Mehr als 35 000 Kinder auf Typ-1-Diabetes untersucht

Perspektiven_Diabetologie_2.pdf; s27; (200.00 x 275.00 mm); 19.Oct 2016 10:43:32; PDF-CMYK ab 150dpi für Prinergy; L. N. Schaffrath DruckMedien
FR1DA-STUDIE
Mehr als 35 000 Kinder auf
Typ-1-Diabetes untersucht
Die Fr1da-Studie wird vom Helmholtz Zentrum München, dem Landesamt für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit sowie der Technischen Universität München durchgeführt.
D
eutschland gehört zu den Ländern mit den
höchsten Typ-1-Diabetes-Erkrankungsraten
weltweit. Dieser Prozess beginnt überwiegend bereits im Alter von 1–5 Jahren. Meist kommt die
Krankheit erst zum Vorschein, wenn die Kinder mit
einer lebensgefährlichen Stoffwechselentgleisung als
Notfall ins Krankenhaus eingeliefert werden. Wie
man dem entgegenwirken kann, untersucht das Institut für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum
München im Rahmen der Typ-1-Diabetes-Früherkennungsaktion Fr1da. Erste Ergebnisse stimmen
optimistisch (1).
Im Rahmen des Pilotprojektes Fr1da wurden in
Bayern bisher mehr als 35 000 Kinder zwischen 2
und 5 Jahren auf typische Autoantikörper für Typ1-Diabetes untersucht. In seiner
Größenordnung ist das Modellprojekt – gestartet im Frühjahr 2015 –
in der Diabetesforschung weltweit einmalig: Insgesamt sollen
100 000 Kinder in ganz Bayern im
Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen U7, U7a, U8 oder U9 beim Kinderarzt auf Inselautoantikörper untersucht werden. Durch Nachweis
der Autoantikörper gegen das Insulin selbst, gegen
Glutaminsäure-Decarboxylase 65 (GAD65), gegen
den Zinktransporter 8 (ZnT8) und von InsulinomaAntigen 2 (IA-2) im Kapillarblut kann ein Typ1-Diabetes im Frühstadium diagnostiziert werden.
Denn während dieser Zeitspanne äußert sich die Autoimmunerkrankung noch nicht in Symptomen.
Während deutschlandweit jedes dritte Kind zum
Zeitpunkt der Diagnosestellung wegen einer Ketoazidose behandelt werden muss, erlitt bisher keines
der 105 Kinder, bei denen mit dem Fr1da-Früherkennungstest ein Typ-1-Diabetes im Frühstadium diagnostiziert wurde, eine Stoffwechselentgleisung.
Mit der Diagnosestellung erhalten alle betroffenen Kinder und ihre Familien das Angebot zur Teilnahme an einer 3- bis 4-stündigen Schulung in einem der 16 angeschlossenen wohnortnahen pädiatrischen Diabeteszentren. Dieses Angebot wurde von
den Familien intensiv angenommen: Nur zwei Familien verzichteten auf die Teilnahme. Die erfahrenen
Teams beantworteten alle Fragen und halfen den Eltern, die frühe Diabetesdiagnose zu verarbeiten. ViePerspektiven der Diabetologie 2/2016 | Deutsches Ärzteblatt
le praktische Tipps für den Alltag ergänzten dabei
die sachlichen Informationen. Die anschauliche Fr1da-Broschüre, die alle Familien zusätzlich
erhielten, bereitet auf eine Insulintherapie und den
Alltag mit Typ-1-Diabetes vor. Dabei wird großer
Wert auf ein fundiertes Wissen gelegt, dass Eltern
und Kindern Sicherheit und eine berechtigt positive
Zukunftssicht vermittelt.
Wie effektiv dieses Wissen den Schulungsteilnehmern vermittelt wurde und inwieweit die Familien
die Diagnose verarbeiten konnten, erfassen die Wissenschaftler anhand von standardisierten psychologischen Fragebögen, die durch persönliche Gespräche
ergänzt werden. Die ersten Auswertungen hierzu zeigen, dass die Diagnose beim eigenen Kind kein Eltternteil einfach „kalt lässt“. Dank
dder guten Betreuung von Anfang
aan gab es jedoch bisher keine Hinw
weise darauf, dass es zu schwerwiegenden seelischen Belastungen
w
dder Mütter, Väter oder Kinder gekkommen ist.
„Durch die Diagnose des Typ-1-Diabetes im
asymptomatischen Frühstadium und die umfassende
medizinische und psychologische Betreuung der Betroffenen möchten wir mit der Fr1da-Studie neue
Standards bei der Diagnose und Therapie setzen“, so
Studienleiterin Prof. Dr. med. Anette G. Ziegler.
Darüber hinaus wird den Eltern die Teilnahme ihres Kindes an einer Behandlung mit Insulinpulver im
Rahmen der Fr1da-Insulin-Interventions-Studie angeboten. Damit wird untersucht, ob das Fortschreiten
der Erkrankung aufgehalten werden kann.
Noch früher mit den Untersuchungen als in Fr1da
– und zwar bereits in den ersten Tagen nach der Geburt – setzt die neue europäische Initiative GPPAD
(Global Platform for the Prevention of Autoimmune
Diabetes) an. Gestartet im Juli, sollen 5 000 Neugeborene in Dresden und Leipzig auf ihr genetisches
Risiko für Typ-1-Diabetes getestet werden.
EB
LITERATUR
1. Raab J, et al.: Capillary blood islet autoantibody screening for
identifying pre-type 1 diabetes in the general population: Design
and initial results of the Fr1da study. BMJ Open 2016; DOI:
10.1136/bmjopen-2016–011144
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