Dr. Werner Hartmann: Erfinderleben mit enormer

Erfinderleben mit enormer Bandbreite
Neue Schaltröhren sind das Spezialgebiet
von Dr. Werner Hartmann. Außerdem ist
das Universalgenie noch in vielen anderen
Bereichen innovativ tätig.
Sein ganzes Berufsleben lang hat Werner Hartmann eine Erfindung nach der anderen
gemacht. Erstaunlich ist vor allem die Bandbreite seiner Ideen, die von Vakuum­
schalttechnik für den Energiesektor bis zu neuen Verfahren für den Bergbau, die Autound sogar die Nahrungsmittelindustrie reicht. Sein Credo: »Blicke immer über den
­Tellerrand hinaus, und zwar so weit wie möglich.« Für seine Verdienste wurde er als
­Erfinder des Jahres 2016 in der Kategorie Lebenswerk ausgezeichnet.
Dr. Werner Hartmann
Principal Key Expert Vakuumschalttechnik bei Corporate Technology,
Erlangen
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Blitzeinschlag ein Lichtbogen entsteht, hat er sich eingehend
beschäftigt. Das bisher eingesetzte Schwefelhexafluoridgas
(SF6) ist eines der wirksamsten Treibhausgase und soll des­
halb in Zukunft nicht mehr verwendet werden. Hartmann
arbeitet an Lösungen, bei denen ganz einfach Luft für die
Isolierung sorgt.
Für die neue Hochspannungs-Vakuumschaltröhre hat Hart­
mann zusammen mit seinem Team das Design entwickelt,
»denn es war wichtig, dass wir so kompakt wie möglich ar­
beiten«. Bereits 2010 wurde die neue Vakuumschaltröhre auf
der Hannover Messe vorgestellt, eine Version für 72.000 Volt
wird zurzeit an fünf Standorten in Hochspannungs­netzen
erprobt.
Dr. Werner Hartmann
Erfinder des Jahres 2016
»Wir brauchen innovative
Technologien für den
Hochspannungsbereich,
um die Energiewende
zu sichern.«
Er sei bereits als Kind sehr neugierig gewesen, erzählt Hart­
mann, und offensichtlich hat er sich diese Charaktereigen­
schaft erhalten. Sobald ihn eine Idee anspringt – was meis­
tens sehr unerwartet passiere –, kann Hartmann gar nicht
anders, er muss herausfinden, ob das auch realisierbar ist.
Der hohe Energieaufwand, der anfällt, um Autobleche in
Form zu pressen, müsse eigentlich nicht sein. Warum die
Bleche nicht mittels Magnetfeld in die Form ziehen? Eine von
ihm und seinem Team entwickelte Anlage macht das elegant
und wesentlich stromsparender. Edelmetalle kann man
ebenfalls mittels Magneten schnell und effizient von Ge­
stein trennen, gepulste Hochspannungsanlage ziehen den
Feinstaub aus den Emissionen von Kraftwerken – alles Ideen,
für die Hartmann im Laufe der Jahre bei Siemens technische
Lösungen zumindest so weit erfunden und entwickelt hat,
dass er ihre Machbarkeit beweisen konnte. Nicht alles ist
letztlich realisiert worden – »aber das gehört zu einem For­
scherleben dazu«.
Kurz nach seiner Promotion war Hartmann in den 80er-Jah­
ren mit seiner Familie nach Los Angeles gezogen, um an der
Universität zu arbeiten. Man wollte ihn nicht mehr gehen
lassen und bot ihm Stellen an den renommierten For­
schungseinrichtungen CALTEC und Massachusetts Institute
of Technology (MIT) an, was ein junger Forscher eigentlich
nicht ablehnen kann. Hartmann konnte. Er und seine Familie
Diese Art der Schaltungstechnik setzte sich seit den 1970er-­ wollten lieber zurück ins beschauliche Franken – „eine Ent­
Jahren vor allem im Nieder- und Mittelspannungsbereich scheidung, die wir keine Sekunde bereut haben“.
durch. Praktisch alle Stromnetzbetreiber setzen zu über
80 Prozent auf diese Technologie. Und sie wird aber auch im Seine Berufstätigkeit bei Siemens empfand Hartmann als
Hochspannungsbereich in Zukunft eine wichtige Rolle spie­ sehr beglückend – und erfolgreich, was die 218 Erfindungs­
len: »In unserer neuen Energieversorgungslandschaft wird meldungen sowie die 383 Einzelpatente in 194 Schutz­
es viel mehr Hochspannungsleitungen geben, deren ein­ rechtsfamilien zeigen. „Ich konnte mich hier völlig frei ent­
zelne Abschnitte häufig miteinander verbunden oder ge­ falten, bekam immer die nötige Unterstützung.“ In naher
trennt werden müssen«, ist sich Hartmann sicher. Versagt in Zukunft zieht sich Hartmann aus gesundheitlichen Gründen
einem solchen Netzabschnitt die Schaltung, können ganze etwas vorzeitig in den Ruhestand zurück. Langweilig wird es
Städte oder Industrieanlagen plötzlich ohne Strom sein. ihm aber nicht werden, denn neugierig ist der Erfinder im­
Hartmanns Erfindungen tragen wesentlich dazu bei, dass mer noch. Und neugierigen Menschen wird nie langweilig.
dies in Zukunft noch seltener passiert.
Erfahrung, Geduld und Kreativität braucht man als Forscher,
dazu die Bereitschaft, seine Ideen mit möglichst vielen
­Menschen zu teilen, davon ist Hartmann überzeugt. Und das
richtige Arbeitsumfeld, das er persönlich bei Corporate Tech­
nology in Erlangen gefunden hat. Hier forscht und berät er
als Principal Key Expert zum Thema Vakuumschalttechnik.
SIEMENS.DE/ERFINDER
Seine Forschungen beschäftigen sich insbesondere mit den
Metallen Kupfer und Chrom, aus denen die Kontaktflächen
der Schaltungsröhren bestehen und für die er neue Legie­
rungen und Verfahren testet. Auch mit dem Isoliergas, das
in der Schalttechnik eingesetzt wird und verhindert, dass bei
SIEMENS.COM/PRESSE/INNO2016
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