editorial - Tellmed.ch

EDITORIAL
O
Epilepsieprobleme
im neurologischen Alltag
bwohl Epilepsien zu den häufigsten neuro-
Mit dieser notwendigerweise begrenzten Auswahl
logischen Erkrankungen zählen und ihre
von Themen hoffen wir, Sie ein wenig in Ihrer all-
Behandlung zum «Alltag» der neurologi-
täglichen Arbeit unterstützen zu können. Selbst
schen Praxis gehört, kann die Differenzialdia-
diese wenigen Themen machen aber bereits deut-
gnose anfallsartiger Störungen und «epilepsiever-
lich, dass es eine Vielzahl von Fragen in der prakti-
dächtiger» EEG-Veränderungen nicht selten prak-
schen Epileptologie gibt, die eine Zusammen-
tische Schwierigkeiten bereiten.
arbeit verschiedener Fachdisziplinen erfordern. In
Zürich hat dies dazu geführt, dass sich die Kliniken
Die neuste Definition der Epilepsie, von der Inter-
für Neurologie, Neurochirurgie und Neuroradiolo-
nationalen Liga gegen Epilepsie 2014 veröffent-
gie des Universitätsspitals, das Kinderspital Zürich
licht (Fischer et al., Epilepsia 55: 475–482, 2014),
und die Schweizerische Epilepsie-Klinik der Klinik
macht es den erstdiagnostizierenden Kollegen
Lengg den organisatorischen Rahmen des «Zen-
auch nicht unbedingt leichter: Sie betont einer-
trums für Epileptologie und Epilepsiechirurgie»
seits, dass man eine Epilepsie zwar diagnostizie-
gegeben haben, in dem sie in Zukunft noch enger
ren kann, wenn nach einem ersten nicht provo-
kooperieren wollen, um allen epileptologischen
zierten Anfall ein Wiederholungsrisiko von mehr
Problemen angemessen begegnen zu können. Die
als 60 Prozent besteht, dass man aber auch war-
neuropädiatrischen und neurochirurgischen Kol-
ten kann bis zum zweiten nicht provozierten An-
legen werden es uns sicher nachsehen, dass wir
fall, wenn man dieses Risiko nicht kennt. Und an-
uns hier auf «Alltagsprobleme» in der Betreuung
dererseits gesteht sie zu, dass die Indikation zu
erwachsener Epilepsiepatienten konzentrieren.
einer medikamentösen Behandlung unabhängig
von der Diagnose getroffen werden kann. Für all
Der psychiatrische Schwerpunkt dieser Ausgabe
dies gibt es gute Gründe, Probleme in der indivi-
konzentriert sich auf die tier- und robotergestützte
duellen Beratung unserer Patienten werden da-
Therapie.
durch aber noch nicht gelöst.
Wir wünschen Ihnen eine angenehme und spanSolche Probleme treten in den verschiedensten
nende Lektüre.
●
Phasen der Epilepsiediagnostik und -therapie auf.
Die Beiträge in der vorliegenden Ausgabe konzen-
Prof. Dr. Dr. Thomas Grunwald
trieren sich dabei auf einige Schwierigkeiten der
Medizinischer Direktor
klinischen und elektroenzephalografischen Diffe-
Schweizerische Epilepsie-Klinik
renzialdiagnostik (Siekierka, Mothersill, Schmutz,
Klinik Lengg AG
S. 10 ff.), der medikamentösen Therapie bei tumor-
Bleulerstrasse 60
assoziierten Epilepsien (Happold, Poryazova-
8008 Zürich
Neumann, S. 4 ff.), der prächirurgischen Diagnos-
E-Mail: [email protected]
tik pharmakoresistenter Epilepsien (König, Kurthen, S. 14 ff.) und der Einordnung von Problemen
der sozialen Interaktion bei spezifischen Epilepsiesyndromen (Steiger, Kegel, Jokeit, S. 19 ff.).
5/2016
PSYCHIATRIE & NEUROLOGIE
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