Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ Soziale Beziehungen am Arbeitsplatz S. Drössler , A. Steputat , M. Schubert , U. Euler & A. Seidler * * * * ** * Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät, TU Dresden, ** Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen, Berlin Hintergrund und Fragestellung Exposition Outcome Soziale Ressourcen soziale Unterstützung Sozialklima Mentale Gesundheit psychisches Befinden Soziale Unterstützung (sU): zahlreiche empirische Studien für den Arbeitskontext; theoretische Konzeptualisierung zufriedenstellend (Demand-Control-Support-Modell, Johnson & Hall, 1988; Johnson, Hall, & Theorell, 1989) ● Mobbing: zahlreiche empirische Studien; keine einheinheitliche theoretische Grundlage und valide Erfassung; eher deskriptive Annäherung an dieses Konzept (z. B. Leymann, 1990); Oberbegriff Mobbing ist eine Variante arbeitsplatzbezogener Gewalt ● Sozialklima und soziale Konflikte: für den Arbeitskontext fehlen theoretische Modelle, Studien finden sich begrenzt psychische Störungen Motivation Soziale Stressoren Mobbing soziale Konflikte ● Arbeitszufriedenheit Leistung Methode ● Literatursuche: Verwendung eines Suchstrings in den Datenbanken PsycINFO, PsycARTICLES, PSYNDEX (über EBSCO Host) und PubMed; Eingrenzung der Ergebnisse in Methode (Längsschnitt- bzw. Interventionsstudien, systematische Reviews) und Zeitraum (2005-2015) aufgrund hoher Trefferzahlen; deutsch und englisch → 1.208 Studien, kriteriengeleiteter Ausschluss von 1.085 Studien nach Title/Abstract-, Volltextscreening → Einschluss von 123 Studien ● Messmethodik Soziale Beziehungen: ausschließlich Selbstauskünfte: meist Skalen aus validierten Instrumenten (Reliabilität ok); auch Einzelitems (vor allem soziale Konflikte, keine Erfassung von Häufigkeit und Intensität der Konflikte); Erfassung allgemein oder unterteilt nach Kollegen/ Vorgesetzten (sU, Konflikte) ● Messmethodik Outcomes: Selbstauskünfte: meist Skalen aus validierten Instrumenten (Reliabilität ok); auch Einzelitems (vor allem Wechselabsichten) und Fremdauskünfte: Registerdaten (ärztliche Verordnungen von Psychopharmaka, psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit, Fehlzeiten); Arztauskünfte; Unternehmensdaten (z.B. Fehlzeiten) Merkmal Ausprägung in den Studien Stichprobengröße zwischen N=48 und N=25.500 (49 Studien: 1000 bis 5000 Teilnehmer; 28 Studien: unter 500 Teilnehmer) ca. 50% erwerbstätige Allgemeinbevölkerung, Rest berufsspezifisch (vor allem Gesundheitswesen) in Abhängigkeit vom Beruf der Stichprobe (gleich verteilt nur in erwerbstätiger Allgemeinbevölkerung) Beruf Geschlecht Rücklauf variiert stark (20,0 bis 99,8 %) Dropout teilweise hoher Drop-Out, in Mehrheit der Studien nicht systematisch analysiert Messzeitpunkte überwiegend zwei Messzeitpunkte Erhebungszeitraum überwiegend ein bis drei Jahre Prüfung reverser Effekte nur in Studien zum Mobbing (vereinzelt) geprüft Ergebnisse ●insgesamt kleine bis mittelgroße Effekte; aufgrund verschiedener Analysemethoden wird Vielzahl statistischer Kennwerte berichtet (mangelnde) Soziale Unterstützung (eingeschränktes) Sozialklima mentale Gesundheit, 33 LS, 6 IS, 10 SR 8 LS, 1 IS, 1 SR psychisches Befinden, • erhöhtes Risiko für Burnout, Depression, • erhöhtes Risiko für Depression psychische Störungen Distress, schlechtere mentale Gesund- • z.T. nicht signifikante Befunde: Distress, heit , auch nicht sign. Befunde Fatigue, Schlaf • wenige, z.T. nicht signifikante Befunde: Fatigue, Angst, pos. Affekt , Lebensqualität Motivation, Arbeitszufriedenheit, Leistung Mobbing Soziale Konflikte 24 LS, 2 IS, 9 SR 6 LS, 1 IS, 3 SR • erhöhtes Risiko für Distress, Depressi- • wenige, z. T. nicht konsistente Befunde on, Fatigue, auch nicht sign. Befunde • z. T. Abhängigkeit von Geschlecht und • reverse Effekte: vorhanden, aber MobKonfliktquelle (Kollege/Vorgesetzter), bing → Gesundheit größer als vice versa aber wenige und unsystematische • wenig untersucht: Schlaf, AlkoholkonBefunde sum, Burnout 34 LS, 2 IS, 4 SR 4 LS, 3 SR 12 LS,2 IS, 9 SR • reduzierte Arbeitszufriedenheit, erhöhte • erhöhte Fehlzeiten • reduziert: Leistung, Engagement, BinFehlzeiten, auch nicht sign. Befunde • kein Effekt auf Arbeitsfähigkeit und Jobdung an das Unternehmen, Abeitszu• wenige, z.T. nicht signifikante Befunde: wechsel friedenheit, eher Jobwechsel/ WechEngagement, Produktivität, Arbeitsfähigkeit, selabsichten Jobwechsel • vereinzelte Effekte: Fehlzeiten 4 LS, 1 IS • stärkere Jobwechselabsichten • z. T. nicht signifikante Befunde: Fehlzeiten Anmerkungen: LS = Längsschnittstudien, IS = Interventionsstudien, SR = systematische Reviews Diskussion ● ● ● Soziale Beziehungen als wichtige Stellschraube in Arbeitsgestaltung und betrieblicher Gesundheitsförderung; nachweislicher Einflussfaktor auf Gesundheit es fehlt: Wissen um Maßnahmen zur wirksamen Beeinflussung sozialer Beziehungen (nur 13 Interventionsstudien; z. T. ohne Kontrollgruppen; gemischte Befunde) Bedarf an: •methodisch anspruchsvollen Interventionsstudien zur Untersuchung theoretisch fundierter Konzepte mit sorgfältiger Auswahl validierter Instrumente und ausreichend langen Nachbeobachtungszeiten; • stärkerer Berücksichtigung des Wandels der Arbeit sowie • multidimensionalen Präventions- und Interventionsansätzen, in denen Strategien auf individueller Gruppen- und organisationaler Ebene kombiniert werden Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Friedrich-Henkel-Weg 1-25 44149 Dortmund Telefon +49 231 9071-0 DOI: 10.21934/baua:berichtkompakt20161005/2b
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