pressemitteilung - Deutsche Diabetes Gesellschaft

PRESSEMITTEILUNG
Alles in Zucker?
Zuckerindustrie verharmlost Gesundheitsrisiken
Plumper Versuch der Einflussnahme auf die Politik
Berlin, Dezember 2016 – Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) wirft dem Industrieverband
„Wirtschaftliche Vereinigung Zucker e.V.“ vor, die negativen Auswirkungen von überhöhtem
Zuckerkonsum gezielt zu verharmlosen. In Positions-papieren, die vor kurzem im Zuge der
parlamentarischen Veranstaltung „Schöne neue Zuckerwelt 2017?“ herausgebracht wurden,
werde Zucker fälschlicherweise als Natur-produkt bezeichnet. Zudem benutze der Verband eine
irreführende Argumentation. Ignoriert würde hingegen, dass der stark gewachsene
Zuckerkonsum für den Anstieg von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes Typ 2, Adipositas und
Krebs mitverantwortlich sei, warnt die DDG.
In Positionspapieren, die der Industrieverband jetzt im Umfeld eines parlamentarischen Abends
veröffentlicht hat, wird Zucker ein „bewährtes Naturprodukt“ genannt. „Industriell hergestellten
Zucker als Naturprodukt zu bezeichnen, ist eine Farce – schließlich ist er kein Honig“, kritisiert Professor
Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Das Gegenteil sei der
Fall: Zwar wird Zucker aus dem Saft des Zuckerrohrs oder der Zuckerrübe hergestellt. Durch die
industrielle Verarbeitung durchläuft er jedoch so vielfältige chemische Prozesse, dass nahezu sämtliche
natürlichen Stoffe der Pflanze entfernt werden.
Der Industrieverband „Wirtschaftliche Vereinigung Zucker e.V.“ verlangt in seinen Positionspapieren
außerdem, die Kalorien, nicht einzelne Zutaten in den Mittelpunkt zu stellen. Entscheidend sei die
Energiebilanz und nicht der Fokus auf Zucker. „Das ist eine gefährliche Verharmlosung der Risiken und
eine irreführende Argumentation“, entgegnet Professor Dr. med. Baptist Gallwitz. „Zucker trägt
nachweislich zur hohen Energiedichte der heutigen industriell hergestellten Lebensmittel bei. Das
führe dazu, dass die Menschen deutlich mehr essen als sie sollten. „Viele haben ihren Kalorienbedarf
bereits gedeckt, bevor sie satt sind.“
Mit dem Verweis auf die Energiebilanz werde die Schuld am Übergewicht zudem in unverantwortlicher
Weise an die Verbraucher zurückdelegiert, ergänzt Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der DDG.
„Schuld an der Misere sind damit nicht die heutigen energiedichten und zuckerreichen Lebensmittel,
sondern der Einzelne, der nicht in der Lage sei, seine Essgewohnheiten an seinem persönlichen
Energiebedarf auszurichten“, kritisiert Garlichs.
Süßes rege darüber hinaus den Appetit an, weshalb Diäten, die Zucker durch Süßstoffe ersetzen,
regelmäßig scheitern. „Eine Ernährung mit stark zuckerhaltigen Lebensmitteln ist nicht nur für die
Entwicklung von Übergewicht von mehr als der Hälfte der Erwachsenen in Deutschland
verantwortlich“, sagt Gallwitz. „Auch die Zahl der Erkrankungen an Typ-2-Diabetes ist dadurch stark
angestiegen“. Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts sind derzeit 7,2 Prozent aller Erwachsenen in
Deutschland an Diabetes erkrankt. Aus den genannten Gründen hat die WHO im vergangenen Jahr in
der Leitlinie „Sugars intake for adults and children“ gefordert, den Zuckergehalt an der gesamten
Kalorienzufuhr auf maximal zehn, besser noch auf fünf Prozent zu senken. „Ein geeigneter Weg, dieses
Ziel zu erreichen, wäre eine Besteuerung von zuckerhaltigen Lebensmitteln und die Steuerentlastung
von gesunden“, sagt Gallwitz.
Gegenüber der Politik klopft sich die Zuckerindustrie auf die eigene Schulter: „Sie schafft Arbeitsplätze
und stärkt die Kaufkraft in ländlichen Regionen“, so heißt es in dem Positionspapier des
Industrieverbands. Außerdem wird Fairness im europäischen und internationalen Wettbewerb
verlangt. Doch gerade daran haperte es hierzulande in der Vergangenheit. So haben die großen
deutschen Zuckerhersteller nach Überzeugung des Bundeskartellamts jahrelang Gebiete, Quoten und
Preise abgesprochen. Dafür mussten 2014 die Hersteller 280 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Die Folge:
Verbraucher und Industrie haben jahrelang zu viel für Zucker bezahlt. „Vor diesem Hintergrund von
Fairness zu reden, ist sonderbar“, meint Garlichs. „Fairness würde bedeuten, Verbraucher und Politik
nicht länger zu täuschen über die Folgen unserer heutigen energiedichten Lebensmittel. Eine
vergleichbare Verharmlosungsstrategie hat jahrzehntelang die Tabakindustrie versucht.“
Weiterführende Links: Auszüge aus den Positionspapieren der parlamentarischen Veranstaltung „Schöne neue Zuckerwelt 2017?“ : http://www.zuckerverbaende.de/images/stories/2016_03_WVZ_Zucker_Infodienst.pdf Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit 9.000 Mitgliedern eine der großen medizinischwissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert
sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine
wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als sechs Millionen
Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche
gesundheitspolitische Aktivitäten.
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