Wörterbuchtypologie

WÖRTERBUCHTYPOLOGIE
Kurs: Lexikographie und Korpora (Gergely Pethő), 2. Sitzung
2002. 03. 01. 1200 Uhr, Universität Debrecen, Institut für Germanistik
I. Was ist ein Wörterbuch?
Ein Wörterbuch ist ein Nachschlagewerk.
Def.: Ein NACHSCHLAGEWERK ist ein Gebrauchsgegenstand, der dazu dient, dass
man möglichst schnell und leicht Informationen in ihm finden kann.
Andere Nachschlagewerke: _____________________________________________________
___________________________________________________________________________
Definierende Merkmale des Wörterbuchs:
1.
2.
3.
4.
im Gegensatz zu:
(
(
(
(
):
):
):
):
II. Eigenschaften von Wörterbüchern
Es gibt insgesamt viele tausend Wörterbücher für hunderte von Sprachen. Diese können nach
bestimmten Gesichtspunkten klassifiziert werden.
Def.: Die Wörterbuchtypologie untersucht die Frage, welche Typen von
Wörterbüchern es gibt. Die Wörterbuchtypologie ist Teil der
Wörterbuchforschung.
Verschiedene Kriterien der Klassifikation:
1. Anzahl der Sprachen:
Einsprachig (monolingual) – Zweisprachig (bilingual) – Mehrsprachig (multilingual)
2. Eigenschaften der im Wörterbuch behandelten lexikalischen Einheiten:
Wörterbücher können bevorzugt oder ausschließlich Wörter behandeln bzw. Wörter
ausschließen, die zu einer dieser Kategorien gehören:
Archaismen
seltene Wörter
Neologismen
Wörter umstrittener Akzeptabilität
Dialektalismen
Schimpfwörter
Fachwörter
etc.
Fremdwörter
2002. 03. 01.
Wörterbücher können die folgenden Eigenschaften der in ihnen behandelten Wörter
bevorzugt beschreiben oder außer acht lassen:
a) Zugehörigkeit des Wortes zu Teilsystemen der Sprache auf der Zeitachse
(Gegenwart oder Vergangenheit), im Raum (Dialekt), nach Sprechergruppen
(Schüler, Soldaten etc.), Stilnormen (Sprech- oder Schreibstil) usw.
b) Historische Eigenschaften (z. B. Seit wann gibt es das Wort? Wie hat es sich
seitdem verändert?)
c) Morphologische Eigenschaften (z. B. Genus, Konjugation, Deklination)
d) syntagmatische Eigenschaften (Konstruktionen und Kollokationen mit dem
Wort)
e) paradigmatische Eigenschaften (Synonymie, Antonymie etc.)
f) Realisierungsformen (Schreibung, Aussprache)
Wörterbuchart
Teilsystem
hist. Eigenschaften
Morphologie
Syntagmatik
Paradigmatik Realisierungsformen
allgemeines
Wörterbuch
3. Größe und Handlichkeit
Großwörterbuch – Handwörterbuch – Taschenwörterbuch
4. Benutzergruppen
Kinder – Schüler – Reisende – Fachleute – Fremdsprachler – Muttersprachler etc.
III. Typen von Wörterbüchern
Die grundlegende Art der Wörterbuchs ist das allgemeine Wörterbuch.
Spezialwörterbücher lassen sich als Verselbständigung einzelner Bauteile des allgemeinen
Wörterbuchs auffassen.
Ein Artikel des allgemeinen Wörterbuchs enthält folgende Bauteile:
identifizierende Angaben
Syntagmatik
Paradigmatik
Markierung
WÖRTERBUCHTYPOLOGIE
Dementsprechend kommen wir zur folgenden Typologie von Spezialwörterbüchern:
1. Syntagmatische Spezialwörterbücher
a) VALENZWÖRTERBÜCHER: beschreiben die Valenz von Verben.
b) WÖRTERBÜCHER DER REDEWENDUNGEN UND SPRICHWÖRTER: beschreiben
Bedeutung, eventuell auch Herkunft von Redewendungen und Sprichwörtern.
2. Paradigmatische Spezialwörterbücher
2.1. Inhaltsparadigmatische:
a) ONOMASIOLOGISCHE WÖRTERBÜCHER: Dienen nicht dem Verständnis von Texten,
sondern der Produktion. Sie enthalten Wörter nach Begriffsbereichen aufgelistet. Z. B.
Dornseiff.
b) SYNONYMWÖRTERBÜCHER: Haben dieselbe Funktion, sind aber alphabetisch
geordnet. Sie listen zu jedem Wort andere Wörter auf, die eine ähnliche Bedeutung
haben.
c) ANTONYMWÖRTERBÜCHER: Wie die Synonymwörterbücher, sie listen jedoch
Antonyme auf, d.h. Wörter, die eine entgegengesetzte Bedeutung haben.
d) BILDWÖRTERBÜCHER: Wie onomasiologische Wörterbücher, der Begriff wird
jedoch mit Bildern dargestellt. Sie sind nicht alphabetisiert, enhalten deshalb häufig
einen Register.
2.2. Ausdrucksparadigmatische:
e) RÜCKLÄUFIGE WÖRTERBÜCHER: eigentlich nur rückläufig (vom letzten Buchstaben
des Wortes zum ersten) alphabetisch angeordnete Register von allgemeinen
Wörterbüchern
3. Spezialwörterbücher für Sprachvarietäten
a) WÖRTERBÜCHER ARCHAISCHER WÖRTER: enthalten Wörter, die als veraltend oder
veraltet angesehen werden. Z. B. Osman: Lexikon untergegangener Wörter
b) WÖRTERBÜCHER VON NEOLOGISMEN: enthalten neu erschienene Wörter, die sich
noch nicht etabliert haben
c) WÖRTERBÜCHER DES LANDSCHAFTLICH MARKIERTEN WORTSCHATZES UND
DIALEKTWÖRTERBÜCHER: enthalten Listen von regionalen Varianten von Wörtern
bzw. des Wortschatzes von Dialekten
d) FREMDWÖRTERBÜCHER: erklären die Bedeutung von Fremdwörtern
e) FACHWÖRTERBÜCHER: enthalten die Terminologie einer Fachsprache mit
Erklärungen
2002. 03. 01.
f) WÖRTERBÜCHER DES ARGOT UND DES SLANG: „übersetzen” die Ausdrücke der
Gaunersprache und des Slang, die sonst nur einer bestimmten Gruppe von Sprechern
sonst geläufig sind.
3. Spezialwörterbücher für identifizierende Angaben
a) RECHTSCHEIBWÖRTERBÜCHER
b) AUSSPRACHEWÖRTERBÜCHER: geben Auskunft über die normativ richtige
Ausprache von Wörtern
c) ETYMOLOGISCHE WÖRTERBUCHER: beschreiben die Herkunft und teilweise auch die
historische Entwicklung eines Wortes
4. Spezialwörterbücher zu einzelnen Lemmatypen
a) NAMENWÖRTERBÜCHER: Personennamen, Ortsnamen etc.
b) ABKÜRZUNGSWÖRTERBÜCHER: enthalten die Auflösung von Abkürzungen.
Weitere Typen:
5. Textbezogene Nachschlagewerke
AUTOREN-BEDEUTUNGSWÖRTERBUCH: beschreibt den Wortgebrauch eines wichtigen
Autors.
6. Didaktische Spezialwörterbücher
a) GRUNDWORTSCHATZWÖRTERBUCH: stellt einen reduzierten Ausschnitt des
Gesamtwortschatzes vor; diese Wörter sind besonders häufig und nützlich, stehen für
Grundbegriffe usw. Z. B. Der deutsche Grundwortschatz.
b) KINDERWÖRTERBÜCHER: auf Kinder zugeschnitten mit folgenden Eigenschaften:
besonderes Format; illustriert; keine herkömmlichen Definitionen; sehr selektive
Wortliste.
c) SCHULWÖRTERBÜCHER FÜR DEN FREMDSPRACHLICHEN UNTERRICHT: sind für junge
und erwachsene Sprachlerner gedacht. Einfachere Definitionen, viele Beispiele,
reduzierter Wortschatz in den Definitionen. Sie enthalten Anmerkungen zur
Verwendung der Wörter.
Verwendete Literatur:
Hausmann, F. J. 1991. Wörterbuchtypologie. In Hausmann et al. (Hg., 1991). S. 968-979.
Kühn, P. 1991. Typologie der Wörterbücher nach Benutzungsmöglichkeiten. In Hausmann et
al. (Hg., 1991). S. 111-123.