Reicenberger Zeitung - Sudetendeutsche Landsmannschaft

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Sudetendeutsche Zeitung
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung
155. Jahrgang
HEIMATBOTE
VOLKSBOTE
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Jahrgang 68 | Folge 49 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 9. Dezember 2016
B 6543
� Debatte im Tschechischen Abgeordnetenhaus
Haß ohne Mehrheit
In der Abgeordnetenkammer
des tschechischen Parlamentes
fand letzte Woche die Debatte
über eine parlamentarische Anfrage des Vorsitzenden des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei von Böhmen und
Mähren (KSČM), Vojtěch Filip, und seines Stellvertreters
Miroslav Grebeníček statt. Es
ging um die Teilnahme von
Kulturminister Daniel Herman am diesjährigen Pfingsttreffen der Sudetendeutschen
in Nürnberg.
B
eide hatten Premier Bohu­slav
Sobotka schon vor den Parlamentsferien zu einer Erklärung
aufgefordert. Mit Sobotkas Antwort waren sie indes nicht zufrieden. So antwortete der Premier
also noch einmal. „Mein Einverständnis wurde gegeben, weil ich
die positiven Entwicklungen unterstützen wollte, die heute die
Leitung der Sudetendeutschen
Landsmannschaft in den Beziehungen zur Tschechischen Republik vertritt.“ Er distanzierte sich
auch vom Kollektivschuldprinzip.
Der kommunistische Abgeordnete Filip war damit jedoch
wieder nicht zufrieden und sagte einen abgedroschenen Satz:
„Wenn die Regierung ihre Partner in bürgerlichen Vereinigungen sucht, ist dies eine Politik,
die wir nicht beschreiten sollten.
Ich gehe nicht davon aus, daß jemand von uns denkt, eine bürgerliche Vereinigung sei Gesprächspartner eines Regierungsmitglieds.“
Daß die Regierung mit Industrieverbänden und Gewerkschaften verhandelt, daß sie etwa über Investitionen von China
und in China mit jedem spricht,
der meint, in solchen Fragen mitmischen zu sollen, zeigt klar,
daß eine Regierung – auch die
tschechische – durchaus mit Organisationen und ihren Repräsentanten redet und verhandelt.
Und ständig im Protokollhandbuch nachschaut.
„Es ist unmöglich,
das Kollektivschuldprinzip anzuwenden.“
Bohuslav Sobotka
Tschechischer Premierminister
Die Kämpferin
Ein besonderes Sternchen
der Debatte war die Abgeordnete Marta Semelová. „Schämen
sie sich!“, rief sie Daniel Herman zu. „Sie fahren wirklich nach
Deutschland, um sich vor den Sudetlern [sudeťáci] zu verbeugen,
die das Eigentum zurückverlangen, die [Edvard] Beneš als Verbrecher bezeichnen. Und dann
geben Sie damit auch noch an
und sagen hier frech den Bürgern und den Abgeordneten,
daß sie dort von ihnen eine Medaille bekommen oder eine Auszeichnung, und sind darauf sogar
stolz.“ Gemeint ist der Kunstpreis
der deutsch-tschechischen Verständigung 2016, den Herman
demnächst zusammen mit Bernd
Posselt erhalten wird. Und forderte Herman zum Rücktritt auf.
Vor einigen Wochen war Semelová in den Medien wegen einer Angelegenheit außerhalb der
Abgeordnetenkammer erwähnt
worden. Sie wurde wegen ihrer revisionistischen Äußerungen über
den Justizmord an Milada Horáková von dem Brünner Rechtsanwalt Michal Kincl verklagt, der
von ihr eine Entschuldigung verlangte (Ý SdZ 36/2016). Sie sol-
le schriftlich feststellen, Horáková sei Opfer eines Justizmordes,
und der Einmarsch der Sowjets
1968 sei keine Hilfe gewesen, wie
Semelová behaupte, sondern eine Besetzung. Die Gerichte stellten fest, Kincl sei kein Verwandter von Horáková, und
nur Verwandte könnten eine
solche Entschuldigung verlangen. Semelová feierte dies,
als hätte sie in der Sache selbst
recht gehabt.
Die Geschichte
Der TOP 09-Abgeordnete
František Laudát entgegnete Semelová: „Die Kommunisten wollen den Zweiten Weltkrieg neu
beleben. Hören sie auf, Kriege zu
spielen, die nicht mehr stattfinden.“ Die Abgeordnetenkammer
lehnte schließlich ab, den Premier ein weiteres Mal aufzufordern, schriftlich zu antworten. Interessant war die Behauptung des
kommunistischen Abgeordneten
Leo Luzar, daß „selbstverständlich nicht jeder Sudetendeutsche
zum Nationalsozialismus neigte,
aber dennoch eine riesige Zahl.
Und zu behaupten, daß eine große Zahl Antifaschisten unter ihnen war, ist mehr oder minder eine historische Lüge.“
Der Autor dieser Zeilen studierte wochenlang Materialien
der Gestapo und der SS über das
Protektorat und das Sudetenland, freundlicherweise von der
Stasi gesammelt. Sie beweisen,
daß der Widerstand im Sudetenland beträchtlich war und die Zusammenarbeit zwischen tschechischen und sudetendeutschen
Widerständlern
funktionierte. Aber das ist eine andere Geschichte. Und auch die Verbrechen des Kommunismus werden
wir noch aufgreifen.
Jaroslav Šonka
Z
u einer gemeinsamen Klausurtagung zum Thema „Die Zukunft der Sudetendeutschen Volksgruppe“ kamen am
zurückliegenden Wochenende die Vorstände der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, der Sudetendeutschen Stiftung und der Sudetendeutschen Landsmannschaft auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen zusammen. Dr. Ortfried Kotzian sprach über Zukunftsvisionen für die Arbeit der Volksgruppe und gab Auskunft über
den Stand der Arbeiten am Sudetendeutschen Museum und am Sudetendeutschen Haus in München. Die Diskussion darüber leitete Dr. Günter Reichert. Den verbandspolitischen Teil moderierte Bernd Posselt. Steffen Hörtler beleuchtete die strukturelle und wirtschaftliche Situation der zentralen Einrichtungen der Sudetendeutschen Volksgruppe. Als Volksgruppensprecher berichtete Posselt über aktuelle heimatpolitische Entwicklungen. Auf unserem
Bild (von links) Dr. Günter Reichert, Franz Longin, Reinfried Vogler, Peter Sliwka, Hans Knapek, Frank Dittrich, Bernhard Goldhammer, Bernd Posselt, Steffen Hörtler, Dr. Peter Küffner, Claudia Beikircher, Siegbert Ortmann, Robert
Wild, Hildegard Schuster, Christoph Lippert, Dr. Ortfried Kotzian und Dr. Raimund Paleczek.
Bild: Herbert Fischer
� Prager Burg
Protokollchef muß gehen
Durchaus bekannt ist, daß sich
die Bewohner und Bediensteten der Präsidentenkanzlei gelegentlich mit verschiedenen Stoffen stimulieren. Das beeinflußt
ihr Verhalten. Manchmal hat es
auch Konsequenzen.
I
m Falle des Staatspräsidenten ist die Bezeichnung „Virose“ eingeführt (im Internet zu
sehen unter www.youtube.com/
watch?v=UEHkoHZg50M). Das
ist jedoch eine alte und bekannte Geschichte. Miloš Zeman hat
sich beim chinesischen Staatsfeiertag angesteckt und war bei der
Präsentation der Wenzelskrone
und Kronjuwelen recht wackelig.
Jetzt wird der Fall des Protokollchefs der Burg, Jindřich Forejt, diskutiert. Zuerst kam eine lediglich anonym bestätigte
Meldung, wonach Forejt abberufen werde. Ihm sei sogar der Zutritt zu seinem Büro auf der Burg
untersagt worden. Vermutungen gingen dahin, daß einige der
letzten Fehler in der Programmgestaltung ursächlich sein könnten. So etwa die Verspätung der
Zeman-Delegation beim Begräbnis des früheren slowakischen
Präsidenten Michal Kováč im
Oktober.
Forejt, der schon zu Zeiten
von Václav Klaus im Protokollbereich der Burg arbeitete, wur-
de nun durch die Veröffentlichung anonym aufgenommener Videosequenzen verdächtigt
und belastet. Sie sollen offensichtlich belegen, was in seiner
Wohnung passiert. Die Internetzeitschrift „HlídacíPes“ (www.­
hlidacipes.org) titelte: „Der Sturz
von Jindřich Forejt. Ein Video
zeigt Drogen, Sex und ein Sicherheitsrisiko“ (zu lesen unter www.
hlidacipes.org/­pad-jindricha-­
forejta-video-ukazuje-drogysex-a-bezpecnostni-riziko). Am
Dienstag schließlich teilte Präsidentensprecher Jiří Ovčáček mit,
Forejt und die Präsidentenkanzlei höben den Anstellungsvertrag
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� Bundesversammlung des BdV in Berlin mit Neuwahlen
Sudetendeutsche gelobt und wieder gut vertreten
Am 2. Dezember kam die Bundesversammlung des BdV in der
Hessischen Landesvertretung in
den Ministergärten unweit des
Potsdamer Platzes in Berlin zusammen.
Reinfried Vogler, des Präsidenten der Sudetendeutschen Bundesversammlung.
Fabritius streifte in seinem Bericht über die Arbeit des zurückliegenden Jahres viele Themen.
Interessant war die Feststellung,
daß er aus Polen vorsichtig optimistische Zeichen bekommen
habe: Die Glocke des versenkten Flüchtlingsschiffs „Wilhelm
Gustloff“, die heute im Vorraum
P
räsident Bernd Fabritius eröffnete die Versammlung mit
einem Totengedenken und erinnerte dabei auch an die beiden im ablaufenden Jahr verstorbenen Sudetendeutschen Franz
Neubauer aus dem Kreis Marienbad und Oskar „Ossi“ Böse,
geboren im Kreis Deutsch Gabel.
Außerdem gedachte Fabritius
auch eines seiner Vorgänger, des
vor 50 Jahren ums Leben gekommenen Wenzel Jaksch aus dem
Kreis Kaplitz, der 1967 postum
noch die Ehrenplakette des BdV
verliehen bekam. 1968 schuf der
BdV im Angedenken die Wenzel-Jaksch-Medaille, die er seither verdienstvollen Persönlichkeiten verleiht. Die Versammlungsleitung lag in den Händen
des Alters- und Vizepräsidenten
BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB mit den sudetendeutschen Präsidiumsmitgliedern Siegbert Ortmann, Milan Horáček, den Vizepräsidenten Albrecht Schläger, Stephan Mayer MdB und Reinfried Vogler (ganz rechts) sowie dem Vizepräsidenten und -Landesvorsitzenden in Bayern, Christian Knauer (zweiter von rechts).
Bild: Ulrich Miksch
des Marinemuseums im westpreußischen Danzig steht, könnte
als „Botschafterin der Verständigung“ unter Umständen als Leihgabe für die Dauerausstellung
„Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin zur Verfügung
stehen. Kurze Zeit war sie 2006
in der Ausstellung „Erzwungene
Wege – Flucht und Vertreibungen im Europa des 20. Jahrhunderts“ der BdV-Stiftung Zentrum
gegen Vertreibungen im Berliner
Kronprinzenpalast zu sehen gewesen, bis die Warschauer Regierung unter Jarosław Kaczyński
sie zurückverlangte.
Was das Verhältnis zu unseren
östlichen Nachbarn angeht, hob
Fabritius die Sudetendeutschen
hervor: „In allen bilateralen Beziehungsgeflechten sehe ich in
der Tschechischen Republik die
größten Fortschritte. Sicherlich
hat die Geste der Satzungsänderung mit klugen Formulierungen
– ohne Preisgabe berechtigter
Positionen – neue Türen geöff
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