und wieder wünschen wir uns ein gutes neues Jahr

Der Pfaffenhofener
Ausgabe 12 / KW 50
FREITAG, 16. DEZEMBER 2016
Preis: gratis!
„... der Mohr kann gehen“
Fassade und Ensemble
Der FSV-Vorstand schickt die langjährige Wirtin
Sieglinde Schleibinger unvermittelt in die Wüste
Ursula Beyer vom Heimat- und Kulturkreis
über den Umgang mit Denkmälern in der Stadt
Seite 4
Seite 8
HOLZ UND KRIPPEN
Die vhs-Schnitzer
zeigen noch an diesem
Wochenende im Haus der
Begegnung ihre Werke.
Inspirierende Bilder
von der Ausstellung
finden sich auf
Seite 3
ERSTER PLATZ
Hellmuth Inderwies über
den Wert des Lesens und
Laurin Weiherer, den
Sieger des rotarischen
Lesewettbewerbs
Seite 5
LICHT UND KUNST
Eine Bilderwanderung
durch die Vielfalt auf dem
Christkindlmarkt – mit
einem Glühwein
Seite 6
… und wieder wünschen wir uns ein gutes neues Jahr
von Lorenz Trapp
Was bleibt uns übrig? Was bleibt
von diesem Jahr, dem gut gewünschten, dem vormals neuen, dem verflossenem? Mehr als die Gegenwart
wird es wohl nicht werden, wenn wir
demnächst, besinnlich sinnend, unterm Weihnachtsbaum aufs Kripperl
schauen. Das Kripperl auf unserem
Titelbild stammt übrigens aus der
Ausstellung der vhs-Schnitzer, die
an diesem Wochenende noch im Haus
der Begegnung zu sehen ist. Wenn Sie
sie noch nicht besucht haben, sollten
Sie sich beeilen; ansonsten hätten Sie
was versäumt.
Der Globus in der Futterkrippe, in
der von Rechts wegen das Jesuskind
läge, gehört nicht zum Original, er
ist quasi ein „Christkindl“, wie man
Geschenke zur Weihnachtszeit im
Bairischen mal genannt hat. Damit
wir uns besser vorstellen können,
wie klein und zerbrechlich die Welt,
in der wir leben, eigentlich ist. Ein
Mal unbedacht mit der Riesenpranke
draufgeschlagen – aus die Maus!
Aber wir können ja nicht dauernd
ins Kripperl starren, wie immer steht
die Zukunft vor der Tür und möchte
bewältigt werden. Schließlich wünschen wir uns wieder ein gutes neues
Jahr, beileibe nicht eines von den
schlechten, und selbstverständlich
möchten wir dabei auch tatkräftig
mitgestalten. Immerhin haben wir es
in den letzten Jahrzehnten geschafft,
dass heute 60 Millionen Menschen
rund um den Globus auf der Flucht
sind, und um unseren derzeitigen
Konsum und Lebensstil genau so
weiter zu führen, bräuchten wir, unsere Ressourcen betreffend, nur einen halben Globus mehr – das kann
ja nicht so schwierig sein, Alternativen wachsen ja. Allerdings: Nähme
sich die ganze Welt ein Beispiel an
uns Deutschen, müssten wir noch einen kompletten Planeten zusätzlich
drauflegen. Da muss der Wind dann
ordentlich pfeifen. Hätten wir den
ökologischen Fußabdruck eines Inders – oder den der 1Millarde Menschen, die hungern –, würde ein halber Planet locker reichen. Leider sind
nicht nur die Inder gerade dabei, sich
größere Stiefel anzuziehen. Da passt
die riesige Hähnchenmastanlage in
Eschelbach perfekt ins Bild.
Sie sehen, noch ist das Land nicht
verloren. Noch gibt es Hendl satt.
Obwohl jetzt sogar auf hohem Niveau gejammert wird: Ausgerechnet
Joschka Fischer, ehemaliger Außenminister der Bundesrepublik und
Prominenz bei den Grünen, trauert
nach der Wahl Donald Trumps zum
nächsten Präsidenten der USA; er
malt den Untergang des „Westens“
an die Wand – und Deutschland, Europa werde wohl in Zukunft alleine,
ohne die Amerikaner klarkommen
müssen. Entsetzlich? Ich sehe es endlich als Chance.
Donald Trump ist der reiche Mann,
der Hillary Clinton auf den zweiten
Platz verwiesen hat. Grob 230 Millionen Amerikaner hätten wählen
dürfen, grob 130 Millionen haben
es auch getan; davon waren grob 60
Millionen für Trump, grob 60 Millionen und ein paar Zerquetschte mehr
waren für Clinton; Trump hat trotz-
dem gewonnen, und extrem grob
möchte ich hier schließen, dass grob
100 Millionen Nichtwähler nichts gegen einen Präsidenten Donald Trump
einzuwenden oder den Weg ins Wahllokal nicht gefunden haben. Entsetzliche Vorstellung!
Auch in diesem Lande stehen Wahlen an. 2017 finden wir nicht nur den
Weg zur Kleinen Landesgartenschau,
wir wählen auch – den Landrat nämlich. Dass die Kreis-SPD überlegt,
auf die Aufstellung eines eigenen
Kandidaten zu verzichten, wenn
Martin Wolf sich nur für drei Jahre
wählen lässt (damit künftige Landratswahlen wieder mit der regulären
Kommunalwahl zusammenfallen),
wird möglicherweise Donald Trump
erheitern: Die besten Gegenkandidaten sind die, die gar nicht antreten. Wenn alle Parteien nachziehen,
wird’s lustig. Eventuell kubanisch?
Nie und nimmer. Der große Revolutionär Fidel Castro ist tot. Am 24.
November 2016, pünktlich und mit
besten Wünschen zur Christkindlmarkteröffnung in unserer schönen
Stadt, postet ein sozialdemokratisches Mitglied des Stadtrates in
einem berühmten sozialen Medium
ein Foto: Er, mit Schiebermütze und
Sonnenbrille, nuckelt per Strohhalm
eine geheimnisvolle Flüssigkeit aus
einem klischeebombenartigen Gefäß – im Hintergrund weht die kubanische Fahne, ein wehmütiger
Abgesang auf die sozialistische Idee.
Dezenter kann man diese Welt als
Urlaubsziel nicht empfehlen. Am
Tag darauf stirbt der Comandante en
Jefe. Hasta la victoria siempre!
Falls Sie an Ihrem Kripperl statt
der kubanischen lieber die syrische
Flagge hissen, die jetzt seit Jahren
mit Horrormeldungen ins Bild weht,
bedenken Sie: Die drei Streifen sind
rot, weiß und schwarz. Rot steht für
das Blut, das im Kampf vergossen
wird; Schwarz symbolisiert die Unterdrückung; Weiß wünscht sich eine
Zukunft.
Ich wünsche Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten
Rutsch. Das neue Jahr müssen Sie
sich aber wieder selbst gut machen.
STADTKULTUR
Seite 2 | Der Pfaffenhofener
Erst Licht, dann Grün
Liebe Pfaffenhofenerinnen
und Pfaffenhofener,
die Jahreszahl 2017 geistert seit
Langem durch unsere Köpfe und
sie wird immer wieder genannt,
wenn es um die Gartenschau geht.
Schien dieses Projekt bisher noch
so weit weg zu sein, steht es jetzt
quasi vor der Tür. Und mit der
Gartenschau 2017 steht uns ein
ganz besonderes Ereignis ins Haus.
Man könnte sagen, das wird der
Sommer des Jahrhunderts für unsere Stadt! Wir freuen uns drauf!
Gerade weil die Gartenschau „Natur in Pfaffenhofen 2017“ so einmalig für uns ist, kann ich jedem
nur empfehlen, sich eine Dauerkarte zu sichern, die jetzt im Vorverkauf vergünstigt zu haben ist.
Die Vielzahl von Veranstaltungen
von Mai bis August und das wunderschöne Gelände mit einer sehenswerten Ausstellung auf dem
Volksfestplatz sollten Sie nicht
versäumen!
Nach Weihnachten naht fast schon die Gartenschau
von Claudia Erdenreich
Früher war die Vorweihnachtszeit
tatsächlich eine stille Zeit. Eine Zeit
der Buße und des Fastens, der Vorbereitung und Besinnung. Davon ist
neute nicht mehr viel übrig, lediglich vorbereitet wird umfangreich,
wenn auch auf ganz andere Art.
Geschenkekauf und Festtagsbraten,
Versicherungswechsel und FitnessStudio-Prämien gilt es in letzter Minute zu ergattern.
Die Terminkalender sind voll, Hektik
statt Ruhe macht sich breit. Immerhin können wir so nicht der herz-
haften Müdigkeit nachgeben, die
sich so schwer auf die Kondition legt.
Hinlegen sollte man sich, mindestens
bis Februar!
Denn alle Jahre wieder setzt zum
Jahreswechsel das Ende aller Zeiten
ein. Dabei fühlten sich die Menschen
früher auf gewisse Weise tatsächlich
so, vielleicht steckt uns das noch in
den Genen oder in den Knochen.
Mindestens aber im Gefühl. Bis zu
Wintersonnenwende wird es jeden
Tag noch ein wenig dunkler. Das
schlägt auch uns noch aufs Gemüt,
trotz LEDs, Lichterfesten und Tageslichtlampen. Dagegen kommt auch
Zum Jahreswechsel blicken wir erwartungsvoll voraus auf das neue
Jahr, schauen aber auch dankbar
zurück auf die fast vergangenen
zwölf Monate. Das größte und teuerste Projekt der Stadtgeschichte
ist das neue Schulzentrum samt
Dreifachturnhalle und Hallenbad
am Gerolsbach, das mit insgesamt
fast 50 Millionen Euro zu Buche
schlägt. Dabei ist die Hälfte bereits fertiggestellt, denn die Sporthalle ist längst in Betrieb und das
Schulhaus steht inzwischen im
Rohbau. Anfang 2018 wollen wir
hier den Schulbetrieb aufnehmen,
und dann können nicht nur Schüler und Lehrer in den 27 Millionen
Euro teuren Neubau einziehen,
sondern auch die Stadtkapelle erhält endlich ihre lange gewünschten eigenen Probenräume. Und
nicht zuletzt bekommen wir mit
der Schule fast eine kleine Stadthalle, denn die Aula wird als top
ausgestattete Veranstaltungshalle
vielfältig nutzbar sein für Konzerte, Theater, Lesungen und Feste.
Auch der Wunsch nach einem
Hallenbad soll ab 2018 realisiert
werden. Beim Bürgerentscheid im
Oktober hat eine deutliche Mehrheit für ein kleines Familienbad
gestimmt, dessen Ausstattung
über ein reines Schulbad hinausgeht und sowohl Familien als auch
Sportvereinen gerecht wird. Über
die genaue Ausstattung entscheiden wiederum Sie, die Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener,
denn im Februar werden wir eine
Haushaltsbefragung durchführen.
Das Jahr 2016 war für die Stadt
Pfaffenhofen insgesamt ein gutes
Jahr, in dem viel geleistet und vorangebracht wurde. Daran haben
viele mitgewirkt, und so darf ich
mich zum Jahresende bei allen
bedanken, die an der Gestaltung
und Entwicklung unserer Stadt
teilhaben, vor allem bei denen, die
sich ehrenamtlich für ihre Mitmenschen und unsere Gesellschaft
einsetzen.
Liebe Pfaffenhofenerinnen und
Pfaffenhofener, ich wünsche Ihnen
allen schöne Weihnachtstage und
ein gutes, gesundes und glückliches, ganz besonderes Jahr 2017!
Ihr
Thomas Herker,
Erster Bürgermeister
Freitag, 16. Dezember 2016
von Roland Scheerer
Die Energieprobleme der Menschheit sind mit der Erfindung des
Karburators ein für allemal passé. Beim Karburator handelt es
sich um eine Brennkammer, die
in jedes Wohnzimmer passt und
jegliche Materie vollständig und
rückstandsfrei in reine Energie
verwandelt. So sieht es der tschechische Science-Fiction-Autor Karel Čapek 1922 in seinem Roman
„Das Absolutum“ voraus, sechzehn
Jahre bevor Otto Hahn mit seiner
neutroneninduzierten
Kernspaltung das Atomzeitalter einläutet.
Nun ist Ihnen sicher der Begriff
Pantheismus geläufig. Pantheisten
gehen davon aus, dass Gott uns
nicht etwa aus der Ferne zusieht
und gelegentlich mal steuernd eingreift, sondern dass er selbst unmittelbar in der Welt anwesend
ist. Ja, Pantheisten gehen soweit,
zu sagen: Schöpfer und Schöpfung
sind identisch, Gott ist alles, und
alles ist Gott. Beziehungsweise, in
einer abgemilderten Variante: Die
Welt ist von Göttlichkeit durchdrungen, wie man es manchmal
bei Spaziergängen in der Natur zu
spüren glaubt. Die Eieruhr auf Ihrer Fensterbank, der Staub auf Ihrem Lampenschirm, die Zeitschrift,
die Sie gerade in der Hand halten:
überall Gott drin. Pantheismus.
Also zurück zu Karel Čapek. Da
nun Gott in der Welt enthalten ist,
bleibt es nicht aus, dass bei der
vollständigen Auflösung von Materie deren spirituelle Komponente
freigesetzt wird. Anders gesagt: Es
tritt Gott aus wie eine Art Gas oder
wie Radioaktivität. Der Karburator
erweist sich als „Gottesfabrik“, und
so lautet denn auch der Untertitel
des Buches.
Die Wirkung von Gott, wenn er in
Reinform genossen wird, ist freilich
nicht zu unterschätzen. Menschen,
die sich in der Nähe des Karburators
kein Glühwein an, nicht einmal der
aus Heidelbeeren.
Für die Menschen früher war das
Licht jedoch elementar, die Lebensgrundlage. Erdumlaufbahn und Sonne verstanden sie nicht wirklich. So
blieben Verlauf der Sonne und Sonnenwende mystische, aufregende und
gefährliche Ereignisse. Man war sich
nie so ganz sicher, ob das Licht wieder kommt. Und wenn nicht, hätte
das den Untergang aller bedeutet.
Akribisch wurde daher der Himmel
beobachtet, Zeichen und Tageslängen gemessen und sehr unterschiedlich gedeutet.
Für die meisten Menschen waren das
überirdische, übersinnliche, göttliche Ereignisse. Denn Menschen
konnten das nicht beeinflussen, so
sehr sie das auch probierten und bis
heute versuchen.
Stand fest, dass das Licht wieder
kommt, war das jedes Jahr aufs Neue
Anlass zu Jubel und Freude. Schön
die Römer feierten Saturnalien, ab
17. Dezember wurde dem Gott Saturn mit ausschweifenden Feierlichkeiten gehuldigt. Anfangs bis 23.
Dezember, später gerne auch bis zum
30. Dezember. Legendär war der ohnehin auch sonst nicht geringe Weinkonsum in diesem Zeitraum.
So sehr unterscheiden wir uns davon
nicht mehr. Wir reihen Weihnachtsfeier an Glühweintests, Fastenzeit
ist frühestens im Januar und Silvester feiern wir sowieso. Dann, so viel
steht fest, kommt das Licht wirklich
wieder, auch wenn uns noch so sehr
der Sinn nach Winterschlaf ist.
Richtige Winter haben wir ja auch
nicht mehr, mittlerweile strecken die
ersten Krokusse irgendwann im Feburar ihr Köpfe nach oben. Und spätestens dann ist es nicht mehr weit
bis zur Gartenschau. Im Mai öffnet
sie ihre Pforten. Die Gärtner werden
noch alle Hände voll zu tun haben,
um uns ein Blütenmeer zu präsentieren, Farben und Düfte.
Da kann dann endlich geruht werden, auf sonnigen Wiesen, am Ufer
der sanft plätschernden Ilm. Wir
werden meditieren zwischen orangen
Blumen, freundlichen Klägen lauschen, ganz so wie es jetzt kurz vor
Weihnachten sein sollte.
Bis dahin denken wir einfach schon
sehnsüchtig daran und freuen uns
wie alle Vorfahren schon seit tausenden Jahren: Das Licht kommt wieder! Ganz bald!
aufhalten, fühlen sich auf wunderbare Weise beseelt und euphorisiert.
Sie haben Visionen, fangen an zu
predigen, fallen sich in die Arme,
entledigen sich ihres Besitzes und
wirken wohltätig.
Die Amtskirche ist in höchstem
Maße alarmiert, denn wo kommen
wir hin, wenn es keine Bischöfe mehr
braucht, die zwischen Welt und Allerhöchstem vermitteln. Nicht auszudenken. Da wäre es ja viel besser,
den Karburator unter Kontrolle zu
bringen und den eigenen Zwecken
dienstbar zu machen. Damit er, nun
ja – wenigstens in den richtigen Händen ist.
Aber die Sache ist längst außer
Kontrolle geraten. Je länger die
Menschen den Karburatoren ausgesetzt sind, die bald allenthalben im Einsatz sind – desto mehr
weicht das Verlangen, in goldenem
Himmelsglück zu baden und ebensolches zu verschenken, einer anderen Regung: der Überzeugung,
den nicht mehr hinterfragbaren
Urgrund der Dinge gesehen zu haben, sprich: im Besitz der absoluten
Wahrheit zu sein. Einer Wahrheit
von der Sorte, die keine andere neben sich duldet. Und da die Leute
jeweils gemäß ihrer eigenen kulturellen Prägung verzückt oder
bekehrt werden, gibt es bald mehrere dieser exklusiven Wahrheiten.
Mehrere nebeneinander. Es bleibt
nicht aus, dass deren Anhänger
aufeinander losgehen. Der entfesselte religiöse Fundamentalismus –
die Kehrseite des technischen Fortschritts. Vor fast hundert Jahren
hat Čapek es kommen sehen.
In den späten Vierzigerjahren des
zwanzigsten Jahrhunderts ist es
soweit: Ein neuer Krieg wird entfesselt. Einer von der allergnadenlosesten Sorte. Einer, wie ihn Menschen führen, die sich im Besitz der
absoluten Wahrheit wähnen.
Danke, Karburator.
Was den Ausgang dieses Ringens
angeht – ich wollte es geschwind
für Sie nachschlagen. Aber meine Ausgabe von „Das Absolutum
oder die Gottesfabrik“ ist nicht am
Platz. Ich glaube, ich habe das Buch
irgendwem geliehen. Vielleicht liest
ja die betreffende Person diese Zeilen und weiß, was zu tun ist.
Und so müssen meine Leser sich
selbst ein Exemplar besorgen. Unverständlicherweise hat derzeit
kein Verlag diesen großen, visionären und zu Unrecht vergessenen
Roman im Programm. Die freundlichen Online-Antiquariate helfen
weiter.
DIE SEITE 3
Freitag, 16. Dezember 2016
Der Pfaffenhofener | Seite 3
Holz und Krippen
vhs-Schnitzer zeigen ihre Werke
von Claudia Erdenreich
H
olz in allen Variationen
ist in der aktuellen
Ausstellung im Haus
der Begegnung zu bestaunen. Traditionell
und
u
nd modern, besinnlich und erschreckend sind die Werke, die die Kursteilnehmer geschaffen haben. Alle
zwei Jahre zeigen die Schnitzer der
Volkshochschule ihre Werke, stellen
sich den neugierigen Blicken, aber
auch der Kritik der Besucher.
Ihr Lehrer Franz Peter betreut seit
über 25 Jahren einen vhs-Kurs
„Schnitzen“. Im Hauptberuf widmet er sich den Finanzen, seine
Leidenschaft und seine Kunst war
aber immer auch Holz und was sich
daraus machen lässt. Er zeigt Neu-
einsteigern immer wieder gerne den
Umgang mit dem Schnitzwerkzeug,
leitet an, inspiriert und animiert zum
üben.
Fortgeschrittene Kursteilnehmer fertigen ihr ganz persönliches Kunstwerk an – und das ist stets so individuell wie die Künstler selbst.
Handwerkliches Geschick gepaart
mit künstlerischer Freiheit wird so
sichtbar.
Auch die ausgewählten Holzarten
sind vielfältig, Linde und Haselnuss
kommen ebenso vor wie Mahagoni,
Kirsche oder Zirbe. Viele der geschaffenen Werke sind unverkäuflich, andere können auf Anfrage erworben werden. Insgesamt sind 41
Objekte zu sehen.
Alle Krippen und Krippenteile beziehungsweise Figuren zeigen die Liebe
zum Detail, Geschick und teils sehr
freie Interpretationen. Krampusmasken sind darunter, Engel und Jesuskinder, aber auch Federn und Nilpferde. Eine „Dicke“ verlockt ebenso
wie fast abstrakte Skulpturen.
Die Besucher der Städtischen Galerie können sich in der Ausstellung
inspirieren lassen, auf Weihnachten
einstimmen oder einen Moment der
Ruhe finden in der oft hektischen
Vorweihnachtszeit.
Schnitz- und Krippenausstellung
Städtische Galerie
Haus der Begegnung
Noch bis zum 18. Dezember
STADTKULTUR
Seite 4 | Der Pfaffenhofener
Freitag, 16. Dezember 2016
„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan …“
FSV-Vorstand schickt Wirtin unvermittelt in die Wüste
von Hellmuth Inderwies
Eine vorweihnachtliche Stimmung
kann in diesem Jahr beim FSV
Pfaffenhofen wohl nicht mehr aufkommen. Wie ein Blitz aus heiterem
Himmel traf die langjährige Vereinswirtin und Pächterin der Sportgaststätte, Sieglinde Schleibinger, ihre
Kündigung durch die Vorstandschaft
in adventlicher Zeit. Auch für die
Öffentlichkeit war die Kunde davon
weit mehr als nur eine Überraschung.
Sie erregte über die Kreisstadt hinaus ein nicht geringes Aufsehen,
mitunter sogar Empörung über die
Methoden der FSV-Führung. Selbst
bei der Adventsfeier der Schiedsrichtergruppe Pfaffenhofen und bei
anderen Organisationen, die regelmäßig in der Sportgasstätte tagen,
wurde sie thematisiert und scharfer
Kritik ausgesetzt. Auch in sozialen
Netzwerken, wie Facebook, herrscht
ein heftiger Aufruhr ob solcher Maßnahme. Allzu harten Bedingungen,
die man der langjährigen Wirtin als
Postulat rigoros auferlegte, hätte
sie innerhalb einer Woche akzeptieren müssen: einen Vertrag mit einer
Laufzeit von fünf Jahren, doppelte
Pacht (sie sollte von fünfeinhalbtau-
send Euro im Jahr ab 01. 04. 2017 auf
elftausend Euro angehoben werden),
eine horrende Summe für die Neugestaltung des Biergartens und tägliche
Öffnung des Lokals. Letzteres hätte
sie während der zeitlich überschaubaren Monate, in der 2017 die „Kleine
Landesgartenschau“ über die Bühne
geht, auf sich genommen. Darüber
hinaus wurde ihr als engagierter Fan
und stets hilfsbereites Mitglied des
Traditionsvereins nicht das geringste
Entgegenkommen gezeigt. 36 Jahre
war sie nicht nur für ihren FSV, sondern auch für zahlreiche andere Vereinigungen, bei Familienfesten und
Mixed-Teams der alten FSV-Garde (Wer ist wer?)
Weil sich das Vereinsleben zudem
stark geändert hat, fehlt es oft an
Rentabilität. Der Wirt muss da schon
seine Tätigkeit zu einem guten Teil
als Hobby betrachten, dem er gerne
nachgeht. Die großen Reichtümer
sind allein über die Mitglieder vorweg kleiner Sportvereine, wie dem
FSV, auch in Anbetracht der hohen
Nebenkosten, überhaupt nicht mehr
zu erwarten. Aber darum geht es im
Fall von Sieglinde Schleibinger nicht
in erster Linie. Sie war als Wirtin für
ihren FSV stets ein Mittelpunkt des
gesellschaftlichen Lebens und auch
darüber hinaus. Und damit erhält
diese Kündigung einen sehr bitteren
Nachgeschmack. Es geht hier um
die Art und Weise, wie die Vorstandschaft mit einem vertrauten Menschen umspringt, gewissermaßen mit
einer Sportkameradin, die sich in
den Dienst einer Gemeinschaft mit
gleichen Interessen, Anliegen und
Zielen gestellt und mit Freude eine
wichtige Aufgabe erfüllt hat. Es geht
hier um sportliche Fairness, Anstand
und Moral.
Rapid zurückgegangene
Zuschauerzahlen
Die Wirtin und ihr Ehemann „Wast“
Städtische Gaststätte – in die Jahre gekommen
Watt-Runde im FSV-Heim
Beginn der Biergartensanierung
sonstigen feierlichen Anlässen eine
außerordentlich geschätzte Gastgeberin, ihre Familie gar mehr als vier
Jahrzehnte. Die Auflagen waren für
sie, auch in Anbetracht ihres Alters
(Gleiches gilt für den „Wast“, ihren
Ehemann, hinter der Schanktheke.)
einfach nicht erfüllbar, auch wenn sie
gerne noch eine zumutbare Zeitspanne die Wirtschaft geführt und ihren
Gästen ihre allenthalben bekannte
vorzügliche bayerische Küche geboten hätte. Das Zitat aus Friedrich
Schillers Tragödie „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ (3. Akt, 4.
Aufzug) „Der Mohr hat seine Arbeit
getan, der Mohr kann gehen.“ trifft
ebenso zu wie seine Abwandlung zur
hämischen Redensart „Der Mohr hat
seine Schuldigkeit getan, der Mohr
kann gehen.“
Dass ein Vertragsverhältnis auch
in einer Gemeinschaft wie einem
Sportverein beendet wird, ist gerade
bei den heute nicht mehr übermäßig gefragten Sportgaststätten, die
nur tageweise für Stunden öffnen,
durchaus ein alltäglicher Vorgang.
Gewiss haben es heute ehrenamtliche
Führungskräfte in Vereinen des einst
sogenannten Amateurbereichs nicht
leicht. In zu hohem Maße bestimmen
in einer Anspruchsgesellschafft Angebot und Geld ihre Attraktivität.
Beim FSV konnte in den achtziger
Jahren neben dem Freizeitsport lediglich eine Herzsportgruppe ins
Leben gerufen werden. „Wir sind
Fußballer! Wir brauchen keine zusätzlichen Abteilungen“, hieß die
Parole. Dass sich seither die Anziehungskraft traditioneller Sportarten
auf Grund des Profisports stark verlagert hat und Trendsportarten eine
immer wichtigere Rolle spielen, hat
man nicht wahrnehmen wollen. Und
der Fußball allein? Er hat in den unteren Klassen stark an öffentlichem
Interesse eingebüßt und trotzdem
das Geld zu einem immer wichtiger
werdenden Faktor gemacht. Die Sensationen aber erlebt man in den Arenen des Berufssports. Man ist mobil
genug, um zusammen mit 20 000
Schlachtenbummlern seinen Dresdener SC zum Spiel der 2. Bundesliga
bei den Münchner Löwen begleiten
zu können. Die rapid zurückgegangenen Zuschauerzahlen in den unteren Klassen liefern den Beweis. Die
Zeiten, in denen das Bezirksligaspiel
der Pfaffenhofener gegen einen nicht
gerade zugkräftigen Gegner wie den
FT Gern (am 16. 05. 1982), von Lokalderbys gar nicht zu reden, über
300 Zahlende ins Städtische Stadion
lockte, gehören der Vergangenheit
an. Beim FSV, der kein Sachvermögen besitzt und von jeher auf Firmenwerbung und Sponsoring angewiesen war, musste man schon immer
äußerst sparsam mit Haushaltsmitteln umgehen, um halbwegs über die
Runden zu kommen. Zudem ist die
Zahl der Mitglieder und damit auch
die der Beitragszahler im Vergleich
zu den aufstrebenden Vereinen der
Ortsteile Pfaffenhofens in den letzten
Jahren stark zurückgegangen. Man
tut sich dort freilich ein wenig leichter, weil die Vereine die Dorfgemeinschaft in sehr hohem Maße mittragen
oder sie überhaupt gewährleisten. In
der Stadt besitzen deren Dienste für
die Gesellschaft eher den Charakter
von Einzelaktionen. Dieses Defizit
war im Übrigen auch einer der Anlässe für die Gründung eines Sportgremiums Pfaffenhofen, um in einer
Großfamilie in einem gemeinsamen
Sportzentrum die Kräfte zu bündeln
und damit in der Öffentlichkeit auch
größeres Ansehen zu gewinnen.
Votum der Mitglieder
nicht eingeholt
Das alles aber ist kein Grund dafür,
dass die Vorstandschaft des FSV das
Vereinsleben in den letzten Jahren in
hohem Maße in den von den Mitgliedern umgebauten Schwerathletikraum des Stadiongebäudes ausgelagert hat. Er ist Geräteraum, Büro,
Archiv und dient zugleich ihr und
den Spielern für geselliges Beisammensein. Manchen Mitgliedern der
älteren Generation, die sich regelmäßig in die Sportgaststätte begeben
und auch bei der Weihnachtsfeier anwesend waren, ist eine Reihe von Aktiven der Seniorenmannschaften erst
durch den Nikolaus namentlich bekannt gemacht worden. Jenen Alten
gebührt offensichtlich über das Watten und Schafkopfen hinaus kaum
eine Teilnahme am Vereinsleben,
sieht man von den Generalversammlungen ab. Und auch da muss man
vorsichtig sein, wenn die Aussage
des 1. Vorsitzenden Peter Wittmann,
wie sie am 6. Dezember um 15.46 Uhr
ins Facebook gestellt wurde, stimmen sollte: „Ab März bin ich eh nur
noch 2. Vorstand, dann hat ein Anderer zu sagen.“ Weil zu dieser Zeit
die Generalversammlung mit Wahlen
stattfindet, ist sicherlich die Frage erlaubt: „Wählt sich vielleicht der FSVVorstand von jetzt an auch selbst?“
Sollte in einem ins Grundbuch eingetragenen Verein mit Gemeinnützigkeit das demokratische Grundgesetz
nicht mehr gelten, dass die Mitgliederversammlung der Souverän ist
und nicht die Vorstandschaft? Bei
derart wichtigen Entscheidungen wie
dem zunächst auf sechs Jahre ausgelegten Pachtvertrag des Vereins mit
dem Eigentümer des Stadions, der
Stadt Pfaffenhofen, der auch die Sanierung des gesamten Stadiongebäudes und des Sport- und Wirtschaftsbereichs, wozu auch der Biergarten
zählt, umfasst und mit erheblichen,
von der Stadt gewährten Geldmitteln
(110 000 Euro) verbunden ist, hätte
die Vorstandschaft des FSV in einer außerordentlichen Versammlung
das Votum der Mitglieder einholen
und wohl auch die Wirtin als Unterpächter in die Gespräche einbeziehen
müssen. Da sie aber davon überzeugt
war, besser als eine Mitgliederversammlung zu wissen, „was das Beste für den Verein ist“ (s. PK Nr. 279,
Freitag, 2. Dezember 2016, S. 21!),
hat sie sich freiwillig in ein „sportliches Abseits“ gestellt und vielleicht
auch „ihre Schuldigkeit getan“.
STADTKULTUR
Freitag, 16. Dezember 2016
Der Pfaffenhofener | Seite 5
Die jungen Protagonisten und ihre Jury
Laurin Weiherer
Laurin Weiherer – Sieger beim rotarischen Lesewettbewerb
Alle Juroren setzen ihn auf den ersten Platz
von Hellmuth Inderwies
Das gab es bisher noch nicht! Beim
8. Vorlesewettbewerb für die 4. Jahrgangsstufe „Lesen ist Zukunft – Wer
kann es am besten?“, der beim „Rotary Club“ Pfaffenhofen im Festsaal
des Rathauses anfang Dezember
über die Bühne ging, setzten alle
fünf Jurymitglieder den neunjährigen Laurin Weiherer auf den ersten
Platz. Er hatte zudem auch in allen
Bewertungskriterien
(Aussprache,
Lesetempo,
Lautstärke/Modulation, Betonung/Interpretation) jeweils
die höchste Punktzahl erhalten. Der
Schüler der Montessori-Schule in
Pfaffenhofen bot beim Vortrag eines
ihm fremden Texts eine derart souveräne Leistung, dass er mit großem
Abstand Sieger wurde. Dabei war
das Niveau, das die zehn von den
Grundschulen des Landkreises ausgewählten Kandidaten/innen an den
Tag legten, durchwegs ein außerordentlich hohes. An sie verteilte der
amtierende Präsident des RC Pfaffenhofen, André Schneeweiß, bei seiner Begrüßungsansprache zu Recht
Vorschusslorbeeren, als er ihnen als
auserwählte Vertreter ihrer Schule
seine Anerkennung aussprach und
sie deshalb alle im Voraus bereits zu
Siegern erklärte. Nicht zuletzt sind
sie ein Indiz dafür, dass junge Menschen dieses Alters immer noch gerne auch das herkömmliche Buch als
Quelle ihrer sprachlichen Erziehung
und ihrer literarischen Fortbildung
in die Hand nehmen. Nicht nur iPhones, Smartphones, Tablets und Computer dienen ihnen außerhalb des
schulischen Unterrichts als Vermitt-
ler von Informationen, Wissen und
Unterhaltung. Sie zählen keinesfalls
zu jenen, die ausschließlich dem
verlockenden Angebot solcher Gerätschaften verfallen sind, sondern
verstehen es, beide Möglichkeiten
in ausgewogener Form zu entdecken
und zu nützen.
Domäne der Mädchen
Und ein Zweites entsprach nicht den
herkömmlichen Erfahrungen: Dass
Lesen in dieser Altersstufe eine Domäne der Mädchen ist, gehörte wie
in der Vergangenheit auch dieses
Mal auf Grund der Anzahl der Teilnehmer zum gewohnten Bild, dass
aber die beiden Vertreter männlichen
Geschlechts, die es wagten, gegen
acht junge Damen anzutreten, die
beiden ersten Plätze eroberten, fiel
in gleichem Maße völlig aus dem
Rahmen. Michael Jochner von der
Grundschule Ilmmünster, die seit
Beginn des Wettbewerbs stets sehr
erfolgreiche Teilnehmer/innen entsandte, eroberte den zweiten Platz,
Dritte wurde Laura Kottisek von
der Gerhardinger-Grundschule in
Pfaffenhofen. Die weitere Rangfolge
blieb aus verständlichen Gründen
ein Geheimnis der Jury. Sie wurde
bei der Siegerehrung nicht mitgeteilt, um nicht die Leistung derer
mit etwas weniger Punkten herabzusetzen und sie in einem falschen
Licht erscheinen zu lassen. Es geht
ja letztendlich darum, die Freude am
Lesen bei ihnen zu erhalten. Dementsprechend wurden auch alle Teilnehmer mit einem Geldpreis für den
Kauf eines Buches und zudem, dem
zeitlichen Anlass entsprechend, mit
Laurin Weiherer und seine Klassenlehrerin
Janett Köhler
einem Nikolaus aus Schokolade belohnt.
Der Vorlesewettbewerb auf Clubebene ist zugleich die Vorrunde des
im ganzen rotarischen Distrikt 1841
seit 2009 durchgeführten Projekts.
An ihm nehmen 200 bis 250 Grundschulen teil, in einem Gebiet, das das
bayerische Schwaben und große Teile
des oberbayerischen Kernlands umfasst und dessen Grenze im Westen
von Nördlingen bis nach Immenstadt
und im Osten von Neustadt a. d. Donau bis Bad Tölz/Schliersee reicht.
Das Interesse und die Freude an einer kulturellen Grundkompetenz
gilt es zu wecken, zu erhalten und zu
fördern. „Lesen lernen“ galt bereits
bei Philipp Melanchthon, dem Philologen, Philosophen, Theologen und
Humanisten, in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts über die Lektüre
der Bibel hinaus als Grundvoraussetzung für die Sprech- und Spracherziehung, für die Schulung des Denkens und die Persönlichkeitsbildung,
für menschliche Kommunikation und
Urteilsfähigkeit, für die Erschließung des kulturellen Erbes der Vergangenheit, für jegliches berufliche
und wissenschaftliche Arbeiten usw.
usw. Statistische Erhebungen weisen darauf hin, dass die Zahl der Jugendlichen, die bis in die Jahre ihrer
Pubertät aus eigenem Antrieb kein
Buch gelesen haben, gegenwärtig
wieder außerordentlich ansteigt. Als
Ursache hierfür gilt u. a., dass Kindern im Vorschulalter kaum mehr
vorgelesen wird, weil im Elternhaus
dafür keine Zeit bleibt. Der spätere
schulische Unterricht kann dieses
Defizit nicht gänzlich ausgleichen.
Hinzu kommt ein überaus breites
Freizeitangebot, das in der Gegenwart durch die mobilen Endgeräte
noch vergrößert wurde. Andererseits
haben die modernen Medien mit dem
Hörbuch einen neuen Weg gefunden,
um literarische Texte auditiv zu rezipieren. Computerspiele erscheinen
dem Heranwachsenden allerdings
reizvoller als diese. Man darf bei
solcher Betrachtung zwar weltweite Vergleichsstudien, wie etwa die
PISA-Erhebung, nicht als absoluten
Maßstab für schulische Leistungen
und geistigen Fortschritt heranziehen, sollte aber doch die Tatsache
sehr ernst nehmen, dass Deutschland
in der Lesekompetenz der 15-jährigen Schüler nicht zur Elite zählt.
Und ein ordentlicher Platz im Vorderfeld der etwa 75 teilnehmenden
Länder reicht auf die Dauer für ein
Land, das fast nur mit der Ressource „Wissen und Bildung“ aufwarten
kann, um seinen gegenwärtigen Lebensstandard nachhaltig zu sichern,
hierfür wohl nicht aus. Singapur,
Kanada, Finnland, Estland und Japan liegen im Rahmen der Lesekompetenz von Fünfzehnjährigen um ein
gutes Stück vor uns, in den Bereichen
Naturwissenschaften und Mathematik rangiert Deutschland sogar noch
einige Plätze weiter hinten.
Fragt man Laurin Weiherer danach,
warum er in seinem Alter fremde
Texte so eindrucksvoll vorzutragen weiß, dann meint er, dass ihm
in seiner frühesten Kindheit schon
viel vorgelesen wurde. An Einzelheiten könne er sich da freilich nicht
mehr so genau erinnern. Aber noch
bevor er eingeschult wurde, habe
Incomingpräsident Jürgen Garus und Organisator Hellmuth Inderwies bei der Siegerehrung
er lesen können. „Nicht so gut!“,
wie er meint, „Mich hat es geärgert,
wenn ältere Kinder Briefe geschrieben haben und ich konnte sie nicht
entziffern. Da habe ich einfach die
Buchstaben gelernt.“ Außerdem sei
auch schon seine ältere Schwester
bei Vorlesewettbewerben – sie nahm
2011 an dem der Rotarier teil – recht
erfolgreich gewesen und habe vordere Plätze belegt. Und die Frage, was
er denn heute für eine Lektüre bevorzuge, ob es vor allem Kinder- und
Jugendbücher seien, beantwortet
er sehr selbstbewusst: „Nein, nein!
Ich lese Romane, Robots, sehr gerne Krimis.“ Dabei ist er keinesfalls
ein Kind, das sich nur in die fiktive
Welt der Literatur zurückzieht und
in dieser lebt und dabei alles Dasein
um sich vergisst. Ganz im Gegenteil!
Die moderne Medientechnik gehört
zu seinem Alltag. Er verfügt über
ein Tablet, geht ins Internet und besitzt eine E-Mail-Adresse usw. Wer
sich mit ihm unterhält, merkt sehr
schnell, wie weltoffen und gewandt
er schon in seinem Alter seiner Mitwelt begegnet.
Ein ansehnliches Publikum
im Festsaal des Rathauses
Laurin Weiherer, der in Mainburg
zu Hause ist und jeden Tag mit dem
Schulbus zum Unterricht in die
Kreisstadt zur Montessori-Schule
fährt, wird als Kandidat des RC
Pfaffenhofen an der Zwischenrunde
in Kempten, die am 18.03.2017 im
Großen Saal im Haus „Hochland“
stattfindet, teilnehmen. Er wird
dabei vom Clubbeauftragten Hellmuth Inderwies und weiteren Clubmitgliedern begleitet und betreut.
Selbstverständlich sind auch Eltern,
Familienangehörige und Freunde/
innen dorthin eingeladen. Auch die
Vorrundenentscheidung hatte ein
durchaus ansehnliches Publikum in
den Festsaal des Rathauses in Pfaffenhofen gelockt, um die Lesung der
Mädchen und Buben mit großem Interesse zu verfolgen. Belegt Laurin
Weiherer in Kempten einen der vorderen Ränge, erreicht er die Endrunde der Besten. Das Finale findet dann
im Rahmen der Distriktkonferenz am
23./24. 06. 2017 im schwäbischen Tagungs- und Bildungszentrum Kloster
Irsee statt, wobei die Siegerehrung
vor dem Plenum rotarischer Governor, Präsidenten und Delegierter
stattfindet. Bisher durfte sich der/
die Kandidat/in des RC Pfaffenhofen
durchwegs zur Elite zählen. Auch
dieses Mal muss er angesichts seiner
Vorrundenleistung die Konkurrenz
nicht fürchten.
STADTKULTUR
Seite 6 | Der Pfaffenhofener
Freitag, 16. Dezember 2016
Kulturtermine
Konzert
„Attacca Brass“ spielt mit zehn
jungen Musikern am 20. 12. ab
19.30 Uhr in der Stadtpfarrkirche ein Weihnachtskonzert.
Markt
Wichtelzeit und Weihnachtszauber, der Pfaffenhofener Christkindlmarkt schließt am 23. 12.
seine Tore.
Kunst
Am 5. 1. ist zwischen 15 und 18
Uhr wieder die Ausleihe aus der
Artothek neben der Spitalkirche
möglich.
Blau
Der Kunstkreis Pfaffenhofen
lädt zur Vernissage von „Blaue
Stunde“ am 5. 1. ab 19.30 Uhr in
die Städtische Galerie.
Jazz
Am 6. 1. spielt das „Alexander
Wienand Trio“ jungen und mitreißenden Jazz ab 21 Uhr in der
Künstlerwerkstatt.
Musik
„Herman Dunkel & the CCR
Tribute Band“ spielen am 13. 1.
unvergessene Songs im intaktMusikinstitut.
BrotZeit & Spiele im Stockerhof
Den Auftakt zu den vierten
Brotzeitspielen im Stockerhof
machen am Freitag, 13. Januar 2017, die „Wellbrüder aus’m
Biermoos“. Christoph und Michael Well (Biermösl Blosn) haben mit ihrem Bruder Karl Well
(Guglhupfa) diese neue Formation gegründet – doch es bleibt
vieles beim Alten: Die drei
Sprosse der Großfamilie Well
nehmen in bewährter BiermöslTradition das politische Geschehen aufs Korn. Unter Zuhilfenahme unzähliger Instrumente
wird geschuhplattelt, gejodelt
und gestanzelt. Sie decken Heimatverbrechen aller Art auf und
blasen denen „da oben“ gehörig
den Marsch, ohne dabei aber die
„da unten“ zu verschonen. Beginn ist um 20 Uhr (Einlass ab
18 Uhr).
Winter
Zum Auftakt der Winterbühne
spielt das Duo Didier Lalyo und
Kathy Adam am 14. 1. um 20
Uhr im Rathaussaal.
Schlagzeug
Zum dritten Rathauskonzert
spielt „Schlag Acht“ mit Michael Leopold am 15. 1. ab 20 Uhr im
Festsaal des Rathauses.
IMPRESSUM
Verlag/Herausgeber/Herstellung:
KASTNER AG – das medienhaus,
Schloßhof 2–6, 85283 Wolnzach,
Telefon 08442/9253-0
V.i.S.d.P.: Kilian Well
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Claudia Erdenreich,
Kilian Well, Hellmuth Inderwies,
Lorenz Trapp
Layout: Monika Lang
Anzeigen: Claudia Scheid
Telefon: 0 84 42 / 92 53-7 04
Erscheinungsweise: monatlich
Den Pfaffenhofener erhalten Sie in der
Buchhandlung Osiander, der Buchhandlung Kilgus, bei Schreibwaren Daubmeier, Schreibwaren Prechter, Tabak
Bergmeister, Tabak Breitner etc.
Nächste Ausgabe voraussichtlich
Freitag, 20. 01. 2017
W
o früher nur ein paar
spärliche
Hütten
für ein Wochenende
aufgebaut wurden
und man vornehmlich Glühwein ausschenkte, hat sich
nun „Wichtelzeit und Weihnachtszauber“ bewährt. Vier Wochen lang
bietet der Hauptplatz sehr viel mehr
als nur einen Christkindlmarkt.
Natürlich haben ganz traditionell
rund 35 Händler und Kunsthandwerker ihre Hütten bezogen. Sie bieten
ein breites Angebot an Geschenken,
Krippenfiguren, Weihnachtsschmuck
und Kerzen. Daneben locken Gastronomen mit Glühwein und Kinderpunsch, Bratwürsten, Maroni und
ofenfrischem Gebäck.
Licht, Kunst u
Vielfalt auf dem Christkind
von Claudia
Rund um den Hauptplatz und in der
Innenstadt sind wieder die Hausfassaden illuminiert. Mit dem Lichtkalender wird jeden Tag ein weiteres
Haus angestrahlt. Ein Kunstprojekt,
das die historischen Fassaden stimmungsvoll leuchten lässt. Sie wirken
fast wie von italienischen Künstlern
der Renaissance erschaffen – dennoch ganz neuzeitlich klimaneutral
erleuchtet. Den Anfang des Lichtkalenders macht das Rathaus, am 19.
wird zuletzt auch das Haus der Begegnung leuchten.
Zusätzlich lädt wieder der Krippenweg zu einem weihnachtlichen
Rundgang durch die Stadt. Neben
den Krippen in der Stadtpfarrkirche und natürlich in der Spitalkirche
können weitere rund 20 Krippen in
den Schaufenstern der Innenstadt
STADTKULTUR
Freitag, 16. Dezember 2016
und Glühwein
dlmarkt lockt Besucher an
a Erdenreich
angesehen werden. Die Bürger haben
dafür ihre privaten, teils viele Jahrzehnte alten Krippen zur Verfügung
gestellt.
Daneben hat wieder der Wichtel sein
Häuschen am Hauptplatz bezogen.
Bei ihm können die Geschenke, die
in den zahlreichen teilnehmenden
Geschäften erworben wurden, abgegeben werden. Ebenso eigene Geschenke, sie werden dann in einem
größeren Umkreis um die Stadt vom
Wichteln und seinem Team persönlich ausgefahren. Gerüchten zufolge
hat das Wichtelteam dabei jedes Jahr
seinen Spaß und lernt die Umgebung
ganz neu kennen!
Der vielfältige Christkindlmarkt
wird ergänzt von einem umfassenden
kulturellen Rahmenprogramm. Neben den beliebten Fackelstadtführungen spielen Turmbläser vom Rathausbalkon. Es gibt Feuerwerk und
Kutschfahrten, Chöre singen, Engel
spielen, die Musikschule tritt auf.
Konzerte und Lesungen runden das
Programm ab.
Damit ist der Pfaffenhofener Christkindlmarkt längst kein Geheimtipp
mehr. Nicht nur aus der Stadt, sondern aus dem ganzen Landkreis und
der Region kommen Besucher, auch
Gäste und Touristen reisen an, das
vielfältige und aufeinander abgestimmte Programm hat sich herumgesprochen.
Wichtelzeit und
Weihnachtszauber
noch bis 23. 12. 2016
Alle Programmpunkte,
Krippenweg, Lichtkalender usw.:
www.wichtelzeitundweihnachtszauber.de
Der Pfaffenhofener | Seite 7
STADTKULTUR
Seite 8 | Der Pfaffenhofener
Freitag, 16. Dezember 2016
Fassade und Ensemble
Umgang mit Denkmälern in der Stadt
von Claudia Erdenreich
Pfaffenhofen hat sich in den letzten Jahren am und um den Hauptplatz graviernd verändert. Häuser
und Straßenzüge wurden renoviert
und aufgewertet und so erst jetzt
attraktiv für Wohnungen und Geschäfte. Auch der Hauptplatz wurde von einer beliebigen Parkzone
und Durchgangsstraße zum Anziehungspunkt.
Damit gerieten auch die Häuser, die
Fassaden und der Umgang für viele
erstmals ins Bewusstsein. Zahlreiche
Bürger nahmen an Stadtführungen
teil, setzten sich mit der langen und
vielfältigen Geschichte auseinander, hörten erstaunt von der großen
Anzahl an Brauereien, die es gab.
Noch erinnern einzelne Brauereigebäude an den früheren Bestand, aber
erst in den letzten Jahren sind drei
große, aber heruntergekommen Brauereibauten direkt am Hauptplatz
verschwunden: Siglbräu, Franzbräu und Bortenschlager. Sie wären
so nicht mehr zu retten gewesen, zu
lange dauerte der Verfall schon, sie
konnten keiner sinnvollen, modernen Nutzung mehr zugeführt werden.
Trotzdem fehlen sie im gewohnten,
historisch gewachsenen Bild, das die
Stadt prägte.
Mit modernen Neubauten konnte
zum einen wieder eine Funktion gefunden werden, die Innenstadt wurde mit neuen Geschäften und Büros
belebt. Gleichzeitig werden die alten
Häuser schmerzlich vermisst. Auf
Postkarten noch aus den 50er Jahren
ist ein fast intakter Hauptplatz zu sehen. Schon immer wurde neu gebaut,
auch das heute als historisch geltende
Rathaus war im 19. Jahrhundert ein
Neubau, für den ältere Substanz weichen musste.
Der gesamte Hauptplatz steht nicht
unter Denkmalschutz, sondern nur
einzelne Gebäude. Für den Rest gilt
Ensembleschutz, der aber Eingriffe
erlaubt. So sind Gebäude, von denen nur noch
historische Fassaden
stehen, kein Denkmal, es steht Bauherren frei, dann
ganz abzureißen.
Ursula Beyer begann
nach der Pensionierung vor einigen Jahren, sich mit historischen
Gebäuden und den Feinheiten des Denkmalschutzgesetzes auseinderzusetzen. Vorher war
sie als Lehrerin am Gymnasium gut
ausgelastet, im Ruhestand übernahm
sie dann den Vorsitz des Heimat- und
Kulturkreises. Sie fragte immer wieder genau nach bei den Verantwortlichen im Landratsamt und bei der
Stadt, trat dem Denkmalnetz bei,
schrieb Briefe. Unlogisch erschien
ihr zum Beispiel, dass zwar ein Dachstuhl oder eine Fassadenfigur ein
Denkmal sein kann, nicht aber eine
ganze Fassade.
„Ein bisschen lästig bin ich manchen
schon geworden“, lacht Ursula Beyer.
Sie bietet auch Denkmaltouren durch
die Stadt an, zeigt, was da ist, was
fehlt und was in Gefahr ist.
Dabei gibt es natürlich auch sehr
postitive Beispiele von Eigentümern,
die eine Fassade bewusst erhalten
wollen, auch wenn sie gar nicht unter
Denkmalschutz steht. Schuh Zirngibl
am Hauptplatz etwa will hier nichts
verändern. Ebenso liegt die frisch
restaurierte Fassade des ehemaligen
Cafés Herb dem Eigentümer am Herzen.
Zu ihrer eigenen Überraschung und
als sie eigentlich schon fast aufgeben
wollte, wurden ihre Fragen plötzlich
„ganz oben“ angehört. Vom Landesamt für Denkmalpflege wurde sie zu
einem persönlichen Gespräch gela-
den, direkt vom Generalkonservator Dr. Pfeil
und vier weiteren Mitarbeitern.
Gleichzeitig wurden
Radio, die Süddeutsche Zeitung und der
Bayerische
Rundfunkt auf sie aufmerksam. Aufregend fand sie
das, aber vor allem sehr
wichtig für die Stadt.
Zum Gespräch im Landesamt
holte sich Ursula Beyer dann doch
Verstärkung und ließ sich von zwei
Mitgliedern des Denkmalnetzes begleiten. „Ich bin nicht vom Fach, bin
keine Historikerin oder Architektin“,
so Beyer.
Sie bereitete sich akribisch vor, mit
Fotodokumentation und Fragenkatalog, die Herren vom Denkmalamt
nahmen sich eine ganze Stunde Zeit.
Das Gespräch verlief freundlich und
konstruktiv, die obersten Denkmalschützer wurden aufmerksam auf
Pfaffenhofen, möchten sich direkt ein
Bild machen vor Ort. Sie gaben auch
Tipps, so wird etwa das neue kommunale Denkmalkonzept mit Bürgerbeteiligung erarbeitet. Sie empfehlen
darüber hinaus eine rechtsverbindliche Gestaltungssatzung.
Zudem wird das Denkmalnetz im
nächsten September zu einem Ortstermin nach Pfaffenhofen kommen.
Nur Freunde wird sich Ursula Beyer
damit nicht schaffen, aber darum
geht es ihr auch gar nicht.
Es soll ein Miteinander werden, überhaupt Gespräche stattfinden und Alternativen berücksichtigt werden bei
weiteren Bauten.
Denn der Hauptplatz und die angrenzenden Straßenzüge werden sich in
den nächsten Jahren weiter umfassend verändern.
Großes Tamtam für kleine Kinder
Afrikanische Trommeln, bayerische Volksmusik und Spenden für ein Waisenhaus in Togo
von Heinz Hollenberger
40 Grad im Schatten – so heiß ist es
momentan in Togo. Und das bei 80
Prozent Luftfeuchtigkeit. Hütten
mit Wellblechdach bieten bei solchen
Temperaturen vielleicht Schatten,
trotzdem staut sich darin die Hitze.
Sieben Mädchen und acht Jungen im
Kinderzentrum „Peters“ sind deshalb
heilfroh, dass sie unter einem neuen
Pavillon lernen oder spielen können, in dem die Luft nicht steht. Mit
aufgebaut hat ihn ihr Betreuer, der
nicht nur als Lehrer, sondern auch als
Schreiner und Hausmeister in diesem
Waisenhaus arbeitet. Gemeinsam mit
einer Erzieherin, die sich ebenfalls
um die 5- bis 12-jährigen Kinder
kümmert.
Vor neun Jahren fing alles an. Brigitte Peters und ihr Mann Amidu
gründeten ihr Hilfsprojekt Tamatogo e. V. in der Heimat von Amidu.
Verheiratet sind die beiden seit 19
Jahren, kennengelernt haben sie sich
beim Tanzen. Die Liebe zur Musik
beflügelt auch ihr Hilfsprojekt. Wer
jemals die gleichnamige Trommelgruppe live erlebt hat, spürt die pure
Lebensfreude, mit der hier Frauen
und Männer aus Bayern und Afrika
zusammen Musik machen. Tamatogo
bedeutet so viel wie „Trommeln für
Togo.“ Die Truppe singt auch christliche Lieder, die rhythmisch begleitet
werden. Und sie wird regelmäßig von
anderen Musikern unterstützt. Auch
beim diesjährigen Benefiz in Geisenfeld war wieder bayerische Volksmusik zu hören, ein Gospelchor und die
„Dance-Kids“. Mehr als 20 Kuchen
hatten Freunde und Unterstützerinnen der sieben aktiven Vereinsmitglieder gebacken, um Spenden zu
sammeln. Zahlreiche Unternehmer in
Geisenfeld unterstützen das Waisenhausprojekt regelmäßig. Schließlich
kennt man die Initiatoren persönlich
und weiß, wie viel Zeit und Herzblut
das bayerisch-togolesische Ehepaar
in sein Lebenswerk steckt.
Waisenkinder haben es auch in Togo
besonders schwer. Staatliche Hilfe
gibt es so gut wie gar nicht. Oft leben die elternlosen Geschöpfe bei
Verwandten, die selbst arm sind.
Dort müssen sie dann hart arbeiten
und haben keinerlei Chance auf Bildung. Denn die kostet Geld, das die
Familien oft nur für eines ihrer eigenen Kinder aufbringen können. Geschätzte 30 000 Minderjährige fallen
Menschenhändlern zum Opfer, die sie
versklaven und verkaufen.
„Seit wir uns in Togo engagieren, haben sich die Preise für Lebensmittel
vervierfacht“, berichtet Brigitte Peters. Gleichzeitig gibt es immer weniger Arbeit. Viele Männer haben früher als Spengler Autos repariert. „Bei
den Straßen da unten musste man
die ohnehin alten Fahrzeuge oft im
Unterbau verstärken, weil es so viele
Schlaglöcher gibt.“ Doch heutzutage
sind die Karosserien vieler Autos gar
nicht mehr aus Blech, sondern aus
Kunststoff. Damit können die Spengler nicht mehr im gewohnten Umfang
arbeiten.
Brigitte Peters lacht, wenn sie erzählt, dass sie für die 17 Kilometer
von der Hauptstadt Lomé zu ihrem
Kinderzentrum 45 Minuten braucht,
quer durch den Dschungel: „Als wir
angefangen haben, mussten wir den
Zement auf dem Kopf hinter auf unser Grundstück tragen, es gab ja keinen befahrbaren Weg. Bei Regen geht
mit dem Auto oft gar nichts mehr,
nicht mal mit Allradantrieb!“ Doch
all die schwierigen Bedingungen
haben das Ehepaar Peters nie abgehalten, nach und nach immer mehr
aufzubauen. Der Brunnen musste 50
Meter tief gegraben werden, weil das
Wasser höherer Schichten salzhaltig
ist. Die Wolken vom Meer verdunsten,
ihr Salz schlägt sich offenbar nieder. Im Kinderhaus baut man Yum,
Mais, Tomaten, Ananas und Erdnüsse selbst an. „Ein Liter Milch kostet
umgerechnet 1 Euro 50.“ Das ist nicht
nur viel mehr als in deutschen Supermärkten, sondern auch viel mehr
Kaufkraft als in Deutschland.
Die Geisenfelder Spendensammler
haben schon wieder ein neues Projekt. Für ihr Waisenhaus planen sie
eine kleine Krankenstation. Dort
können sich dann die kranken Kinder getrennt von den anderen in aller
Ruhe erholen, ohne Ansteckung. Außerdem ermöglicht dieser Raum auch,
dass sie vom Arzt untersucht werden,
ohne dass der ganze Schlafsaal dabei zuschauen muss. Muslimische
und katholische Kinder leben hier
gemeinsam unter einem Dach. 30 Minuten müssen sie jeden Tag zur Schule laufen. Und wieder zurück. Doch
darüber sind sie vermutlich heilfroh.
Nicht nur weil es in der Schule auch
regelmäßige Mahlzeiten gibt.