FAQ: Pflegestärkungsgesetz II

FAQ: Pflegestärkungsgesetz II
Stand 07/2016
1. Pflegereform allgemein
1.1 Warum wurde ein zweites Pflege­s tärkungsgesetz
verabschiedet?
In der Vergangenheit wurde der Pflegebedürftigkeits­
begriff immer wieder kritisiert. Insbesondere Menschen
mit geistigen Defiziten (eingeschränkter Alltagskompe­
tenz) wurden zu wenig berücksichtigt. Mit dem Zweiten
Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wird der Pflegebedürftig­
keitsbegriff neu definiert und ein neues Begutachtungs­
verfahren eingeführt. Körperlich, geistig und psychisch
bedingte Pflegebedürftigkeit wird künftig gleichrangig
bewertet. So erhalten erstmals alle Pflegebedürftigen
einen gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der
Pflegeversicherung.
Stand 07/2016
1.2 Was sind die wesentlichen Änder­u ngen, die ab
1. Januar 2017 durch das Pflegestärkungsgesetz II
in Kraft treten?
Kern der Reform ist ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff,
ein neues Begutachtungsverfahren und die Ablösung
der drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade. Ab dem
1. Januar 2017 werden körperliche, geistige und
psychisch bedingte Pflegebedürftigkeit gleichermaßen
berücksichtigt. Ein neues Begutachtungsinstrument
(Neues Begutachtungsassessment – NBA) erfasst die
Beeinträchtigungen von Pflegebedürftigen besser als
bisher. Die individuelle Pflegesituation wird in den fünf
neuen Pflegegraden zielgenauer abgebildet.
1.3 Wie erfolgt die Begutachtung nach dem neuen
Verfahren?
Maßstab für die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit ist
künftig der Grad der Selbstständigkeit und der Fähig­
keiten eines Menschen – also wie selbstständig kann er
ohne Hilfe und Unterstützung von anderen sein Leben
führen. Sechs Lebensbereiche sind dabei von Bedeutung:
ƒ ƒ Mobilität
ƒ ƒ Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
ƒ ƒ Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
ƒ ƒ Selbstversorgung
ƒ ƒ Bewältigung und Umgang mit Erkrankungen und
Belastungen
ƒ ƒ Gestaltung des Alltagslebens und Soziale Kontakte
Bei der Begutachtung wird der Grad der Selbstständig­
keit in diesen sechs Bereichen gemessen und – mit unter­
schiedlicher Gewichtung – zu einer Gesamtbewertung
zusammengeführt. Die Gesamtpunktzahl entscheidet über
den Pflegegrad.
Bisher wurde nur der Hilfebedarf bei Körperpflege, Mobi­
lität und hauswirtschaftlicher Versorgung erfasst. Künftig
werden körperliche, geistige und psychische Fähigkeiten
gleichermaßen bei der Einstufung erfasst.
1.4 Welche Versicherungen sind von den Änderungen
durch das Pflegestärkungsgesetz II betroffen?
Betroffen sind sowohl die gesetzliche Pflegeversicherung
(Soziale Pflegeversicherung und Private Pflegepflichtver­
sicherung) als auch alle privaten Pflegezusatzversicher­
ungen (geförderte und nicht geförderte Tarife).
1.5 Wer profitiert von der Pflegereform?
Die Leistungsbeträge in den neuen Pflegegraden sind
zum Teil höher als in den bisher vergleichbaren Pflege­
stufen. Vor allem Menschen, bei denen eine dauerhafte
erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz festge­
stellt wurde, profitieren: Nach der gesetzlichen Überlei­
tungsmatrix werden sie in den übernächsten Pflegegrad
überführt und erhalten dadurch künftig mehr Leistungen
als bisher (Beispiel: aktuell Pflegestufe 1 mit einge­
schränkter Alltagskompetenz  künftig Pflegegrad 3).
1.6 Bekommen alle Versicherten künftig mehr Geld
aus der gesetzlichen Pflegeversicherung?
Nein, nicht in allen Pflegegraden gibt es gegenüber bisher
vergleichbaren Pflegestufen künftig mehr Leistungen. So
erhalten zum Beispiel stationär Pflegebedürftige in den
unteren Pflegegraden (heute vergleichbar mit Pflege­
stufe I und II) weniger Leistungen, wenn sie ab 2017
pflegebedürftig werden. Um eine Schlechterstellung zu
vermeiden gibt es hier jedoch entsprechende Regelungen
zum Besitzstandsschutz. Pflegebedürftige, die im Jahr
2016 bereits Leistungen aus der Pflegeversicherung für
die Pflege im Pflegeheim beziehen, erhalten, sofern der
Eigenanteil für die pflegebedingten Aufwendungen im
Januar 2017 höher ist als der im Dezember 2016, einen
entsprechenden Zuschlag. Grundsätzlich gilt, alle, die
bereits Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen,
erhalten diese auch weiterhin mindestens im gleichem
Umfang, die meisten erhalten sogar deutlich mehr.
1.7 Bekommen künftig mehr Menschen Leistungen
aus der Pflegeversicherung?
Ja. Der Kreis der Menschen, die erstmals Leistungen aus
der Pflegeversicherung bekommen, wird deutlich erwei­
tert. Das Bundesgesundheitsministerium geht von rund
einer halben Million aus. Die Einstufung in Pflegegrad 1
erfolgt bereits für Pflegebedürftige, die noch keinen er­
heblichen Unterstützungsbedarf haben, aber zum Beispiel
eine Pflegeberatung, eine Anpassung des Wohnumfeldes
oder Leistungen der allgemeinen Betreuung benötigen.
1.8 Was ändert sich an den Kosten für ein
Pflegeheim?
Der pflegebedingte Eigenanteil von Heimbewohnern wird
festgeschrieben – unab­h ängig vom Grad der Pflegebe­
dürftigkeit. Bisher ist dieser Eigenanteil bei Erreichen der
nächsthöheren Pflegestufe gestiegen.
Jedes Pflegeheim legt einen individuellen pflegebedingten
Eigenanteil fest. Im Bundesdurchschnitt beträgt dieser im
Jahr 2017 voraussichtlich rund 580 Euro. Hinzu kommen
die Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionen.
2. Wenn bereits Pflegebedürftigkeit besteht/
Leistungen gezahlt werden.
2.1 Ändern sich die Leistungen aus der
Pflegeversicherung?
Sowohl für die gesetzliche (Soziale und Private) Pflege­
pflichtversicherung, als auch die private Pflegezusatzver­
sicherung gilt: Versicherte, die bereits vor dem 1. Januar
2017 Leistungen erhalten, haben Bestandsschutz und
bekommen mindestens die gleiche Leistung wie bisher.
Mehrleistungen gibt es insbesondere für Menschen, bei
denen eine dauerhafte erhebliche Einschränkung der
Alltagskompetenz festgestellt wurde (s. Frage 1.5. „Wer
profitiert …“)
2.2 Müssen sich alle Pflegebedürftigen erneut
begutachten lassen?
Nein, eine erneute Begutachtung ist nicht erforderlich,
solange sich an der Pflegebedürftigkeit nichts ändert.
Bereits eingestufte Pflegebedürftige werden zum
1. Januar 2017 automatisch mit Hilfe einer gesetzlichen
Überleitungsmatrix von Pflegestufe auf Pflegegrad
umgestellt.
2.3 Werden Kunden informiert, die bereits Leistungen
aus der privaten Pflegepflichtversicherung/Pflegezusatzver­sicherung erhalten?
Ja. Für Kunden, die bereits Leistungen erhalten, erfolgt
die Umstellung auf Pflege­g rade automatisch. Die betroffe­
nen Kunden informieren wir rechtzeitig.
3. Fragen zu bestehenden Verträgen
3.1 Ändern sich die Beiträge in der Sozialen
Pflegeversicherung?
Im Zuge der Änderungen durch das Zweite Pflegestär­
kungsgesetz werden die Beiträge in der Sozialen Pflege­
versicherung zum 1. Januar 2017 um 0,2 Prozent­p unkte
angehoben. Der Beitragssatz beträgt ab diesem Zeitpunkt
2,55 Prozent (für Kinderlose 2,8 Prozent).
3.2 Ändern sich die Beiträge in der Privaten
Pflegepflichtversicherung?
Den Versicherungsschutz unserer Kunden passen wir
zum 1. Januar 2017 entsprechend den gesetzlichen
Vorgaben an. Aufgrund der erweiterten Leistungen wird
das PSG II auch Auswirkungen auf die Beiträge in der
Privaten Pflegepflichtversicherung haben.
Über die genaue Höhe von möglichen Beitragsveränder­
ungen können wir derzeit noch nichts Verbindliches
sagen.
3.3 Ändern sich die Beiträge in der
Pflegezusatzversicherung?
Ja, durch die Einführung des neuen Pflegebedürftig­
keitsbegriffs und die Umstellung der Pflegestufen in
Pflegegrade wird der Leistungsumfang erweitert
und dies führt zu geänderten Beiträgen bei den Pflegezusatzversicherungen.
Beispiel PflegePREMIUM Plus:
Für Versicherte, die in diesem Jahr abschließen ergeben
sich voraussichtlich geringe Beitragserhöhungen im
niedrigen Prozentbereich. Über die genaue Höhe infor­
mieren wir Sie rechtzeitig.
3.4 Werden bestehende Pflegezusatztarife
angepasst?
Ja, auch die bestehenden Pflegezusatzversicherungen
werden entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ange­
passt. Die bisherigen Pflegestufen werden durch Pflege­
grade ersetzt und neue Leistungssätze (prozentuale
Erstattung je Pflegegrad) festgelegt. Die durch den
Gesetzgeber vorgesehenen verbesserten Leistungen
werden auch hier berücksichtigt.
Beispiel PflegePREMIUM Plus:
Der Tarif leistet heute bei Feststellung eines erheblichen
allgemeinen Betreuungsbedarfs (Pflegestufe 0) sowie der
Feststellung der Pflegestufen I-III. Ab dem 1.1.2017 wird
der Tarif auf Pflegegrade angepasst und wird dann über
alle Pflegegrade, d. h. von Pflegegrad 1 (z. B. 10 Prozent
bis Pflegegrad 5 (100 Prozent) das vereinbarte Tagegeld
leisten.
3.5 Kann den Bedingungsänderungen wider­
sprochen werden?
Nein, die Kunden können den Bedingungsänderungen,
die durch das zweite Pflegestärkungsgesetz vorgegeben
und notwendig sind, nicht widersprechen.