42 Bildung BAUERNBLATT | 10. Dezember 2016 ■ Miteinander und voneinander lernen Puzzleteile fürs Leben: „Bausteine des Gelingens“ Mitte November richtete der Verband Landwirtschaftlicher Fachbildung (vlf) zum vierten Mal das Seminar „säen – wachsen – ernten“ aus. Dazu eingeladen waren Fachabsolventen und Meister des Jahrgangs 2016, die sich durch soziales Engagement und/oder gute Abschlüsse ausgezeichnet hatten. Ihnen allen wurde ein Persönlichkeitstraining zuteil. klärte einer der Teilnehmer zum Ende. Auch der Austausch in den Gruppenarbeiten wurde als hilfreich angesehen: „Die Tipps von den anderen Teilnehmern haben mich echt weitergebracht“, so eine Teilnehmerin. Kontakte knüpfen und Erfahrungsaustausch Am Abend konnten die Semi Im Seminar bekamen Teilnehnarteilnehmer im Gespräch mit mer die Gelegenheit, ihre persönUnternehmerpersönlichkeiten lichen Stärken zu analysieren und Miteinander und voneinander lernen ist ein wichtiger Bestandteil des Semi- aus dem Agrarbereich Menschen Fotos: Solveig Ohlmer und ihrer Lebenswege kennenleran der Fokussierung ihrer Ziele zu narkonzepts. arbeiten. Unterstützt wurnen. Als Gäste geladen den sie dabei von Kurt Hatwaren Birthe Mangelsen, tinger, der als Trainer für die die mit ihrer Familie einen Andreas-Hermes-Akademie Hofladen im Kreis Schlesextra aus Österreich angewig-Flensburg führt, Chrisreist war. In unterschiedlichen tian Brodersen, der in seiÜbungen zur Selbstreflexinem Betrieb Milchvieh, on lernten die jungen Leute, Futterbau und Biogas managt und sich im Vorstand neue Blickwinkel einzunehmen und dabei den Blick vor des vlf Nordfriesland engaallem auf sich selbst zu richten. giert, sowie Stefan Alexan„Ich habe gelernt, wie wichtig der, der als Geschäftsfühes ist, sich selbst einzuschät- In der Klöndeel bekamen die Teilnehmer und Unternehmerpersönlichkeiten die Gelegen- rer einer Firma für Stall-, zen und zu reflektieren“, er- heit zum gegenseitigen Austausch. Ute Volquardsen (r.), vlf, moderierte den Abend. Gülle- und Landtechnik Wie es zum Seminar „säen – wachsen – ernten“ kam Interview mit Carsten Piehl, Vorsitzender des vlf-Landesverbandes Das Seminar „säen – wachsen – ernten“ wurde dieses Jahr zum vierten Mal durchgeführt. Was hat Sie dazu veranlasst, dieses Angebot für Fachschulabsolventen auf den Weg zu bringen? Carsten Piehl: Ich habe selbst erfahren dürfen, wie es ist, wenn man gefördert wird. Dadurch habe ich das Selbstvertrauen bekommen, Aufgaben anzunehmen, die ich sonst nie in Betracht gezogen hätte. Durch Schulungen wie den Topkurs der Andreas-Hermes-Akademie habe ich an Selbstsicherheit gewonnen. Das hat meine Bereitschaft erhöht, Verantwortung zu übernehmen. Welches sind die wichtigsten Bausteine des Seminars in Ihren Augen? Äußerst wichtige Bausteine sind die Trainingseinheiten zur Persönlichkeitsbildung. Viele der Fachschulabsolventen haben hier zum ersten Mal die Gelegenheit, sich in Übungen mit ihren Stärken und Zielen zu beschäftigen. Doch auch der Unternehmerabend hat eine große Bedeutung. Die Personen, die da kommen, haben eben auch mal mit einer guten Ausbildung begonnen und sich dann etwas aufgebaut. Ihre Beispiele zeigen den jungen Leuten, die noch am Anfang ihrer Laufbahn stehen, dass es möglich ist, etwas zu erreichen. die Lydia-und-Hermann-Früchtenicht-Stiftung und der Qualifizierungsfonds für Land- und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein mit im Boot sind. Dazu kommt viel ehrenamtlicher Einsatz von allen Beteiligten. Wir stoßen da auf viel positive Resonanz und sind sehr dankbar, dass wir dadurch in der Lage sind, das Seminar durch zu führen. Sie haben bis jetzt in jedem Jahr auch selber Das eineinhalbtägige Carsten Piehl, vlf-Lan- teilgenommen. Gibt es Seminar ist für die Ab- desvorsitzender, ist für Sie denn noch etsolventinnen und Ab- es wichtig, engagier- was Neues zu lernen? solventen kostenlos. te junge Menschen Auch ich reflektiere mich selber immer Wie finanzieren Sie zu fördern. das Ganze? wieder. Deshalb nehWir führen fortwährend Gesprä- me ich aus den Wochenenden imche mit möglichen Partnern wegen mer auch etwas für mich mit. BeSponsoring. Wir freuen uns, dass sonders spannend finde ich die die Stiftung für Begabtenförde- Zusammensetzung der Gruppen rung der deutschen Landwirtschaft, von den Teilnehmern her. Jede Gruppe unterliegt einer anderen Dynamik. Das ist eine spannende Sache. Mir ist aber auch der persönliche Kontakt zu den jungen Menschen wichtig. Dann erfahre ich, ob wir mit unserem Angebot auf dem richtigen Weg sind. Warum würden Sie den zukünftigen Fachschülerinnen und -schülern oder Meisterinnen und Meistern, die eine Einladung erhalten werden, empfehlen, das Seminar zu besuchen? Die Einladung zu unserem Seminar ist ja eine Art Belohnung für gute Leistungen oder soziales Engagement. Ich kann nur jedem, der die Chance hat, empfehlen, einen Schritt aus der Komfortzone zu wagen und sich einzulassen. Versprechen kann ich, dass jeder der teilnimmt, seine Aha-Effekte haben und aus diesen anderthalb Tagen etwas schöpfen wird. Das Interview führte Solveig Ohlmer, vlf Schleswig-Holstein Bildung 43 ■ BAUERNBLATT | 10. Dezember 2016 zwischen Schleswig und Flensburg tätig ist, und Tobias Meyer, der einen größeren Milchvieh- und Futterbaubetrieb im Raum Plön bewirtschaftet. Das Statement eines Teilnehmers beim Austausch am Abend war: „Für Jungunternehmer sehr empfehlenswert!“ terten sie, aktiv zu werden: „ Jeder, der auch nur etwas im Ehrenamt tut, ist schon gut“, sagte Hauke Seydler. Alle beschrieben, wie sie an der Verantwortung ihres Amtes gewachsen seien und dass sie durch ihr Engagement auch viel zurückbekämen. Auf die Frage, wie hoch der Zeitaufwand für ihr Ehrenamt denn tatsächlich sei, antwortete Kathrin Rehders: „Ehrlich gesagt, kann ich das nicht sagen. Es ist viel, aber ich rechne die Zeit nicht auf. Es macht mir einfach Spaß!“ Ehrenämter unter die Lupe genommen Ehrenamt – wie schafft man das? Das war die Frage, die die Semi narteilnehmer bei der Diskussionsrunde „Stark für’s Ehrenamt“ am meisten bewegte. Zu der Ehrenamtsrunde waren Peter Levsen Johannsen, Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, Klaus-Peter Spannende Diskussion mit den Vertretern des Ehrenamts. Lucht, Vizepräsident des Bauernverbandes, Geschäftsführerein Kathrin Rehders von der Landjugend, Sylvia Bent von der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und Hauke Seydler, Vorsitzender des vlf Plön, gekommen. Sie stellten sich den Fragen der Teilnehmer und ermun- Solveig Ohlmer lf Landesverband v Schleswig-Holstein Tel.: 0 43 31-94 53-217 [email protected] Über Visionen, Ziele und den eigenen Blickwinkel Interview mit Kurt Hattinger, Trainer der Andreas-Hermes-Akademie Sie haben im Seminar „säen – welche Träume sie sich bereits Betrieb werden zum Beispiel klawachsen – ernten“ die-„Baustei- erfüllt haben. Das Bild einer Vi- re Zuständigkeiten verteilt. Für ne des Gelingens“ vorgestellt. sion ist auch vergleichbar mit ei- meine Mitarbeiter ist es wichWas meinen Sie damit? nem Luftballon: Wenn man ihn tig, selbstständig entscheiden zu Kurt Hattinger: Wir haben ge- zu stark aufbläst, droht er zu zer- dürfen. Dadurch haben sie mehr lernt, unsere Betriebe und Abläu- platzen. Aber ihn aus Angst zu Freude an ihrer Arbeit und sind fe optimal zu organisieren. Be- schwach aufzublasen, macht ihn motivierter. sonders im praktischen Bereich sind wir in der Lage, anhand von Forschung und Beratung bestmöglich zu reagieren. Damit wir unsere Ziele verwirklichen können und dabei zufrieden bleiben, ist es wichtig, dass wir uns auch als Menschen wahrnehmen und uns mit unseren Werten auseinandersetzen. Damit dies gelingt, sind für mich die fünf Bausteine Vision, Motivation, Konzentration, Haltung Kurt Hattinger von der AHA rückte seine „Bausteine des Gelingens“ in den Fokus. und Demut eine hilfreiche Brücke. Das schließt aber nicht unansehnlich und schlaff. Wir Als dritten Baustein haben sie die aus, dass es für jeden persönlich brauchen aber Visionen, denn Konzentration genannt. Warum noch weitere gibt. erst die Möglichkeit, einen Traum ist die Konzentration so wichtig? zu verwirklichen, macht unser LeKonzentration heißt für mich: Eine Vision ist laut Wikipedia ben lebenswert. Du brauchst nichts anderes als „das innere Bild einer Vorstellung genau das, was jetzt ist. Um etin Bezug auf die Zukunft“. Was Laut einer Redensart hat man was erreichen zu können, müsbedeutet eine Vision für Sie? Motivation oder hat man sie sen wir einen Fokus bilden. Wenn Eine Vision ist ein Bild von dem, nicht. Wie kann man es schaffen, wir einen Berg besteigen wolwo man hin will. Was will ich bis Motivation zu behalten? len, sollten wir das Gipfelkreuz zum Ende der eigenen berufliMan liebt das, wofür man sich im Auge behalten und uns nicht chen Tätigkeit geschafft oder er- müht, und man müht sich für das, durch Weggabelungen ablenschaffen haben? Was treibt mich was man liebt. Liebe ist einer un- ken lassen. Diese führen uns unwirklich an? In meinen Semina- serer stärksten inneren Antreiber. ter Umständen nur um den Berg ren fordere ich meine Teilneh- Es ist gut, wenn ich weiß, woraus herum. mer manchmal auf, eine Grabre- ich meine Kraft ziehe. Auch wenn de über sich selbst zu schreiben. ich jemanden in seiner Motivati- Wenn das Wort „Haltung“ fällt, Damit sollen sie sich darüber be- on unterstützen möchte, versu- richten sich viele Menschen erst wusst werden, was ihnen im Le- che ich herauszufinden, was ihr mal gerade auf. Warum ist Halben eigentlich wichtig ist und oder ihm wichtig ist. In unserem tung in Ihren Augen so wichtig? Es sind Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft, die uns fürs Leben die richtige Haltung geben. Für mich bedeutet Haltung, Rückgrat zu zeigen. Wir sollten zu uns selbst stehen, zu unserem Umfeld und zu unserer Berufung, zum Beispiel als Landwirt. Eine aufrechte Haltung hilft uns, bei Angriffen Gelassenheit zu bewahren. Außerdem reagiert unser Körper, wenn wir bewusst eine aufrechte Haltung einnehmen, wir strahlen viel mehr Tatkraft und Zuversicht aus und spüren das auch in uns selbst. Zu guter Letzt führen Sie die Demut ins Feld. Der Begriff kann ja ganz unterschiedlich behaftet sein. Welche Bedeutung geben Sie ihr? Demut ist die Fähigkeit, auch zu den kleinsten Dingen des Lebens emporzusehen. Unsere Natur bietet dafür zahlreiche Beispiele, und gerade wir in den grünen Bereichen sind da ja privilegiert. Neben der Dankbarkeit für unsere Schöpfung ist auch die Dankbarkeit für das eigene Sein ein wichtiger Part. Wenn Sie ein Maßband aus Papier an den Stellen, die ihr jetziges Alter markieren und das Alter, das Sie erreichen wollen, reißen, wird Ihnen die Endlichkeit des Lebens bewusst. Aber am ersten Abschnitt sehen Sie auch, was Sie im Leben schon bekommen haben, und dafür dürfen Sie dankbar sein. Das Interview führte Solveig Ohlmer, vlf Schleswig-Holstein
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