Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz Die Geschäftsstelle 19. Dezember 2016 Pressestatements der Botschafterinnen und Botschafter für das Europäische Kulturerbejahr 2018 in Deutschland anlässlich ihrer Ernennung am 19. Dezember 2016 in Berlin. ** Es gilt das gesprochene Wort! ** // Prof. Dr. Dr. hc. mult. Hermann Parzinger - Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz "Europa sieht sich derzeit großen Herausforderungen und Gefahren ausgesetzt: Finanzkrise, Flüchtlingsströme, Brexit, Rechtspopulismus oder einfach nur Lethargie, die vielleicht größte aller Bedrohungen. Die Krisen unserer Zeit lassen sich nur bewältigen, wenn sich die Europäer als historische Schicksals- und kulturelle Wertegemeinschaft verstehen und eine europäische Identität entwickeln, die die lokale, regionale und nationale nicht ersetzen, sondern ergänzen und bereichern soll. Auch diese europäische Dimension gehört untrennbar zu uns. Deshalb ist es richtig, im Jahr 2018 den Blick der Europäer auf ihr kulturelles Erbe zu lenken, auf diese ganz besondere Einheit in Vielfalt, die Europa gerade kulturell so einzigartig macht. Politische und wirtschaftliche Interessen mögen unterschiedlich sein und sich verändern, unsere kulturellen Wurzeln sind hingegen eine Konstante, die alle Europäer teilen und nicht abstreifen können. Das kulturelle Erbe der Europäer ist vielleicht ihr größtes Potential, wenn es darum geht, Gemeinsamkeit und Verbundenheit zu fördern. Die Berliner Museumsinsel mit ihren Museen und Sammlungen steht dafür in besonderer Weise. Zusammen mit dem entstehenden Humboldt Forum ermöglicht sie fortwährende Selbstvergewisserung in einer rasant sich verändernden globalisierten Welt, in der sich mit nationalem Eigensinn nicht bestehen lässt. Nie war das kulturelle Europa wichtiger als heute." // Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst - Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin „Ich werde die verschiedenen Botschaften des Europäischen Kulturerbejahres 2018 in Deutschland gerne in die Netzwerke der Wissenschaft in den Bundesländern und international vermitteln. Eine wichtige Dimension des Kulturerbejahres ist die Darstellung von Baukulturerbe und die Verdeutlichung der europäischen, historisch politischen Entstehungsgeschichte. Prädestiniert sind die Netzwerke in der Wissenschaft auch, um junge Menschen anzusprechen und an das Europäische Kukturerbejahr zurück zu vermitteln, wie unsere Zielgruppen sich Partizipation und Gestaltung in der Kulturarbeit vorstellen. Last but not least können Universitäten dafür als experimentierender Raum einbezogen werden.“ 1 // Sir David Chipperfield - Architekt, David Chipperfield Architects “Unser gemeinsames europäisches Erbe in den Fokus zu rücken, erfolgt zu einem signifikanten Moment in unserer Geschichte. In dieser, insbesondere für uns Briten, unsicheren Phase, ist es Zeit uns auf das zu besinnen, was uns verbindet: unsere gemeinsamen Werte und unsere Vergangenheit, die wir miteinander teilen. Europa ist eine faszinierende Collage kultureller Verbindungen und Unterschiede. Nirgends ist dies besser dokumentiert als in unserem kulturellen Erbe. Verglichen mit den anderen Künsten, welche einfacher zu würdigen und zu bewahren sind, zählen die Architektur und die gebaute Umwelt zu den fragileren Zeugnissen unserer gemeinsamen Kulturgeschichte. Die künftige Entwicklung unserer Städte und unserer Gesellschaft hängt von der Wertschätzung und dem Verständnis der physischen Errungenschaften der Vergangenheit ab. Die Architektur unserer Städte ist ein physischer Beleg für unsere kulturellen und gesellschaftlichen Visionen und ein lebendiges Dokument für die kontinuierliche Sedimentierung des Praktischen und des Künstlerischen, des Monumentalen und des Alltäglichen.“ // Janne Teller - Schriftstellerin und Mitglied der Jury zum Friedenspreis des deutschen Buchhandels „Im Gegensatz zu Kontinenten sind Nationalstaaten ein Konstrukt. Die meisten existieren nicht länger als ein paar Jahrhunderte. Die gefühlsmäßigen Bande, die wir zu unserer Herkunftsregion, der Landschaft und der Lebensweise knüpfen, würden auch ohne eine nationale Zugehörigkeit bestehen. Es ist lediglich unsere Identifikation mit dem Illusionsbukett aus den Charakteristika, die wir gelernt haben, mit unserem Nationalstaat zu verbinden, die sich uns eher dem Nationalbegriff als unserem Kontinent (und was das angeht unseren Mitmenschen) zugehörig fühlen lässt. Der Umzug in einen anderen Nationalstaat macht einen nicht zu einem anderen Menschen, obwohl man sich notwendigerweise vielleicht anders verhalten muss, um sich verständlich zu machen und in die andere Kultur einzupassen. Wenn wir verhindern wollen, dass Europa mit allem, was sich daraus ergeben kann, auseinanderbricht, müssen wir uns jetzt entscheiden, an erster Stelle Europäer zu sein und dann erst Staatsbürger. Wir benötigen eine klare Idee, was es heißt, Europäer zu sein: eine europäische Identitätsdefinition, die für uns alle Platz hat – nicht zuletzt für alle neu hinzugekommenen Europäer. Der Grund dafür, dass die USA sehr viel leichter Immigranten absorbieren können als Europa, ist der, dass ihre Identitätsdefinition fluide ist, sodass sie alle Menschen, ungeachtet ihres Hintergrunds, annehmen können: The American dream to make it. In Europa definieren die einzelnen Länder und Subkulturen sich in kleinen normativen Schubladen, abhängig davon, wie wir gekleidet sind, beten (oder nicht), Weihnachten und andere Feste feiern, von unseren Traditionen und Vorvätern, unserer Geschichte - und was wir unser nationales Kulturerbe nennen. Eine Identitätsdefinition, die so verknöchert und verdreht - ist, dass sie leicht Risse bekommt, sobald sie in Kontakt mit anderen Normen und nationalen Kulturgeschichten gerät. Wir brauchen eine europäische Identität, auf die sich alle beziehen können, ungeachtet ihrer Hautfarbe oder Kultur, Religion, Traditionen, Essoder anderer Gewohnheiten. Nachdem ich in vielen Ländern in und außerhalb von Europa gelebt habe, empfinde ich als eigenes Kennzeichen unserer Region, die besondere Freude an „Diskreter Qualität“. Wir prahlen nicht (wenn wir am besten sind!), wir brauchen nicht das Größte, das Schnellste oder das Reichste, wir brauchen es vor allem nicht zu zeigen; wir lieben die ganz eigene Schönheit der Diskretion, die Größe, die in echter Qualität liegt, die Aufmerksamkeit dem Detail gegenüber, das gerade eben mit den Sinnen erahnt wird, das man jedoch nicht laut hinausposaunt. Diese Suche nach diskreter Qualität hat sich zeitgleich mit der Entwicklung unserer europäischen Kultur, unserer Architektur, unserer Denker und unserer Kunst über die Jahrhunderte entwickelt. Man trifft sie überall, in den Mustern des Parkettbodens, in Kristallglas und Porzellan, in Möbeln, Mode, Essen, Skulpturen, Filmen, Städteplanung, Gartenbepflanzung und nicht zuletzt in unserem Verhalten. Diskrete Qualität ist kein Verschließen äußerer Rahmen, sondern ein inneres Ideal. Nationale und lokale Eigenheiten in Europa sind nicht bedroht, sondern erhalten mehr Platz in dem Augenblick, in dem sie sich öffnen, und in dem sie, was andersartig ist innerhalb der eigenen Lokalität, Platz einräumen. Wenn wir uns selber stärker darüber im Klaren werden, wie viel Einfluss andere Kulturen auf unser bestehendes lokales Erbe gehabt hat, wird es uns auch leichter fallen, neue kulturelle Prägungen bei uns vor Ort willkommen zu heißen. Zu dem Stolz, den wir angesichts unserer schönsten Schlösser und besten Philosophen, unserer Weine und unserer Literatur empfinden - und nicht zuletzt zu dem Stolz über deren unfassbare Variationsbreite -, können alle neu hinzugekommenen Europäer auf die eine oder andere Weise beitragen: mit einer besonders verlockenden afghanischeuropäischen Musik, einem besonders interessanten afrikanisch-europäischen Möbelstück, einer schönen arabisch-europäischen Poesie, der Architektur, einem Restaurant, einem Stil, ja, mit was auch immer, solange das Ziel echte diskrete Qualität ist." // Harald Haugaard - Musiker / Internationales Musikfestival folkBALTICA „In meiner Arbeit als Geiger, Komponist und künstlerischer Leiter des deutsch-dänischen Musikfestivals folkBALTICA beschäftige ich mit musikalischen Traditionen und nicht zuletzt mit der Weiterentwicklung dieser Traditionen. Die Geschichte zeigt in aller Deutlichkeit, dass Traditionen aussterben, wenn sie nicht weiterentwickelt und herausgefordert werden. Aber die Weiterentwicklung muss natürlich mit Respekt und tiefgreifendem Verständnis für die einzelnen Traditionen geschehen. Ich profitiere täglich vom gemeinsamen europäischen Kulturerbe, und jeden einzelnen Tag werde ich darin bestärkt, dass wir - auch wenn es regionale Unterschiede in den verschiedenen Musiktraditionen gibt - doch letztendlich auf der gleichen Grundlage arbeiten. Musik lebt und entwickelt sich durch Begegnung und Austausch. Dafür werden Folkmusiker aus dem Ostseeraum und aus der ganzen Welt eingeladen, ihre traditionelle Musik auf den Bühnen in Schleswig-Holstein und Süddänemark zu präsentieren beim folkBALTICA-Festival. Als Botschafter für das Europäische Kulturerbejahr 2018 gilt es, diese besondere Aufgabe und vor allem das Ergebnis der musikalischen Zusammenarbeit verschiedenster Kulturen in Europa und darüber hinaus weiterzutragen. Mit dem Festival selber und dem folkBALTICA Ensemble mit seinen jungen Talenten im Alter von 15 - 25 Jahren, die aus Schleswig-Holstein und Süddänemark stammen, versuchen wir, ein sensibles Verständnis für die Bedeutung unserer kulturellen Wurzeln zu entwickeln. Ohne die historischen Elemente der Gesellschaft verlieren wir die Verbindung zu unserer Kultur. Das Erbe unserer Vorfahren erzählt in der Architektur, in der Literatur und vor allem in der Musik unsere Geschichte. Wenn ich über die kleine deutsch-dänische Grenze reise, brauche ich einen Reisepass. Die Musik hingegen ist in der europäischen Geschichte frei über die Grenzen gereist und hat uns ein reiches, wichtiges und gemeinsames Kulturerbe beschert. Musik ist eine gemeinsame und starke Sprache. Es ist für mich sowohl als Künstler als auch als Vertreter für das folkBALTICA-Festival eine Ehre, Botschafter für das edle Anliegen von Sharing Heritage 2018 zu sein.“ 3 Pressekontakt: Björn Bernat Geschäftsstelle des Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – K54 030 32091-776 [email protected]
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