrigerer Gesamtlebensdosis beschrieben (e24). Deswegen muss vor und während einer Therapie mit Mitoxantron eine engmaschige Kontrolle der kardialen Pumpfunktion mittels Echokardiographie erfolgen. Bei einer Reduktion um 10 % im Vergleich zum Vorbefund beziehungsweise absolut < 50 %
der Ejektionsfraktion ist die Therapie zu unterbrechen
beziehungsweise zu beenden.
Pulmonale Risiken
Einige MS-Therapeutika stehen im Verdacht, mit Lungenerkrankungen assoziiert zu sein. Unter der Vorläufersubstanz von Teriflunomid (Leflunomid) wurden
einzelne Fälle schwerer interstitieller Lungenerkrankungen berichtet. Deswegen ist Wachsamkeit auch unter Therapie mit Teriflunomid ratsam. Auch Fingolimod vermindert möglicherweise die Einsekundenkapazität und Diffusionskapazität. Ein Zusammenhang zwischen pulmonologischen Erkrankungen und der Einnahme von Fingolimod ist allerdings nicht erwiesen
(22).
Impfungen
Impfungen bei MS-Patienten sollten unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert werden:
● Bei therapeutischer Immunsuppression könnte ein
höheres Infektionsrisiko durch impfpräventable
Erkrankungen vorliegen.
● Der Impferfolg könnte durch die Immunsuppression gemindert werden.
● Durch eine Impfung könnte die Krankheitsaktivität erhöht werden.
● Aufgrund der gestörten beziehungsweise unterdrückten Immunabwehr, insbesondere bei der
Durchführung von Lebendimpfungen, könnte ein
erhöhtes Impfrisiko bestehen.
Dennoch gelten für MS-Patienten bei Impfungen mit
Totimpfstoffen und Toxoiden die gleichen Impfempfehlungen wie für Gesunde. Impfungen mit attenuierten
Lebendimpfstoffen sollten jedoch unter Berücksichtigung des individuellen Infektionsrisikos möglichst
vermieden werden. Nach einer Impfung sollte der
Impferfolg überprüft und bei ungenügendem Ansprechen wiederholt werden. Informationen zum Ansprechen auf Influenza-Impfstoff finden sich in Tabelle 3
(23–26, e25). Eine rezente Übersicht zu Impfempfehlungen bei MS geben Williamson et al. (27).
Polyneuropathie
In der TEMSO- und TOWER-Studie (Teriflunomid)
wurde eine Neuropathie bei 1,9 % (versus 0 % Placebo-Gruppe) beziehungsweise 2,5 % (versus 1,1 % Placebo-Gruppe) der mit Teriflunomid behandelten Patienten diagnostiziert (e6, 28).
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TABELLE 3
Impfansprechen auf Influenza-Impfung unter Behandlung mit verschiedenen
Therapeutika für multiple Sklerose
Therapie
Impfansprechen auf Influenza-Impfung
Interferone
unverändertes Impfansprechen (23)
Glatirameracetat
H3N3 2010: 41,7 % (GA) versus 79,5 % (unbehandelte GK) (23)
Teriflunomid
leicht reduziert (24)
Dimethylfumarat
keine Studien bei MS
Fingolimod
43 % (Fingolimod) verglichen zu 75 % (Placebo) (25)
Mitoxantron
H1N1 2009: 0 % (Mitoxantron) versus 43,5 % (unbehandelte GK)
(23)
Natalizumab
widersprüchliche Ergebnisse: Reduktion des Impfansprechens
(23,5 % [Natalizumab] versus 43,5 % [unbehandelte GK]) oder unverändertes Ansprechen) (23)
Alemtuzumab
fraglich kein reduziertes Impfansprechen; eine Grippeschutzimpfung
ist ausdrücklich empfohlen, bei inadäquatem Impftiter ggf. auch
zweimalig: Für alle Impfungen unter Alemtuzumab sollte ein Abstand
von mindestens sechs Monaten zur letzten Infusion eingehalten werden (26)
Daclizumab
keine Studien bei MS
GA, Glatirameracetat; GK, gesunde Kontrollen; MS, multiple Sklerose
Nephrotoxizität
Bei Teriflunomid wurden akute oder chronische
Nephropathien in Einzelfallberichten beschrieben. In
den Zulassungsstudien wurde bei 1,2 % der mit Teriflunomid behandelten Patienten ein akutes Nierenversagen diagnostiziert. Jedoch normalisierten sich die
Nierenwerte innerhalb von maximal 48 Tagen bei allen Patienten ohne spezifische Intervention unter
Fortsetzung der Therapie. Auch bei Dimethylfumarat
veränderten sich die Nierenwerte in klinischen Studien. Eine Kontrolle der Nierenfunktion sollte deswegen eine Urinanalyse und die Bestimmung von Kreatinin, der glomerulären Filtrationsrate sowie gegebenenfalls von Cystatin C umfassen. Nephropathien
wurden auch unter einer Therapie mit IFN ß1-a/b berichtet.
Malignomrisiko
Grundsätzlich besteht bei allen immunsuppressiven
Therapien die Möglichkeit eines erhöhten Krebsrisikos. Wegen der relativ kleinen absoluten Zahlen lässt
sich ein solches theoretisch begründetes Risiko jedoch statistisch nur schwer beweisen. Dementsprechend konnte für Dimethylfumarat, Teriflunomid,
Alemtuzumab, Natalizumab und Fingolimod bislang
kein erhöhtes Malignomrisiko gesichert werden (29).
Jedoch traten unter Fingolimod-Therapie in den Zulassungsstudien 13 Fälle von Basaliomen und sechs
Fälle von Melanomen auf. Nach der Markteinführung
wurden weitere Einzelfälle von Hauttumoren (e26,
30) sowie Lymphomerkrankungen (B- und T-ZellLymphome, lymphomatoide Papulose) publik (31,
e27). Während einer Behandlung mit Alemtuzumab
883
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B
potenzielles Risiko mit
Patient abwägen
nicht empfohlen,
potenzielles Risiko
abwägen
unbekannt
unwahrscheinlich
MG = 18 500–22 500 Da
nicht
empfohlen
ja: IgG4 im zweiten
und dritten Trimenon
ja (bei
Meerschweinchen)
keine negativen
Auswirkungen bei
Affen, geringfügige
Verringerung
der Größe bei
Meerschweinchenjungen
keine gut kontrollierten
Studien an Menschen
keine gut kontrollierten
Studien an Menschen
keine Missbildungen
bei Affen
verringerte
Fruchtbarkeit bei
Meerschweinchen,
erhöhte Abortrate
bei Affen
C
Natalizumab
Menstruationsunregelmäßigkeiten
bei Meerschweinchen,
erhöhte Abortrate
bei Affen
C
IFN ß1-a/b
nicht
empfohlen
ja
ja
bei Menschen nicht
berichtet
fetale
Missbildungen bei
Ratten
bei Menschen nicht
berichtet
reduzierte
Trächtigkeitsrate
bei Ratten
C
Fingolimod
nicht
berichtet
nicht
empfohlen
nicht
berichtet
bei Menschen nicht
berichtet
fetale Missbildungen
bei Ratten
bei Menschen nicht
berichtet
bei Tieren nicht
berichtet
C
Dimethylfumarat
nicht
empfohlen
unbekannt
ja (bei Tieren)
bei Menschen nicht
beobachtet
fetale Missbildungen
bei Ratten und
Kaninchen
bei Menschen nicht
berichtet
keine Hinweise auf
eine beeinträchtigte
Fruchtbarkeit
bei männlichen und
weiblichen Ratten
X
Teriflunomid
D
Mitoxantron
nicht
empfohlen
Alemtuzumab wurde
bei Mäusen
mit der Muttermilch
auf Neugeborene
übertragen
Alemtuzumab kann
die Plazentaschranke
überschreiten
embryotoxisch bei
Mäusen
nicht
empfohlen
ja
möglich
potenziell teratogen
bei Menschen
aufgrund des
Wirkmechanismus
retardiertes Fötuswachstum bei Ratten,
keine teratogenen
Auswirkungen bei
Kaninchen
Daten aus Tierstudien
keine negativen
zeigten Wirkungen
Auswirkungen bei
auf die Fertilität bei
Ratten und Kaninchen
humanisierten Mäusen
Chemotherapie
induzierte Amenorrhö
bei Menschen
C
Alemtuzumab
Zu Daclizumab liegen noch keine ausreichenden Daten vor. Für aktuelle MS-Therapieempfehlungen in Schwangerschaft und Stillzeit dürfen wir auf den ständig aktualisierten Expertenkonsens des Kompetenznetzes Multiple Sklerose verweisen
(www.kompetenznetz-multiplesklerose.de).
FDA, Food and Drug Administration; IFN, Interferon; MG, Molekulargewicht; MS, multiple Sklerose
Stillen
unbekannt/
unwahrscheinlich
unwahrscheinlich
MG = 5 000–9 000 Da
Transfer durch die
Plazenta
Übergang in die
Muttermilch
keine Missbildungen bei
Ratten und Kaninchen
keine kontrollierten
Studien an Menschen
keine negativen
Auswirkungen bei
Ratten
Teratogenität
Fruchtbarkeit
FDA-Klassifikation
Glatirameracetat
Therapeutika der multiplen Sklerose in Schwangerschaft und Stillzeit (35, 36)
TABELLE 4
MEDIZIN
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 51–52 | 26. Dezember 2016
MEDIZIN
sollte bei Patientinnen einmal jährlich auf das humane
Papillomavirus (HPV) getestet werden, um das Risiko einer Zervixdysplasie zu minimieren. Für Mitoxantron sind Leukämien als Akut- oder Spätfolge beschrieben (32, e28, e29).
Ophthalmologische Risiken
Ophthalmologische Risiken wurden nur für Fingolimod berichtet. In den Zulassungsstudien und nach Zulassung traten Fälle von Makulaödemen auf (Inzidenz
0,5–0,7 %) (e30, e31). In der Regel war das Makulaödem nach Absetzen von Fingolimod reversibel, in
Einzelfällen konnte die Therapie unter engmaschigen
ophthalmologischen Kontrollen fortgesetzt werden
(e32, e33).
Schwangerschaft
Alle MS-Therapeutika sind in der Schwangerschaft
und Stillzeit kontraindiziert oder zumindest nur eingeschränkt zugelassen. Dennoch gibt es auf der Basis einer zunehmenden Anzahl von Schwangerschaftsregistern Erfahrungswerte, die in Spezialsituationen helfen, eine individuelle Entscheidung zu
treffen. Eine Übersicht über vorhandene Daten zur
Teratogenität, Fruchtbarkeit, Übertritt in die Muttermilch, Plazentagängigkeit und Stillen gibt Tabelle 4
(33–36).
Pharmakologische Wechselwirkungen
Insbesondere für Teriflunomid sind pharmakologische
Wechselwirkungen und Interaktionen bekannt. Potente
Cytochrom-P450(CYP)-Induktoren senken dabei den
Teriflunomid-Spiegel. Teriflunomid inhibiert CYP2C8
sowie den „organic anion transporter 3“ (OAT3) und
induziert CYP1A2 schwach. Entsprechend verstoffwechselte Arzneimittel sollten möglichst vermieden
werden. IFN ß1-a/b scheint die Aktivität von Cytochrom-P450-abhängigen Leberenzymen zu senken.
Psychiatrische Risiken
Unter einer Therapie mit IFN ß1-a/b oder Daclizumab
muss darauf geachtet werden, ob depressive Symptome
auftreten oder sich verschlechtern. Depressionen sind
aber nur eine relative Kontraindikation für diese Therapien.
KERNAUSSAGEN
● Die steigende Auswahl an Therapieoptionen erfordern den Umgang mit zunehmend vielfältigen Risiken.
● Insbesondere die neuere Generation von Therapeutika für multiple Sklerose
(MS) ist mit zum Teil substanzspezifischen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) behaftet.
● Risikomanagementpläne zur Überwachung der Therapie sind ein wichtiges Instrument, um die individuellen Risiken der MS-Therapie zu minimieren.
● Dabei ist eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen notwendig.
● Zudem sind Registerstudien erforderlich, um seltene UAW und damit assoziierte Surrogatparameter zu erfassen.
Interessenkonflikt
Dr. Havla wurde für Beratertätigkeit honoriert von den Firmen Novartis, Genzyme
und Biogen. Er bekam Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung von den Firmen Novartis, Biogen, Merck Serono und Bayer.
PD Dr. Warnke bekam Honorare für Beratertätigkeit von den Firmen Novartis und
Biogen. Er erhielt Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung, Vortragshonorare
und Studienunterstützung (Drittmittel) von den Firmen Novartis, Biogen, Teva und
Bayer.
Prof. Derfuss hält Aktien der Firma Novartis. Er wurde für Beratertätigkeiten honoriert von den Firmen Biogen, Merck Serono, Bayer, Novartis, Roche, Mitsubishi
Pharma, Genzyme und Geneuro. Kongressgebühren und Reisekosten wurden für
ihn erstattet von den Firmen Biogen, Genzyme, Novartis, Bayer und Merck Serono.
Er bekam Vortragshonorare von den Firmen Biogen, Genzyme, Novartis, Bayer,
Merck Serono und Roche. Studienunterstützung (Drittmittel) wurde ihm zuteil von
den Firmen Biogen, Novartis, Geneuro und Roche.
Prof. Kappos bekam Kongressgebühren- und Reiskostenerstattung von den Firmen
Bayer, Biogen, Novartis, Merck Serono, Sanofi-Aventis, Genzyme und Teva. Für Vorträge wurde er honoriert von den Firmen Allergen, Bayer, Biogen, Excemed, Genzyme, Merck Serono, Novartis, Pfizer, Sanofi-Aventis, Teva und UCB. Studienunterstützung für initiierte Forschungsvorhaben (Drittmittel) wurde ihm zuteil von den
Firmen Bayer, Biogen, Novartis und Roche. Untersützung für die Durchführung klinischer Studien (Drittmittel) erhielt er von den Firmen Novartis, Biogen, Mitsubishi,
Roche, Merck Serono und Sanofi-Aventis.
Prof. Hartung bekam Honorare für Beratertätigkeiten von den Firmen Biogen,
Novartis, Merck Serono, Genzyme, MedImmune, Teva, Geneuro, Bayer, CSL Behring, Octapharma und Opexa. Er erhielt Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung von den Firmen Biogen, Novartis und Genzyme. Für Vorträge wurde er honoriert von den Firmen Biogen, Kedrion, Novartis und Genzyme. Studienunterstützung
(Drittmittel) wurde ihm zuteil von den Firmen Teva, Biogen und Novartis.
Prof. Hohlfeld erhielt Honorare für Beratertätigkeiten von den Firmen Actelion, Bayer, Biogen, Genzyme Sanofi, Medday, Merck Serono, Novartis, Roche und Teva. Er
bekam Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung sowie Vortragshonorare von
den Firmen Actelion, Bayer, Biogen, Genzyme Sanofi, Medday, Merck Serono,
Novartis, Roche und Teva. Studienunterstützung (Drittmittel) wurde ihm zuteil von
den Firmen Bayer, Biogen, Genzyme Sanofi, Merck Serono, Novartis und Teva.
Fazit
Manuskriptdaten
eingereicht: 20. 6. 2016, revidierte Fassung angenommen: 5. 10. 2016
Die zunehmende Zahl der MS-Therapeutika erfordert
heute mehr denn je große Anstrengungen, die allfälligen Risiken zu minimieren. Interdisziplinäre Risikomanagementpläne sind hierfür essenziell und berücksichtigen Art sowie Ausmaß der Risiken, beschreiben
die erforderlichen Maßnahmen zur Prävention sowie
Früherkennung und geben darüber hinaus praktische
Anleitungen für die notwendigen Kontrollen. Ein individuelles Risikomanagement bedeutet einen ersten
Schritt in Richtung einer individualisierten Therapie.
Ergänzende Informationen zu aktuellen Risikomanagementplänen sind dem Literaturverzeichnis zu entnehmen (4, 5, e34).
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Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Joachim Havla
Institut für Klinische Neuroimmunologie
Biomedizinisches Zentrum und Klinikum der Ludwig-Maximilians Universität
Marchioninistraße 15, 81377 München
[email protected]
Zitierweise
Havla J, Warnke C, Derfuss T, Kappos L, Hartung HP, Hohlfeld R:
Interdisciplinary risk management in the treatment of multiple sclerosis.
Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 879–86. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0879
@
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Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 51–52 | 26. Dezember 2016
MEDIZIN
Zusatzmaterial zu:
Interdisziplinäres Risikomanagement in der Therapie der multiplen Sklerose
Joachim Havla, Clemens Warnke, Tobias Derfuss, Ludwig Kappos, Hans-Peter Hartung, Reinhard Hohlfeld
Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 879–86. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0879
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MEDIZIN
eTABELLE
Risikostratifizierung der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie*
positiver Anti-JCV-Antikörperstatus
PML Risikoabschätzung pro 1 000 Patienten
Natalizumab
Behandlungsdauer
in Monate
Antikörperindex
≤ 0,9
Antikörperindex
> 0,9 ≤ 1,5
Antikörperindex
> 1,5
1–12
0,1
0,1
0,2
13–24
0,1
0,3
0,9
25–36
0,2
0,8
3
37–48
0,4
2
7
49–60
0,5
2
8
0,6
3
10
61–72
negativer Anti-JCV-Antikörperstatus
PML Risikoabschätzung pro 1 000 Patienten: 0,1
* aktuelle Risikostratifizierung mittels John Cunningham-Virus(JCV)-Serologie für Patienten unter Natalizumab-Therapie (e44)
PML, progressive multifokale Leukenzephalopathie
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III
MEDIZIN
eGRAFIK
Ziel: Schubreduktion, Verlangsamung
der Behinderungsprogression
symptomatische
Therapie
funktionelle Verbesserung
Wirksamkeitsparameter
EDSS
1983
1983
anhaltende Verbesserung
2011
„no evidence of
(clinical and
MRI) disease
activity“
(NEDA3)
2009
MSFC
1995
1994
1996
IFN-β-1b s.c.
1995
Reparatur?
1998
2000
IFN-β-1a s.c.
1998
IFN-β-1a i.m.
1997
2002
GA s.c.
1996/2000
2004
2006
2008
Natalizumab i.v.
2006
2010
„no evidence of
(clinical and
MRI) disease
activity“
(NEDA4)
2014
2012
Fingolimod p.o.
2010
Teriflunomid p.o.
2012
DMF p.o.
Alemtuzumab i.v.
2013
2014
2016
2018
PEG-IFN-β-1a s.c.
2014
Ocrelizumab i.v.
Cladribin p.o.
Siponimod p.o.
2017/2018?
Daclizumab s.c.
2016
Seit Zulassung des ersten Interferon β-Präparats im Jahr 1995 ist die Anzahl der für die Therapie schubförmigen multiplen Sklerose zur Verfügung stehenden Präparate ständig gewachsen. Im Zuge dieser Entwicklung sind auch die Therapieziele anspruchsvoller geworden. Schubreduktion und Verlangsamung der Behinderungsprogression stehen weiterhin im Vordergrund, aber auch eine kernspintomographische Stabilisierung wird angestrebt (NEDA 3 und 4).
DMF, Dimethylfumarat; EDSS, „expanded disability status scale“; GA, Glatirameracetat; IFN, Interferon; i.m., intramuskulär; i.v., intravenös; MRI, „magnet resonanz
imaging“; MSFC, „multiple sclerosis functional composite“; NEDA, „no evidence of disease activity“; PEG-IFN, pegyliertes Interferon; p.o., per os; s.c, subkutan
IV
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 51–52 | 26. Dezember 2016 | Zusatzmaterial
MEDIZIN
eKASTEN 1
Kurzportraits (Risiken, unerwünschte Arzneimittelwirkungen)*
● Interferon β (IFN ß1-b, s.c., 1995/2008; IFN ß1-a, s.c., 1998; i.m., 1996; PEG-IFN ß1-a, s.c., 2014) hat eine Vielzahl immunmodulierender Eigenschaften, jedoch kein erhöhtes Infektions- oder Krebsrisiko. Sehr selten wurden Fälle thrombotischer Mikroangiopathie beobachtet.
● Glatiramerazetat (2001; s.c.) wirkt immunmodulierend sowohl auf das antigenabhängige (adaptive) als auch auf das antigenunabhängige (innate) Immunsystem. Das Nebenwirkungsprofil ist insgesamt benigne; es gibt keine Hinweise für ein erhöhtes Infektions- oder Krebsrisiko. Hauptnebenwirkungen sind kutane und (sehr selten) systemische Überempfindlichkeitsreaktionen (37).
● Dimethylfumarat (2014, p.o.) ist ein „first line“-Therapeutikum für die schubförmige multiple Sklerose (MS) (e35, e36). Dimethylfumarat ist eine
Weiterentwicklung einer in der Psoriasistherapie seit 1994 etablierten Fumarsäure. Der exakte Wirkmechanismus ist nicht abschließend geklärt.
Ein suppressiver Effekt auf Lymphozytenzahlen ist messbar. Antiinflammatorische und neuroprotektive Effekte werden diskutiert (e35, e36). Gastrointestinale Unverträglichkeiten, sogenanntes Flushing, und ein erhöhtes Infektionsrisiko sind die wichtigsten bisher bekannten Nebenwirkungen
(e37). Inzwischen wurden vier Fälle von progressiver multifokaler Leukenzephalopathie (PML) unter Therapie mit Dimethylfumarat berichtet. Daher
wird empfohlen, bei einer anhaltenden Leukopenie < 3 000/µL beziehungsweise Lymphopenie < 500/µL die Therapie auszusetzen beziehungsweise zu beenden. Bei Lymphozytenwerten zwischen 500–700/µL (Lymphopenie Grad 2) wird eine engmaschige Kontrolle des Blutbildes sowie
eine erhöhte klinische und Magnetresonanztomographie(MRT)-Vigilanz empfohlen (4).
● Teriflunomid (2014, p.o.) ist eine Weiterentwicklung von Leflunomid (1999), einer im internistisch-rheumatologischen Bereich eingesetzten Substanz. Im Februar 2014 wurde Teriflunomid zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose zugelassen. Es gehört zur Gruppe der Malononitrilamide und blockiert das mitochondriale Enzym Dihydroorotatdehydrogenase (DHODH). Daraus resultiert eine bevorzugte Hemmung rasch proliferierender, aktivierter T- und B-Zellen (28, e6). Nebenwirkungen umfassen unter anderem Hepatotoxizität, Nephrotoxizität, Beeinträchtigung der Knochenmarksfunktion und möglicherweise ein erhöhtes Infektionsrisiko sowie tödliche toxische epidermale Nekrolyse (TEN) (e38). Zur Minimierung des Risikos opportunistischer Infektionen sollte Teriflunomid bei einer absoluten Lymphozytenzahl < 200/µL abgesetzt werden. Als Besonderheit besteht unter Therapie mit Teriflunomid die Möglichkeit, die Wirksubstanz entweder mit Cholestyramin (3 × 8 g
pro Tag für elf Tage) oder mit Aktivkohle (2 × 50 g pro Tag für elf Tage) beschleunigt zu eliminieren. Dadurch kann die Immunkompetenz schneller
wiederhergestellt werden.
● Natalizumab (2006, i.v.) ist in Deutschland zur Behandlung der hochaktiven MS zugelassen. Es handelt sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper gegen die α4-Kette des „very late antigen“(VLA)-4 Integrins. Dadurch wird die Transmigration von Immunzellen über die
Blut-Hirn-Schranke gehemmt (e39–41). Hauptrisiko der Natalizumab-Therapie ist die PML, eine potenziell letale opportunistische Hirninfektion.
● Fingolimod (2011, p.o.) wurde zur Therapie der aktiven MS zugelassen. Die Substanz ist Modulator des Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptors
und bewirkt die Retention bestimmter Lymphozytenpopulationen in lymphatischen Organen (e30, e31). Inzwischen gibt es neun PML-Fälle bei
MS-Patienten unter Fingolimod und zusätzlich mindestens neun sogenannte „carry over“-PML-Fälle, bei denen PML diagnostiziert wurde, kurz
nachdem von Natalizumab auf Fingolimod umgestellt wurde. Diese PML-Fälle werden demnach der Vortherapie Natalizumab zugerechnet. Tritt
unter Fingolimod eine anhaltenden Lymphopenie < 200/µL auf, wird in Deutschland die erneute Kontrolle und bei Bestätigung empfohlen, die Therapie zwischenzeitlich zu unterbrechen oder zu beenden. Das Nebenwirkungsprofil umfasst erhöhte Risiken für Infektionen, Herzleitungsstörungen, Makulaödem und möglicherweise Basaliome.
● Alemtuzumab (2013, i.v.), ein humanisierter monoklonaler Antikörper, ist gegen „cluster of differentiation“(CD)52 gerichtet. CD52 ist ein Proteinmarker, der auf den meisten Leukozyten, insbesondere allen B- und T-Zellen exprimiert ist. Alemtuzumab wurde zur Behandlung der aktiven
schubförmigen MS zugelassen. Über antikörpervermittelte Zytotoxizität erfolgt eine massive transiente Depletion zirkulierender Immunzellen und
anschließend eine allmähliche Repopulation, zunächst der B-Zellen und Monozyten, danach der T-Zellen. Wichtigste Nebenwirkungen sind Infusionsreaktionen, erhöhtes Infektionsrisiko und therapieassoziierte, sekundäre Autoimmunerkrankungen (16, e21, e42, e43). Dabei kann in circa 1 %
der Fälle eine sekundäre Thrombozytopenie im Rahmen einer therapieinduzierten idiopathischen thrombozytopenischen Purpura sowie bei circa
35 % der Patienten innerhalb der ersten 48 Monate eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung auftreten.
● Daclizumab HYP (2016, s.c.) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen CD25, eine Untereinheit des Interleukin-2-Rezeptors. Daclizumab hat komplexe immunmodulierende Eigenschaften, unter anderem hemmt es aktivierte T-Lymphozyten. Das Nebenwirkungsprofil umfasst ein
erhöhtes Infektionsrisiko, Hautreaktionen (Exantheme, Ekzem), Hepatotoxizität und möglicherweise entzündliche Darmerkrankungen (38).
● Mitoxantron (2003, i.v.) ist als Reservemittel zur Behandlung der schweren und rasch progredienten MS zugelassen. Mitoxantron ist ein Anthracenedion und bewirkt Desoxyribonukleinsäure(DNA)-Einzel- und Doppelstrangbrüche, insbesondere auf proliferierende Zellen wie unter anderem
der B-Zell-Reihe. Aufgrund der Kardiotoxizität gilt aktuell eine Gesamtlebensdosis-Obergrenze von 140 mg/m2 Körperoberfläche (KOF) in
Deutschland. Zusätzlich wurden sekundäre Leukämien während oder nach der Behandlung mit Mitoxantron berichtet.
* für Wirksamkeitsdaten aller Präparate („number needed to treat“, NNT) (39)
i.m., intramuskulär; i.v., intravenös; p.o., per os; s.c., subkutan
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V
MEDIZIN
eKASTEN 2
Risikomanagement der progressiven multifokalen
Leukenzephalopathie unter Therapie mit Natalizumab
Fazit zur aktuellen Risikostratifizierung unter Therapie mit Natalizumab durch
den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der
Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) (e44):
● Die Früherkennung der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) ist mit einer verbesserten Prognose für den Patienten verbunden.
● Eine klinisch asymptomatische PML ist häufiger als eine symptomatische PML mit höheren Überlebensraten und verbesserter Prognose assoziiert.
● Regelmäßige Magnetresonanztomographie(MRT)-Untersuchungen sind empfehlenswert, um die
PML möglichst frühzeitig zu diagnostizieren.
● Bei Patienten, die zuvor keine immunsuppressive Therapie erhalten haben und Anti-John-Cunningham-Virus(JCV)-Antikörper-positiv sind, ist das Maß der Anti-JCV-Antikörperantwort (Index) mit dem
Risiko für PML assoziiert.
● Ein geringes Risiko für eine PML wird bei einem Antikörperindex ≤ 0,9 erwartet.
● Bei Werten > 1,5 und bei Patienten, die mit Natalizumab länger als zwei Jahre behandelt wurden,
steigt das Risiko deutlich.
● Das höchste Risiko haben Patienten, bei denen Anti-JCV-Antikörper nachgewiesen wurden, in Kombination mit einer Natalizumab-Therapiedauer von mehr als zwei Jahren und immunsuppressiver
Vorbehandlung.
● Ein höheres Risiko haben auch Patienten mit einem hohen Antikörperindex, die länger als zwei Jahre
mit Natalizumab, aber zuvor nicht immunsuppressiv behandelt worden sind.
VI
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