# 51 21.12.2016 28.03.2014 Bundeskabinett: Regierungsentwurf eines Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes – StUmgBG – beschlossen Nach Veröffentlichung der „Panama Papers“ durch ein Journalistennetzwerk im April 2016 kam in Deutschland eine Diskussion über Legalität und Legitimität von sog. Briefkastenfirmen oder auch Domizilgesellschaften auf. In diesem Zusammenhang hat nun das Bundeskabinett am 21.12.2016 den Regierungsentwurf eines Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes beschlossen. Dieses Gesetz sieht u.a. besondere Meldepflichten von Steuerinländern bzw. inländischen juristischen Personen für Geschäftsbeziehungen mit DrittstaatGesellschaften sowie Anzeigepflichten der involvierten Finanzinstitute vor. Das steuerliche Bankgeheimnis soll bei dieser Gelegenheit abgeschafft werden. Die Möglichkeit von Sammelauskunftsersuchen soll ausgeweitet werden. Steuerliche sowie strafrechtliche Verjährungsfristen sollen länger laufen. Verstöße gegen diese Meldepflichten werden mit empfindlichen Bußgeldern für die handelnden Personen belegt. Gegenüber dem Referentenentwurf (vgl. TAX WEEKLY # 44/2016) hat die Ressortabstimmung zu verschiedenen Änderungen geführt. Auf folgende wesentliche Änderungen weist die Bundesregierung hin: Eine überarbeitete Formulierung der Regelung über die Zulässigkeit von Sammelauskunftsersuchen (§ 93 Abs. 1a AO) soll besser verdeutlichen, dass auch künftig keine „Rasterfahndungen“ oder anlasslose Ermittlungen „ins Blaue hinein“ möglich sein werden. Aus dem Kreis der Unternehmen, die nach § 138b AO Mitteilungen über die Herstellung oder Vermittlung „beherrschender“ Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger mit Drittstaat-Gesellschaften erstatten müssen, wurden Finanzanlagenvermittler gestrichen. Die Regelungen über Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten wurden modifiziert, wobei die maximale Höhe der Bußgelder deutlich herabgesetzt wurde (€ 25.000 statt ursprünglich € 50.000). BMF: Referentenentwurf eines „Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen“ (Lizenzschranke) Völlig überraschend hat das BMF den Referentenentwurf eines Gesetzes veröffentlicht, mit dem eine „Lizenzschranke“ eingeführt werden soll. Der neue § 4j Abs. 1 S. 1 und 2 EStG-E soll den Betriebsausgabenabzug bei einem in Deutschland ansässigen Unternehmen einschränken, wenn die von ihm geleisteten Lizenzzahlungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten beim empfangenden Unternehmen einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung unterliegen, die unter 25 % liegt. Präferenzregelungen fallen nur dann unter die neue Vorschrift, wenn keine substanzielle Geschäftstätigkeit vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Gläubiger das Recht nicht oder nicht weit überwiegend im Rahmen seiner eigenen Geschäftstätigkeit entwickelt hat. Mit dieser Regelung sollen jene Patentboxen, welche die Vorausset- Seite 1 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 zungen aus Punkt 5 des BEPS-Aktionsplans der OECD erfüllen, nicht der Abwehrvorschrift des § 4j EStG-E unterliegen (sog. modified nexus approach). Eine Regelung zur Auftragsforschung fehlt in dem Entwurf jedoch. Bei der Ermittlung, ob eine niedrige Besteuerung vorliegt, sind sämtliche Regelungen zu berücksichtigen, die sich auf die Besteuerung der Einnahmen aus der Rechteüberlassung auswirken, insbesondere steuerliche Kürzungen, Hinzurechnungen, Befreiungen, Gutschriften oder Ermäßigungen. Ob auch Verlustvor- und -rückträge von dem Begriff „sämtliche Regelungen“ und damit von dieser Berechnung erfasst sind, ist unklar. Sind die Voraussetzungen (Rechteüberlassung, Präferenzregelung und Niedrigbesteuerung) gegeben, so soll der Betriebsausgabenabzug nicht vollständig, sondern anteilig i.H.d. Unterschreitung des „Niedrigsteuersatzes“ von 25 % versagt werden. § 4j EStG-E ist für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 entstehen. Dies widerspricht den bei der OECD getroffenen Vereinbarungen, die einen Bestandsschutz für vor dem 30.06.2016 geschaffene Patentboxen bis 30.06.2021 vorsehen, insofern konterkariert der BMF-Entwurf diesen Übergangsprozess. Auch wäre eine Anpassung für abweichende Wirtschaftsjahre sinnvoll, z.B. Anwendung für Aufwendungen, die in einem Wirtschaftsjahr entstehen, das nach dem 01.01.2018 beginnt. Damit gäbe es dann in einem abweichenden Wirtschaftsjahr keine unterschiedlichen Regelungen für solche Lizenzaufwendungen. BMF: Überarbeiteter sog. Realteilungserlass veröffentlicht Mit BMF-Schreiben vom 20.12.2016 ersetzt die Finanzverwaltung den bisherigen sog. Realteilungserlass vom 28.02.2006. Die wesentlichste Änderung liegt in der Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 17.09.2015 (III R 49/13). Der BFH hatte darin unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine gewinnneutrale Realteilung einer Personengesellschaft auch dann beim Ausscheiden eines Gesellschafters vorliegen kann, wenn die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird (vgl. TAX WEEKLY # 7/2016). Nach bisheriger Rechtsprechung musste die Mitunternehmerschaft für eine gewinnneutrale Realteilung beendet werden. Unter Abschnitt II Satz 6 und 7 heißt es hierzu nun im neuen Erlass: „Eine begünstigte Realteilung liegt abweichend von den oben genannten Grundsätzen jedoch dann vor, wenn ein oder mehrere Mitunternehmer unter Mitnahme jeweils eines Teilbetriebs (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet/ausscheiden und die Mitunternehmerschaft von den verbleibenden Mitunternehmern oder – wenn nur noch ein Mitunternehmer verbleibt – von diesem als Einzelunternehmen fortgeführt wird (BFH vom 17.09.2015, III R 49/13, BStBl 2016 II S. xxx). Entsprechendes gilt im Fall von doppelstöckigen Personengesellschaften beim Ausscheiden aus der Mutter-Personengesellschaft für die Mitnahme eines ganzen Mitunternehmeranteils an einer TochterPersonengesellschaft.“ Seite 2 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 Im Grundsatz ist der neue Erlass auf alle offenen Fälle anzuwenden. Auf einvernehmlichen Antrag aller Mitunternehmer der real geteilten Mitunternehmerschaft ist der oben beschriebene Abschnitt II Satz 6 und 7 für Realteilungen nicht anzuwenden, die vor dem 01.01.2016 stattgefunden haben. BMF: Absetzungen für Abnutzung eines in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierten Mehrwerts für ein bewegliches Wirtschaftsgut Mit Urteil vom 20.11.2014 (IV R 1/11) hatte der BFH entschieden, dass anlässlich eines Gesellschafterwechsels und der Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz für den Erwerber des Anteils an einer Mitunternehmerschaft die AfA eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer vorzunehmen ist. Zugleich – so der BFH – stehen dem Gesellschafter die Abschreibungswahlrechte zu, die auch ein Einzelunternehmer in Anspruch nehmen könnte, wenn er ein entsprechendes Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Anteilserwerbs angeschafft hätte (vgl. TAX WEEKLY # 6/2015). Der BFH folgt in dem Streitfall im Ergebnis zwar der Auffassung des beklagten Finanzamts und wendet für die in der Ergänzungsbilanz erfassten (Mehr-)Anschaffungskosten (AK) eigene, von der Gesellschaftsbilanz (Gesamthandsbilanz) unabhängige Abschreibungsregeln an. Die Ausführungen des BFH könnten aber so zu verstehen sein, dass sich diese (eigenen) Abschreibungsregeln nur auf die in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen AK, also nur auf den Mehrwert (= aufgedeckte stille Reserven) beziehen, so dass die in der Gesellschaftsbilanz sich auswirkenden AfA-Beträge dabei unberührt bleiben. Spezielle Ausführungen dazu sind dem Urteil allerdings nicht zu entnehmen. Mit BMF-Schreiben vom 19.12.2016 äußert sich die Finanzverwaltung nun zur Berechnung der AfA anlässlich eines Gesellschafterwechsels bei einer Mitunternehmerschaft und – in Abgrenzung hierzu – zur Berechnung der AfA bei Einbringungsvorgängen nach § 24 UmwStG. In Bezug auf die Anwendung der Grundsätze des oben bezeichneten BFH-Urteils bei Gesellschafterwechseln wird klargestellt, dass zu den (gesamten) AK des Erwerbers eines Mitunternehmeranteils nicht nur ein in der Ergänzungsbilanz ausgewiesener Mehrwert gehört, sondern auch der in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesene anteilige (auf den Erwerber des Mitunternehmeranteils entfallende) Buchwert. Insofern bezieht sich die (eigene) AfA des Erwerbers des Mitunternehmeranteils nicht nur isoliert auf die in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen AK, sondern erfasst auch in der Gesellschaftsbilanz angesetzte AK/HK. Die in der Ergänzungsbilanz zu berücksichtigende Mehr- oder Minder-AfA muss also zusammen mit der bereits in der Geamthandsbilanz berücksichtigten anteiligen AfA die neue Gesamt-AfA des Erwerbers des Mitunternehmeranteils ergeben. Hierzu enthält das BMF-Schreiben zwei Beispiele. Hinsichtlich der Abschreibung von Mehr- oder Minderwerten in einer Ergänzungsbilanz im Rahmen von Einbringungsvorgängen nach § 24 UmwStG ergebe sich – mit Ausnahme der Fälle des § 24 Abs. 4 i. V. m. § 23 Abs. 4 Hs. 1 UmwStG – keine Änderungen durch das bezeichnete BFH-Urteil. Hier verbleibe es bei der in der Ergänzungsbilanz – parallel zur Abschreibung in der Gesamthandsbilanz – vorzunehmenden gesellschafterbezogenen Korrektur der dem einSeite 3 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 bringenden Gesellschafter hinsichtlich seiner höheren oder geringeren Anschaffungskosten gegenüber der Gesamthandsbilanz zuzuordnenden zu niedrigen oder zu hohen Abschreibung. BMF: Eigener Aufwand des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung von Betriebsgebäuden auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück Der BFH hatte mit Urteil vom 09.03.2016 (X R 46/14) entschieden, dass sofern der Unternehmer ein betrieblich genutztes Grundstück bebaut, das ihm zusammen mit seinem Ehegatten gehört, Wertsteigerungen der dem Ehegatten gehörenden Grundstückshälfte nicht einkommensteuerpflichtig sind (vgl. TAX WEEKLY # 18/2016). Im Streitfall hatte der Vater des Klägers schon in den 1960er Jahren mehrere Betriebsgebäude auf Grundstücken errichtet, die zur Hälfte auch der Mutter des Klägers gehörten. Er nahm AfA auf seine Baukosten vor. Im Jahr 1993 übertrug der Vater den Betrieb unentgeltlich auf den gemeinsamen Sohn (den Kläger). Gleichzeitig übertrugen der Vater und die Mutter die betrieblich genutzten Grundstücke ebenfalls unentgeltlich auf den Kläger. Streitjahr war das Jahr 1999. Der BFH hatte zur Behandlung der Gebäudeteile, die zivilrechtlich der Mutter gehörten bestätigt, dass die Schenkung dieser Gebäudeteile eine mit dem aktuellen Teilwert zu bewertende Einlage in den Betrieb des Klägers darstelle. Allerdings hatte der BFH im Gegenzug klargestellt, dass für den Bilanzposten, der den eigenen Bauaufwand des Unternehmers für die Gebäudeteile des anderen Ehegatten verkörpert, keine Steuersubventionen in Anspruch genommen werden können, die vom Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gewährt werden. Zu den Folgen, die sich aus dieser Rechtsprechung ergeben, nimmt die Finanzverwaltung nun mit BMF-Schreiben vom 16.12.2016 Stellung. Die Grundsätze dieses Schreibens sind für ein im Alleineigentum des NichtunternehmerEhegatten stehendes Gebäude entsprechend anzuwenden. BMF: Änderungen am Umsatzsteuer-Anwendungserlass zum 31.12.2016 (Einarbeitung von Rechtsprechung und redaktionelle Änderungen) Mit BMF-Schreiben vom 19.12.2016 ändert die Finanzverwaltung den Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Dieser habe zum Teil noch nicht die seit dem BMFSchreiben vom 15.12.2015 ergangene Rechtsprechung berücksichtigt, soweit diese im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht worden sei. Außerdem habe der Umsatzsteuer-Anwendungserlass in gewissem Umfang redaktionelle Unschärfen enthalten, die beseitigt werden müssten. Da dieses Schreiben somit lediglich redaktionelle Änderungen des UStAE ohne materiell-rechtliche Auswirkungen beinhalte, bedürfe es keiner Anwendungsregelung. Seite 4 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 BMF und Spitzenverbände der deutschen (Kredit-)Wirtschaft: Neues zur umsatzsteuerlichen Organschaft Vor der Weihnachtspause kommt neue Bewegung in die Umsetzung der inzwischen sehr vielfältigen BFH-Urteile zur umsatzsteuerlichen Organschaft, insbesondere hinsichtlich der Eingliederung von Personengesellschaften. Das BMF hat mit Schreiben vom 14.12.2016 den Entwurf eines Schreibens zur Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses veröffentlicht. Danach beabsichtigt das BMF, eine Personengesellschaft grundsätzlich weiter als selbstständig und damit nicht als Teil einer Organschaft anzusehen. Eine Personengesellschaft soll ausnahmsweise nur dann als unselbstständige Organgesellschaft angesehen werden können, wenn neben dem Organträger alle Gesellschafter der Personengesellschaft Teil derselben umsatzsteuerlichen Organschaft sind, so dass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei der stets möglichen Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist (vgl. BFHUrteile vom 02.12.2015, V R 25/13 und vom 03.12.2015, V R 36/13). Zudem stellt das BMF in dem Entwurf klar, dass der Organträger betreffend der organisatorischen Eingliederung nicht nur eine abweichende Willensbildung der Organgesellschaft verhindern, sondern vielmehr seinen eigenen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen können muss. (vgl. BFH-Urteile vom 08.08.2013, V R 18/13, und vom 02.12.2015, V R 15/14) Die in dem Entwurf vorgeschlagenen Änderungen sollen nach Abstimmung mit den Verbänden überwiegend auf nach dem 31.12.2017 ausgeführte Umsätze anzuwenden sein. Gleichzeitig soll aber auch eine frühere Anwendung auf Antrag des Steuerpflichtigen nicht beanstandet werden, wenn sich die am Organkreis Beteiligten bei der Beurteilung des Umfangs der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft übereinstimmend auf die entsprechenden Regelungen dieses Schreibens berufen. Allerdings müssen sämtliche betroffenen Steuerfestsetzungen der Beteiligten noch änderbar sein. Vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtsunsicherheiten haben die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft und die der deutschen Kreditwirtschaft dem BMF zeitgleich mit Schreiben vom 14.12.2016 den Entwurf eines Konzepts für ein Antragsverfahren zur umsatzsteuerlichen Organschaft übersendet. Nach diesem Vorschlag soll die Finanzverwaltung zukünftig auf Antrag des Steuerpflichtigen anhand eines fixen Kriterienkataloges verbindlich entscheiden, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt. Nach einer dreijährigen Übergangszeit soll dann eine umsatzsteuerliche Organschaft künftig nur noch vorliegen, wenn (vorab) ein positiver Bescheid über das Bestehen eines Organschaftsverhältnisses erlassen wird. BFH: Rückwirkung der Rechnungsberichtigung Der BFH setzt mit Urteil vom 20.10.2016 (V R 26/15) die Vorgaben des EuGHUrteils vom 15.09.2016 (C-518/14, vgl. hierzu TAX WEEKLY # 38/2016) zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung um und sorgt für mehr Klarheit in einigen Detailfragen. Seite 5 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung für eine von ihm erbrachte Leistung, wirkt dies nach neuer BFH-Rechtsprechung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Der BFH passt mit diesem Grundsatzurteil seine Rechtsprechung den Vorgaben des EuGH an und wendet sich damit gegen seine bisherige Rechtsprechung und die bisherige Verwaltungspraxis. Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hatten bislang bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6 % jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr. Im Streitfall hatte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen, die nur auf einen nicht näher bezeichneten „Beratervertrag“ Bezug nahmen. Weitere Rechnungen hatte ihr eine Unternehmensberatung ohne weitere Erläuterung für „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ und „zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung“ erteilt. Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den in den Streitjahren 2005 bis 2007 erteilten Rechnungen. Es ging davon aus, dass die Rechnungen keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung enthielten. Dagegen erhob die Klägerin Klage und legte während des Klageverfahrens im Jahr 2013 berichtigte Rechnungen vor, die die Leistungen ordnungsgemäß beschrieben. Das Finanzgericht wies die Klage gleichwohl ab. Nach dem Urteil des Finanzgerichts ermöglichten die berichtigten Rechnungen einen Vorsteuerabzug erst in 2013 und wirkten nicht auf die erstmalige Rechnungserteilung in den Streitjahren zurück. Auf die Revision der Klägerin hat der BFH das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und den Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 bis 2007 zugesprochen. Dies beruht maßgeblich auf dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Senatex vom 15.09.2016 (C-518/14). Danach wirkt eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Der EuGH missbilligt zudem das pauschale Entstehen von Nachzahlungszinsen. Der BFH hat sich dem nunmehr unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung und entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis angeschlossen. Damit der Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt, muss das Ausgangsdokument allerdings über bestimmte Mindestangaben verfügen, die im Streitfall vorlagen. Die Berichtigung kann zudem bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht erfolgen. Das zugrundeliegende EuGH-Urteil in der Rechtssache Senatex hatte insbesondere Fragen aufgeworfen, hinsichtlich der Mindestanforderungen an Rechnungen, damit diese einer rückwirkenden Korrektur grundsätzlich zugänglich sind, sowie hinsichtlich der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Rechnungsberichtigung erfolgen kann. Zumindest teilweise ergeben sich zu diesen Fragen aus dem BFH-Urteil neue Erkenntnisse. Zwar wird aus dem BFH-Urteil nicht klar, welche Mindestanforderungen eine Rechnung erfüllen muss, um einer rückwirkenden Korrektur zugänglich zu sein, Seite 6 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 eingrenzend stellt der BFH jedoch klar, dass eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann vorliegt, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Der BFH stellt klar, dass eine Rechnung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht berichtigt werden kann. Es ist zu erwarten, dass die Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf die Schwerpunkte der Prüfungstätigkeit der Finanzämter haben werden, da die einfach festzustellenden formalen Mängel bei Rechnungspflichtangaben nun in vielen Fällen nicht mehr erfolgversprechend zu Mehrergebnissen und Zinszahlungen führen werden. Sofern in der Vergangenheit Rechnungsmängel zur Versagung des Vorsteuerabzugs geführt haben, sollte umgehend geprüft werden, ob diese Steuerfestsetzungen noch änderbar sind. In der Folge sollte eine Änderung der zumeist durch die Betriebsprüfung veranlassten Zinsfestsetzung möglich sein. Seite 7 von 11 # 51 21.12.2016 Urteile und Schlussanträge des EuGH bis zum 16.12.2016 28.03.2014 Aktenzeichen C‑378/15 C‑571/15 Datum Stichwort 14.12.2016 Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 77/388/EWG – Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. d – Geltungsbereich – Anwendung eines Pro-rata-Vorsteuerabzugssatzes bei der Mehrwertsteuer auf den Erwerb der Gesamtheit der von einem Steuerpflichtigen genutzten Gegenstände und Dienstleistungen – Hilfsumsätze – Verwendung des Umsatzes als Anhaltspunkt 13.12.2016 Steuerwesen – Mehrwertsteuer – Grenzüberschreitender Warenverkehr – Ort des steuerbaren Umsatzes – Beförderung von Waren über einen Freihafen in einem Mitgliedstaat – Regelung dieses Mitgliedstaats, nach der die Freihäfen nicht zum Staatsgebiet gehören – Entstehen von Zollschuld und Mehrwertsteueranspruch bei Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung Alle am 21.12.2016 veröffentlichten Entscheidungen des BFH (V) Aktenzeichen Entscheidungsdatum Stichwort II R 37/13 27.09.2016 Keine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG bei einem nach ausländischem Recht besteuerten Vorerwerb III R 62/11 08.09.2016 Keine Berücksichtigung von Aufwendungen für einen mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteten Raum III R 27/15 08.09.2016 Berufsausbildung durch berufsbegleitendes Studium beim Kindergeld IV R 31/13 07.09.2016 Keine Bindungswirkung des Gewerbesteuermessbescheids für den Verlustfeststellungsbescheid - Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht einer Personengesellschaft V R 26/15 20.10.2016 Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung - Voraussetzungen der Rechnungsberichtigung - Rechnungsberichtigung als rückwirkendes Ereignis i.S. von § 233a Abs. 2a, Abs. 7 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO siehe auch: Pressemitteilung Nr. 77/16 vom 21.12.2016 V R 29/15 21.09.2016 EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug und zur Berichtigung bei Anzahlungen VI R 53/14 31.08.2016 Tarifermäßigung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG für mehrjährige Tätigkeit: Prämie für einen Verbesserungsvorschlag sowie anstelle einer Bonuszahlung gewährte Versorgungsleistungen VI R 27/15 20.10.2016 Schadensersatzleistungen als Erwerbsaufwendungen - Beschluss gemäß § 126a FGO nach Revisionszulassung durch BFH siehe auch: Pressemitteilung Nr. 78/16 vom 21.12.2016 Seite 8 von 11 # 51 21.12.2016 Aktenzeichen 28.03.2014 Entscheidungsdatum Stichwort IX R 8/16 04.10.2016 Fremdvergleich bei Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen XI R 44/14 21.09.2016 EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug aus Anzahlung für nicht geliefertes Blockheizkraftwerk - Vorrang der Anrufung des EuGH gegenüber Anrufung des Großen Senats des BFH Alle am 21.12.2016 veröffentlichten Entscheidungen des BFH (NV) Aktenzeichen Entscheidungsdatum Stichwort III B 88/16 11.08.2016 Zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Grundfreibetrags in den Jahren 2011 und 2012 - Anforderung an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde X B 42/16 22.09.2016 Beiladung bei widerstreitenden Steuerfestsetzungen X B 27/16 30.09.2016 Anforderung an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bei kumulativer Begründung des FG - Recht auf Akteneinsicht I R 25/15 10.08.2016 Bilanzierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt: Tilgung aus Bilanzgewinn und Liquidationsüberschuss I R 11/14 07.09.2016 Drittvergleich nach § 8a Abs. 1 KStG 2002 n.F. --weitergeleitetes Konzerndarlehen-- X K 3/15 25.10.2016 Entschädigungsklage: begrenzte Rückwirkung der Verzögerungsrüge; Auswirkung der Beantwortung von Sachstandsanfragen Alle bis zum 21.12.2016 veröffentlichten Erlasse Aktenzeichen IV C 6 - S 2242/07/1000 2 :004 IV C 6 - S 2241/15/1000 5 Seite 9 von 11 Datum Stichwort 20.12.2016 Realteilung; Anwendung von § 16 Absatz 3 Satz 2 bis 4 und Absatz 5 EStG 19.12.2016 Absetzungen für Abnutzung eines in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierten Mehrwerts für ein bewegliches Wirtschaftsgut; Anwendung des BFH-Urteils vom 20. November 2014 - IV R 1/11 - # 51 21.12.2016 Aktenzeichen 28.03.2014 Datum Stichwort IV C 5 - S 2345/07/0002 19.12.2016 Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen; Besteuerung der von der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMET-SAT) gezahlten Pensionen IV D 3 - S 7015/10/1000 2 19.12.2016 Umsatzsteuer-Anwendungserlass - Stand zum 31. Dezember 2016 III C 3 - S 7015/16/1000 1 19.12.2016 Umsatzsteuer-Anwendungserlass; Änderungen zum 31. Dezember 2016 (Einarbeitung von Rechtsprechung und redaktionelle Änderungen) Allgemeinverfügung 16.12.2016 Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder zur Zurückweisung der wegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten AO eingelegten Einsprüche und gestellten Änderungsanträge IV C 5 - S 2439/16/1000 1 16.12.2016 Fünftes Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG); Erstmalige Anwendung des Verfahrens der elektronischen Vermögensbildungsbescheinigung 16.12.2016 Eigener Aufwand des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung von Betriebsgebäuden auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück; BFH-Urteil vom 9. März 2016 - X R 46/14 - (BSt-Bl II S. ___) IV C 6 - S 2134/15/1000 3 Seite 10 von 11 # 51 21.12.2016 28.03.2014 Herausgeber WTS Steuerberatungsgesellschaft mbH www.wts.de • [email protected] Redaktion Dr. Martin Bartelt, Georg Geberth, Lothar Härteis, Stefan Hölzemann München Lothar Härteis Thomas-Wimmer-Ring 1-3 • 80539 München T: +49(0) 89 286 46-0 • F: +49 (0) 89 286 46-111 Düsseldorf Michael Wild Peter-Müller-Straße 18 • 40468 Düsseldorf T: +49 (0) 211 200 50-5 • F: +49 (0) 211 200 50-950 Erlangen Andreas Pfaller Allee am Rötelheimpark 11-15 • 91052 Erlangen T: +49 (0) 9131 97002-11 • F: +49 (0) 9131 97002-12 Frankfurt Robert Welzel Taunusanlage 19 • 60325 Frankfurt/Main T: +49 (0) 69 133 84 56-0 • F: +49 (0) 69 133 84 56-99 Hamburg Eva Doyé Neuer Wall 30 • 20354 Hamburg T: +49 (0) 40 320 86 66-0 • F: +49 (0) 40 320 86 66-29 Raubling Andreas Ochsner Rosenheimer Straße 33 • 83064 Raubling T: +49 (0) 8035 968-0 • F: +49 (0) 8035 968-150 Regensburg Andreas Schreib Lilienthalstraße 7 • 93049 Regensburg T: +49 (0) 941 584 378-47 • F: +49 (0) 9131 97002-12 Köln Stefan Hölzemann Sachsenring 83 • 50677 Köln T: +49 (0) 221 348936-0 • F: +49 (0) 221 348936-250 Diese WTS-Information stellt keine Beratung dar und verfolgt ausschließlich den Zweck, ausgewählte Themen allgemein darzustellen. 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