Ausgabe | 49 16. Dezember 2016 powered by Pharma US-Bundesstaat verklagt Monsanto wegen PCB-Produktion Monsanto ist wegen der früheren Herstellung der giftigen Chemikalie PCB in den USA verklagt worden D er US-Bundesstaat Washingverkusener Chemie- und Pharmaton verlangt Schadensersatz konzern will das US-Unternehmen für Umweltverseuchung und für 66 Milliarden Dollar kaufen. die wirtschaftlichen Folgen. Das Ende November hatte dann Unternehmen aus St. Louis habe Monsanto hat nach eigener Ausjahrzehntelang PCB produziert kunft von einer Sammelklage geund dabei sein Wissen über die gen die geplante Fusion mit Bayer Gefahren des toxischen Stoffes erfahren. Ziel der Klage sei es, dass für Mensch und Umwelt verder Zusammenschluss untersagt werde, gab Monsanto bekannt. Der heimlicht, erklärte GeneralstaatsKonzernführung werde zur Last anwalt Bob Ferguson. Monsanto gelegt, Treuepflichten verletzt zu sei von 1935 an der einzige PCBMonsanto ist der größte Hersteller für Saatgut. Quelle: Flickr/*suika*/CC BY 2.0 haben. Nach Darstellung der Kläger Hersteller in den USA bis zum sei das Unternehmen in der ÜberVerbot der krebserregenden Substanz in den Vereinigten Staaten nahmevereinbarung nicht richtig und als Weichmacher bei Lacken, Dich- bewertet worden. Dem widersprach das 1979 gewesen. Der Saatgut- und Herbizid-Produzent tungsmassen und Kunststoffen einge- Management: Monsanto gehe davon aus, bezeichnete die Klage als grundlos. Denn setzt. Monsanto ist auch der Entwickler dass die Vorwürfe unbegründet seien. die Chemikalie sei damals zugelassen und des Unkrautvernichters Glyphosat, der Die ersten vier Milliarden Euro hatte nützlich gewesen und von Behörden und im Verdacht steht, krebserregend zu sein sich Bayer Mitte November mit einer Unternehmen gerne eingesetzt worden. und auch wegen seiner gentechnisch Pflichtwandelanleihe geholt, die späMindestens acht Städte an der US-West- veränderten Produkte umstritten. testens in drei Jahren in Bayer-Aktien Bayer hatte sich im September nach getauscht werden muss. Die Nachfrage küste gehen mit ähnlichen Klagen gegen Monsanto vor. PCB wurde früher häufig zu monatelangem Ringen mit Monsanto auf sei um ein Vielfaches höher gewesen, Isolierungen bei elektrischen Produkten ein Zusammengehen verständigt. Der Le- erklärte Bayer. „Die mehrfache Überzeich- Analyse Pharmaunternehmen reduzieren eigene Forschung 62,4 Milliarden Euro haben die deutschen Unternehmen im Jahr 2015 in eigene Forschung und Entwicklung (F&E) investiert. Das sind 9,5 Prozent mehr als im Vorjahr, heißt es in der aktuellen FuE-Erhebung des Stifterverbandes. Das Drei-Prozent-Ziel der Bundesregierung ist damit erreicht. Getrieben wurde das Wachstum vor allem durch die Automobilindustrie und ihre Dienstleister. 21,7 Milliarden Euro hat die KfZ-Branche in eigene Forschung und Entwicklung investiert, das sind zehn Prozent mehr als 2014. Zusätzlich vergaben diese Unternehmen für 10,2 Milliarden Euro Forschungsaufträge an externe Dienstleister wie Forschungseinrichtungen oder andere Unternehmen – neun Prozent mehr als im Vorjahr. Deutliche Steigerungen bei den Forschungsausgaben gab es bei den Chemieunternehmen (+6 Prozent). In der Pharmabranche hingegen steht einer Stagnation bei der eigenen Forschung (-0,9 Prozent) ein deutliches Plus bei der Auftragsforschung gegenüber (+25 Prozent). Insgesamt ist das Ziel der Bundesregierung, jährlich drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Forschung und Entwicklung einzusetzen, 2015 erstmals erreicht worden. 2014 lag der Wert bei 2,88 Prozent. Zuvor war der F&E-Anteil 2013 rechnerisch auf 2,82 Prozent gesunken, weil im Zuge einer Umstellung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung in der EU das BIP gestiegen war. Dieser Knick ist jetzt dank der Rekordausgaben für Forschung und Entwicklung mehr als ausgeglichen. „Noch nie wurde in Deutschland so viel in Forschung und Entwicklung investiert wie 2015. Das ist ein großer gemeinsamer Erfolg von Staat und Wirtschaft. Besonders erfreulich: Nach Jahren der Stagnation investieren kleine und mittlere Unternehmen wieder stärker in eigene Forschung“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. „Forschung und Entwicklung sind ein wichtiger Faktor für den Arbeitsmarkt geworden: Seit 2005 wurden hier mehr als 110.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Wirtschaft geschaffen. Forschung ist die Basis für Deutschlands starke Position als Technologiestandort.“ 1 powered by Ausgabe | 49/16 nung zeigt die Attraktivität der Anleihe für Investoren“, sagte Finanzvorstand Johannes Dietsch. Bayer will für die größte Bar-Übernahme der Geschichte insgesamt 19 Milliarden Dollar (17,8 Milliarden Euro) Eigenkapital aufnehmen. Die Leverkusener zahlen für den US-Saatguthersteller Monsanto insgesamt 66 Milliarden Dollar. Als nächstes wird in Finanzkreisen eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht erwartet, aller Voraussicht nach aber erst im neuen Jahr. Den Rest will der Konzern mit Hybridanleihen finanzieren. Dabei fehlt für die Monsanto-Übernahme noch die Zustimmung der Kartellbehörden. Die Aktionäre des US-Konzerns sollen am 13. Dezember darüber abstimmen. Bayer zahlt 5,625 Prozent Zinsen pro Jahr auf die Anleihe, das liegt im Rahmen dessen, was andere zuletzt für vergleichbare Papiere gezahlt haben. Der Zins liegt am oberen Ende der Spanne, in der Bayer 16. Dezember 2016 die Anleihe angeboten hatte. Im Vergleich zu einer Kapitalerhöhung erspart sich Bayer damit 320 Millionen Euro. Der Wandlungspreis von 90 bis 108 Euro liegt bis zu 20 Prozent über dem Aktienkurs, der kürzlich um fünf Prozent auf 90,09 Euro fiel. Mit dem Verwässerungseffekt durch die Pflichtwandelanleihe lasse sich der Kurssturz nicht erklären, sagte ein beteiligter Banker. Es handele sich eher um Gewinnmitnahmen. Wirtschaft Johnson&Johnson sagt Übernahme von Actelion ab Bei der Übernahme des Biotech-Unternehmens Actelion wird hart verhandelt. J&J war dies offenbar zu viel E in Kauf-Interessent geht, ein neuer kommt: Der US-Konzern Johnson & Johnson (J&J) gibt seine Pläne auf, das Biotech-Unternehmen Actelion zu übernehmen. Stattdessen ist der Schweizer Konzern nun in Gesprächen mit einem anderen Interessenten über „eine mögliche strategische Transaktion“, wie Actelion in der Nacht auf Mittwoch mitteilte. Namen nannte die Firma nicht. Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um den französischen Pharmakonzern Sanofi. Er wurde bereits zuvor als möglicher Käufer für das Biotech-Unternehmen genannt. An der Börse belastete das Ende der Verhandlungen mit J&J die Actelion-Aktien: Sie rutschten um rund sieben Prozent auf 194 Franken ab. Mit J&J hatten die Schweizer Insidern zufolge über eine Übernahme im Volumen von rund 27 Milliarden Dollar verhandelt. Das „Wall Street Journal“ und die „Financial Times“ berichteten nun, Sanofi könnte bis zu 30 Milliarden Dollar für das BiotechUnternehmen auf den Tisch legen. Ein Sanofi-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern. Einem Insider zufolge zeigte sich Actelion gegenüber J&J zuversichtlich, eine Offerte zu bekommen, die deutlich über dem J&J-Angebot von rund 250 Franken pro Aktie liege. Er begründete das Scheitern der Gespräche auch damit, dass es unterschiedliche Auffassungen über die Struktur des Deals gegeben habe. Geld allein scheint bei einer Übernahme nicht entscheidend zu sein: Als ein Schlüsselfaktor gilt die Haltung von Das Angebot von J&J lag bei 27 Milliarden Dollar. Quelle: Flickr/Sergei Golyshev/CC BY 2.0 Actelion-Chef Jean-Paul Clozel. Der 61-jährige Kardiologe, einer der Firmengründer und größten Aktionäre, war in der Vergangenheit ein entschiedener Verfechter eines eigenständigen Kurses. Der Ausstieg von J&J zeigt, dass Clozel mit harten Bandagen kämpft. Denn bereits eine Offerte von 27 Milliarden Dollar würde einem Aufschlag von rund 60 Prozent im Vergleich zum Firmenwert vor dem Aufkommen der Übernahmespekulationen entsprechen. Entsprechend kritisch äußerten sich Börsianer zum Ende der Gespräche. „Es kann nicht sein, dass die Firma ein Angebot zurückweist, das eine so hohe Prämie beinhaltet“, sagte ein Händler. „Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Aktionäre inzwischen etwas stinkig geworden sind“, sagte ein anderer Börsianer. Die 1997 gegründete Actelion mit Sitz in Allschwil nahe Basel gilt seit längerem als Übernahmekandidat. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Medikamente zur Behandlung von lebensbedrohlichem Bluthochdruck im Lungenkreislauf (PAH). Im Vorjahr stand bei zwei Milliarden Franken Umsatz unter dem Strich ein Gewinn von 552 Millionen Franken. Das weckt Begehrlichkeiten, doch bislang konnte Actelion sämtliche Übernahmeversuche wie etwa den des Finanzinvestors Elliott abwehren. Auch dem US-Rivalen Amgen und dem Pharmakonzernen Shire aus Großbritannien wurde bereits Interesse nachgesagt. 2 powered by Ausgabe | 49/16 Für Sanofi stünde mit einem Einstieg in das Rennen um Actelion viel auf dem Spiel: Der französische Konzern zog bereits im Rennen um den US-Krebsspezialisten Medivation den Kürzeren. Hier war letzt- lich Pfizer mit einem 14 Milliarden Dollar schweren Angebot erfolgreich. Nach Einschätzung von Analysten kann sich Sanofi-Chef Olivier Brandicourt eine weitere Niederlage in einem hochkarätigen 16. Dezember 2016 Bieterrennen nicht leisten. Er hatte Zukäufe bereits in Aussicht gestellt und Ende Oktober gesagt: „Wir werden in der Lage sein, schnell zu handeln, wenn sich attraktive Gelegenheiten bieten.“ Medikamente Ärzte in Deutschland und Frankreich haben die größte Auswahl Ärzte informieren sich verstärkt bei Gesundheitsämtern und im Internet. Die Bedeutung von Vertretern nimmt ab N iedergelassene Ärzte in Frankreich und Deutschland sehen deutlich mehr Handlungsspielraum bei der Verschreibung von Arzneimitteln als ihre Kollegen in Italien und Großbritannien. Während französische (80 Prozent) und deutsche Mediziner (62 Prozent) ihre Entscheidungen hinsichtlich der Medikamentenverschreibung weitestgehend selbstbestimmt treffen, sind Ärzte in Italien (38 Prozent) und Großbritannien (25 Prozent) deutlich eingeschränkter. Dies hängt vor allem mit der Regulierung der 2016“ der internationalen Managementberatung Bain & Company ergeben, für die in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien neben Klinikärzten und Krankenhausmanagern auch niedergelassene Ärzte befragt wurden. Bei der Auswahl verschreibungspflichtiger Medikamente ist für die Ärzte in allen vier EU-Ländern eine ausreichende Datenbasis durch vergleichende und evidenzbasierte Studien das wichtigste Kriterium. Beim Preis allerdings enden die Gemeinsamkeiten. Während britische (61 Günstige Arzneien bevorzugen vor allem deutsche und britische Mediziner. Quelle: Flickr/Allison Turrell /Cc by nc nd 2.0 einzelnen Gesundheitsmärkte zusammen. Je stärker ein Markt reguliert und systematisiert ist – so wie in Großbritannien und Italien –, desto spürbarer greifen die Krankenversicherer in die Entscheidungshoheit der Ärzte ein. Dies hat die aktuelle Studie „Front Line of Healthcare Report Prozent) und deutsche Ärzte (57 Prozent) es für wichtig halten, ihren Patienten ein möglichst preisgünstiges Medikament zu verschreiben, hat der Preis in Italien (42 Prozent), vor allem aber in Frankreich (19 Prozent) weit weniger Gewicht. Die Reputation eines Medikamentenherstellers spielt für die Ärzte insgesamt eine untergeordnete Rolle. Als Manko empfinden Ärzte in Frankreich, Großbritannien und Italien insbesondere die Bereitstellung wissenschaftlicher Informationen. Auch die Weiterbildung durch die Hersteller ist ihrer Ansicht nach nicht ausreichend. In Deutschland sehen Mediziner andere Defizite. Ihnen fehlt es vor allem an Transparenz und ethischem Verhalten beispielsweise in Bezug auf die Bereitstellung vergleichbarer Wirksamkeitsdaten aus klinischen Studien und Real World Evidence sowie bei der Preisfestsetzung der Medikamente und Therapien. In puncto Beschaffung von Informationen sind medizinische Fortbildungen und Konferenzen für die meisten Ärzte (72 Prozent) in den vier untersuchten Ländern noch immer die mit Abstand wichtigste Quelle. Danach folgen Fachzeitschriften, die für die Hälfte der Befragten von Bedeutung sind. Immer häufiger nutzen Mediziner aber auch Datenbanken der Gesundheitsämter. Jeder Dritte recherchiert dort Informationen – ein Plus von 6 Prozent gegenüber 2013, der letzten entsprechenden Erhebung von Bain. Das traditionell sehr enge Verhältnis zu Pharmavertretern nimmt hingegen zugunsten anderweitiger Informationsbeschaffung ab. Gaben vor drei Jahren noch 53 Prozent der Ärzte in Europa an, dass Pharmavertreter zu ihren drei wichtigsten Informationsquellen zählen, sind es in der aktuellen Studie nur noch 43 Prozent. In Deutschland ist dieser Abwärtstrend besonders stark. Während 2013 noch 52 Prozent die Pharmavertreter als eine der drei wichtigsten Informationsquellen nannten, sind es 2016 nur noch 35 Prozent. Und auch in Frankreich ist der Stellenwert der Pharmavertreter im Vergleich zu 2013 gesunken – um zehn Prozentpunkte auf 49 Prozent. Dennoch werden Pharmahersteller, die 3 powered by Ausgabe | 49/16 mit ihren Wirkstoffen in einem bestimmten medizinischen Bereich in einem Land führend sind, von Ärzten auch als besonders innovativ angesehen. „Pharmahersteller sollten also ihre führende Marktposition in therapeutischen Gebieten weiter ausbauen“, rät Michael Kunst, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Healthcare im EMEARaum. Und er fügt hinzu: „Wollen sie auch künftig direkter Ansprechpartner für die Ärzte sein, müssen sie ihnen auf verschiedenen Kanälen verifizier- und vergleichba- 16. Dezember 2016 re wissenschaftliche Informationen über Arzeimittel und Therapien zur Verfügung stellen. Nur so können pharmazeutische Unternehmen den steigenden Informationsbedarf decken und die wissenschaftliche Liaison aufrechterhalten.“ Studie Ärzte: Bürokratie senkt Behandlungszeit für Patienten Klinikärzte fordern Entlastung bei bürokratischen Tätigkeiten, um sich auf ihre eigentliche Arbeit zu konzentrieren E in typischer Arzt in einem durchschnittlichen deutschen Krankenhaus geht motiviert zur Arbeit, weil er gern mit Menschen arbeitet und sich freut, seinen Patienten tagtäglich bestmöglich helfen zu können. Das ist nicht immer einfach, denn er verzweifelt an der Büroarbeit. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsinstituts DocCheck, für die in Asklepios-Kliniken bundesweit 100 niedergelassene Ärzte aller Fachrichtungen und 100 in einer Klinik angestellte Ärzte aller Fachrichtungen der Humanmedizin (ohne Zahnmedizin) im August und September 2016 online befragt wurden. Acht von zehn Krankenhausärzten geben an, dass sie der Spaß an der Tätigkeit mit Menschen und die Hilfe für ihre Patienten motiviert, jeden Tag für sie da zu sein. Aber genau so viele Mediziner wünschen sich nichts mehr, als von bürokratischen Aufgaben entlastet zu werden. DocCheck hat in der Umfrage im Auftrag der Asklepios Kliniken untersucht, welche Herausforderungen Ärzte in ihrem Arbeitsalltag besonders belasten und wie ihrer Einschätzung nach das Gesundheitssystem in Deutschland besser funktionieren könnte. Die Belastung durch überbordende Bürokratie beeinträchtigt Krankenhausärzte nicht nur in ihrer eigenen Klinik, sondern belastet das gesamte Gesundheitssystem. 77 Prozent von ihnen würden sich „auf jeden Fall“ weniger Bürokratie und Dokumentation wünschen. Das einzige, was den Klinik-Medizinern für das deutsche Gesundheitssystem im Ganzen noch wichtiger wäre, ist mit 80 Prozent eine bessere Entlohnung von medizinischem und Pflegepersonal. „Nach der Alltagserfahrung der Mediziner ist das Grundübel im deutschen Gesundheitssystem die Fehlbelastung der Ärzte durch eine Vielzahl medizinfremder Tätigkeiten, hervorgerufen vor allem durch den vorgeschriebenen Dokumentationsaufwand“ so Christoph U. Herborn, Medizinischer Direktor bei Asklepios. „Sie sehen darin eine massive Belastung, da ihnen diese Zeit für die Patienten fehlt.“ Die niedergelassenen Ärzte sehen die Problemlage ähnlich wie ihre Kollegen in den Kliniken, sogar noch etwas stärker: 84 Prozent der Praxisärzte sind überzeugt, dass das Gesundheitssystem an der Bürokratie krankt. Dass mehr Geld für medizinisches Personal und für Pflegekräfte gut wäre, meinen 83 Prozent der niedergelassenen Ärzte. An dritter Stelle der Wünsche der Praxisärzte für eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung steht eine Reduzierung des Drucks durch die Kostenträger, also vor allem der Krankenkassen, den zwei Drittel „auf jeden Fall“ für notwendig halten. Bei der Wahl des Arbeitsplatzes stehen für die Klinikärzte mit 97 Prozent die Arbeitsbedingungen im Vordergrund, wie zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben. 91 Prozent erwarten von einem Krankenhaus als Arbeitgeber gute Möglichkeiten zur fachlichen Weiterbildung. Nachrangig ist für die Mediziner, wie der Träger oder ärztliche Institutionen und Standesvertreter die Klinik einschätzen, sowie die Möglichkeit, klinisch zu forschen. Solche Aspekte spielen nicht einmal für jeden vierten Arzt bei der Wahl eines Krankenhauses als Arbeitgeber eine entscheidende Rolle. Obwohl sie den Träger bei der Wahl des Arbeitsplatzes für sich selbst als nachranging einstufen, empfinden Klinikärzte aus privat betriebenen Krankenhäusern ihr Arbeitsumfeld verglichen mit den Kollegen in öffentlicher Trägerschaft doppelt so häufig als attraktiv für Nachwuchsärzte: 36 Prozent der befragten Ärzte aus Kliniken mit privater Trägerschaft meinen, junge Mediziner finden als Angestellte in Krankenhäusern das attraktivste Arbeitsumfeld. Unter den befragten Ärzten aus Kliniken in öffentlicher Hand sehen dies lediglich 18 Prozent so. Unter Ärzten aus konfessionellen Krankenhäusern liegt diese Quote bei 32 Prozent. Viele Ärzte klagen über immer weniger Zeit für den Patienten bei wachsenden Anforderungen in der Dokumentation ihrer Arbeit. Quelle: Flickr/ILO in Asia and the Pacific/CC BY NC ND 2.0 4 powered by Ausgabe | 49/16 16. Dezember 2016 Pharma-Branche Chemisch-pharmazeutischen Industrie wächst nur leicht 2016 war ein durchwachsenes Jahr für die chemisch-pharmazeutische Industrie Die Chemieunternehmen investierten 7,1 Milliarden Euro. T rotz eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeldes konnte Deutschlands drittgrößte Branche Investitionen, Kapazitätsauslastung und Beschäftigung stabil halten. Die Produktion wuchs aber weniger als erwartet. Gleichzeitig ging der Umsatz wegen der erneut sinkenden Herstellerpreise zurück. Insgesamt stieg die Chemie-Produktion um 0,5 Prozent. Ohne Pharmazeutika stagnierte die Produktionsmenge. „Diese Bilanz mag in Anbetracht der politischen Turbulenzen in Europa und der Verunsicherung vieler Marktteilnehmer nicht überraschen – für uns ist sie gleichwohl unbefriedigend“, stellte Kurt Bock, Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), fest. Prognose: Auch für 2017 sieht der VCI keine stärkere Dynamik für die ChemieProduktion: Der Verband geht von einer Steigerung um 0,5 Prozent aus. Der Gesamtumsatz sollte bei leicht ansteigendem Preisniveau wieder um 1 Prozent auf 185 Milliarden Euro zulegen können. Einen Wachstumsbeitrag erwartet der VCI lediglich vom Auslandsgeschäft. Zu den Aussichten der Branche sagte Bock: „Zum Jahresende hin ist der Umsatz zwar wieder gestiegen, aber eine Trendwende können wir darin noch nicht erkennen. Quelle: Flickr/Hans Splinter/CC BY-ND 2.0 Das Chemiegeschäft dürfte 2017 ohne nennenswerte Dynamik bleiben, zumal die politischen Unsicherheiten und konjunkturellen Risiken auf den Auslandsmärkten rund um den Globus zugenommen haben. Die Verunsicherung wegen der anhaltenden Wachstumsschwäche der Schwellenländer trägt dazu ebenso bei wie die Sorge um die Stabilität Europas.“ Bei rückläufigen Preisen von -2 Prozent verringerte sich der Gesamtumsatz der chemisch-pharmazeutischen Industrie um 3 Prozent auf 183 Milliarden Euro. Im Inland orderten die Kunden aus anderen Industriezweigen deutlich weniger Chemikalien. Dadurch sank der Umsatz um 4 Prozent auf 71,5 Milliarden Euro. Nur wenig besser verlief das Auslandsgeschäft: Der Auslandsumsatz sank im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 111,5 Milliarden Euro. Nach vier Jahren steigender Investitionen stagnierten die Ausgaben 2016 im Inland. Die Chemieunternehmen investierten mit 7,1 Milliarden Euro nahezu gleich viel (-0,3 Prozent) wie im Jahr davor. Die Investitionen der Branche im Ausland waren rückläufig: Die Unternehmen investierten knapp 8,4 Milliarden Euro an ausländischen Standorten in Sachanlagen – fast 3 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Forschungsbudgets der Branche wurden 2016 erneut aufgestockt. Insgesamt gaben die Unternehmen rund 10,7 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus – 2 Prozent mehr als im Vorjahr. Kurz- und mittelfristige Schwankungen der Konjunktur sind in einem marktwirtschaftlichen System normal. Die Welt der chemischen Industrie befindet sich aber darüber hinaus grundsätzlich in einem Umbruch: Verschiebung der Wachstumszentren nach Südostasien sowie Forcierung der Innovationsprozesse in Schwellen- und Industrieländern verschärfen den internationalen Wettbewerb für die Unternehmen, die am Standort Deutschland produzieren. Zudem muss sich die Branche durch Globalisierung und Digitalisierung der Wertschöpfungsketten darauf einstellen, ihre Produktionsweisen und Geschäftsmodelle zu verändern. „Ich bin überzeugt, dass wir erneut vor einer Weichenstellung unserer Branche stehen. Chemie 4.0 drückt dies aus und ist mehr als nur die weitere Digitalisierung der chemischen Industrie“, betonte VCIPräsident Bock. Chemie 4.0 stehe für die Strategie, durch Innovationen auf allen Ebenen nachhaltiges Wachstum für die Branche zu erzeugen. „Mit Chemie 4.0 arbeiten wir daran, dass wir unsere globale Top-Position weiterhin behaupten – und so unseren Beitrag zum Standort Deutschland auch in Zukunft leisten werden.“ Die intensive Nutzung von digitalen Daten und die zunehmende horizontale Vernetzung von Wertschöpfungsketten verändern das Zusammenspiel der Unternehmen über Branchen hinweg. Die Chemie ist Teil dieser Entwicklung: Vorausschauende Steuerung der Anlagen durch „Predictive Maintenance“, punktgenauer Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln in der Landwirtschaft durch „Digital Farming“ oder bessere Steuerung der Logistik sind nur einige Beispiele für Anwendungsfelder, bei denen digitalisierte Informationen zur Steigerung der Kosten- und Ressourceneffizienz bereits genutzt werden. Auch Forschung und Entwicklung profi- 5 powered by Ausgabe | 49/16 tieren stark von den Auswertungsmöglichkeiten großer Datenmengen. Mit Chemie 4.0, so der VCI, will die Branche zudem ihre Funktion in den Wertschöpfungsketten weiterentwickeln. Das Ziel: Nicht nur Lieferant von Vorleistungen zu sein, sondern sich als Anbieter von ganzheitlichen Lösungen für die Kunden zu etablieren. 3D-Druck ist hier ein Beispiel für ein neues Geschäftsmodell. „Unter Chemie 4.0 verstehen wir mehr, als nur die Chancen zu nutzen, die sich durch die Digitalisierung eröffnen. Nachhaltigkeit wird zum umfassenden Leitbild und Zukunftskonzept für das Handeln der Branche. Das unterstreicht unsere Nachhaltigkeitsinitiative“, betonte Bock. Dazu 16. Dezember 2016 gehöre, dass die Chemie eine wichtige Funktion in einer Kreislaufwirtschaft durch die Wiederverwertung kohlenstoffhaltiger Abfälle übernehmen könne. Aber auch die mittelfristige Perspektive, Wasserstoff aus erneuerbaren Energien in Kombination mit CO2 für die Produktion von Grundchemikalien einzusetzen. Wirtschaft In der Stadt sind Apotheken lukrativer Auf dem Land haben Apotheken weniger Kunden. Daher ist der Standort rein geschäftlich auch weniger attraktiv I n Deutschland sind Apotheken meist dort, wo Ärzte sind. Die Kombination aus Festvergütung für Arzneiabgabe und Beratung sowie Niederlassungsfreiheit für Apotheken trägt dazu bei: Verschreibende Ärzte erhöhen den Gewinn. Zur flächendeckenden Versorgung – auch auf dem Land – trägt das aber nicht zwingend bei. Will man die Ansiedlung von Apotheken in dünnbesiedelten Regionen fördern, liegt der Schlüssel in der Ansiedlung von Ärzten und einer besseren Honorierung von Nacht- und Notdienst. Auch Versandapotheken sind jetzt schon ein unverzichtbarer Baustein in der Versorgung auf dem Lande. Deutsche Apotheker erhalten eine Festvergütung pro Arzneipackung und wenige Prozente vom Arzneimittelpreis als Vergütung. Nacht- und Notdienste werden extra bezahlt. Das bedeutet, je mehr Kunden, desto mehr Umsatz. Durch die Niederlassungsfreiheit für die Apotheken ziehen sie in die begehrten Lagen nahe bei Ärztehäusern. Am Preis der verschreibungspflichtigen Medikamente selbst dürfen die Apotheker derzeit nichts ändern. Somit können Apotheken Effizienzvorteile nicht an Verbraucher und Krankenkassen weitergeben. In der aktuellen Diskussion um Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente, die derzeit nur ausländische Versandapotheken gewähren dürfen, wird oft wie folgt argumentiert: Sollte die Festpreisregelung für Medikamente in Deutschland aufgehoben werden, ist die Versorgung gefährdet. Bereits dem Europäischen Gerichtshof (EUGH) fehl- Versorgungsdichte der Apotheken in Deutschland ten für diese Behauptung die Beweise. Das Argument baut eher auf Emotionen und ist so alt wie alle den Apothekenmarkt betreffenden Reformen. Wir haben heute etwa so viele Apotheken wie 1990. Wer einen Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Medikamenten – am besten mit Höchstpreisen – zulässt, entkoppelt die Abhängigkeit der Apotheke Quelle: BVDVA von der in der Nähe liegenden Arztpraxis, weniger wettbewerbsintensive Lagen auf dem Lande würden attraktiver werden und man würde somit auch die gute Beratung in die Fläche bringen. Denn die Beratung wird in Deutschland, entgegen der Praxis in manch anderem EU-Land, nicht gesondert honoriert. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de 6
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