Ausgabe 4/2016 AmPuls Informationen der AOK PLUS zur Gesundheitspolitik Sven Nobereit Alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der AOK PLUS Liebe Leserin, lieber Leser! Mehr Leistungen durch Reform Die neue Pflege Die gesundheitspolitischen Aktivitäten der Bundesregierung verursachen neben punktuellen Verbesserungen in der Versorgung vor allem höhere Kosten. Das spürt auch die AOK PLUS. Trotzdem wollen wir unsere Spitzenposition bei Preis, Leistung und Service im Vergleich der gesetzlichen Krankenversicherungen halten und auch als Pflegekasse kundenorientiert agieren. Rund drei Viertel aller Pflegebedürftigen in Sachsen und Thüringen schenken der AOK PLUS ihr Vertrauen. Ab Januar 2017 profitieren sie und ihre Angehörigen von Verbesserungen durch die Pflegereform. Die Vorbereitung auf die Neuerungen in der Pflegeversicherung war sehr aufwendig. Was sich ändert, erfahren Sie im Titelbeitrag. Noch vor der Wahl zum Deutschen Bundestag steht im nächsten Jahr die Sozialwahl an. Die Wahl der Vertreter für die Selbstverwaltungsorgane ist nicht nur Ausdruck der Demokratie, sondern sie sichert zugleich die Staatsferne der Sozialversicherungsträger. Die Selbstverwaltung zu stärken ist mir daher ein wichtiges Anliegen. Herzlichst Ihr Sven Nobereit S ozialwahl Ein Stück Demokratie Risikostrukturausgleich Mit Bedacht justieren Wichtige Veränderungen 2017 Die neue Pflege bringt mehr Leistungen Die Pflegestärkungsgesetze reformieren die gesetzliche Pflegeversicherung grundsätzlich – das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) gilt als größte Reform seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995. Die wesentlichen Änderungen dieses Gesetzes sowie des Dritten Pflegestärkungsgesetzes (PSG III) treten zum 1. Januar in Kraft. D ie Reform bringt umfassende Veränderungen und Mehrleistungen. Um das zu finanzieren, hebt der Gesetzgeber ab 2017 den Beitragssatz zur Pflegeversicherung auf 2,55 Prozent für Pflegeversicherte mit Kindern und auf 2,8 Prozent für Kinderlose an. Hier die Neuerungen durch das PSG II und III im Einzelnen. Neuer Pflegebegriff Die Pflegebedürftigkeit wurde mit dem PSG II neu definiert und umfasst mit einem veränderten Begutachtungssystem detaillierte Kriterien, um die Selbstständigkeit zu bestimmen. Bisher wurde geprüft, wie viele Minuten Hilfe ein Pflegebedürftiger benötigt, um Aufgaben zu erledigen. Künf- tig steht im Mittelpunkt, wie selbstständig Menschen ihren Alltag noch bewältigen können. Die neue Begutachtungsrichtlinie gliedert sich in sechs Kategorien, die unterschiedlich gewichtet werden: Mobilität, geistige und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Umgang mit Erkrankungen und Belastungen sowie soziale Kontakte. Fünf Pflegegrade In den sechs Kategorien mit insgesamt 64 Kriterien werden abhängig vom Ausmaß der Beeinträchtigung Punkte vergeben. Die bisherigen Pflegestufen, die zu einseitig auf körperliche Gebrechen ausgerichtet waren, werden durch fünf Pflegegrade ersetzt. Neu ist, dass auch Menschen mit geringen Beeinträchtigungen in der Selbstständigkeit integriert werden. Der neu geschaffene Pflegegrad 1 ermöglicht Nachgefragt 2 AmPuls · Ausgabe 4/2016 tentechnisch realisiert und das neue Pflegegutachten entsprechend abgebildet werden. Wo liegt für Sie die größte Herausforderung? Bei Anträgen auf Pflegeleistungen, die bis Ende Dezember gestellt werden, ist die Begutachtung nach dem alten Verfahren durchzuführen. Für unsere Gutachter bedeutet das, parallel nach der alten als auch der neuen Systematik zu begutachten. Das wird spannend! Die größte Herausforderung – für die Träger und den MDK Sachsen gemeinsam – sehe ich allerdings darin, den Versicherten und ihren Angehörigen das neue Begutachtungsverfahren und die Berechnung des Pflegegrades verständlich und nachvollziehbar zu erklären. Dr. Ulf Sengebusch Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Sachsen Fotos: AOK PLUS; MDK Sachsen; iStock/yattaa Die neue Pflege – was bedeutet das für den MDK? Beim neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff steht die gesundheitliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit im Mittelpunkt. Das ist eine völlig andere Sichtweise, die auch ein entsprechendes Begutachtungsverfahren verlangt. Mit einer Vielzahl von Schulungsmaßnahmen haben wir unsere 180 Gutachterinnen und Gutachter auf die anspruchsvolle Aufgabe vorbereitet, den Grad der Selbstständigkeit mit mehr als sechzig Einzelkriterien zu beurteilen. Dazu gehörte auch ein intensives Selbststudium am Wochenende, denn weiterhin gehen täglich rund 600 Begutachtungsaufträge ein, die fristgerecht bearbeitet werden müssen. Außerdem muss das neue Begutachtungsverfahren natürlich auch da- mehr Menschen, Pflegeleistungen in Anspruch zu nehmen. Die AOK PLUS rechnet mit zusätzlich rund 35.000 anspruchsberechtigten Versicherten. Die Überleitung von Pflegebedürftigen von der Pflegestufe in den Pflegegrad erfolgt automatisch. Menschen mit körperlichen Einschränkungen werden in den nächsthöheren Grad übergeleitet, Menschen mit erheblichen Defiziten in der Alltagskompetenz in den übernächsten. Auf verschiedenen Veranstaltungen und im persönlichen Gespräch informieren die 40 Pflegeberater der AOK PLUS über die bevorstehenden Neuerungen. Sie sind Ansprechpartner und Lotse im Beratungssystem für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Im Jahr 2015 führten sie rund 41.000 Beratungen durch, bis Ende Oktober dieses Jahres waren es bereits mehr als 31.800. Stärkung der Kommunen Künftig, das regelt das PSG III, wird die Rolle der Kommunen in der Pflege gestärkt. Ziel ist es, die Beratung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen sowie deren pflegenden Angehörigen federführend von den Kommunen steuern zu lassen. Sie erhalten das Recht, neue Pflegestützpunkte zu gründen und verantworten die Beratungsangebote vor Ort. Die Pflegekassen werden zur Finanzierung dieser neuen Strukturen und Modellvorhaben verpflichtet. Auch werden die Pflegekassen verpflichtet, sich an Ausschüssen zu beteiligen. Diese sollen sich mit regionalen Fragen oder sektorenübergreifender Versorgung befassen. Die Pflegekassen müssen Empfehlungen der Ausschüsse, die sich auf die Verbesserung der Versorgungssituation beziehen, künftig bei Vertragsverhandlungen einbeziehen. Überführung in die Sozialhilfe Die Aufnahme des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs in das Sozial- hilferecht wird im PSG III geregelt. Zudem werden Abgrenzungsfragen zwischen dem Teilhabegesetz, der Hilfe zur Pflege und den Leistungen der Pflegeversicherung geklärt. Benötigen beispielsweise Menschen mit Behinderung ambulante Pflege, so erhalten sie nun vorrangig Leistungen aus der Pflegeversicherung. Wenn Betroffene hauptsächlich auf Eingliederungshilfe nach dem Teilhabegesetz angewiesen sind, überneh- regelmäßig von den Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erfasst werden. Zudem sind Abrechnungsprüfungen möglich, wenn Anhaltspunkte für fehlerhaftes Verhalten vorliegen. Zukünftige Handlungsfelder Mit den Pflegestärkungsgesetzen hat ein Umdenken in der Pflege begonnen. Es gibt mehr Leistungen für Pflegebe- Standpunkt Das Zweite Pflegestärkungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und die neue Begutachtungsrichtlinie sind die Weichenstellung für die Zukunft. Künftig ist bei der Bestimmung von Pflegebedürftigkeit der individuelle Grad der Selbstständigkeit das Maß aller Dinge. Darüber haben wir unsere mehr als 185.000 Versicherten mit einer Pflegestufe bereits im Spätsommer brieflich informiert. Sie müssen keinen neuen Antrag stellen, sie erhalten ihre Pflegeleistungen wie gewohnt und müssen sich um nichts kümmern. Seit Mitte Dezember teilen wir allen betroffenen Versicherten in einem weiteren Schreiben den jeweils neuen Pflegegrad mit. Mit ihren möglicherweise dann noch offenen Fragen können sie sich über eine Beratungshotline direkt an die Pflege- men in der Regel deren Sozialhilfeoder Rehaträger die Kosten für die notwendige häusliche Pflege. Systematisches Prüfrecht Die gesetzliche Krankenversicherung erhält im Rahmen des PSG III ein systematisches Prüfrecht: Pflegedienste, die ausschließlich Leistungen der häuslichen Krankenpflege im Auftrag der Kassen erbringen, sollen nun experten der AOK PLUS wenden. Das dritte Pflegestärkungsgesetz führt aus unserer Sicht sinnvolle PrüfRainer Striebel Vorstand der AOK PLUS mechanismen ein, um künftig Abrechnungsbetrug zu verhindern. Außerdem stärkt es die Rolle der Kommunen in der Pflege. Dabei besteht aus unserer Sicht allerdings die Gefahr, dass die Aufgaben lediglich von den Kranken- und Pflegekassen auf die Kommunen verlagert werden. Die Rechnung zahlen aber weiterhin die Pflegekassen. Wir plädieren dafür, auch künftig zusammenzuarbeiten, funktionierende Strukturen weiter zu nutzen und bedarfsgerecht auszubauen, um nicht unnötige Doppelstrukturen entstehen zu lassen. dürftige sowie mehr Entlastung und Sicherheit für pflegende Angehörige. Um die Pflege zukunftssicher zu machen, bedarf es weiterer Anpassungen, etwa in der Finanzierung der Pflegeausbildung oder mit einheitlichen Qualitätsstandards für betreute Wohngruppen. Jenny Füsting www.aokplus-online.de > Leistungen & Services > Pflege Ausgabe 4/2016 · AmPuls 3 Aktuelle Gesetze Klinik-Budget für die Psychiatrie Mit dem Gesetz zur Vergütung psychiatrischer Leistungen will die Bundesregierung insbesondere die Abrechnung psychiatrischer Leistungen im Krankenhaus regeln und so die Versorgung verbessern. Ursprünglich war ein System mit landeseinheitlichen Fallpauschalen vorgesehen, ähnlich den diagnosebezogenen Fallgruppen für andere Krankheitsbilder. Dies jedoch, so hatten Kritiker moniert, könne die Vielfalt und Komplexität psychischer Erkrankungen nur schlecht abbilden. Deshalb soll künftig jedes einzelne Krankenhaus ein Psychebudget entsprechend seiner strukturellen Besonderheiten bekommen. Sozialwahl 2017 Ein Stück Demokratie Cannabis auf Rezept und Kassenkosten Entscheidung für umstrittene Tests Der Gesetzgebungsprozess für die vierte Arzneimittelgesetz-Novelle ist durch einen Passus zu sogenannten gruppennützigen Studien gebremst worden. Dabei geht es um Tests an Patienten mit einer fortgeschrittenen Demenz, die zum Zeitpunkt der Durchführung nicht mehr zustimmungsfähig sind. Dies war bisher nur dann erlaubt, wenn die Probanden selbst davon profitieren. Der Bundestag hat nun in einer Abstimmung ohne Fraktionszwang entschieden, dass solche Arzneimitteltests doch zulässig sind, und zwar unter zwei Bedingungen: Die Patienten müssen dem Test im Zustand der Einwilligungsfähigkeit in einer Vorabverfügung zugestimmt haben, und ein Arzt muss sie beraten haben. 4 AmPuls · Ausgabe 4/2016 Die Sozialversicherungswahlen – kurz Sozialwahl genannt – sind das Kernstück der Demokratie in der Sozialversicherung. Die letzte Wahl fand 2011 statt, doch im nächsten Jahr ist es wieder so weit: Am 31. Mai 2017 gibt es wieder eine Sozialwahl. Sie entscheidet über die Zusammensetzung des ehrenamtlichen Verwaltungsrates der AOK PLUS. D a sich in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte und Arbeitgeber den Beitrag teilen, bilden Vertreter beider Seiten je zur Hälfte den ehrenamtlichen Verwaltungsrat der AOK PLUS. Er setzt sich aus jeweils 15 Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber zusammen. Er wird alle sechs Jahre neu gewählt, aktuell am 31. Mai 2017. Alle gewählten Vertreter der Selbstverwaltung arbeiten ehrenamtlich. Die Sozialwahl ist eine Listenwahl. Verschiedene Institutionen, insbesondere Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, dürfen Vorschlagslisten für die Kandidaten einreichen. Da die AOK PLUS ihren Hauptsitz im Freistaat Sachsen hat, fungiert die sächsische Landeswahlbeauftragte Susanne Panhans, Mitarbeiterin im Staatsministerium für Soziales und Verbraucher- schutz, auch als Wahlbeauftragte für die Sozialwahl der Gesundheitskasse. Vorschlagslisten eingereicht Bis zum Stichtag, dem 17. November, hatten die Sozialpartner Vorschlagslisten eingereicht, die ein breites Spektrum von Interessen berücksichtigten: diverse Branchen und Unternehmensgrößen einerseits, unterschiedliche Gewerkschaften und ihre Verbände andererseits. Auf Seiten der Arbeitgeber reichten der Verband der Wirtschaft Thüringens e.V. und die Vereinigung der sächsischen Wirtschaft e.V. je eine Vorschlagsliste ein. Auf Seiten der Arbeitnehmerorganisationen reichten die Arbeitsgemeinschaft christlicher Arbeitnehmerorganisationen (ACA) Mitteldeutschland und Thüringen sowie der DGB Fotos: privat, AOK PLUS, iStock/cnythzl Mit einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes will die Bundesregierung die kontrollierte Abgabe von Cannabismedikamenten an Schmerzpatienten auf Kosten der Krankenkassen ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist, dass andere Therapien erfolglos waren und sich die Patienten zur Teilnahme an wissenschaftlichen Begleitstudien verpflichten. Für die Versorgung mit Medizinalhanf wird unter Aufsicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Cannabisagentur eingerichtet, die den entsprechenden Anbau zur Versorgung von Pharmafirmen und Apotheken ausschreibt. Der private Eigenanbau bleibt weiterhin verboten. Bezirk Sachsen/Landesverband Thüringen Listen ein. Am 1. Dezember tagte der Wahlausschuss der AOK PLUS. Dabei erklärten die Listenvertreter von DGB und ACA ihre Listenzusammenlegung. Die Sozialpartner verständigten sich auf genauso viele Kandidaten, wie gewählt werden können. Deshalb findet im Mai 2017 keine aktive Wahlhandlung statt – ein bei Sozialwahlen übliches Verfahren, das Friedenswahl genannt wird und das der Gesetzgeber ausdrücklich zulässt. Mit Ablauf des Wahltermins am 31. Mai 2017 gelten die Kandidaten auf den Vorschlagslisten als gewählt. Konstituierende Sitzung im September Der neue Verwaltungsrat konstituiert sich voraussichtlich am 20. September 2017. Die Mitglieder der Arbeitgeber- und der Versichertenseite wählen aus ihrer Mitte Vorsitzende, die sich jährlich abwechseln. Jeweils zwei Vertreter werden in den Aufsichtsrat des AOK-Bundesverbandes entsandt. Außerdem werden in dieser Sitzung die Versichertenältesten neu gewählt. Diese helfen als kompetente Vertrauensleute zwischen Gesundheitskasse und Versicherten, geben Auskunft und hilfreiche Tipps in Krankenversicherungsangelegenheiten. Auch die Mitglieder der Widerspruchsausschüsse werden gewählt. Der Verwaltungsrat tagt viermal im Jahr. Unterausschüsse wie Finanzund Organisations- oder Grundsatzausschuss bereiten die Entschließungen des 30-köpfigen Gremiums vor. Aktuelle Zahl Die Vertreter zur Selbstverwaltung werden nicht nur bei den Krankenund Pflegekassen, sondern bei allen gesetzlichen Sozialversicherungsträgern alle sechs Jahre gewählt. Im Jahr der letzten Sozialwahl 2011 wurden bei zehn von 206 Trägern Urwahlen mit Wahlhandlung durchgeführt. Bei 196 Trägern gab es eine Friedenswahl. Ute-Barbara Friedrich www.aokplus-online.de > Über die AOK PLUS > Verwaltungsrat 25 In 25 regulären Sitzungen legen die dreißig Mitglieder des Verwaltungsrates der AOK PLUS in dieser Legislaturperiode von 2011 bis Mai 2017 die grundlegenden Strategien der sächsisch-thüringischen Gesundheitskasse fest. Sie entscheiden bei Fragen zu den Finanzen und den Leistungen, aber auch bei der Führungsstruktur und der Unternehmensorganisation. Seit der letzten Sozialwahl 2011 beschlossen die gewählten Ehrenamtler zahlreiche neue Zusatzleistungen für die Versicherten der AOK PLUS. Statements Selbstverwaltung ist für mich ein zeitgemäßes und demokratisches Instrument der Mitbestimmung im Gesundheitswesen, denn die Selbstverwalter sind ja nah an den Beitragszahlern dran. Medizinisch ist immer mehr möglich, Menschen werden immer älter und Krankenkassen stehen Iris Kloppich untereinander im Wettbewerb. Außerdem brau- Vorsitzende des chen häufiger auftretende Volkskrankheiten Verwaltungsrates der AOK PLUS, neue Versorgungsmodelle, auch auf dem Land. Versichertenseite Deshalb ist es unsere Pflicht, effektiv mit dem Geld der Versicherten und Arbeitgeber umzugehen. In Zukunft gilt unser Augenmerk noch mehr dem persönlichen Service für Versicherte und Arbeitgeber sowie den innovativen Modellprojekten mit den Ärzten in Sachsen und Thüringen. Und mit Blick auf die bevorstehenden Herausforderungen im Gesundheitswesen und in der Pflege sind die sachgerechten und alltagsnahen Lösungen der Selbstverwaltung mehr denn je gefordert. Seit Jahren zählt die AOK PLUS zu den besten Krankenkassen in Deutschland. Sie hat sich diese Spitzenposition hart erkämpft: durch hohe Qualität im Service und einem Angebot an Zusatzleistungen, das bundesweit seinesgleichen sucht. Dabei spielt die paritätisch Sven Nobereit besetzte Selbstverwaltung eine wichtige Rolle Vorsitzender des als Impulsgeber und Begleiter, aber auch als Verwaltungsrates der AOK PLUS, Kontrollorgan. In Zukunft werden wir uns noch Arbeitgeberseite mehr auf den individuellen Service sowohl für die Arbeitgeber als auch für die Versicherten konzentrieren. Sie werden noch mehr als heute spüren, dass sie bei der AOK PLUS gut und sicher aufgehoben sind. Soll die soziale Selbstverwaltung weiterhin zu den tragenden Prinzipien der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gehören, ist auch ein starker Rückhalt aus der Politik eine wichtige Voraussetzung für ihre Leistungsfähigkeit. Ausgabe 4/2016 · AmPuls 5 Risikostrukturausgleich Mit Bedacht justieren In den vergangenen Monaten wurde in den Medien, angefacht durch Mitbewerber, eine intensive Diskussion zum morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich geführt. Dabei scheinen einige Argumente eher den Einzelinteressen bestimmter Gruppen zu dienen statt der ursprünglichen sozialpolitischen Zielstellung dieses an der Krankheitslast orientierten Ausgleichs. lernendes System. Daher gilt es auch zukünftig, Änderungsvorschläge konsequent an den ursprünglichen sozialpolitischen Zielen des Risikostrukturausgleichs zu messen, den es seit 1994 gibt und der dann mit dem Morbi-RSA ausgebaut wurde. Zielgenauigkeit weiter erhöhen Umgestaltungen sind sinnvoll, wenn sie messbar die Zielgenauigkeit des RSA direkt auf der Ebene von Versicherten verbessern. Eine Weiterent- Standpunkt Die AOK PLUS wird sich auch weiterhin dafür stark machen, dass alle Vorschläge zur Änderung des Morbi-RSA konsequent aus Sicht der Patienten bewertet werden. Maßgebend sind nicht Auswirkungen auf einzelne Krankenkassen; sondern die Zielgenauigkeit des Gesamtsystems. Es macht deshalb keinen Sinn, an einzelnen Stellschrauben des RSA zu drehen. Nur eine wissenschaftlich evaluierte unabhängige Gesamtbetrachtung führt dazu, dass Risikoselektion und Manipulationsversuche beim RSA der Vergangenheit angehören. Risikoselektion und setzt gleichzeitig Anreize zur Wirtschaftlichkeit. Bei all den Unschärfen, die ein so komplexes System immer haben wird, ist der Morbi-RSA ein gut funktionierendes und ständig weiter6 AmPuls · Ausgabe 4/2016 Dr. Stefan Knupfer Vorstand der AOK PLUS wicklung des Systems sollte dabei auf Basis einer wissenschaftlichen Bewertung und unter zeitgleicher Betrachtung aller Facetten erfolgen nicht interessengruppengeleitet durch das Drehen an einzelnen Stellschrau- ben. Darüber hinaus können bundesweit verbindliche und einheitliche Kodier-Richtlinien für die ambulante Versorgung die Zielgenauigkeit weiter erhöhen. Alle Krankheitsbilder einbeziehen Die gleiche Absicht hat die Überlegung, ob die bisherige Begrenzung auf achtzig Krankheiten, die beim Morbi-RSA berücksichtigt werden, noch zeitgemäß ist. Denn es hat sich gezeigt, dass der Verwaltungsaufwand sehr groß ist und die Begrenzung auf bestimmte Krankheitsgruppen die Realität des bundesdeutschen Krankheitsgeschehens doch nicht vollständig wiedergibt. Wenn alle Krankheitsbilder in den Morbi-RSA einflössen, entfiele auch die Unterscheidung in lukrative – ausgleichsrelevante – und nicht-lukrative Diagnosen. Wichtig für die Versorgung In diese Richtungen sollte der MorbiRSA weiterentwickelt werden, um das Solidarprinzip und das Wirtschaftlichkeitsgebot weiter zu stärken. Ein so feinjustierter RSA fördert eine flächendeckende und qualitativ hochwertige, leistungsfähige Versorgungslandschaft auch in Sachsen und Thüringen. Ute-Barbara Friedrich Fotos: AOK PLUS; iStock/MarkD800 G esetzlich Versicherte in Deutschland – das gilt für jeden – erhalten eine Krankenversicherung ohne diskriminierende Vorauswahl wegen einer teuren Krankheit oder eines geringen Einkommens. Wenn Krankenkassen durch ihre unterschiedliche Versichertenstruktur bei gleich gutem Management dadurch verschiedene Belastungen haben, gleicht der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) diese Finanzierungsrisiken zwischen den Kassen aus. So verhindert er Hilfe nach Schlaganfall Mit einem Lotsen den Rückfall vermeiden A b sofort übernimmt die AOK PLUS für ihre Mitglieder die Kosten für das SchlaganfallNachsorgeprojekt „SOS-Care – Hilfe nach Schlaganfall“. Grundlage dazu ist ein Vertrag zwischen dem Uniklinikum Dresden und der AOK PLUS. Damit werden erstmals in Deutschland sogenannte Schlaganfall-Lotsen durch eine Krankenkasse finanziert. Wenn Schlaganfallpatienten aus dem Krankenhaus entlassen werden, fehlen bisher oft ambulante Versorgungsangebote, die auch das ganz persönliche Umfeld des Patienten einbeziehen. Deshalb unterstützt die AOK PLUS mit dem neuen Vertrag diese von Patienten gewünschte strukturierte Nachbetreuung. Mit dem Einsatz eines Case-Managers wird dem betroffenen Patienten für ein Jahr ein persönlicher Betreuer zur Seite gestellt. Dieser Schlaganfall-Lotse koordiniert die weitere medizinische Versorgung bereits im stationären und darüber hinaus im ambulanten Bereich und motiviert Patienten zu einem gesundheitsbewussten Lebensstil, zu einer Reduzierung der individuellen Risikofaktoren und zur Medikamententreue. Ziel ist es, einen erneuten Schlaganfall zu vermeiden. Der Fallmanager übernimmt dabei keine Aufgaben oder Leistungen, die bereits von den beteiligten medizinischen Institutionen erbracht werden. Seine Hauptaufgabe ist es, eine effiziente und effektive Organisation sicherzustellen und den Patienten zu beraten. Die Ergebnisse dieser innovativen Versorgungsform werden innerhalb von zwei Jahren wissenschaftlich geprüft. Zahl der Schlaganfälle Betroffene AOK PLUS-Versicherte in Sachsen, 2011 bis 2015 12.000 11.415 11.282 11.073 10.854 11.000 10.497 10.000 2011 2012 2013 2014 88 Prozent der Schlaganfallpatienten in Sachsen sind über 60 Jahre alt. Zwanzig Prozent erleiden innerhalb des ersten Jahres einen Rückfall. Aktuell betreuen zwei Lotsen im Uniklinikum Dresden rund 250 AOKPLUS-versicherte Schlaganfallpatienten pro Jahr. So ist es mit diesem Vertrag möglich, die vorgegebenen Grenzen zwischen den Sektoren im Sinne der Kranken zu überwinden. Ute-Barbara Friedrich Telegramm Besuch international Gemeinsam laufen für einen guten Zweck: Das war das gemeinsame Motto von Gäste aus dem Iran AOK PLUS und Chemnitzer Verkehrs AG bei ihrer Teilnahme am elften Chemnitzer Firmenlauf. Die beiden Partner konnten dem in Chemnitz ansässigen Kinderhospizdienst „Schmetterling“ 1.550 Euro Spendengelder übergeben. +++ Jugend trainiert für Olympia: Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und die AOK PLUS haben im Erfurter Sportgymnasium siegreiche Thüringer Schulmannschaften im Bundeswettbewerb „Jugend trainiert für Olympia“ ausgezeichnet. Der große Schulsportwettbewerb wird in Thüringen auch im aktuellen Schuljahr fortgeführt und weiterhin von der AOK PLUS begleitet. +++ Mit dem Rad zur Arbeit: An der diesjährigen Aktion nahmen 9.417 Sachsen und Thüringer teil, darunter auch 497 Teams – das ist neuer Rekord. Die sächsischen und thüringischen Teilnehmer der bundesweiten Aktion sind über vier Millionen Kilometer mit dem Rad gefahren. Die gleiche Distanz hätte mit dem Auto einen Ausstoß von rund 800.000 Kilogramm CO2 verursacht. Die AOK-PLUS-Mitarbeiter waren mit 385 Teilnehmern dabei. 2015 Quelle: AOK PLUS 2016 In einem innovativen Nachsorgeprojekt zusammen mit der Uniklinik Dresden wird Schlaganfallpatienten ein Fallmanager zur Seite gestellt. Professor Mohammad Yarmohammadian und zwei Doktorandinnen der Medizinischen Universität Isfahan haben sich mit dem AOK-Vorstand über das iranische und deutsche Gesundheitswesen ausgetauscht. Im Zentrum standen der Umgang mit dem demografischen Wandel in Deutschland und die medizinische Versorgung in immer dünner besiedelten ländlichen Räumen. Auch im Iran wird die Bevölkerung immer älter und die überwiegende Mehrheit lebt in Städten. Der Besuch war Teil einer mehrtägigen Deutschlandreise der Iraner, auf der sie sich über das deutsche Gesundheitssystem informierten. Ausgabe 4/2016 · AmPuls 7 Ganz persönlich Viel Engagement, Fitness trotz Diabetes und Auspowern mit Body Combat Frau Mende, Sie könnten sich nach Ihrem Berufsleben nun Ruhe gönnen. Stattdessen engagieren Sie sich seit Mai dieses Jahres als Versichertenälteste. Warum? Das Wort Helfersyndrom wird ja leider oft etwas abschätzig verwendet. Ich sage deshalb lieber: Ich habe ein extrem ausgeprägtes Helferbewusstsein. Andere Menschen zu unterstützen, das liegt mir am Herzen. Eine Aufgabe zu haben, etwas Positives zu tun, sich dafür anzustrengen – das brauche ich einfach. Ich könnte nicht einfach den Schalter umlegen und nur noch reisen. Das reizt mich nicht. Sie wurden kürzlich zur Sprecherin der Versichertenältesten in Sachsen gewählt. Wo sehen Sie hier Ihren Schwerpunkt? Insgesamt sind wir jetzt in Sachsen 15 Versichertenälteste. Ich möchte sie vor allem anleiten, damit sie in Gesprächen mit Versicherten sattelfest sind und dann auch wirklich helfen können. Sie sollten Bescheid wissen über den Leistungskatalog der AOK PLUS, aber ebenso über gesetzliche Regelungen beispielsweise zum Krankengeld, zur Pflege oder zu Hilfsmitteln. Ich möchte auch, dass die Versichertenältesten engen Kontakt zu den Filialen der AOK PLUS halten. Seit Jahresbeginn bauen Sie im Chemnitzer Umland eine Selbsthilfegruppe für Eltern mit diabeteskranken Kindern auf. Wie sind Sie dazu gekommen? Ich habe selbst seit über 40 Jahren Diabetes Typ 1 und kenne deshalb die damit verbundenen Probleme im Lebens- und Berufsalltag. Am meisten brauchen die Kinder Hilfe, denn sie müssen noch ihr ganzes Leben mit der Krankheit meistern. Die Selbsthilfegruppe mit derzeit 18 Eltern dieser zuckerkranken Kinder ist am Kinderklinikum Chemnitz angesiedelt. Damit können wir auf die dort vorhandenen Fachkräfte wie Diabetes- und Ernährungsberater zurückgreifen. Wir organisieren zum Beispiel Workshops, backen auch mal gemeinsam Plätzchen. Die Eltern tauschen sich in einer eigenen Whatsapp-Gruppe untereinander aus. Schön, dass die AOK PLUS unsere Arbeit unterstützt. Was ist für Sie die größte Baustelle im Gesundheitswesen? Die Pflege, konkret die Personalsituation in Pflegeeinrichtungen, aber auch in Krankenhäusern. Zu wenig Personal, das ist das Urübel. Vor allem dadurch entstehen Fehler. Wenn sich zum Beispiel eine Schwester nachts um vierzig Patienten kümmern muss, ist das weder für sie noch für die Patienten zumutbar. Hier ist die Politik gefragt, dringend Lösungen anzubieten. Haben Sie eine Lebensmaxime? Ja: „Fit trotz Diabetes.“ Ich möchte mir be- Gisela Mende ist Mitglied im Verwaltungsrat der AOK PLUS. Sie stammt aus dem Erzgebirge und war bis zum Beginn ihrer passiven Altersteilzeit bei der Gewerkschaft Verdi für den Bereich Gesundheit zuständig. Jetzt kümmert sie sich als Versichertenälteste um die Anliegen von AOK-PLUS-Versicherten weisen, dass das funktionieren kann. Ich gehe mehrmals in der Woche ins Fitnessstudio, mache Yoga und habe Body Combat für mich entdeckt, ein Fitnesstraining mit Kampfsportelementen. Dabei kann ich mich richtig auspowern. Außerdem bin ich oft in der Sauna, spiele gern Bowling, gehe wandern und habe viel Freude an der Natur. Kurz: Mir geht es gut, aber dafür tue ich sehr viel. Und deshalb kann ich mir auch öfter mal meine Lieblingsspeise Eis gönnen. Worüber regen Sie sich auf? Über Gleichgültigkeit und Desinteresse. Und wenn sich Menschen nicht informieren, aber meckern. Ich bin da sehr emotional. Dagegen habe ich Hochachtung vor allem vor Rettungssanitätern und Hospizmitarbeitern, die ohne große Worte eine tolle Arbeit leisten. Interview: Jutta Beć Ihr Draht zur AmPuls-Redaktion AmPuls im Web: www.aokplus-online.de/presse Newsletter per Mail gewünscht? Einfach melden unter [email protected] 8 AmPuls · Ausgabe 4/2016 Impressum Herausgeber: Rainer Striebel, Vorsitzender des Vorstandes der AOK PLUS Verantwortlich für den Inhalt: Hannelore Strobel, Leiterin Unternehmenskommunikation der AOK PLUS Redaktion: Ute-Barbara Friedrich (AOK), Wigbert Tocha (KomPart) Grafik: Désirée Gensrich (KomPart) Verlag: KomPart Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Rosenthaler Straße 31, 10178 Berlin Druck: Druckhaus Dresden, Dresden Stand: Dezember 2016 Foto: privat Tel.: 0800 10590-11141 E-Mail: [email protected]
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