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Deutscher Immobilienfinanzierungsindex
Niedrigster Stand seit vier Jahren
Im vierten Quartal sinkt der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) um 2,3 auf 4,4
Punkte und ist damit so niedrig wie seit vier Jahren nicht mehr. Das ist ein Ergebnis des
Deutschen Immobilienfinanzierungsindex (Difi) von Jones Lang Lasalle (JLL) und dem
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.
Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) sinkt im vierten Quartal 2016 um 2,3 auf 4,4
Punkte. Dies ist der dritte Rückgang in Folge, gleichbedeutend dem niedrigsten Stand seit vier
Jahren. Der Abwärtstrend seit Anfang 2015 mit einem moderaten Zwischenhoch zum Jahreswechsel
2015/2016 hält an. „Das Finanzierungsklima für gewerbliche Immobilien bewegt sich damit
insgesamt zwar immer noch im positiven Bereich, die Pessimisten stehen aber mittlerweile kurz
davor, bei der Beurteilung des Finanzierungsklimas die Optimisten erstmals seit Ende 2012 wieder
zu dominieren“, so Markus Kreuter, bei JLL Team-Leiter Fremdfinanzierung Deutschland.
Der Rückgang des DIFI beruht auf pessimistischeren Erwartungen bezüglich des
Finanzierungsumfelds in den kommenden sechs Monaten: Der Saldo aus optimistischen und
pessimistischen Einschätzungen sinkt gemittelt über alle Nutzungsarten um 5,7 auf minus 7,7
Punkte. „Trotz dieses Rückgangs gehen drei Viertel und damit die große Mehrheit der
Umfrageteilnehmer von unveränderten Finanzierungsbedingungen im kommenden Halbjahr aus“, so
Oliver Lerbs, stellvertretender Bereichsleiter für Internationale Finanzmärkte und
Finanzmanagement am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Bei der Frage der
Entwicklung der Finanzierungslage in den vergangenen sechs Monaten legte der Saldo aus positiven
und negativen Antworten hingegen leicht zu: um 1,1 auf 16,4 Punkte.
„Die Regulierung beschäftigt die Immobilienfinanzierer weiterhin. Zwar soll bei der Umsetzung der
Wohnimmobilienkreditrichtlinie unter Federführung der Bundesministerien für Finanzen und Justiz
nachgebessert werden und der angedachte Aufbau eines Einzelkreditregisters nicht vollzogen
werden. Allerdings sorgen Pläne des Bundesfinanzministeriums für Unsicherheit: sofern die BaFin
Anzeichen für eine Überhitzung des Marktes sehe, solle sie die Möglichkeit erhalten, zukünftig die
Vergabe von gewerblichen Wohnimmobilienkrediten einzuschränken“, so Kreuter.
Finanzierungserwartungen bei Büro und Einzelhandel gesunken
Der Rückgang der Finanzierungserwartungen im DIFI ist vorwiegend auf spürbare Verluste bei den
Nutzungsarten Büro und Einzelhandel zurückzuführen. Die entsprechenden Salden sinken um 13,2
beziehungsweise 10,0 Punkte und liegen nun bei minus 13,1 beziehungsweise minus 15,6 Punkten.
Bei der Einschätzung der Finanzierungslage der vergangenen sechs Monate verliert das
Bürosegment nur marginal, der Saldo für den Einzelhandel liegt 4,9 Punkte unter dem dritten
Quartal 2016. „Diese Entwicklung basiert auf der schwindenden Dynamik bei
Einzelhandelsimmobilien. In den ersten drei Quartalen 2016 wurde in diesem Segment 40 Prozent
weniger Investmentumsatz erzielt als im Vorjahreszeitraum“, so Helge Scheunemann, bei JLL
Forschungschef Deutschland. Zugewinne für Logistik und Wohnen von 3,6 beziehungsweise 6,0
Punkten führen insgesamt zu einer leichten Verbesserung des aggregierten Saldos für die
Finanzierungslage.
Einschätzung der Refinanzierungsmärkte: Größte Verluste bei
Immobilienaktien
Ein sehr heterogenes Bild ergibt sich bei der Bewertung der Refinanzierungsmärkte. Während
Pfandbriefe in der Situations- und Erwartungseinschätzung leicht verlieren, legen unbesicherte
Schuldverschreibungen jeweils in ähnlicher Größenordnung zu. „Trotz dieser Entwicklung bei
Schuldverschreibungen erwarten die Experten weiterhin steigende Spreads gegenüber öffentlichen
deutschen Anleihen“, so Kreuter. Für Hypothekenpfandbriefe gehen sie im Zuge des
EZB-Ankaufprogramms per Saldo dagegen von weiter sinkenden Spreads aus. Offenbar hatten die
Marktteilnehmer zum Umfragezeitpunkt bereits überwiegend mit einer Verlängerung des
Programms gerechnet, die dann im Dezember durch die EZB bis Ende 2017 verkündet wurde. Für
Einlagen wird die Zukunft positiver, die aktuelle Lage dagegen negativer eingeschätzt als im
vorigen Quartal.
Die größten Verluste bei den Refinanzierungsinstrumenten verzeichnen Immobilienaktien. Der
Saldo der Lageeinschätzung sinkt um 4,8 auf 8,1 Punkte, bei der Erwartungseinschätzung rutscht er
gar um 21,3 auf minus 14,7 Punkte ab. Pessimistischer waren die Aussichten zuletzt zum
Jahresanfang im Kontext der damaligen Aktienmarktturbulenzen.
Sonderfragen: Marktwert vs. Beleihungswert und erwartete
Zinssätze
Teilnehmende Banken wurden im aktuellen DIFI zu den Grundlagen der Kreditvergabepolitik
befragt, konkret zur dominierenden Bewertungsmethode der für die Kreditbesicherung
herangezogenen Immobilien in ihrem Institut.
70 Prozent der Banken geben an, ihr finales Kreditvotum vorwiegend auf dem Beleihungswert nach
deutscher Beleihungswertermittlungsverordnung zu basieren. Bei 26 Prozent dominiert der deutsche
Ertragswert gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung und bei lediglich 4 Prozent ein
internationales Bewertungsverfahren (zum Beispiel gemäß Red Book der Royal Institution of
Chartered Surveyors). „Bemerkenswert ist, dass sich fast alle Banken, die der Definition des
Beleihungswertes folgen (müssen), aufgrund dieser Tatsache im Wettbewerb mit anderen Instituten
benachteiligt sehen. Die Verwendung internationaler Verfahren wird – sofern bestehend –
spiegelbildlich als vorteilhaft wahrgenommen“, so Kreuter. In der aktuellen regulatorischen
Diskussion um eine Erhöhung der Risikogewichte für gewerbliche Immobilienfinanzierungen rücke
der Wert der Immobilie weiter in den Vordergrund.
Wie bereits in den Abschlussquartalen der vergangenen Jahre wurden die Experten nach ihren
Zinserwartungen für Ende 2017 und Ende 2018 gefragt. Die zukünftig erwarteten Bandbreiten
liegen mithin deutlich über den heutigen Zinsniveaus. Der 3-Monats-Euribor (zum
Umfragezeitpunkt bei rund minus 0,30 Prozent) wird Ende 2017 mit hoher Wahrscheinlichkeit
zwischen minus 0,3 Prozent und minus 0,2 Prozent liegen, Ende 2018 zwischen minus 0,1 Prozent
und 0,3 Prozent. Die Rate für einen EUR-Zinsswap versus 6-Monats-Euribor mit zehnjähriger
Laufzeit (zum Umfragezeitpunkt bei rund 0,40 Prozent) wird Ende 2017 zwischen 0,5 Prozent und
0,8 Prozent gesehen, Ende 2018 zwischen 0,8 Prozent und 1,2 Prozent.
„Damit erwarten die Umfrageteilnehmer nicht nur ein Ende fallender Zinsen, sondern auch eine
Abkehr von der zuletzt beobachtbaren Seitwärtsbewegung. Diese Umkehr lässt sich einerseits durch
nach oben angepasste Inflationserwartungen im Euroraum begründen“, so Oliver Lerbs. Zum
anderen dürfte insbesondere für die Prognosen 2018 auch der internationale Zinszusammenhang
maßgeblich sein. So betonte die Präsidentin des Federal Reserve Boards der Vereinigten Staaten,
Janet Yellen, nach der US-Präsidentenwahl, dass die FED an einer Strategie der Zinserhöhungen
festhalten werde, eine Haltung, die auch dem künftigen US-Präsidenten Trump zugesprochen wird.
Sie steht in Einklang mit dem im Wahlkampf angekündigten schuldenfinanzierten
Konjunkturprogramm in den USA, das zu steigenden Langfristzinsen in den USA führen dürfte.
Über die Umfrage
An der Umfrage des Deutschen Immobilienfinanzierungsindex vom 31.10.2016 bis 14.11.2016
beteiligten sich 48 Experten. Abgefragt wurden die Einschätzungen zur Marktsituation (vergangene
sechs Monate) und zur Markterwartung (kommende sechs Monate). Dargestellt sind die
prozentualen Anteile der Antwortkategorien sowie die Veränderungen in Prozentpunkten gegenüber
dem Vorquartal (? Vorquartal). Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und
negativen Antwortkategorien (wie zum Beispiel „verbessert“ und „verschlechtert“).
Dieser Artikel erschien am 15.12.2016 unter folgendem Link:
http://www.dieimmobilie.de/deutscher-immobilienfinanzierungsindex-niedrigster-stand-seit-vier-jahren-148179871
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