ausführliche Version - Leipzig Plus Kultur

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Solveig Hoffmann
Clara Minckwitz
Sophie Renz
Julia Schlesinger
Hanin Tischer
Sebastian Weber
Michael Wehren
Leipzigs Kulturförderung
modernisieren!
FORDERUNGEN DER SPARTE DARSTELLENDE KUNST
DER INITIATIVE LEIPZIG + KULTUR
Die freien Darstellenden Künstler in Leipzig brauchen:
1. Zusätzliche Fördermodelle
In Leipzig wird die Freie Tanz- und Theaterszene durch die „Projektförderung“ (für einzelne Produktionen)
und die „Institutionelle Förderung“ (für wichtige Häuser, Festivals,Vereine) gefördert. Das ist gut.
Eine moderne Förderpolitik braucht aber weitere, aufeinander abgestimmte Fördermaßnahmen. Für eine
effiziente und nachhaltige Entwicklung der Freien Szene muss Leipzig seine Fördermodelle erweitern und
umsetzen, was sich in anderen Städten bereits bewährt hat. Der Beschluss der Rahmenrichtlinie und die
kommende Neufassung der Fachförderrichtlinie bieten dazu jetzt die Gelegenheit.
Nötig sind folgende Ergänzungen.
GASTSPIELFÖRDERUNG
WAS?
Eine Förderung von Gastspielen und Wiederaufnahmen von Leipziger Produktionen in- und außerhalb Leipzigs.
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Gefördert werden Leipziger Produktionen mit hohem künstlerischen Wert, wenn
die überregionale Sichtbarkeit Leipziger Tanz- und Theatermacher erhöht wird oder
neue Publikumsschichten erreicht werden oder
den Künstlern Zugang zu neuen Netzwerken, Festivals oder Häusern ermöglicht wird oder
sich für die Wiederaufnahme / das Gastspiel eine außerordentliche, aktuelle Relevanz ergeben hat.
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WARUM?
Gastspiele und Wiederaufnahmen halten Ensembles spielfähig und helfen, dauerhafte Strukturen zu schaffen, sie erhöhen die überregionale Sichtbarkeit der Leipziger Szene und lassen
nachhaltige Netzwerke und Partnerschaften entstehen.
Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist eine Gastspielförderung ideal, da nur Stücke gefördert werden, deren hohe Qualität in Leipziger Aufführungen bereits bewiesen wurde.
Hier kann man mit relativ geringem Finanzaufwand viel Gutes tun.
KLEINGEDRUCKTES
Zuwendungen für Wiederaufnahmen werden auf dem Verwaltungsweg (d.h ohne Juryverfahren) vergeben. Für den
Antrag ist der Nachweis einer Einladung zum Gastspiel / der Wiederaufnahme zu erbringen. Zuschussfähig sind
maximal 70% der Summe der Honorare, Reise- und Übernachtungskosten der Leipziger Produktion. Der Finanzierungsplan muss angemessene Honorare vorsehen.
ARGUMENTE:
Um einen Abfluss städtischer Fördermittel zu vermeiden, könnte man den Zuschuss auf den Anteil der Gastspielkosten begrenzen, der als Honorare an die Leipziger Künstler zurückfließt.
KONZEPTFÖRDERUNG
WAS?
Eine mindestens dreijährige Förderung für Tanz- und Theatergruppen.
Die Konzeptförderung gibt Tanz- und Theaterschaffenden, die bereits eine mehrjährige erfolgreiche Arbeit nachgewiesen haben, die Möglichkeit, ihre künstlerische Linie weiterzuentwickeln und zu vervollkommnen.
WARUM?
Die Konzeptförderung festigt Strukturen und ermöglicht längerfristige Perspektiven. Sie bietet die Planungssicherheit, die nötig ist, um stabile Ensemblestrukturen, größere künstlerische Visionen und dauerhafte Partnerschaften unter gesicherten Arbeitsbedingungen zu
entwickeln. Große Konzepte lassen sich mitunter nicht binnen Jahresfrist umsetzen. Die
mehrjährige Förderung der Stadt komplementiert mehrjährige Förderungen auf Landes- und
Bundesebene.
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KLEINGEDRUCKTES
Antragsberechtigt sind Theater- und Tanzschaffende,
die eine mehrjährige, individuell ausgeprägte Arbeit in Leipzig nachweisen,
deren Arbeit regional und überregional öffentliche Resonanz findet,
die durch ihre bisherige Tätigkeit darlegen können, professionell künstlerisch auf qualitativ hohem Niveau zu arbeiten und
die über ein leistungsfähiges organisatorisches Potential verfügen.
Der Antrag muss die längerfristige Perspektive der künstlerischen Arbeit, ihre Zielsetzung und den Weg der Umsetzung in einem schlüssigen Konzept für die kommenden drei Jahre darlegen. Eine positive Entscheidung auf Konzeptförderung besteht in der Zusage, den antragstellenden Künstler_innen drei Jahre lang jährliche Zuwendungen
in gleicher Höhe zu gewähren. Werden Mittel im ersten oder zweiten Jahr nicht verbraucht, sollen sie im Folgejahr
wieder bereitgestellt werden. Die Höhe der jährlichen Förderung beträgt mindestens 20.000 Euro.
Es wird erwartet, dass im Rahmen der Konzeptförderung geförderte Künstlerinnen und Künstler über die Dauer
der Förderung künstlerische Präsenz in Leipzig zeigen – beispielsweise durch Aufführungen, Werkschauen, Film-Releases, etc. – und dass das künstlerische Vorhaben insgesamt ein ausreichend großes Publikum erreicht.
Nach einer zweijährigen Beobachtungszeit wird von der Fachjury eine Aussage darüber gemacht, ob die bisherige
Arbeit der geförderten Tanz- und Theaterschaffenden den Erwartungen der Jury, gemessen an den Zielvorgaben
des Antrags, entsprochen hat. Die Aussage wird den betroffenen Künstlerinnen und Künstlern in geeigneter Weise
bekannt gemacht.
Sollte es wegen des Leipziger Doppelhaushalts verfahrenstechnisch nötig sein, lässt sich die Konzeptförderung auch
als vierjährige Förderung umsetzen.
Positionspapier Fördermittel Sparte DAKU aus L+K | Seite 2
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ARGUMENTE
Die Konzeptförderung des Freistaates Sachsen setzt 50.000 Euro eigene oder Drittmittel pro Jahr voraus und ist
damit für die meisten Leipziger Gruppen nicht erreichbar.
STIPENDIEN
WAS?
Individuelle (Arbeits-) Stipendien für die Dauer von 3 oder 6 Monaten
Stipendien unterstützen einzelne Theater- und Tanzschaffende beispielsweise beim Erarbeiten einer neuen Projektidee oder bei der Weiterentwicklung künstlerischer Konzepte.
WARUM?
Recherchen, Experimente und Studien sind zur Entwicklung von Konzepten, aber auch zur
allgemeinen Schärfung des künstlerischen Ausdrucks unbedingt notwendig. Es ist (auch
förderökonomisch) nicht sinnvoll, dem nur INNERHALB von Projekten Raum zu geben.
Stattdessen öffnet ein Stipendium wichtige Freiräume abseits des unmittelbaren Produktionsdrucks. Mit relativ geringem finanziellen Einsatz werden so Nachhaltigkeit und Qualität
verbessert.
KLEINGEDRUCKTES
Über die Vergabe entscheidet die Fachjury. Beim Entwurf des Antragsverfahrens kann man sich an den Stipendien
der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen orientieren.
DEBÜTFÖRDERUNG
WAS?
Eine auf die Bedürfnisse von Berufseinsteigern angepasste Projektförderung im
Bereich Theater oder Tanz
Gefördert werden erste professionelle Projekte, deren künstlerischer Ansatz und qualitativer Anspruch von der Jury als eigenständig und künstlerisch erfolgversprechend beurteilt
werden.
WARUM?
Möglichkeiten und Bedürfnisse von Berufseinsteigern unterscheiden sich von denen etablierter Künstler. Dem muss durch angepasste Kriterien Rechnung getragen werden, zum Beispiel indem auf den Nachweis mehrerer erfolgreicher vorangegangener Arbeiten verzichtet
wird. Es wäre nicht fair, die Berufseinsteiger in einen direkten Wettbewerb mit arrivierten
Künstlern und Ensembles zu stellen. Gleichzeitig ist eine erfolgreiche Förderung im Nachwuchsbereich für eine nachhaltige Entwicklung der Freien Szene in Leipzig wichtig.
KLEINGEDRUCKTES
Im Wesentlichen gelten die Verfahren und Richtlinien der Projektförderung. Die Kriterien werden an die Möglichkeiten von Berufseinsteigern angepasst.
Positionspapier Fördermittel Sparte DAKU aus L+K | Seite 3
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2. AUSWAHLVERFAHREN
Leipzig braucht einen modernen und transparenten Weg zu Förderentscheidungen mit klaren Kriterien
und Konzepten, die aus einem stetigen Dialog zwischen Politik, Künstlern und Verwaltung entstehen.
FACHJURY
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Die bisherigen „Fachbeiräte“ sollen durch Fachjurys ersetzt werden, die weitgehend abschließend
entscheiden, ob und in welcher Höhe Anträge auf Förderung bewilligt werden.
Die Fachjury Darstellende Kunst besteht aus mindestens 5, höchstens 7 Personen, die mit der Freien
Szene Leipzigs vertraut sind und die verschiedenen Erscheinungsformen der Sparten beobachten und
begutachten können.
Die Zusammensetzung der Jury ist öffentlich.
Für die Zusammensetzung der Jury hat die Freie Szene ein Vorschlagsrecht. Dabei wird folgendes
Verfahren praktiziert: die Freie Szene schlägt bis zu vier ihnen geeignete Kandidatinnen für die Jury
vor. Das Kulturamt wählt mindestens zwei der Kandidaten für die Jury aus.
Die Sachbearbeiterin Darstellende Kunst des Kulturamts sitzt der Jury ohne Stimmrecht beratend
bei.
Jährlich wird ein Drittel der Jury neu besetzt. Ein Jurymitglied kann der Jury nicht länger als fünf Jahre
in Folge angehören.
Die Jury ist nach Möglichkeit geschlechterparitätisch besetzt.
KRITERIEN
Der Katalog der Förderkriterien muss modernisiert bzw. erstellt und nach den jeweiligen Förderformaten
differenziert werden. Zentrales Bewertungskriterium ist ausschließlich Qualität.
Klare Kriterien sind für Antragsteller und Juroren zwingend nötig. Aktuell sind lediglich „Voraussetzungen“
für Förderungen definiert. Dort finden sich Formulierungen wie „Projekte im Rahmen eines eigenen Spielbetriebs“ oder „Projekte genreübergreifender Art mit Schwerpunkt in der darstellenden Kunst“. Diese
Formulierungen sind als Kriterien nicht hilfreich und nicht verständlich.
KLEINGEDRUCKT
Sinnvolle Kriterien bei der Vergabe von Fördermitteln sind:
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Ästhetische Eigenständigkeit, Innovation und Qualität des künstlerischen Vorhabens
Originalität und Gehalt des Themas oder Konzepts
dramaturgisch schlüssige, methodisch überzeugende Umsetzung des Konzepts
Relevanz der Produktion zu aktuellen gesellschaftlichen oder künstlerischen Diskursen
Beitrag zur Sichtbarkeit der zeitgenössischen darstellenden Kunst Leipzigs in der Öffentlichkeit
Künstlerische Qualität der bisher gezeigten Arbeiten, Qualifikation der Mitwirkenden
Je nach Förderformat (Projektförderung, Stipendium, Konzeptförderung, etc.) gelten leicht abweichende Kriterien, bzw. werden die
Kriterien unterschiedlich gewichtet.
Die Festlegung jährlicher Förderschwerpunkte halten wir nicht für sinnvoll.
Kleinkunst wie z.B. Kabarett, Comedy, Variete, Show und Zirkus werden nicht gefördert.
Positionspapier Fördermittel Sparte DAKU aus L+K | Seite 4
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3. EVALUIERUNG der FÖRDERSTRATEGIEN
Nicht nur die geförderten Projekte müssen evaluiert werden, sondern auch die Wirksamkeit der städtischen Förderung als solche. Sind die Fördermodelle richtig? Funktioniert die Praxis so, wie die Theorie es
sich wünscht?
Alle fünf Jahre soll die Wirksamkeit der Fördermodelle und -methoden evaluiert werden. Dabei soll ein
Team aus Wissenschaft, Verwaltung und Experten der Freien Szene
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bewerten, inwieweit die angewendeten Fördermodelle geholfen haben, die Ziele der städtischen
Kulturentwicklung und die Ziele der einzelnen Förderinstrumente zu erreichen
bewerten, inwieweit sich die formalen Bewerbungs-, Entscheidungs- und Auswertungsverfahren in
der Praxis bewährt haben
gegebenenfalls Handlungsempfehlungen für Verbesserungen der Förderverfahren formulieren
Statistische Informationen, die zu einer solchen Evaluierung nötig sind – etwa Anzahl Bewerbungen, Anzahl Förderungen, Höhe der Fördersummen – werden jährlich vom Kulturamt in einer Förderdatenbank
erfasst.
Zusätzliche relevante Informationen aus den geförderten Projekten – etwa die Anzahl der durch eine
Gastspielförderung ermöglichten Aufführungen oder die öffentliche Resonanz geförderter Projekte – werden in einem Statistikformular im Sachbericht abgefragt und ebenfalls statistisch ausgewertet.
KLEINGEDRUCKT
Zur Evaluierung der Fördermodelle ist die klare Formulierung von Förderzielen notwendig. Die kulturpolitischen Ziele sollten im
Kulturentwicklungsplan spartenspezifisch festgeschrieben und aktualisiert werden. Solange das nicht der Fall ist, gelten die innerhalb
der einzelnen Fördermodelle festgeschriebenen Zielsetzungen. Die Evaluation der Fördermodelle ist unabhängig von der Bewertung
der einzelnen, geförderten Projekte.
4. HONORARUNTERGRENZEN
In der Bewertung von Projektanträgen muss eine angemessene Vergütung der am Projekt beteiligten
Künstler berücksichtigt werden.
Projekte, die angemessene Honoraruntergrenzen unterschreiten, sind formal zurückzuweisen. Die Höhe
der Förderung muss insgesamt so bemessen sein, dass eine faire Bezahlung der beteiligten Künstler möglich ist und auch tatsächlich erfolgt.
Positionspapier Fördermittel Sparte DAKU aus L+K | Seite 5