Newsletter VA - Wiener Versicherungsagenten

AGENT-LETTER
Ausgabe 11/2016
INFORMATIONEN DES FACHVERBANDES DER VERSICHERUNGSAGENTEN
Die Umsetzung der Richtlinie über den Versicherungsvertrieb (IDD) aus der Sicht
der Versicherungsagenten
Resümee zum Referat des BGO der Versicherungsagenten KommR Horst Grandits – Symposium vom
21.09.2016
Die EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD), welche am 23. Februar 2016 in Kraft getreten ist,
verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zu einer richtlinienkonformen Umsetzung innerhalb von 2 Jahren ab Veröffentlichung, also bis zum 23. Februar 2018. Sie wird mit ihrer Transformation in das
nationale Recht Österreichs die Spielregeln für die gewerbliche Tätigkeit der über 9.000 aktiven
Versicherungsagenten maßgeblich beeinflussen.
Die Interessenvertretung der VA wird sich, mit den ebenso durch die Richtlinie betroffenen Versicherungsmaklern und Finanzdienstleistern, aktiv in die (Weiter-)Entwicklung eines praxisgerechten
Regelwerks einbringen. In einem ersten Schritt haben sich die drei Verbände zu einem Schulterschluss bekannt mit dem Ziel, die Umsetzung der neuen Auflagen mit Augenmaß anzugehen. Als einen wesentlichen Eckpfeiler für die anstehenden Verhandlungen sehen alle drei Parteien die Vermeidung eines Golden Plating, das heißt, die in Österreich fast traditionell anmutende musterhafte
Übererfüllung von EU-Vorgaben.
Besonders begrüßen die VA die Ausweitung der Gruppe der durch die IDD Verpflichteten. Nicht nur
für die klassischen gewerblichen Vertriebsgruppen, sondern auch für den angestellten Außendienst,
den Internet-Vertrieb und den Banken-Vertrieb müssen gleiche Regeln, wie zum Beispiel Beratungsund Dokumentationsverpflichtungen, gelten. Annexvermittler sollten möglich nicht am Markt agieren dürfen oder nur unter strengen Beschränkungen (taxative Aufzählung allfälliger Ausnahmen).
Hier muss ein klares Bekenntnis des Gesetzgebers zur Schaffung eines für alle Vermittlergruppen
nachvollziehbaren level-playing-fields erfolgen.
Einen weiteren wesentlichen Aspekt betrifft das Thema Provisionen. Hier sollen in Österreich keinesfalls strengere Regelungen als in der Richtlinie eingeführt werden. Ein Provisionsverbot ist in der
IDD nicht enthalten. Die Produktberatung mit neuen Kurzinformationsblättern, die Auskünfte über
die Vergütungsart, den Status der versicherungsvertreibenden Person und – bei anlagebasierten
Versicherungen – die Bekanntgabe der Versicherungsgesamtkosten müssen ausreichend sein, damit
der Kunde eine kompetente Entscheidung für ein Versicherungsangebot treffen kann. Wird der Fokus des Kunden jedoch zuerst auf die Höhe der Vergütung gelenkt, würde das zu falschen Anreizen
bei den Verbrauchern und folglich zu einer echten Gefahr für den Bestand der Versicherungsvermittlerbranche führen.
Die Vertriebsrichtlinie IDD spricht keine Verpflichtung der EU-Mitgliedstaaten zum Wechsel des nationalen Aufsichtsorgans aus. Der kolportierte Übergang der Aufsichtsbefugnisse hin zur Finanzmarktaufsicht ist also weder EU-Vorgabe, noch ist das bestehende nationale Regime der Finanzregulierung das passende für den Versicherungsbereich. In Österreich haben die Gewerbebehörden
unter Aufsicht des BMWFW seit Umsetzung der IMD1 neben dem allgemeinen Gewerberegister auch
das Versicherungsvermittlerregister zu führen. Die in zumindest 12 Jahren gewonnene Expertise
beim Führen dieser Transparenzdatenbank und durch die Kontrolle in der Praxis müsste bei einem
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Wechsel erst wieder in dieser Qualität erarbeitet werden. Wir gehen davon aus, dass die Gewerbebehörden sehr gut in der Lage sind, die national verwalteten Daten aus dem Versicherungsvermittlerregister auch an die EIOPA zu Einrichtung des EU-Registers zu liefern, hierfür bedarf es keiner
Transformation an die FMA. Außerdem wird der weit überwiegende Teil der am Markt befindlichen
Versicherungsprodukte ohne kapitalbildenden Anteil angeboten. Das wesentlich restriktivere Finanzmarktaufsicht-Regime würde absehbar im Verhältnis zum Normenzweck überbordende Regelungen einführen, mit der Gefahr, dass vor allem Ein-Personen-Unternehmen vor zusätzlichem administrativem Aufwand kapitulieren.
Seit etlichen Jahren kämpft unsere Berufsvertretung vehement gegen externe Bestrebungen zur Beschränkung des Tätigkeitsbereiches der Agenten an. Eine willkürliche Limitierung der Agenturverträge wird weder vom EU-Recht verlangt, noch wird den EU-Mitgliedstaaten ein diesbezüglicher
Ermessenspielraum eingeräumt. National würden die Grundrechte der Gleichberechtigung und der
Erwerbsfreiheit verletzt. Argumente für einen besseren Kundenschutz sind hier nicht tauglich, denn
VA erfüllen bereits jetzt – unabhängig von einer Mindest- oder Maximalanzahl an vertretenen Versicherern – vor Vertragsschluss die gesetzlich vorgegebenen Aufklärungs- und Informationspflichten
gegenüber den Kunden. Und der Konsumentenschutz wird durch die neuen, von der IDD eingeforderten, Produktkurzinformationen oder die Weiterbildungsverpflichtung für Versicherungsvermittler sogar noch weiter verstärkt. Zuletzt würden Konflikte im Rahmen der EU-Niederlassungs- bzw.
der Dienstleistungsfreiheit folgen, wenn im Herkunftsmitgliedsstaat keine Limitierung der Agenturverträge vorgesehen ist.
Die neue IDD-Regelung einer Weiterbildungsverpflichtung im Ausmaß von 15 Stunden pro Jahr begrüßen wir als nachhaltige Qualitätssicherungsmaßnahme. Sie muss für alle mit der Versicherungsvermittlung unmittelbar in Verbindung stehenden Personen gelten, ob selbstständig oder angestellt, und sie sollte der ausgeübten Tätigkeit bzw. den vertriebenen Produkten entsprechen. Die
Entscheidung über die Lehrinhalte und –pläne oder die Zertifizierung von Lehreinrichtungen und
Schulungskräften sollte jedoch – im Rahmen der IDD-Vorgaben – als ureigenste (Bildungs-)Aufgabe
der gesetzlichen Interessensvertretung obliegen.
Resümierend sehen wir der anstehenden Umsetzung der IDD mit positiver Einstellung entgegen. Ein
zufriedener Kunde ist die Basis für eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers. Die IDD bietet hier eine gute Grundlage für die Sicherstellung einer hohen Dienstleistungsqualität und von gleichen Wettbewerbsbedingungen. Unsere Berufsvertretung bringt sich hier
mit ihren Erfahrungen und Ideen in den Umsetzungsprozess ein. Aus Fairnessgründen gegenüber den
Gesetzesanwendern sollte ein ausreichender Zeitraum vom Gesetzgeber eingeräumt werden, um
die entsprechenden Umstellungen und Anpassungen vornehmen zu können.
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