Haushaltsrede Grüne

Haushaltsrede 15.12.2016, Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Laib
Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
„Der Langsamste, der sein Ziel nicht aus den Augen verliert, geht noch
immer geschwinder, als jener, der ohne Ziel umherirrt.“ (Gotthold
Ephraim Lessing)
Dieses Zitat von Gotthold Ephraim Lessing kam mir in der Vorbereitung
auf diese Haushaltsberatung wieder in den Sinn. Geben wir Geld aus um
von uns gesteckte Ziele zu erreichen? Oder finanzieren wir Dinge ohne
so richtig zu wissen warum? Ganz so nach dem Motto von Mark Twain:
„Nachdem wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten,
verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“ (Mark Twain)?
Es tut sich zurzeit einiges in Albstadt was Konzepte angeht. In der
letzten Sitzung des Gemeinderats stand das Wohnbauflächenprogramm
„Wohnen in Albstadt“ auf der Tagesordnung.
Wir haben begonnen ein Stadtentwicklungskonzept in Albstadt zu
erarbeiten um dann hoffentlich Ziele zu kennen und dann auch ein
Konzept zu haben.
Konzepte in Albstadt – wie sieht es dann damit aus?
Wir haben seit Jahren einen vorbildlichen Kindergartenentwicklungsplan
und sind auch in der Thematik Schulentwicklung gut aufgestellt.
Regelmäßig wird der Bedarf erhoben und unser Angebot qualitativ und
quantitativ entsprechend gut angepasst. Wir haben hier seit Jahren
vorbildliche Konzeptionen.
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Habens Sie es bemerkt? Ich habe von Konzeption gesprochen.
Manchmal ist es gut sich selbst klarzumachen, was man denn eigentlich
sagt und wie schnelle zwei Begriffe synonym benutzt werden, obwohl sie
etwas Anderes meinen.
Unter einer Konzeption verseht man einen fließenden Prozess. Sie ist
die alles prägende Leitidee eines Plans.
Perfekt – wir wollen im Bereich der Kitas und den Schulen
bedarfsgerechte Angebote machen. Das ist fließend, sich immer
wieder verändern und das spiegelt sich in diesen beiden
Entwicklungsplänen wieder.
Wir haben ein Sportstättenkonzept in der Schublade, das sich
zuallererst am Bedarf unserer Schulen orientiert, aber auch die
demografische Entwicklung und unserer Sportvereine im Blick hat. Um
das umzusetzen brauchen wir aber ein Hallenkonzept, nicht zuletzt, da
wir eine Vielzahl an kombinierten Sport- und Festhallen haben.
Nach so mancher Diskussion in den letzten Monaten und Jahren ging
mir hier der Gedanke durch den Kopf, ob wir denn das gleiche meinen,
wenn wir von einem Konzept reden.
Zwei der drei möglichen Bedeutungen von Konzept kommen in unserem
Zusammenhang in Frage:
Ein Konzept kann ein skizzenhafter, stichwortartiger Entwurf sein, die
Rohfassung eines Textes, einer Rede o. Ä.
Ein Konzept kann aber auch ein klar umrissener Plan, ein Programm für
ein Vorhaben sein. Also etwas sehr Konkretes. Wenn wir von einem
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Konzept reden, dann meinen wir das zweite. Einen eindeutigen Plan, ein
klares Programm, dass gezielt abgearbeitet wird.
Für die Sanierung unserer Kläranlage haben wir so ein Konzept, mit
allem was dazu gehört. Eine Auflistung der notwendigen Maßnahmen,
einen zeitlichen Ablauf, eine Auflistung der Kosten.
Wir brauchen ein Hallenkonzept und ich bin gespannt auf die
Diskussionen im nächsten Jahr
Seit Jahren fragen wir nach einem Parkkonzept in und für Ebingen. So
langsam werden erstmals Überlegungen der Verwaltung dazu deutlich.
Aber nun bauen wir erst einmal ein Parkdeck – oder ist es mit 3 Ebenen
nicht ein Parkhaus? Eine nicht wirklich wichtige Diskussion, aber ein
Vorhaben und Vorgehen, dass wir in dieser Form kritisieren. Es wird eine
bauliche Maßnahme umgesetzt, die Teil eines Konzeptes sein soll. Aber
dieses Konzept gibt es nicht. Es ist bisher nur ein Entwurf in einer
Schublade der Verwaltung. Der zweite Schritt wird vor dem ersten
gemacht und wir als Gemeinderat sollten das nicht mitmachen. Erst das
Konzept, dann die Maßnahmen.
Ein Konzept brauchen wir auch für unsere städtischen Gebäude
insgesamt, sowie für unsere Straßen.
Wobei es mir für den Bereich der Straßen schon reichen würde, eine
Konzeption zu haben, die aussagt, in welchem Zeitraum wir unseren
Investitionsstau abbauen möchten. Dazu dann die notwendigen
jährlichen Ausgaben, damit die finanziellen Konsequenzen deutlich
werden. Denn wir werden wohl kaum eine Straße zurückbauen…
Aktuelle, erst in der letzten Sitzung, haben wir uns mit dem
Wohnbauflächenprogramm „Wohnen in Albstadt“ beschäftigt.
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Eine echte Chance für die Entwicklung unserer Stadt. Und es ist höchst
interessant, wie Bürgermeister Hollauer für diese Konzeption mit ihren
Leitlinien wirbt.
Es sind alle die Argumente, die wir seit Jahren ins Feld führen um in
Albstadt eine echte Innen- vor Außenentwicklung umzusetzen. Nur leider
haben die Diskussion und die Änderungsanträge gezeigt, dass zwar jede
Fraktion in den letzten Jahren von einer Innen- vor Außenentwicklung
spricht, es aber in Wirklichkeit die meisten nicht so meinen.
Wir möchten die Verwaltung ermutigen, insbesondere im Blick auf die
Stelle des Innenentwicklungsmanagers, ein offenes und sinnvolles
Stellenprofil zu erstellen und dies dann im nächsten Jahr dem
Gemeinderat vorzustellen. Wir halten diese Stelle für absolut wichtig und
halten es für notwendig die Stelle, sowie eine mögliche Besetzung,
fundiert zu diskutieren und dann die beste Lösung für Albstadt zu finden.
Jetzt erst hat die Erstellung eines Stadtentwicklungskonzeptes
begonnen. Wir begrüßen das ausdrücklich und sind auf die Ergebnisse
gespannt.
Wir kommen mit unseren großen Themen nur wirklich weiter, wenn wir
Konzepte haben und diese dann umsetzen.
Wir haben in Albstadt einige große Projekte laufen oder anstehen.
Die Sanierung in Tailfingen läuft und der erste Abschnitt ist sehr
gelungen. Das darf uns zuversichtlich stimmen, dass uns diese
Maßnahmen helfen in Tailfingen positive Veränderungen einzuleiten.
Das ist gut investiertes Geld.
Im nächsten Jahr wird die Kita Heusteigstraße saniert. Ein Gebäude, das
wie so viele, in die Jahre gekommen ist. Wir brauchen diese Kita aber
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und wir freuen uns, dass diese Sanierung und der damit verbundene
Ausbau kommen.
Weitere Maßnahmen im Bereich der Kitas stehen an. So haben wir in
Onstmettingen und in Laufen großen Handlungsbedarf. Auch bei
unseren Schulen stehen mehrere Millionen an und wir müssen sehen,
wie wir diese Maßnahmen in den nächsten Jahren bewältigt bekommen.
Ein Parkdeck für ursprünglich 1,3 Mio. in Ebingen wird zum Parkhaus –
ich habe es bereits gesagt, für uns ein Unding, dass eine Maßnahme,
nun mit 3 Mio. €, umgesetzt wird, bevor es ein Konzept gibt. Die
Förderung bleibt aber unverändert bei den ursprünglichen 600.000,- €.
Konzepte und Projekte in Albstadt, ich möchte zu einem dritten
Themenbereich kommen: Kommunikation.
Uns scheint es so, dass wir im Bereich Kommunikation inzwischen
erhebliche Defizite haben. Bei all den Dingen die anstehen. Der
Erstellung von Konzepten. Bei der Umsetzung großer Maßnahmen. Ist
eine saubere Kommunikation aller Beteiligter das A und O.
Hier gibt es in den letzten Wochen deutliche Hinweise, dass es hier mehr
knirscht und reibt als es gut für uns ist. Hinweisen will ich nur kurz auf
den Themenbereich Schule und Kita sowie Bauprojekte in diesem
Zusammenhang.
Wir möchten Sie bitten dem nachzugehen. Klären Sie
Kommunikationswege wo dies nötig ist. Entfernen Sie Störsender, wo
Sie diese finden. Und Reden Sie auch mit uns, dem Gemeinderat, vor
allem bei heiklen Dingen, so früh wie möglich.
Eine persönliche Anmerkung von mir: Das zentrale
Gebäudemanagement habe ich bisher nur als Kostenpunkt und
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Kommunikationsfalle wahrgenommen. Das mag täuschen, denn jede
Sicht ist einseitig. Aber vielleicht ist es notwendig Abläufe und Prozesse
zeitnahe zu prüfen und ggf. anzupassen.
Wir haben große Aufgaben und Projekte vor uns und es geht dabei um
unsere Zukunft. Um eine gute Zukunft für Albstadt.
Wie sieht es denn mit der Zukunft unserer Finanzen aus?
Wir haben die letzten Jahre immer wieder darauf hingewiesen und nun
ist es soweit. Unser großer Finanzierungsmittelbestand ist nun
aufgebraucht und der HH-Plan sieht für 2017 3,8 Mio € Neuverschuldung
vor. Und nicht nur der HH-Plan für 2017, auch die Mittelfristige
Finanzplanung bis 2020 sieht eine jährliche Neuverschuldung vor. Nun
kann man natürlich sagen, so billig war Geld noch nie, aber es hilft auch
hier zu Ende zu denken. Alles was wir an Schulden aufnehme, dass
muss auch wieder zurückbezahlt werden.
Wie steht es denn mit unseren Einnhamen?
Wir planen mit 29 Mio Einnahmen aus der Gewerbesteuer. In den letzten
15 Jahren gab es nur 3 Jahre mit höheren Einnahmen (2003 / 2007 /
2015). Die Grundsteuer ist mit 6,7 Mio weiter auf einem logischen,
stabilen Höchststand. Der Anteil an den Bundessteuern ist mit 24,4 Mio
€ ebenfalls auf einem Höchststand. Wir haben also für unsere Albstädter
Verhältnisse hohe Einnahmen in einem guten Konjunkturumfeld.
Was steht dagegen?
 Investitionsstau bei Straßen und Kanälen – und genau genommen
sind das alles keine Investitionen, sondern notwenige
Unterhaltungsmaßnahmen.
 Notwendige Sanierungen von Kitas und Schulen
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 Sanierung Tailfingen
 Sportstättenkonzept
 Massiver Sanierungsbedarf und Unterhaltungsrückstand bei
unseren Hallen
 Sanierung Kläranlage
 Parkhaus - Parkkonzept
 Und eine Fülle an Aufgaben, die unsere Personalausgaben auf
33,5 Mio € steigen lassen.
Ich kann es auch anders sagen:
Unsere hohen Einnahmen reichen nicht aus, um unsere
Herausforderungen und Aufgaben zu finanzieren. Nun kann ich es
drehen und wenden wie ich will. Es wird sich hier auch auf absehbare
Zeit nichts ändern, wenn wir nichts dagegen tun.
Noch einmal: Wir haben hohe Einnahmen in einem derzeit sehr guten
wirtschaftlichen Umfeld und es reicht nicht unsere Ausgaben zu decken.
Da hilft es auch wenig, dass unser Haushalt ausgeglichen ist. Keinem
Unternehmen hilft es, wenn seine Bilanz ein kleines positives Ergebnis
bringt, dabei aber die Liquidität nur erhalten bleibt, indem jedes Jahr
wieder neue Schulden gemacht werden.
Ich habe in meiner Vorbereitung mehr als einmal ein Lexikon bemüht.
Nicht um Sie zu ärgern oder gar zu belehren. Ich wollte für mich selbst
Klarheit darüber wie ich Begriffe benutze und wie sie eigentlich definiert
sind. Dazu noch ein letztes, nämlich das strukturelle Defizit.
Das strukturelle Defizit ist das, was im Normalzustand der Wirtschaft
(langfristig betrachtet, also wenn sich Auf- und Abschwünge
ausgleichen) dennoch einen unausgeglichenen Staatshaushalt
verursacht.
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Nochmal, ich weiß, dass unser Haushalt rechtlich ausgeglichen ist, aber
das hilft wenig, wenn zur Umsetzung des Haushalts 2017 und in den
Folgejahren, jährlich eine Neuverschuldung notwendig ist. Und das nicht
für neue, echte Investitionen, sondern für laufende Ausgaben und für
Unterhaltungsleistungen.
Und nun schließt sich der Kreis. Zu Konzepten gehört auch die
Kostenseite und alle Konzepte die wir beschließen müssen auch
finanzierbar sein.
Hier haben wir unseres Erachtens große Defizite und wir sehen auch
nicht wo es hingehen soll. Eine Zukunft ohne klare Richtung und nur auf
Pump ist für uns der falsche Weg. Wir brauchen Konzepte die festlegen
was wir in Zukunft tun und auch was wir lassen. Wir müssen unseren
Haushalt in ein Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben bringen.
In Zeiten hoher Einnahmen müssen wir Schulden tilgen und nicht neue
aufnehmen. Ich möchte keineswegs schwarzmahlen, aber wie wird
unsere Mittelfristige Finanzplanung aussehen, wenn die Konjunktur sich
negativ verändert?
Eine Haushaltsstrukturkommission in der Not hat es leicht. Ihr bleibt
nichts anderes, als teilweise auch mit Schmerzen, schlicht und einfach
zu sparen. Wir sind der Meinung, dass wir jetzt für unseren Haushalt
eine solche Kommission brauchen und offen diskutieren und dann aber
auch entscheiden müssen, was wir weiter tun und was wir zukünftig
auch lassen. Dazu gehört sowohl die Ausgaben, wie auch die
Einnahmenseite und wenn wir die Einnahmen wirklich verbessen wollen,
dann müssen wir über die Gewerbesteurer reden.
Wir werden aus den genannten Gründen dem Haushalt nicht zustimmen.
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Wir bedanken uns heute bei der Stadtverwaltung, allen Beschäftigten, für
Ihre Arbeit in und für unsere Stadt. Und Ihnen vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit.
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