Haushaltsrede GAL (Christian Franke) Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren, jetzt ist es also bald so weit: das Weihnachtsfest steht vor der Tür. Und die Mehrheit dieses Stadtrates hat schon jetzt alle Geschenke für die Menschen in unserer Stadt beisammen. Wie es sich für großzügige Menschen gehört, haben Sie bei der Beschaffung nicht gespart. Schließlich müssen Sie als Ratsmitglieder die Präsente ja auch nicht selbst bezahlen. Das machen in diesem Fall die vermeintlich Beschenkten selbst1 Bevor ich mich gleich noch kurz der grandios-guten Auswahl der Geschenke zuwende, möchte ich noch einige Worte zu den zuvor getroffenen Vorbereitungen verlieren. Denn hier haben wir alle in diesem Jahr echte Veränderungen erfahren dürfen. Denn unabhängig davon, wie man zur Verwaltungsspitze steht, wurden alle Fraktionen mit umfänglichem Material zu Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung ausgestattet und zu Gesprächen mit dem Verwaltungsvorstand eingeladen. Für die CDU und die SPD keine neue Erfahrung. Für alle die Fraktionen, die Ihrem Vorgänger, Frau Bögel-Hoyer, nicht immer die Stange gehalten haben, jedoch schon1 Der dann von der Bürgermeisterin eingebrachte und durch verschiedene Maßnahmen flankierte Haushaltsentwurf erschien uns weitestgehend akzeptabel und zustimmungsfähig. Schließlich wurden freiwillige Ausgaben zur Disposition gestellt, mögliche Einsparungen konkret zur Beschlußfassung gebracht und sogar so genannte „heilige Kühe“ wie die Nutzung der Bagno-Konzertgalerie durch Bürgerschaft und Vereine nicht länger als sakrosankt behandelt. Nicht zuletzt ist der Verwaltungsvorstand damit auch der deutlich formulierten Erwartung der Finanzaufsicht gefolgt: „Die Stadt Steinfurt bleibt stärker als zuvor der Haushaltskonsolidierung verpflichtet.“ Frei werdende Stellen innerhalb der Stadtverwaltung wurden also darauf hin überprüft, ob ein Verzicht zukünftig möglich ist. Eine der wenigen Stellschrauben, die der Verwaltung und der Politik bleiben, die Finanzen der Stadt wieder in den Griff zu bekommen. Jetzt hatten Sie, Frau Gremplinski, wie Sie uns in öffentlicher Sitzung wissen ließen, ja auch noch nach der Verabschiedung des letzten Etats den intensiven Austausch mit Herrn Dr. Sommer gesucht. In welcher Funktion, fragte ich mich noch1 Als Ratsmitglied, als Kreistagsabgeordnete? Ich entschied mich für partielle Gleichgültigkeit. „Schließlich wird er ihr“, so dachte ich, „noch mal erklärt haben, was er später schriftlich verfügen würde: ‚Nun gilt es, auch tatsächlich wirksame Konsolidierungsmaßnahmen umzusetzen.’“ Umso überraschter und verdutzter war ich, als die CDU und die SPD schließlich ihre Anträge zum Haushalt 2017 vorlegten: Mehrausgaben auf Zuruf und über vertragliche Verpflichtungen hinausgehend, Wiederbesetzung von Stellen im Bereich der freiwilligen Leistungen. Einsparungen und Konsolidierung hingegen: Fehlanzeige. Lieber beschäftigt sich die CDU mit der Neuberechnung von Pensionsrückstellungen. Die Nebelkerze 2017: denn kommunalen Handlungsspielraum gibt es hierbei nicht. Aber, so lassen Sie uns wissen, Frau Gremplinski, Sie wollen schließlich die Zahlen verstehen. Und Sie unterstellen offenbar, daß die Verwaltung auch in dieser Frage nicht sorgsam arbeitet. Ansonsten bräuchte Politik sich ja nicht die Mühe machen, hier investigativ nachzufragen. Erinnert ein bißchen an Diskussionen zu den in Steinfurt aufgenommenen Flüchtlingen. Das wollten Sie im letzten Jahr auch ganz genau wissen. Konkret nachgefragt eben. Okay: auch ohne politischen Einfluß des Stadtrates oder der Verwaltung. Aber wichtig ist: am Ende müssen die Zahlen stimmen, nicht wahr? Und schließlich läßt Ihnen jedes dieser Themen die Möglichkeit, Ihrer Verbitterung über den unbefriedigenden Ausgang der Bürgermeisterwahl 2015 noch einmal Ausdruck zu verleihen und zu signalisieren: das wäre mit Andreas Hoge so alles nicht passiert. Zugegeben: die Zahl der Flüchtlinge hätte sich nicht verändert, die Höhe der Beihilferückstellungen auch nicht. Und doch hätte man – zumindest gefühlt – nicht allem immer hinterher rennen müssen. In einer solchen Zwangslage bleibt natürlich nur wenig Zeit für die städtischen Finanzen. Was machst Du also, wenn Du Dich gut darstellen willst, aber keine Zeit hast, Dir etwas Eigenes auszudenken? Dann beantrage doch einfach, was schon im Haushalt steht! Fortführung der Büchereileitung mit 30 Stunden pro Woche zum Beispiel. Geritzt! Dank SPD und CDU. Echt noch mal Glück gehabt! Oder Du schenkst SMarT noch 35.000 €. Klingt doch auch gut. Bei all dem, was die so machen1 Und zu Weihnachten - das wär doch schon schön1 Oh, 35.000 € haben die gar nicht beantragt? Weil sie dann teurer wären als so mancher Fachdienst innerhalb der Verwaltung? Okay. Planänderung: wir schenken denen das Geld. Aber nur bis 2019. Hat uns Frau Lindemann drauf gebracht, schließlich läuft deren Vertrag mit der Stadt dann eh aus. Verbucht unter Haushaltserfolg. Was machen wir eigentlich mit der Stelle, die Andreas Hoge als Presse- und Öffentlichkeitsreferent eingeplant hatte? 70.000 € pro Jahr sollte die kosten. Genauso viel wie die Leitung unserer Stadtbücherei in Vollzeit. Bögel-Hoyer will die Stelle nicht. Da sollten wir schon aus Prinzip dagegen sein. Aber Stelle streichen? Nicht mit uns! Oder? Verflixte Kommunalpolitik1 Einfacher ist es, ne große Straße zu planen: die Westtangente. Braucht in der Abwägung des erforderlichen Aufwands zum tatsächlichen Nutzen auch keiner, kann sich ohnehin keiner leisten. Zerstört nur ökologisch wertvolle Natur und fiskalisch wichtige Mittel. Wär aber andererseits schon verdammt nett, zur Freigabe der Trasse eingeladen zu werden. Schnittchen mit der Präsidentin. Und Pressefotos mit mir1 Im Ernst: bis zu 2,8 Millionen Euro müßte unsere Stadt zum Bau der Westtangente beisteuern. Eine Summe, die im Finanzplan definitiv nicht realistisch darstellbar ist. Nicht ein Quadratmeter der erforderlichen Fläche befindet sich im Besitz des Kreises. Also: Enteignung der Landwirte? Ich hoffe nicht! Der demografische Wandel wird auch an „unserer“ FH nicht spurlos vorüber gehen. Und wer in der Vergangenheit die verkehrlichen Ströme von und zur FH bewältigen konnte, wird diese Aufgabe in der Zukunft ohne Probleme meistern. Obwohl der Bau der Westtangente aber noch in den Sternen steht, stellen wir schon mal 310.000 € zur Verfügung, um einen landwirtschaftlichen Weg zu verlegen. Kommt die Westtangente nicht, kann der Weg bleiben, wo er ist. Der Haushalt 2017 sagt: machen wir trotzdem. Schilda läßt grüßen! Zurück zu den eingetüteten Weihnachtsgeschenken. Der Stadtrat beschert den Steinfurtern heute etwas Einmaliges: ein Abo auf Steuererhöhungen! Ihre Politik sorgt dafür, daß auf die Steinfurter in den kommenden sieben Jahren Steuererhöhungen zukommen werden. Mit jedem Jahr wird die Belastung weiter erhöht. Das ist alles, nicht aber alternativlos: wir haben Ihnen im Jahr 2013 ein alternatives Steuermodell vorgeschlagen. Solide durchfinanziert und gegengerechnet von den Finanzexperten hier im Haus. Dieses hätte den Zahlern von Grundsteuer A und B einen verläßlichen Hebesatz für zehn Jahre und bis zum Ende des Finanzierungszeitraums im Jahr 2023 geboten. Diesen Vorschlag haben Sie vom Tisch gefegt. Schließlich standen die Kommunalwahl 2014 und die Bürgermeisterwahl 2015 noch an. Und wer will in solchen Zeiten schon über unvermeidbare Steuererhöhungen diskutieren? Folglich haben Sie sich entschieden, zu zögern und zu zaudern. Den Preis hierfür zahlen nun die Bürger: am Ende wird jeder landwirtschaftliche Betrieb rd. 215,- € mehr Steuern pro Jahr zahlen müssen, jeder durchschnittliche Haushalt muß Jahr für Jahr nahezu 300,- € zusätzlich aufbringen. Das haben die Steinfurter Ihnen zu verdanken! Die Ergebnisse Ihrer fortwährenden Verweigerungshaltung: jeder Auftrag der Finanzaufsicht wird ignoriert, jeder Hinweis der Gemeindeprüfungsanstalt belächelt. Und jeder Vorstoß politischer Mitbewerber stumpf niedergestimmt: allein in den letzten vier Jahren haben die Ratsfraktionen der FDP, der FWS und der GAL Initiativen eingebracht, die den Haushalt um fast 1,5 Mio. € entlastet hätten. Oftmals haben Sie die entsprechenden Begründungen nicht angehört, geschweige denn, sich damit auseinandergesetzt. Woran liegt’s, dass CDU und SPD den Dreh nicht bekommen, um den Haushalt zu konsolidieren? Vielleicht weil die CDU ihren letzten Finanzexperten vor Jahren verloren hat? Es ist eine causa Steinfurt. Wer sich in umliegenden Orten umschaut, der erlebt vielerorts, daß Kommunalpolitiker verschiedener Coleur und über Fraktionsgrenzen hinweg das Heft des Handelns in die Hand nehmen, um die Schieflage der Finanzen in den Griff zu bekommen. In Steinfurt aber wird gefaselt und fabuliert – nicht aber gehandelt. Und so kommen Sie an massiven Steuererhöhungen nicht vorbei. Und Sie riskieren den Verlust jeder politischen Handlungsfähigkeit. Könnte aber auch sein, daß man den Menschen in Steinfurt damit ein wirklich großes Geschenk machen würde1 Ich sage Danke an die Bürgermeisterin, an Frau Melchers und Herrn Meyer vom Fachdienst Finanzen für Ihre Unterstützung und die gute Zusammenarbeit (auch) während der Etatberatungen! Mein besonderer Dank gilt den Vertretern der Medien für eine objektive Berichterstattung! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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