ARBEITSRECHT DEZEMBER 2016 Neue Regelungen ab 2017 - nicht nur im Arbeitsrecht 1. Arbeitsrecht a) Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) Das AÜG regelt die rechtlichen Voraussetzungen der Arbeitnehmerüberlassung. Wesentliches Merkmal der Arbeitnehmerüberlassung ist, dass Arbeitsvertrag und Arbeitsleistung vertraglich grundsätzlich auseinanderfallen. Der Arbeitnehmer (Leiharbeiter) schließt den Arbeitsvertrag nämlich mit dem Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher) und erbringt seine Arbeitsleistung bei dem Kunden des Zeitarbeitsunternehmens (Entleiher). Die Änderungen im neuen AÜG sollen insbesondere den Missbrauch bei der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung durch Scheinwerkverträge eindämmen. Darüber hinaus soll durch die Änderungen die Stellung der Leiharbeiter gestärkt werden, insbesondere was die Überlassungshöchstdauer beim Entleiher betrifft, bevor der Entleiher den Leiharbeiter fest übernehmen muss. Allerdings soll es auch hier Ausnahmen geben, wenn der Leiharbeiter keine Tätigkeiten ausübt, die von der streikenden Stammbelegschaft ausgeführt werden. Verboten wird nun auch die “Fallschirmlösung”, mit der sich sehr viele Dienstleister gegen eine mögliche unzulässige Arbeitnehmerüberlassung abgesichert hatten. Sie schlossen ihre Verträge als Dienst- oder Werkverträge und konnten dann, wenn sich eine Tätigkeit im Nachhinein als Arbeitnehmerüberlassung herausstellte, noch immer ihre auf Vorrat beantragte Erlaubnis vorweisen. Das geht zukünftig nicht mehr, denn das Gesetz verlangt im Voraus eine Festlegung auf Dienst-/Werkvertrag oder Arbeitnehmerüberlassung. Liegt Arbeitnehmerüberlassung ohne entsprechende Bezeichnung vor, drohen Bußgelder selbst dann, wenn der Dienstleister eine ANÜ-Erlaubnis besitzen sollte. b) Neues Mutterschutzgesetz (MuSchG) Am 01.01.2017 tritt das neue MuSchG in Kraft. Die wesentlichen Änderungen sind: Leiharbeiter sollen künftig nur noch bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten beim Entleiher eingesetzt werden können. Allerdings können in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung abweichende Regelung getroffen werden. Weiterhin sollen Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgelts künftig nach 9 Monaten mit den Stammarbeitern gleichgestellt werden (Equal Pay). Allerdings sind auch hier Abweichungen möglich, wenn durch Tarifvertrag sichergestellt ist, dass Leiharbeiter innerhalb von 15 Einsatzmonaten (nicht Überlassungsmonaten!) stufenweise das Arbeitsentgelt der Stammbelegschaft erreichen. Dabei kann zusätzlich noch vereinbart werden, dass die 15monatige Einsatzzeit erst ab einer Einarbeitungszeit von 6 Wochen beginnt. Leiharbeiter dürfen zukünftig zwingend nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden. Streikbrecher werden häufig als Ersatz für die streikende Stammbelegschaft eingesetzt. Bisher liegt die Entscheidung über den Einsatz als Streikbrecher noch in der freien Entscheidung des Leiharbeiters, denn dieser muss durch seinen Verleiher darauf aufmerksam gemacht werden, dass er es grundsätzlich ablehnen könnte, als Streikbrecher eingesetzt zu werden. Durch die Änderung im AÜG soll der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher nun auch trotz Zustimmung des Leiharbeiters unerlaubt sein. c) erstmals auch Mutterschutz für Schüler, Studierende, Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes, Entwicklungshelfer und Praktikanten Frauen, die ein behindertes Kind zur Welt bringen, haben künftig Anspruch auf einen verlängerten Mutterschutz von 12 statt 8 Wochen nach der Geburt Kündigungsschutz von 4 Monaten auch bei einer nach der zwölften Schwangerschaftswoche erlittenen Fehlgeburt Nachtarbeit bis 22:00 Uhr sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen sollen nun bei ausdrücklichem Wunsch der Schwangeren möglich sein; in diesen Fällen bedarf es keiner behördlichen Genehmigung mehr, eine Meldung ist jedoch erforderlich Reform der Pflegestufen Nachdem die Kritik an dem bisherigen Pflegestufensystem laut wurde, entschloss man sich dazu, neue Pflegegrade einzuführen. Dies soll vor allem dazu dienen, den Bedürfnissen Pflegebedürftiger mit eingeschränkter Alltagskompetenz, also insbesondere Menschen mit Demenz, gerecht zu werden. Die Vorteile der Reform im Überblick: stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse von Demenzkranken im Durchschnitt höhere Leistungen neue Begutachtungskriterien Angleichung der Leistungen an die Preisentwicklung insgesamt mehr verfügbare Gelder für die Pflege d) Mindestlohn steigt Der gesetzliche Mindestlohn steigt ab dem 01.01.2017 8,50 € auf 8,84 € pro Stunde. Die meisten Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn gelten weiterhin, und zwar für: Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung Auszubildende - unabhängig von ihrem Alter - im Rahmen der Berufsausbildung Langzeitarbeitslose während der ersten 6 Monate ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit Praktikanten, wenn das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung stattfindet Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von 3 Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums dient Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zu einer Berufsausbildung oder an einer anderen Berufsbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz teilnehmen und ehrenamtlich Tätige Zeitungszusteller erhalten ab dem 01.01.2017 pro Stunde 8,50 € und 8,84 € ab dem 01.01.2018. Für eine Übergangsfrist kann durch Tarifverträge mit Branchen-Mindestlöhnen, die bereits vor Einführung des Mindestlohngesetzes unter dem gesetzlichen Mindestlohn lagen, vom gesetzlichen Mindestlohn abgewichen werden. 2017 ist das noch für folgende Branchen relevant: Wäschereidienstleistungen im Objektkundenbereich Ost und Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau. 2. Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – Neue Informationspflichten für Unternehmen Am 01.04.2016 ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Kraft getreten. Das VSBG gilt für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern und soll zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung beitragen. Die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle ist zuständig für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer oder eine Streitigkeit darüber, ob ein solches Vertragsverhältnis überhaupt besteht. Dabei sind allerdings auch einige Bereiche von der Zuständigkeit nicht erfasst. Das sind z. B. Streitigkeiten aus Verträgen über Gesundheitsdienstleistungen und arbeitsvertragliche Streitigkeiten. Das VSBG sieht zudem weitere Informationspflichten nach §§ 36, 37 VSBG für Online-Händler vor. Danach muss ein Online-Händler, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, den Verbraucher darüber informieren, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Diese Informationen müssen dem Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich etwa auf der Webseite des Unternehmens und/oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis gelangen. Hat sich der Online-Händler zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet oder ist er aufgrund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet, muss er die Verbraucher darüber mit Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle informieren. 3. Änderungen im Bauvertragsrecht Durch einen Entwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz ist die „Reform des Bauvertragsrechtes und zur Mängelhaftung“ geplant. Die gesetzlichen Änderungen sollen zu einem noch zu bestimmenden Zeitraum Anfang 2017 in Kraft treten. Geplant ist die Aufnahme separater Kapitel in das BGB, so dass das Werkvertragsrecht quasi neu gestaltet wird. Dabei sollen die Vertragsarten Bauvertrag, Verbraucherbauvertrag, Architektenvertrag und Ingenieurvertrag sowie Bauträgervertrag als selbständige Vertragstypen kodifiziert werden. Für Verbraucherbauverträge soll - außerhalb des Fernabsatzgeschäftes - ein separates Widerrufsrecht und eine entsprechende Pflicht des Unternehmers zur Widerrufsbelehrung gesetzlich gestaltet werden. Zudem soll der Unternehmer verpflichtet werden, dem Verbraucher vor Vertragsabschluss eine Baubeschreibung mit bestimmten Mindestanforderungen zur Verfügung zu stellen. Auch Dokumentationspflichten und Herausgabepflichten sollen auf den Unternehmer zukommen, insbesondere in Bezug auf Unterlagen, die zum Nachweis der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften oder zur Erlangung eines Kredites benötigt werden.
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