Neues Denken, statt Angst zu scheitern Physiker erhält Förderung

URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM161208_Pfeiffer.pdf
Neues Denken, statt Angst zu scheitern
Physiker erhält Förderung von der VolkswagenStiftung für gewagte
Forschungsidee
Foto: Jan-Peter Kasper
Prof. Dr. Adrian Pfeiffer erhält für seine gewagte Forschungsidee eine Förderung von der
VolkswagenStiftung. Im Laserlabor untersucht er Lichtpulse bis auf Attosekundengenauigkeit.
"Zwei Attosekunden verhalten sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zum Alter des
Universums." Was Prof. Dr. Adrian Pfeiffer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit diesem
Bild beschreibt, ist ein kaum vorstellbarer kleiner Zeitraum: Eine Attosekunde ist der milliardste Teil
einer milliardstel Sekunde. Dass Experimente in einem solch kleinen Zeitfenster nicht immer
vorhersehbar sind, versteht sich fast von selbst. Nichtsdestotrotz möchte der Jenaer
Juniorprofessor für Attosekunden-Laserphysik seine Forschungen zur Attosekunde ausweiten.
Dabei wird er nun von der VolkswagenStiftung unterstützt, deren Förderinitiative Experiment!
Forschungsideen mit ungewissem Ausgang ermöglicht.
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Frei nach dem Prinzip "Mut wird belohnt" fordert Experiment! Wissenschaftler zu
außergewöhnlichen Herangehensweisen an gewagte Forschungsansätze auf und wertet ein
Misslingen des Projekts nicht als Scheitern, sondern als Lernerfolg. Dies veranlasste Pfeiffer, sich
zu bewerben: "Ich hatte eine neue Idee, die riskant und noch nicht etabliert ist und gut dazu passt."
Das fanden auch die Juroren der Stiftung, die Pfeiffer Fördermittel in Höhe von 100.000 Euro
bewilligten - was neben ihm nur 17 weiteren von 544 Bewerbern gelungen ist.
Das gewagte Experiment
Pfeiffers Projekt beschäftigt sich mit sogenannter "Subzyklen-aufgelöster nichtlinearer
Spektroskopie" und erfordert, wie er erklärt, radikales Umdenken. Konkret wird er ab Januar
untersuchen, wie lange eine Gruppe von Lichtpulsen von ihrem Entstehungsort bis zum Aufprall
auf einem Detektor braucht. Im Labor bedeutet dies, dass Pfeiffer einen Laserpuls losschickt, der
durch ein Interferometer zweigeteilt und rekombiniert wird. Um Rückschlüsse auf Zeitskalen von
Elektronenbewegungen in gebundenen Systemen ziehen zu können, lässt er die beiden Pulse
dann auf eine Probe des zu untersuchenden Materials treffen. Dort werden durch Nichtlinearität
zwei zusätzliche, schwächere Pulse erzeugt. Von zentralem Interesse ist für ihn, wie viel Zeit
zwischen den beiden ursprünglichen, starken und den beiden neuen, schwächeren Pulsen liegt,
wenn alle vier beim Detektor, einer Kamera, eintreffen.
Das Problem des Versuchs liegt in der Ungenauigkeit der Messung, denn alle Optiken, die
zwischen der Probe und der Kamera liegen, bringen bestimmte Oberflächenbeschaffenheiten mit.
"Keine Oberfläche ist zu 100 Prozent glatt, mit Abweichungen von etwa 60 Nanometern muss man
auch bei Präzisionsoptiken rechnen. Da dies bei Lichtgeschwindigkeit die Laufzeit der Pulse um
mehrere Hundert Attosekunden verschiebt, kann man über die Zeitabläufe in der Probe nichts
mehr mit Attosekundengenauigkeit herausfinden", erklärt der junge Physiker. Innovativ ist nun,
dass er den Versuch dennoch durchführt - und zwar mit Motorisierung aller Optiken zwischen
Probe und Kamera. Durch zahlreiche Wiederholungen des Experiments geht Pfeiffer davon aus,
dass der ermittelte Durchschnitt beim Auftreffen der ursprünglichen und der erzeugten Lichtpulse
dem tatsächlichen Zeitunterschied zwischen ihnen entsprechen sollte. Wo die Grenzen für die
Genauigkeit bei dieser Methode liegen und wodurch diese verursacht werden, wird sich während
des Projektes zeigen. Im Ergebnis gilt es herauszufinden, wie schnell Elektronen in
unterschiedlichen Materialien, wie z. B. dünnen Gläsern oder Kristallen, auf intensives Licht
reagieren.
Risiko besteht nicht im Scheitern
Dass er mit seinem Projekt wirklich scheitert, glaubt der 37-Jährige nicht mehr. Seit dem
Einreichen des Förderantrags im Juni seien er und seine Doktoranden Christoph Leithold und Jan
Reislöhner gut vorangekommen. "Die Fragen sind eher: Wie interessant sind die Daten am Ende?
Wird die Wissensbasis der Menschheit dadurch sinnvoll ergänzt?", erzählt Pfeiffer. Er geht
inzwischen davon aus, dass das Experiment glückt, wobei er allerdings in der Aussagekraft der
Daten ein Risiko sieht. Es könnte sich z. B. herausstellen, dass die Daten bei allen untersuchten
Proben immer gleichbleiben, statt materialspezifische Einblicke zu gewähren.
Adrian Pfeiffer wurde auf dem Gebiet der Attosekundenphysik an der ETH Zürich promoviert und
hat danach als Postdoc am Lawrence Berkeley National Laboratory geforscht. Seit 2013 leitet er
eine Arbeitsgruppe an der Universität Jena und entwickelt innovative Konzepte wie dieses für die
Ultrakurzzeit-Spektroskopie und -Pulserzeugung.
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Seit 2013 vergibt die VolkswagenStiftung mit der Förderinitiative Experiment! bis zu 100.000 Euro
an Projekte mit bahnbrechenden Ansätzen; die Förderdauer beträgt 18 Monate. Die Vorschläge
werden einer Jury anonymisiert vorgelegt, so dass allein die Projektidee zählt. Im Fall eines nicht
gelingenden Experiments gilt die Erläuterung der Hindernisgründe ebenfalls als gewünschtes
Ergebnis.
Kontakt:
Jun.-Prof. Dr. Adrian N. Pfeiffer
Institut für Optik und Quantenelektronik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Max-Wien-Platz 1, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 947220
E-Mail: [email protected]
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